Auch wenn der linke Antirassismus behauptet, er
hätte mit Multikulti nichts mehr zu tun, hat er es doch. Sonst gäbe
es ihn nämlich gar nicht mehr. Nach den Anschlägen vom 11. September
hat er endgültig als Erbe des Antiimperialismus seine naive Unschuld
verloren. Er ist gefährlich geworden, weil er ein Denken nach Auschwitz
verhindert und stellt eine große Gefahr für Israel dar. Kurzum: er
kann seine Nähe zur deutschen Ideologie nicht länger verbergen.
von Ralf
Ein aufmerksamer Beobachter des Conne Island und
seiner Machenschaften registrierte wohl sehr argwöhnisch, daß
das Plenum des Conne Island sich am fünften Februar 2001 entschloß,
die Februar-Ausgabe der monatlichen Leipziger Autonomen-Gazette Klarofix
entgegen sonstiger Gepflogenheit nicht im Verkaufs-Angebot zu
führen. In einer Erklärung des Conne Island-Plenums wurde
natürlich auch der Grund dafür benannt: Die Entscheidung sei
zurückzuführen auf den Artikel unter dem Titel Moskau,
Februar 1956, in dem unter anderem folgendes stand: Man
muß sich klarmachen, daß die Techniken der
Massengewaltausübungen von Kommunisten eingeführt wurden und z.B. die
Nazis sich von ihnen inspirieren ließen (...). Und weil
das dort stand, hielt man es für unvertretbar, weil der
Holocaust (..) weit über das ohnehin unerträgliche Maß der
bürgerlichen Totalitarismustheorie (...) relativiert würde.
Abschließend heißt es in der Erklärung: Allein diese
Ungeheuerlichkeit halten wir für ausreichend, den Verkauf (des)
Klarofix auszusetzen. (vgl. Cee Ieh Nr. 75)
Nun trug es sich zu, daß die Redaktion des Cee Ieh, die nicht
identisch ist mit dem Conne Island-Plenum, sich in der letzten Ausgabe (Nr. 81)
dazu entschloß, die Erste Stellungnahme der
Bahamas-Redaktion einer antideutschen Gruppe, die die Zeitschrift
gleichen namens herausbringt zum islamistischen Massaker in den
USA zu veröffentlichen. Unter dem Titel Hinter dem Ruf nach
Frieden verschanzen sich die Mörder! legt nach Einschätzung der
Cee Ieh-Redaktion die Bahamas-Erklärung wohltuend den Akzent
nicht vordergründig auf die allgemeine Ableitung des Attentats aus der
Weltherrschaft des Kapitals, sondern auf die Wesensverwandtschaft der deutschen
Ideologie und der islamistischen Weltanschauung.
Genau das aber muß den oben schon erwähnten aufmerksamen Beobachter
des Conne Island so in Wallung gebracht haben, daß er einen Brief unter
der Überschrift Courage zeigen! an das liebe Plenum des
Conne Island richtete, in dem er selbiges aufforderte, die neue
Ausgabe des Newsflyers die Nummer 81 nicht zu verteilen, sondern
einzustampfen, damit der vermeintlich linke, in Wirklichkeit aber
revisionistische Text der Bahamas keinerlei Verbreitung findet.
Nun bezieht sich der aufmerksame Beobachter in seiner Aufforderung an das Conne
Island-Plenum auf genau jene entscheidenden Kriterien, die hinsichtlich der
besagten Februar-Ausgabe des Klarofix dafür ausschlaggebend waren,
die Februar-Ausgabe nicht zu verkaufen: In dem Klarofix-Text, so
schreibt er, stünde ja, daß sich die Nationalsozialisten von
den Kommunisten in ihren Herrschaftsmethoden haben inspirieren lassen.
Und deswegen, sei das Klarofix ja nicht verkauft
worden. Denn schließlich bedeutete jener Artikel praktisch die
Gleichsetzung von Kommunismus und Nationalsozialismus. So weit scheint
der aufmerksame Beobachter ja durchaus noch ein helles Bürschchen zu sein.
Allerdings knickt er schneller ein, als man seine paar Zeilen lesen kann. Schon
in der übernächsten gehts dann los: (...) Im Newsflyer (...)
hat sich nun eine ähnliche Position eingeschlichen. Ein Text der Gruppe
Bahamas zu den Ereignissen von New York wird dort als Dokumentation
abgedruckt.
Nun, daß sich da im Cee Ieh zur vermutlichen Enttäuschung des
aufmerksamen Beobachters nichts eingeschlichen hat, steht weiter
oben schon geschrieben.
Wenn man den wunden Punkt bei anderen treffen möchte und dabei
unfreiwillig den eigenen trifft, ist das auch in Ordnung und zumindest als
nicht verlogen anzuerkennen. Wollen wir also seiner argumentativen Gedankenwelt
folgen und uns seiner annehmen. Der aufmerksame Beobachter schreibt, es ginge
im besagten Klarofix-Artikel um eine Gleichsetzung von Kommunismus
und Nationalsozialismus. Leider irrt er damit schon schwerwiegend. Denn
in dem besagten Text wurde nichts gleichgesetzt, sondern abgeleitet
und zwar die irrationale industrielle Vernichtung der Jüdinnen
und Juden aus den Techniken der Massengewaltausübungen (die) von
Kommunisten eingeführt wurden. Doch das ficht unseren aufmerksamen
Beobachter nicht weiter an, beharrt er doch darauf, daß die
Bahamas in ihrer Erklärung eine ähnliche Position
beziehe.
Das Problem des linken Meinungspluralismus, daß allein wer etwas sage
schon etwas zähle, wird von der Bahamas vehement als Jargon der
Eigentlichkeit (Adorno) attackiert. Dies auszublenden, wie es unser junger
Freund der aufmerksame Beobachter tut, ist sträflich und gefährlich
zugleich, weil es nicht nur den Unterschied zum Autonomen-Blatt Klarofix
einebnet, sondern auch einen Maßstab anlegt, der gar keiner sein
soll und so jedes noch so dämliche Gesülze für zulässig
erklärt und damit im Vorhinein jeglichen Streit, jede Diskussion und jede
Kritik der Essenz beraubt, also aus der Pflicht des Kritikers eine Kür
macht, die unparteiisch zu benoten sich dann solche wie unser aufmerksamer
Beobachter auch noch anmaßen.
Es steht zu vermuten, daß unser aufmerksamer Beobachter nicht etwa nicht
ausgeschlafen hat, sondern sich hellwach wähnt. Der Bahamas-Text
soll also eine Relativierung des Nationalsozialismus und dessen Folge
eine Verharmlosung des NS-darstellen. So zumindest hätte es unser
aufmerksamer Beobachter, der nur allzugern ein kritischer Zeitgenosse
wäre, es aber nur zum Jägersmann bringt, der zu allem
Überfluß auch noch mit Kanonen auf Spatzen zu schießen
gedenkt. Doch nicht mal letzteres gelingt ihm, dem armen. So liest er und liest
er die Bahamas-Erklärung noch und noch gegen den Strich und findet
nur das heraus, was nicht drinsteht. So zum Beispiel beklagt er sich, daß
die Bahamas die Selbstmordattentate als von einem zur Vernichtung
entschlossenen Antisemitismus motiviert nennt, der die Wahl- und
Maßlosigkeit des palästinensischen Massenmordens begründe
und denselben auch noch als seinem nationalsozialistischen Vorbild auf
qualitativer Ebene durchaus ebenbürtig bezeichne und zu allem
Überdruß auch noch feststellt, daß in dieser Hinsicht
momentan dem Koran eine ähnliche Rolle zu(käme) wie seinerzeit
Hitlers Machwerk Mein Kampf in Deutschland.
All das ist zuviel für unseren jungen Freund. Weil es ihn sichtlich
überfordert, daß es nicht nur in Deutschland so etwas wie
Nationalsozialisten geben kann, verkraftet er es nicht: Die zitierten
Passagen (zeigen) deutlich, daß der Text eine Relativierung und
Verharmlosung des Nationalsozialismus und des Holocaust darstellt, stellt
er siegesgewiß fest, um abschließend nochmal alles in die
Waagschale zu werfen, was man so im Studium sich zum Holocaust anlesen kann:
Der Nationalsozialismus wird mit diesem Text auf die Welt des
Islam projiziert und damit die deutsche Spezifik nationalsozialistischer
Vernichtungspolitik geleugnet.
Auf der einen wie auf der anderen Seite ging es am Ende mit unserem
aufmerksamen Beobachter durch. Die Einmaligkeit der Shoa würde also zum
einen durch die Fred Leuchters, David Irvings und Ernst Zündels in der
Bahamas-Redaktion geleugnet und deshalb sei der
vermeintlich linke, in Wirklichkeit aber revisionistische Text als
solcher zu benennen. Und zum anderen, denn das ist noch nicht alles, was der
Gute auf dem Kerbholz hat und deshalb gelingt ihm auch der äußerst
populäre Zirkelschluß von links nach rechts, von rechts nach links,
kann man unserem aufmerksamen Beobachter folgendes attestieren: wer
nämlich das Benennen des islamistischen Vernichtungswahns und den
Vergleich seiner Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus für
etwas ähnliches hält wie die Behauptung, die Bolschewiki
hätten den Nazis erst die Inspiration zum Massenvernichtungswahn gegeben,
prädestiniert sich nicht einmal mehr für eine Autorenschaft
bezüglich eines Schwarzbuches des Kommunismus, in dem man immerhin noch
die Unterscheidung zwischen Rassenwahn und Klassenhypostasierung hinbekommt.
Wer also noch dahinter zurückfällt wie unser aufmerksamer Beobachter
es tut, versagt auf der ganzen Linie und sollte sich mal mit einem Mann namens
Dieter Stein, seineszeichens Chefredakteur der Ethno-Zeitung Junge
Freiheit, zum Met-Saufen verabreden. Das könnte unter Umständen
der Planung der eigenen Zukunft nicht schaden.
Daß der aufmerksame Beobachter sich hier als gefährlicher
Volltrottel offenbart, muß an dieser Stelle stehen. Weil er vermutlich
die Zeitschrift Bahamas als wohltuende Bleiwüste für ein Blatt
hält, das sich der Symbiose von Form und Inhalt verweigert, ohne daß
er begreifen würde, welch ideologischer Scheißdreck hinter solchen
Vorwürfen steckt nämlich der Triumph der gedachten Form
über den Inhalt des Denkens , will er einfach nicht verstehen, warum
man als deutscher Linker nicht wie die ganz gewöhnlichen Deutschen
Deutschland über alles, Auschwitz über alles
grölen könne. Schon der Vergleich mit der Massenvernichtung scheint
ihm deshalb anrüchig, weil er ihr letztlich keine Träne nachweint,
sondern sie für seine Selbstfindung als guter linker Mensch
mißbraucht. Und mit derselben deutschen Gründlichkeit, mit der der
linksdeutsche Gutmensch sich mit allen gutmenschelnden Eso- und anderen
verschwörungstheoretischen Spinnern solidarisch erklärt,
weil sie ja allesamt zur Familie der Linken zählten, hackt hier unser
aufmerksamer Beobachter heldenhaft, und damit zum leuchtenden Szene-Vorbild
taugend, auf die ein, die es wagen, die Elemente des Antisemitismus des
islamistischen Wahnsinns als solche zu benennen. Dafür kann es nur den
Vorwurf der Verschwörungstheorie geben, den man sonst nicht mal in der
Schublade für die Szene-Verrückten bereithält. Was also bei
unserem guten Menschen, dem aufmerksamen Beobachter, als
Verschwörungstheorie ankommt, ruft das Ressentiment gegen konsequentes
Denken nach Auschwitz ab und stellt somit die geistige Verfaßtheit
unseres aufmerksamen Beobachters als Vernebelung seines Denkens bloß:
Schlagworte als Denkersatz.
Unser aufmerksamer Beobachter, der geneigte Gutmensch, hat sich voll und ganz
der Sache verschrieben, der er unbewußt dient. Es ist die Sache des
Tabus, dessen Brüche er überall vermutet. Als unerreichbare
Ausschließlichkeit meint er, die Massenvernichtung der Deutschen verlange
ihm nichts weiter ab, als dessen Gralshüter zu spielen. Er will das
Unmögliche: als Deutscher Auschwitz dienen wie Mao früher dem
Volke, anstatt nach Auschwitz zu denken. Das unterscheidet die
jämmerliche Gestalt der dienenden Eigentlichkeit vom Adornitischen
kategorischen Imperativ nach Auschwitz. Weil die Gewißheit nach Auschwitz
keine mehr ist, klammert man sich an das Unfaßbare: es stiftet
Identität. Der ehrliche Anti-Antisemit, der unser aufmerksamer Beobachter
zu sein gedenkt, vermag gegen die Losung vom Wir sind das Volk nur
die Losung vom Wir sind die Guten zu stellen. Weil bei ihm ein Ei
dem anderen zu gleichen hat, wie jeder Text-Inhalt dem anderen, liest unser
Guter vermutlich jedwede Antisemitismus-Theorie nicht etwa qualitativ, sondern
quantitativ. Sein Motto: viel Wissen hilft viel. Weil aber nur der Bauer
bekanntlich viel auf dem Wagen fährt, reicht es auch nur zu dessen
Schläue.
Auch unser aufmerksamer Beboachter kennt die Bahamas. Da er sie aber nur
kennt und nicht etwa liest, wird sie ihm so gleich wie alles andere, was er
kennt: vom Szene-Guide bis zur Autonomen-Bravo, von der konkret bis zu
den Marxistischen Blättern. Er subsumiert alles unter
vermeintlich linke Texte. Sein Blick wird zum Scanner des Tabus und
das macht ihn zwar nicht kritisch aber immerhin stolz. So sehr, daß er
nicht zu ahnen vermag, was neben dem Stolz sonst noch auf einem Holze
wächst. Ob er es nun will oder nicht, erklärt sich Auschwitz für
ihn aus sich selbst heraus, weil er weder den objektiven noch den historischen
Kontext der Position mitzudenken in der Lage ist und ihm an der Oberfläche
alles gleich dünkt. So vermag er weder historische Unterschiede noch
Ähnlichkeiten zu begreifen. Das unausgesprochene Gelalle vom
Eurozentrismus lugt so weit hervor, daß gegen die eigene
objektive Existenzweise als Vergesellschaftungszwang das Andere zum ganz
Anderen, als dem Selbst äußerlich, erklärt wird: der Vorwurf
der Projektion des Nationalsozialismus (...) auf die Welt des
Islams ist der Ausdruck dieses unmittelbaren Denkens, das den
Antisemitismus vor lauter Angötzung von Auschwitz nicht mehr sehen will
und kann. Als ginge es um Bäume im Wald, wird die Welt des
Islam zur naturverbundenen, ganz anderen Romanze, nach der man sich
insgeheim sehnt, weil es subjektiv das ganz Andere verspricht, das es objektiv
nicht gibt. Der Einwand, daß der Waldboden mit seiner Humuserde nun mal
objektiv fruchtbarer ist als der brennend heiße Wüstensand, wird als
Einwand westlicher kulturalistisch-rassistischer Parteinahme bekämpft. Als
Folge wird allgemeine Gerechtigkeit zum Maß aller Dinge und nicht der
besondere Mensch. Gerade aber Gerechtigkeit ist subjektiv bestimmt und deshalb
immer Herrschaftsinstrument. Emanzipation bestimmt sich deshalb als die
Überwindung des Gerechtigkeitskriteriums. Schon Proudhon hatte nicht
begriffen, daß wenn Eigentum gesellschaftlich Diebstahl wäre, die
Eigentumsverhältnisse sich nicht ändern würden, sondern nur
subjektiv willkürlich gerechter zu fassen wären. Der Tatbestand des
Stehlens ist nur erfüllt, wenn Eigentum gesellschaftlich überhaupt
anerkannt ist. Deshalb bedeutet nicht nur Eigentum Diebstahl, sondern vor allem
Diebstahl Eigentum.
Das angeblich als Subjektives mögliche Versprechen ist von der deutschen
Ideologie geschluckt man tut eine Sache um ihrer selbst willen, wie
Richard Wagner es anempfahl. Die ahistorische Eins-zu-Eins-Übertragung
leugnet die materialistische Objektivität und macht die Sprecherposition
zum ganz Anderen eines nicht begriffenen objektiven Gleichen. Weil die Welt ja
nun mal eine wäre, ohne deren objektive Wesenhaftigkeit als vom
Weltgeist des Kapitals beherrschte One World zu begreifen, wird so das
emanzipatorische Ziel nicht nur um Längen verfehlt, sondern sich selbst
der deutschen Ideologie frei Haus geliefert. Wobei die Identität des
Links-Seins darin zum Kurierdienst verkommt. Man kommt allerdings in der
halluzinierten Zuständigkeit als Ausdruck von Revierdenken nicht über
die Feststellung hinaus, daß die Welt keine Scheibe sei, sondern ein
Planet, und verharrt so in der frühbürgerlichen Erkenntnis.
Das eigene kritische Denken zu stimulieren, heißt zu begreifen, was
bürgerliche Herrschaft geschichtlich bedeutet: Auschwitz ist nicht nur in
Deutschland möglich, aber eben von den Deutschen verbrochen worden. Das
ist so folgenreich, daß instrumentelle Vernunft, die wegen Auschwitz sich
in Anbetracht des geschichtlichen Gegenstandes instrumentalisiert, nicht
festzuzurren ist, sondern historisch auf der Höhe der Zeit gedacht werden
muß: Nur weil andere wegen Auschwitz handelten (man denke nur jüngst
an Rudolf Scharping und Joseph Fischer), in dem sie es nicht nur
instrumentalisierten, sondern auch so begreifen, wie sie handelten, ist das
Handeln wegen Auschwitz noch lange nicht falsch oder verrufen. Ob das unserem
aufmerksamen Beobachter aufgeht, steht allerdings zu bezweifeln. Wirft er doch
gerade denen Leugnung und Revisionismus vor, die am konsequentesten nach
Auschwitz zu denken bestrebt sind. Allein aber weil sie dies beanspruchen,
wittert unser aufmerksamer Beobachter den Verrat an der Sache schlechthin, die
er links zu nennen sich ereifert: was nicht links ist, ist nicht links
tautologisches Denken verdeckt die Furcht vor der unabgeschlossenen Dialektik,
die nicht nur Gutes zu versprechen vermag. Mit Hilfe des antiautoritären
Anspruchs als Form, verschleiert er dank linker Szene-Verkehrsformen den
autoritären Inhalt: Ich bin einer von euch, weil ich für euch doch da
sein möchte. Doch nicht das vielgescholtene willentliche Denken als
Autorität ist eben das Problem, sondern die verhinderte Selbstreflexion.
Weil die Form des Umgangs die Substanz verdeckt und so unser aufmerksamer
Beobachter nicht an sie heranzureichen vermag, bleibt ihm bloß der Glaube
an das rundum Gute seiner Identität, das er undogmatisch nennt und die er
so extra noch zurichtet. Sich selbst als undogmatisch zu qualifizieren aber ist
die Chiffre des Formalen, das immer über den Inhalt obsiegt. Denn das
Dogma ist der Ausgangspunkt der Reflexion. Von dort aus wird sie überhaupt
nur möglich.
Die Sehnsucht, im sicheren Hafen der Erkenntnis zu ankern, ruft das Stehen
über den Dingen hervor: wer mit Auschwitz vergleicht, kann nur
relativieren, wer wegen Auschwitz etwas tut, kann nur das Falsche tun, denn was
einmalig ist, soll einmalig bleiben. Was nur im geschichtlichen Vergleich seine
Singularität erhält, Auschwitz nämlich als das größte
Verbrechen, soll aller Ähnlichkeit in der Realität bereinigt werden.
So sorgt man ressentimentgeladen und gezielt gegen Adorno argumentierend
und unser aufmerksamer Beobachter ist da nur einer von vielen
dafür, daß Auschwitz sich nur in der eigenen Ideenwelt nicht
wiederholen kann und soll, als hätte sich etwas entscheidendes an den
Objektivitäten geändert, die das Umschlagen bürgerlicher
Rationalität in die Irrationalität des Vernichtungswahns zu
verhindern vermag. Man gibt so unbewußt preis, daß man von all dem
nicht allzuviel verstanden hat und die feilgebotene Kritik nichts anderes als
die Katze im Sack ist, die man, vollends dem Warenfetisch verhaftet, auch noch
mit dem Verzicht auf Reflexion des eigenen Denkens tauschen soll, um dafür
als allgemeines Äquivalent bare linke Identität zu erhalten.
An Auschwitz darf nichts heranreichen, komme was da wolle. Das ist die
Quintessenz des linken undogmatischen Denkens, das die Wirklichkeit seiner
materiellen Objektivität entreißt und zum dichotomen Idealismus von
Gut und Böse, von Unterdrückten und Unterdrückern verhunzt.
Dagegen ist kein Kraut gewachsen, sondern nur noch Krauts. Denn die Nähe
dieses Welterklärungsmodells zur deutschen Ideologie der
Seinsvergessenheit und dem anti-materialistischen Auseinderreißen von
Sein und Seiendem (Heidegger), dem zum Tode strebenden nur noch reinigende
Stahlgewitter (Jünger) des Befreiungskampfes aus der Unterdrückung zu
retten vermögen, übersetzt sich in die unmittelbare Verwandtschaft
der Derridaschen Differance, die sich einen feuchten Kehricht um Dialektik
schert, dafür das ganz Andere aber erst schafft also konstruiert,
um es dann großmäulig und eindrucksvoll dekonstruieren zu wollen und
selbst diesen systemischen, axiomatischen Willen noch zu leugnen
vermag.(1)
Auschwitz oder ähnliches zu verhindern, ist keine allgemeine, sondern eine
konkrete Aufgabe. Gerade das aber schließt Vergleiche nicht etwa aus,
sondern ein. Daß man nicht nur die Unterschiede zum NS-Wahn benennen
kann, sondern auch die Gemeinsamkeiten, überfordert unseren aufmerksamen
Beobachter. So gelangt er wahrscheinlich auch nicht zu der Erkenntnis,
daß es historisch bedingt keine allgemeine Position der Kritik
bürgerlicher Verhältnisse am Gegenstand Israel geben kann, sondern
nur die besondere und konkrete Parteinahme.
Das Nicht-Begreifen, wer die Verdammten dieser Erde (Fanon) wirklich sind,
nämlich die Jüdinnen und Juden und deren Jahrtausende währende
Verfolgung, deren Ausdruck die Diaspora ist und deren unfaßbare
Dimension, die es unter bürgerlicher Herrschaft angenommen hat, in
Auschwitz kulminierte, reproduziert sich in der Ideologie des Antirassismus
immerfort. Der Eindruck, daß mit dem handelsüblichen Abrücken
des Antirassismus vom historischen Materialismus die Historie als bedingende
Vorleistung der Begriffsprägung gleich gänzlich mit verabschiedet
werden soll und so zur Geschichtslosigkeit verkommt, ist nicht von der Hand zu
weisen: Geschichte als mit unhintergehbaren Fakten gespickt versinkt
gänzlich in Subjektivität und verschwindet geschluckt vom
Begriff des angebeteten Zustandes des Postkolonialismus. Was also übrig
bleibt von Geschichte ist der Mythos von Kolonialgeschichte, aus dem sich alles
erklären soll, weil dort die Verdammnis dieser Erde zu wohnen hat. Die
postkoloniale Brille des Antirassismus stammt nicht nur von Fielmann auf
die man auch wirklich keinen Pfennig zu viel Denk-Anstrengung draufgezahlt hat
, sondern ist die Hinüberrettung des Massenbegriffes und damit die
Fortsetzung des Romantizismus vom kollektiven gemeinschaftlichen
Revoluzzer-Subjekt über den Bankrott des Antiimperialismus der zu
befreienden Völker hinaus: Unterdrückung als die angebliche
Machtlosigkeit der Massen gegenüber der brutalen Macht des
Unterdrückers. Das Martialische gegen das Archaisch-natürliche. Die
Scholle, die schaffende Arbeit, die Natur als das Konkrete gegen die Macht des
Abstrakten. Das Heimatprogramm des Volkstums als Liebe zur Askese gegen das
grenzenlos Böse, das Unrecht, das dem Kollektiv angetan wird. Das ist
nicht nur der Weltzustand, wie ihn sich der Antirassismus halluziniert, sondern
gleichzeitig die kontextuale Aufzählung, was der Antirassismus als die
wesentlichen Fluchtgründe benennt.
Antirassistische KolIektiv-Identität funktioniert nur als
gemeinschaftliche Forschungsgesellschaft für Flucht und Migration
also als weltweite Antirassismusbewegung. Und der antirassistische Blick
schweift in etwa so über die Welt, wie kleine Kinder große
Tiere streicheln, die ihnen nicht ganz geheuer sind (Wolfgang Pohrt) und
deshalb unbewußt lieber mit christlich-romantischer Nächstenliebe
erdrückt werden sollen. Es kann einem nur Angst und Bange werden, wenn der
Antirassismus eines Tages sein geplantes Programm in die Tat umsetzen
könnte, die Fluchtursachen, die er für solche hält,
ernsthaft zu bekämpfen. Erst jüngst allerdings ist er
dieser schrecklichen Utopie einer antirassistischen Welt ein Stück
näher gekommen. In Durban wars. Dort fand nicht nur die
regierungsamtliche Dritte Weltkonferenz gegen Rassismus,
Rassendiskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz der UNO statt,
sondern zeitgleich ein sogenannter Gegengipfel von sage und schreibe 3 000
NGOs, der die Stimme der unterdrückten Völker in anderer Weise
zu Gehör bringen, Solidarität mit den Palästinensern bekunden
und die Regierungskonferenz in seinem Sinn beeinflussen sollte (Le
Monde Diplomatique). Praktisch hieß das dann, daß sich die NGOs
nur in einem Punkt wirklich einig waren, nämlich daß Israel ein
rassistischer Staat sei und dieser Völkermord an
den Palästinensern beginge. Was auf der offiziellen
Antirassismus-Konferenz noch nicht gelang, weil die israelischen
Regierungsvertreter und die Vertreter der USA mit ihrem Auszug aus der
Konferenz das ganze Spektakel dankenswerterweise ausreichend
bloßstellten(2), nämlich den Zionismus als eine
Spielart des Rassismus einzustufen und Israel zum Hauptangeklagten der
Konferenz zu machen (ebd.), gelang dem NGO-Antirassismus von Unten gegen
die da Oben, allen voran dabei die Juden versteht sich, vortrefflich. Der
Judenstaat Israel ist dem Antirassismus ein besonderes Übel, weil er ihn
allen Ernstes für ein anachronistisches Kunstgebilde hält. Doch nicht
etwa nur, weil der Antirassismus Antisemitismus ohnehin nur als eine Spielart
von vielen Rassismen faßt. Nein, Israel verkörpert
für ihn die letzte Bastion des Kolonialismus in Reinform, die für ihn
ja die Ausgeburt des Bösen schechthin ist und auf Grund des theoretisch zu
Grunde gelegten postkolonialen Weltzustandes das letzte noch lebende
Kolonial-Monster sein muß eine Art gestrandete Hydra also, der der
Kopf nach Kolonialherren-Art nachgewachsen ist, obwohl ihn die Weltgeschichte
längst abgeschlagen hat. Weil die antiimperialistische Mär vom
strategischen Brückenkopf des US-Imperialismus langsam ausgedient hat,
tritt an diese Stelle die antirassistische Mär von der durch die Juden
verlängerten Kolonialgeschichte. Der Antirassismus wittert, daß in
Israel das Rad des Kolonialismus nicht etwa angehalten wurde, sondern
zurückgedreht. Deshalb offenbart sich ihm dort, zu seinem Glück, wie
er meint, die Konstellation von Macht, wie sie wirklich ist und die Welt
unterdrückerisch zusammenhält. Israel muß so folgerichtig die
Ausgeburt des Bösen sein, das die Verdammten dieser Erde knechtet und
versklavt, wo sie doch zumindest sonst überall auf der Erde aus dieser
Sklavenhalterordnung und Feudalherrschaft sich schon ein ganzes Stück
lösen konnten. Auf tragische Weise wird dies in dem Schicksal
deutlich, das die Palästinenser zu erleiden haben, schreibt Le
Monde Diplomatique, eines der Hausblätter des verdienten
Antirassismus. Und das Blatt schreibt weiter: Daß ausgerechnet
dieses Schicksal international mehr Aufmerksamkeit auf sich zieht als das
Schicksal anderer Völker, dürfte weniger daran liegen, daß die
Palästinenserfrage (sic!) als Vorwand für einen manifesten
Antisemitismus dienen kann, der noch immer lebendig ist und auch in Durban von
einigen Delegationen offen artikuliert wurde. Der Grund liegt vielmehr
darin, daß im Schicksal der Palästinenser die Ungerechtigkeit
besonders komprimiert erkennbar wird sozusagen in archaischer Form, die
zugleich vorausahnen läßt, wie die Beziehungen zwischen den Menschen
in der Welt von morgen aussehen könnten: wie die Wiederkehr der
Vergangenheit. Weil die Antisemiten immer die anderen sind,
kann man zumindest in aller Ruhe vorausahnen, was passiert und wie
die Beziehungen der Menschen in der Welt von morgen aussehen
könnten, wenn die Juden erst alle Fäden in der Hand halten.
Noch Fragen? Das Gequatsche vom Patchwork der Minderheiten und den tausenden
Plateaus, das in Durban als Hass gegen Kosmopolitismus und als Judenfeindschaft
aus den Mündern der Antirassisten quoll, ist der längst eingetretene
große Gehirn-Kladderadatsch der Sozialdemokratie, den jene einst zu
Zeiten des ökonomistischen Klassenkampfes dem Kapital an den Hals
wünschte. Die geistige Überführung dieses Denkmodells vom
öffentlichen ins private ist das Verdienst des Antirassismus. Er sichert
das Überleben der Sozialdemokratie in nicht nur postkolonialen, sondern
auch postsozialdemokratischen Zeiten der Tobin-Steuer, der Entschuldung
der Dritten Welt und der generellen Möglichkeit einer anderen gerechten
Welt sei Dank. Doch damit nicht genug. Der Antirassismus, das hat Durban kurz
vor den Anschlägen nachhaltig(!) klargestellt, ist die theoretische
Legitimierung und damit praktische Rückendeckung der
vernichtungswütigen islamistischen Schlächter von New York und
Washington, ohne Wenn und Aber. Sein falsches Bild von der Welt, das er
zeichnet, prädestiniert ihn förmlich dafür auch wenn
hinsichtlich der Mittel wohl mehrheitlich eher für Buttersäure denn
für Düsenjets plädiert würde. Oder einfacher formuliert: wo
die einen enden, nämlich bei der Blockade von Flughäfen, fangen die
andern erst an, nämlich beim Kapern von Fliegern.
Anstatt also den Antirassismus unter dem Eindruck solcher Wahrheiten trotzdem
hin und her zu wenden, um ihm vielleicht doch die eine oder andere gute Seite
abzugewinnen, sollte man statt rumzulamentieren langsam aber sicher
ernsthaftere Überlegungen anstellen, wann der Zeitpunkt zur Aufstellung
internationaler Brigaden zur Verteidigung Israels herannaht.
Die Kritik des Antirassismus erfordert, den ahistorischen anti-feudalen und
antikolonialen Blick auf die Welt als falsch bloßzustellen. Das dichotome
Schema von Unterdrückten und Unterdrückern verstellt den Blick auf
die Objektivität der Wertvergesellschaftung. Dieser kapitale Weltgeist ist
eben gerade nicht personifizierbar und deshalb als Asylgrund niemals staatlich
anerkennbar. Er kennt keine Unterdrücker aus Fleisch und Blut, sondern
einen abstrakten Zwang, der staatliche Herrschaft zum Mittel der Durchsetzung
von Akkumulationsbedingungen macht. Herrschaftsverhältnisse wie Rassismus
sind historische Ideologien, die man nicht aus dem Zusammenhang
reißen darf, um ihre Kritik nicht zu verfehlen. Der immewährend
verhaftete Blick auf die konkrete Verfolgung und Unterdrückung ist ein
unmittelbarer und damit kein verkürzter, sondern ein falscher. Was als
Unmittelbarkeit gilt, bestimmt die Eigentlichkeit von Verfolgung und
Unterdrückung. So verstellt sich das antirassistische Spähen nach
Rassismus selbst den materialistischen Blick auf den abstrakten Zwang, der in
der Weltgesellschaft des Kapitals immer und überall über die konkrete
Verfolgung und Unterdrückung dominiert und sie somit antreibt. Der
abstrakte Zwang ist objektiv, die daraus resultierenden Mittel des Umgangs
damit aber gerade subjektiv. Was als Rasissmus ohne Rassen
(Balibar) bezeichnet wird, ist die Transformation der Historie vom konkreten
zum abstrakten. Die Historie formt die abstrakte Herrschaft des Werts
insbesondere seine Substanz, die abstrakte Arbeit. Sie verleiht ihm die Form
seines Ausdrucks und damit auch die Flügel seiner Dynamik. Nur auf dieser
Metaebene ist zu erfassen, daß sogenannte Herrschaftsverhältnisse
zugerichtet werden, wenn man sie säuberlich von der Dialektik abzutrennen
gedenkt, um sodann im Laboratorium des Antirassismus ganz im Stile
bürgerlicher Wissenschaft die klinisch sterile Analyse vorzunehmen, als
deren Ergebnis dann so etwas wie die derzeit geflügelten antirassistischen
Worte vom sogenannten Verwertungs- oder Differenzrassismus die Runde machen.
Die Ungleichheit in der Konkurrenz, um deren Aufhebung es dem Antirassismus in
erster Linie geht also gerade nicht um die Abschaffung derselben,
sondern um ihre Verdoppelung ist eine objektive Unmöglichkeit.
Gegen die Ungleichheit in der Konkurrenz setzt der Antirassismus die
Gleichheit. Was er dabei nicht begreift, ist, daß diese in der
Weltgesellschaft der Kapitalherrschaft längst hergestellt ist: Allen
Menschen dieser Erde ist wesentlich, daß sie unter der Herrschaft des
Kapitals gleiche Warenbesitzer und -produzenten sind. Das ist die Voraussetzung
dafür, daß sie überhaupt in Konkurrenz miteinander treten
dürfen. Der Antirassismus strebt die Vervollkommnung der Ausbeutung an,
weil ihm die Überwindung objektiver Verhältnisse egal ist. Statt
Kritik am Wesen der Gleichheit zu üben, geht es um die Verschleierung
dieses Weltzustandes der Menschheit. Um gerechter miteinander
konkurrieren zu können, sollen die Menschen sich in Ideologien
flüchten, die sie als Ausdruck ihrer eigenen kulturellen Identität
und Herkunft begreifen sollen. Ein Antirassismus, der behauptet, den
Multikulti-Gedanken überwunden zu haben, ist nicht möglich und die
Loslösung vom Multi-Kulti-Ringelreihen nur unter der gänzlichen
Selbstaufgabe des antirassistischen Unterfangens überhaupt zu
bewerkstelligen. Die Zuschreibung als das ganz Andere und dessen Betonung
muß, um ideologisch stimmig zu sein, zugleich die Gemeinsamkeit negieren,
was sich gerade darin ausdrückt, davon zu reden, daß alle Menschen
Gleiche wären, anstatt deren Unterschiedlichkeit und Besonderheit als
Einzelne und nicht als Gruppen, Kollektive oder Gemeinschaften allenthalben zu
betonen. Man will im Antirassismus das Andere seiner selbst erreichen, das man
niemals erreichen kann, weil es das Andere nur durch das Selbst hindurch gibt.
Das ist der erste schwere Irrtum des Antirassismus. Der zweite besteht darin,
daß man das Andere zum an sich macht zum vor allem Gesetzten
, ohne zu begreifen, daß es das ganz Andere nur begrifflich, aber
gerade nicht sachlich geben kann. Ohne den Begriff von der Sache, in der der
Begriff objektiv niemals aufgehen kann, sondern maximal heranreichen, gibt es
kein Anderes. Die Vereinnahmung von Nicht-Identität ist somit
unmöglich und selbige nur über Identifikation denkbar. Denn
Denken heißt identifizieren (Adorno). Man identifiziert sich
aber gerade nicht mit der apriorischen Sache selbst, sondern mit dem Begriff
als ausschließliche Formung des stofflichen Gegenstands. Die
natürliche Vorherrschaft des Objektes gegenüber dem Subjekt
ist ein materialistischer Allgemeinplatz. Dessen idealistische Umkehrung
also die Annahme, das Subjekt beherrschte das Objekt bürgerliche
Ideologie und somit einer der schwersten Fälle für deren Kritik.
Der Antirassismus personifiziert zwanghaft das gesellschaftliche Über-Ich
als Herrschaft von Menschen über Menschen. Die eigene Identifikation mit
dem Über-Ich wird verdrängt, weil es das ganz Andere die
Herrschenden sein soll. So wird Identität hergestellt: weil
ich nicht das Über-Ich verkörpere, kann ich guter Dinge auf der Seite
der Unterdrückten stehen. Als ginge es um bloße Geisteshaltung,
erhebt man sich über die eigene Existenz, die materiell unabdingbar an die
herrschende Produktionsweise gebunden ist, der man nicht entfliehen kann
ob man sich nun als Unterdrücker oder Unterdrückter wähnt oder
andere als solche bestimmt.
An der Kritik der objektiven Tatsachen der Wertvergesellschaftung zerschellt
die Ideologie des Antirassismus, weil sie ihn als bürgerliche
Veranstaltung, als Karneval der Kulturen, bloßstellt. Der Antirassismus
und seine Betonung der kulturellen und ethnischen Andersartigkeit als
Ausgangsposition, von der aus ja nur seine Gleichheitsbestrebungen als
Verdoppelung bürgerlicher Herrschaft erfolgen, setzt sich in Gegnerschaft
zur notwendigen Aneignung und Bewußtwerdung der Tatsache, daß alle
Menschen unter dem gleichen Zwang des Kapitalverhältnisses stehen. So
befördert er die Identitätssucht als Ausflucht vor dem
Bewußtsein der wesentlichen allgemeinen universellen Unfreiheit. Das
Konzept Antirassismus ist strategischer Identitätsfetischismus und somit
nichts weiter als der politisch korrekte Katalysator bürgerlicher
Ideologie: der Lüge von der Besonderheit der Menschen im Kapitalismus. Er
rassifiziert ohne Rassen gesellschaftliche Konflikte und verschleiert so die
wahren bürgerlichen Verhältnisse von Wertschöpfung und deren
Existenzbedingung von variablen Arbeitskraftbehältern und Kapital. Deshalb
ist der Antirassismus als unfreiwilliger Propagandist der Kapital-Herrschaft zu
kritisieren. Er will nicht etwa die Verhältnisse umwälzen, sondern
sie in eine veränderte Form bringen, die aber objektiv nicht mal eine
veränderte ist. Was der Antirassismus für Veränderung hält,
ist nichts anderes als verbesserte Akkumulationsbedingung für das Kapital.
Der Zweck von Gesellschaftskritik, das Glücks- und Freiheitsversprechen
von Kapital und Staat als objektive Unmöglichkeit bloßzustellen und
daraus deren folgerichtige Überwindung abzuleiten und anzustreben,
bedeutet dem Antirassismus nichts. Demzufolge geht es gerade nicht um die
Überwindung von allgemeinen Herrschaftsformen wie Recht und Unrecht,
Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit, Menschenrechte oder Humanität, sondern
um deren immanente Interpretation im meinungspluralistischen Einerlei
bürgerlicher Existenz.
Toleranz, die der Antirassismus predigt, setzt die bewußte Identität
voraus. Um aber überhaupt tolerant zu sein, verlangt Toleranz zwingend das
Andere. Denn ohne das Andere gäbe es nichts, demgegenüber
überhaupt Toleranz zu üben wäre. Toleranz ist die notwendige
Verlängerung des Tauschaktes in die Kultur: sie bleibt in der Warenform
gefangen. Sie wird also innerhalb jenes ideologischen Schemas von
Unterdrückern und Unterdrückten ver-handelt, welches das kollektive
Selbst als Ausdruck des Anderen benötigt: mein Selbst ist so und soviel
und so und so wenig anderes. Die relative Wertform entfaltet ihre
Wirkungsmächtigkeit und das Andere ist nichts als der Wertausdruck der
eigenen Identität.
Der antirassistische Kult um das Andere ist die Sehnsucht des Ich nach dem
anderen seiner selbst. Es ist das unerreichbare Nichtidentische. Das diffuse
Unbehagen hinsichtlich bürgerlicher Gleichheit wird zum bürgerlichen
Überdruß. Daß, was einem angeblich selber durch die Gleichheit
nicht vergönnt ist, neidet man dem zum Anderen erklärten: es soll
willentlich das ganz Andere zum Warenbesitzer sein. Die Bedingung dieser
Projektion ist die Negation der Objektivität der Weltgesellschaft, in der
aller Reichtum in der Warenform erscheinen muß. Die Gattung Mensch als
Reichtum der Natur steht unter dem Bann des Warenfetischs, der ihr in allem
Handeln zur zweiten Natur geworden ist.
Der Antirassismus will unter diesen Bedingungen das Andere als Bereicherung
seiner selbst und ist somit selbtsredend ideologisches Produkt der materiellen
Verhältnisse aus ihnen ist er entsprungen. Fremdenangst soll zur
Fremdenfreundlichkeit werden, weil man sich so Bereicherung der öden
Gleichheit der Warenproduktion verspricht. Weder die zweite Natur des
Warenfetischs wird so erkannt noch die Tatsache, daß schon das
Unbewußte des besonderen einzelnen Menschen das Fremde der eigenen
Identität ausmacht und Unbehagen gegenüber diesem Fremden deshalb
etwas natürliches der Vernunftbegabung des Menschen ist: Wenn nach Adorno
Identität die Urform der Ideologie ist, so ist das Unbewußte die
Urform des Nichtidentischen.
Der Antirassismus preßt das Denken in die Form der methodischen
Geneanologie, die keinen Standpunkt kennen will, um sich so angeblich dem
Willen zur Macht zu verweigern. Die Verweigerung desselben aber ist ihr
Standpunkt, an dem sie als unkritische Methode überführt werden
muß. Die Methode der Beschreibung, die für Focault und andere
angeblich bodenlos sei, entzieht sich nach dem Willen ihrer Protagonisten der
Kritik. Und genau das aber ist schon die formulierte Kritik an Focault und
Co.
Der Antirassismus folgt seinen Helden auf dem Fuß:
Herrschaftsverhältnisse sollen durch Beschreibung dekonstruiert werden, um
das ganz Andere freizulegen. Sie werden aber objektiv ideologisch
vervollkommnet, weil man sie als losgelösten Gegenstand aus dem objektiven
Ganzen reißt, das man nicht kennen mag. Backe, backe Kuchen, der
Bäcker hat gerufen: So entsteht auf dem Fundament von Selbsherrlichkeit
ein tortenähnliches Ideologie-Gebilde von Gesellschaft, dem man zum einen
sich äußerlich wähnt und zu dem man zum anderen erst einmal
meint, sich ein Stück herausschneiden zu müssen, um mal zu probieren,
wie das Herrschaftsverhältnis XY denn so geschmacklich einzuordnen sei.
Kriminalistisch motiviert wird so der ungelöste Fall
Herrschaftsverhältnis mit dem Aktenzeichen Nummer X zu Eins der
Lösung zugeführt. Die Ganzheit wird als Verwaltungsakt zerlegt, was
die Leugnung des Ganzen zur Folge hat anstatt die bürgerliche Rede vom
Wahren als unwahr zu überführen. So ideologisch gerüstet und die
Realität von unerklärlichen Widersprüchen bereinigt, kann man im
Diskurs, nach deutschem Reinheitsgebot gebraut, so richtig die Sau raus lassen,
weil ja alles nur eine reine Frage der Sprecherposition sei. Man
müßte sie nur so idealiter wie möglich aus der materiellen
Wirklichkeit herausschälen und schon würde man handlungsfähig.
Das Ideal der idealen Sprecherposition aber ist pure Ideologie des
kommunikativen unmaterialistischen Handelns (Habermas). Sich diese zu
halluzinieren hat das gezielte Ressentiment zur Folge: wen es treffen soll, den
trifft es, denn das Ideal richtet sich Vorsicht, Dialektik eben
nur am Gegenüber, am Anderen aus, dem Äquivalent des Selbst.
Die Toleranz des Antirassismus kommt lammfromm daher und imitiert den Engel der
Kolonial-Geschichte, in dem sie ihm ihre Charakter-Züge der
Unmittelbarkeit einpflanzt. Antirassismus ist gleich Antisexismus. Beide sind
in der Ideologie wesensgleich. So tut es nicht wunder, daß dieselbe
Unterdrücktenklientel, die im hiesigen Paradies namens Kiez das
ultrabrutale Szene-Halali mit dem Titel Vergewaltiger wir kriegen
Dich! bläst und so zur gnadenlosen kriegerischen Jagd auf alles
Abtrünnige aufruft, gegenüber dem ach so ganz anderen Kulturkreis
plötzlich ihr Herz für das Patriarchat entdeckt, in dem es unisono
blökt, daß Krieg keine Lösung sei. Nein, sie meinen damit nicht
ihre eigene menschenverachtende politische Praxis, sie meinen damit
den Kampf gegen die nicht abgrundtief genug zu hassenden Taliban und ihrem
islamistischen Anhang. Und erklären können sie uns das zu allem
Überdruß auch noch: die gesellschaftliche Stellung der Frau im
Islam, so multikultelt es aus ihnen nur so heraus, sei eine gänzlich
andere als bei uns. Und man müsse, um das zu verstehen, nur mal seinen
eurozentristischen Blick ablegen. Dann könne man auch erkennen, wie gut es
den Frauen letztlich unter dem Islam im Gegensatz zu denen im Westen eigentlich
ginge: keine Ausbeutung im Porno-Biz, keine Wichsvorlagen in den
Tageszeitungen, keine doppelte Vergesellschaftung der Frauen, keine
frauenverachtende Pop-Kultur, kein Schönheitswahn, keine
Magersüchtigen, kein Konsum-Terror und so weiter. Nun, ist das nicht
wirklich besser? Unter dem Eindruck des Taliban-Terrors gegen die afghanischen
Frauen verkommt der hiesige Antisexismus zum bitteren Treppenwitz der
eingestürzten Twin Towers. Man kann wirklich lange suchen, aber man wird
die Freudenparties der Frauen-Lesben-Szenen anläßlich der
Bombardierung Afghanistans nirgendwo finden. Soviel Mitgefühl oder, wie
sie zu sagen pflegen, Solidarität mit den zu lebenden Kreaturen verdammten
Schwestern in Afghanistan ist dann doch nicht. Stattdessen stimmt man in den
Ruf nach Gewaltlosigkeit ein, um im nächsten Augenblick den fälligen
Steckbrief als Aufruf zur Hetzjagd auf Täter und Täterschützer
in den Autonomengazetten der Kiez-Welten zu veröffentlichen.
Dieselben Leute also, die ihre ungezügelten Gewaltphantasien nicht
kriegerisch genug fomulieren wollen, können gegenüber der als das
völlig Andere empfundenen Kultur nicht gewaltfrei und tolerant genug sein.
Gerade in diesem Milieu schwärmt man von der Revolution meist als purer
Gewaltexzess, weil der Revolutionär statt vom irdischen Kommunismus von
der Todessehnsucht im revolutionären Jenseits getrieben sein müsse
und nur das hat ihn auszumachen. Dieselben, die Deutschland den Krieg
erklären, ergreifen Partei für die Barbaren, in dem sie gerade nicht
gegen sie vorgehen wollen. Krieg ist keine Lösung, so heißt es.
Stattdessen soll man lieber die andere Wange hinhalten und dem
erbärmlichen Leben und Abschlachten der Menschen in Afghanistan das ganz
Andere abgewinnen. Weil Rache süß ist und sauer lustig macht
entscheidet man sich just for fun für das Ideal der Nächstenliebe,
ohne zu ahnen, daß dies, wirklich ernst genommen, bedeutete, daß
man dann das Andere nicht mehr wie das ganz Andere behandeln kann, sondern als
nächstes nur noch wie sich selbst.
Man lamentiert also herum. Es sind jene die das tun, denen im Angesicht des
angeblichen Schwindens der Verteidigung freiheitlich-bürgerlicher
Standards hierzulande nichts weiter einfällt als selbst zu
Verfassungspatrioten zu mutieren, in dem sie überall verbreiten, die
Linken müßten jetzt die Verteidigung dieser Standards in die Hand
nehmen und selbst das bürgerliche Geschäft betreiben. Genau
diejenigen aber, die in dieser Hinsicht den Mund nicht voll genug nehmen,
können sich andererseits nicht weit genug zurückhalten, wenn es gegen
die reale Bedrohung dieser Werte geht also um nichts als Verteidigung.
Es wird entgegnet, daß es den Amerikanern gar nicht um diese Werte ginge,
sondern nur um die Durchsetzung ihrer Interessen. Was aber bitteschön
verkörpern denn diese Interessen anderes als bürgerliche Werte? Es
geht um die Freiheit der Wertschöpfung, um die Akkumulations- und
Zirkulationsbedingungen des Kapital. Denn die Freiheit des Kapital und seine
Bedrohung bestimmt den Grad der bürgerlichen Freiheit. Geht es dem Kapital
den Bedingungen entsprechend gut, geht es den Menschen auf Kosten ihrer
Besinnung besser, weil es ein Mehr an bürgerlicher Freiheit gibt und
weniger religiösen Einfluß, weniger Wahnsinn. Es entspricht aber
gerade der Logik des Kapitals, daß es ihm nicht endlos gut gehen kann. So
entpuppt sich das bürgerliche Glücksversprechen als Unlogik und
Lüge. Und so tritt entweder der Kommunismus oder die Barbarei auf die
Tagesordnung. Barbarei ist dabei gerade nicht als etwas zu fassen, das dem
Kapital äußerlich wäre, sondern als dessen Produkt. So wie der
Kommunismus Produkt des uneingelösten Glücksversprechens des Kapitals
ist, so ist die Barbarei die regressive Variante der
Modernitätsfeindlichkeit. Nur so ist das Luxemburgische Diktum von
Sozialismus oder Barbarei zu verstehen beides wird vom Kapital objektiv
hervorgebracht. Und das gerade hebelt die Geschichtsdetermination hin zur
befreiten Gesellschaft als gesetzmäßig aus die
Bewegunsgesetze des Kapitals aber keineswegs.
Die Geister, die die bürgerliche Herrschaft nicht etwa ruft, sondern als
ausgewiesene Produkte der Moderne erst hervorbringt, sind das Andere
bürgerlicher Herrschaft, also Teil ihrer selbst. Gerade dieses Ganze
bürgerlicher Herrschaft zu denken verlangt nicht etwa Neutralität,
sondern die Verteidigung der Aufrechterhaltung des Glücksversprechens. Die
Verwirklichung dieses Versprechens ist nur durch das bürgerliche
Glücksversprechen hindurch und nicht etwa an ihm vorbei
möglich. Nur so zeigt sich die objektive Unfähigkeit des
Bürgerlichen, dieses Versprechen überhaupt einlösen zu
können. Und nur so läßt sich die Option des Kommunismus, die
Befreiung der Menschheit von Staat und Kapital, überhaupt
aufrechterhalten.
Bürgerliche Ideologie kann den Charakter von Auschwitz nicht fassen, weil
sie sich nicht selbst im Wege stehen kann. Eine kritische Theorie aber, will
sie ihrem Anspruch gerecht werden, muß dies leisten können. Denken
nach Auschwitz bedeutet, den Unterschied zwischen dem zivilgesellschaftlich
aufgeklärten Terror der Ökonomie und dem antimodernen Wahn, der sich
eben nicht gegen die Ökonomie richtet, sondern gegen die aufgeklärten
Menschen, die dem abstrakt genauso ausgesetzt sind, zu begreifen. Daran hat
sich auch Parteinahme auszurichten. Praktisch heißt das, daß
diejenigen, die generell gegen die Zivilgesellschaft vorgehen
wollen anstatt sie gegen den islamistischen Wahn zu verteidigen, auch in
Dresden am 13. Februar jeden Jahres mit genügend Wut und Trauer im Bauch
zum Gedenken an die Opfer des anglo-amerikanischen zivilgesellschaftlichen
Terrors antreten können. Wer also wirklich konsequent die
Zivilgesellschaft angreifen will, muß sich antiamerikanisch
gerieren, kann gar nicht anders. Wer jedoch antiamerikanisch ist, ist
unabdingbar antizionistisch. Wer aber antizionistisch ist, muß den
Antisemitismus verharmlosen und tolerieren bzw. gar selbst propagieren.
Menschenrechte sind das Herzstück der ideellen Zivilgesellschaft, die in
der Hauptsache ohne völkisches Gebrummel als Melting Pot daherkommt. Die
Einzigsten, die zeitlebens die Menschenrechte in diesem Sinne konsequent
zivilgesellschaftlich durchgesetzt haben, sind die USA. Um das zu verstehen,
muß man allerdings wissen, was Menschenrechte und Kapital miteinander zu
tun haben. Was wiederum voraussetzt zu wissen, was Menschenrechte sind und was
Kapital überhaupt ist.
Daß man gerade in Deutschland den Amerikanern die Mordlust und das Sinnen
auf Rache nur allzugern unterstellt, also ihnen genau das vorwirft, was die
Deutschen, aber nicht die Amis auszeichnet, spricht bände. Als hätten
die Amis 1945 mit den Deutschen kurzen Prozeß gemacht und nicht etwa den
Versuch der Re-Education gestartet, projiziert man die Mordbrennerei deutscher
Ideologie auf die im Sinne bürgerlicher Rationalität schon immer
besonnen handelnden Amis. Die Art und Weise, wie die deutschen Friedensengel
den Kopf aus der Schlinge der islamistischen Bedrohung ziehen, ist so typisch:
Wir sind die Guten, Bedächtigen und die Amis ohnehin nicht ganz
richtig im Kopf. Denn im Gegensatz zu uns, die von den Nazis heim-(ins
Reich)gesucht wurden, haben die Amis ja die Indianer auf dem Gewissen,
wie wir gerade nicht die Juden. Und seit Dresden 45 spätestens
weiß man ja, daß die vor nichts halt machen. Die Deutschen
spielen sich als das gute Gewissen der schlechten Amerikaner auf. Als jenes
gutes Gewissen, das die Amis den Deutschen nach 1945 erst behutsam und
großmütig beibringen mußten.
Die Unfähigkeit zu trauern unterscheidet die Deutschen immer noch
wesentlich vom amerikanischen Patrioten. In den USA stärkt die kollektive
Trauer das Ich des bürgerlichen Subjekts, das ohnehin durch eine
gänzlich konstitutive Ich-Schwäche zu charakterisieren ist. In
Deutschland dagegen schwächt die kollektive Trauer das Ich und stärkt
das Über-Ich. So verdoppelt sich die bürgerliche Ich-Schwäche
und eine Vorbedingung pathischer Projektion wird erfüllt.
Hinter einer allgemein zur Schau gestellten Unsicherheit der Deutschen zu den
USA und Israel steckt die Sicherheit, daß, wenn man auch sonst nichts
weiß, zumindest sicher sein kann, daß die Amis und die Israelis an
den Anschlägen irgendwie auch ne Aktie dran haben
müssen.
Wer den Anspruch erhebt, die Nazis wegen ihrer Ideologie bekämpfen zu
wollen, muß dies genauso gegen die bin Ladens und Talibans tun. So ahmen
die Taliban ihre vermeintlichen Angreifer zwar nicht modernistisch nach wie die
Nazis, aber das Herrschaftsstreben ist trotzdem wie auch nicht
frei von der Mimesis moderner Herrschaft. Gerade in diesem Herrschaftsstreben
steckt jedoch die Ähnlichkeit, die den Vergleich zulässig macht.
Ähnlich wie es in der NS-Ideologie keine Trennung von Ost- und
Westjuden gibt, erfolgt eine irrationale Projektion auf alle, die vom
Westen als an sich infiziert gelten. Der Haß auf die westliche
Unzüchtigkeit und Wollust führt zur Identifikation mit dem
vermeintlichen Angreifer, der komme, was da wolle abgewehrt
werden müsse. Der Glaube an den Islam erscheint innerhalb dieses
Irrationalismus als einzigste und negativ bestimmte Endlösung die
ideologisch aber gerade nicht materiell abgeschlossene Innenwelt des Islam
bestimmt die Außenwelt als generelle Bedrohung.
Mit modernen Mitteln wollen die heiligen Kämpfer archaische Zustände
herstellen, von denen sie sich inneren und äußeren Frieden ersehnen,
der ihnen todesgleich ist. Als Antimodernismus kommt darin das Bestreben des
Rückfalls in eine Herrschaft über Menschen von feudalen
Herr-Knecht-Verhältnissen zum Ausdruck. Weil aber dieses
Herrschaftsverhältnis gar nicht anders kann als sich mit der Herrschaft
des Kapitals zu arrangieren, will es überhaupt wirkungsmächtig
werden, liegt in der so erzwungenen besonderen Symbiose von abstrakter und
feudaler Herrschaft die Barbarei begründet.
Es gibt keine Gründe, daran zu zweifeln, daß der irrationale
Wahnsinn des Islamismus eine Massenbasis hat. Der Vernichtungswahn als
kollektive Massenbewegung ist nicht nur real denkbar, sondern längst
seinen Kinderschuhen entwachsen. Die Seelenverwandtschaft von deutscher
Ideologie und islamistisch-heiligem Krieg besteht gerade darin, daß auch
die heiligen Krieger bereit sind, ohne Rücksicht auf Verluste eine Sache
um ihrer selbst willen zu tun.
In erster Linie sind die Israelis, jüdische Einrichtungen weltweit und die
USA vom Terror betroffen. Das ist kein bloßer Zufall und liegt gerade in
der antisemitischen Unlogik irrationaler Verschwörung begründet: die
Amerikaner unter Anleitung der Juden haben sich die ganze Welt Untertan gemacht
haben also auch Deutschland und Europa infiziert. Die westliche Welt
schrumpft so im Wahn der Täter notwendig auf ein irrationales
Mindestmaß und weitet sich gerade nicht als rein zufällige
Maßlosigkeit. Wer aber die Juden und die Amerikaner sind, bestimmen sie
eben selbst. Und so stellt sich unter der Bedingung des irrationalen
Mindestmaßes die Maßlosigkeit als Hauptelement des Antisemitismus
her.
Das Primat der Bekämpfung des projektiven Irrationalismus, indem der
Vernichtungswahn notwendig angelegt ist, verlangt aus der Geschichte heraus die
reale Handlungsfähigkeit. Da hilft kein Lamentieren oder gar
Neutralität.
Der Schein von abstrakter bürgerlicher Herrschaft ist zum einen ihre
verdinglichte also personifizierte Zurückspiegelung und zum anderen ihr
notwendiges Funktionieren durch die Menschen hindurch. Unter dieser objektiven
Voraussetzung bringt sie den Antisemitismus selbst hervor. Die
Terroranschläge waren somit keine Treffer, die von der
menschenverachtenden Logik bürgerlicher Rationalität ihrer
Vernunft gelandet wurden, sondern von der beständig von
bürgerlicher Ideologie verdrängten irrationalen eigenen Seite. Der
Vernichtungswahn der islamistischen Massenbewegung der
Selbstmordattentäter ist ein ähnlicher wie der deutsche, aber gerade
kein gleicher. Was nur sollte rechtfertigen, von ihnen nicht als Barbaren zu
reden? Daß sie moderne Waffen haben? Daß sie Autos fahren?
Daß sie Fugzeuge fliegen können? Daß sie schreiben
können? Ja was denn?
Hinter der linken Abwehr der richtigen Charakterisierung der bin Ladens als
Barbaren steckt die Unkenntnis über die Wahrheit des modernen
Antisemitismus und seiner objektiven Grundlage, der bürgerlichen
Gesellschaft und ihrer Produktionsweise. Sie zeugt von der Verkennung des
Charakters des Nationalsozialismus, der Barbarei in der Moderne als absolute
Form der Selbstzerstörung der Aufklärung als Rückfall in
Mythologie (Adorno/Horkheimer).
In der Todessehnsucht der islamistischen Selbstmörder und ihrer
massenhaften Verehrung und Huldigung spiegelt sich die deutsche Ideologie als
Eigentlichkeit der antiwestlichen Askese. Sie übersetzt sich so
führwahr zum Heidegger für Analphabeten (Bahamas).
Als Seinsvergessenheit des Seins zum Tode drängt der Todestrieb zum
Apriori des Seins an sich zum Tod eben. Unter dem Einfluß
deutscher Ideologie legitimiert sich darüber die Leidenschaft des
Selbstmordattentats. Sie gerinnt zur Romantisierung der Vernichtung, die sich
in der FAZ, weil der Blick auf die Oberfläche am Ende
der schon immer verabscheuten Spaßgesellschaft nicht mehr reiche,
folgerichtig zum Selbsthaß als Lebensgefühl des Westens
mausert. Und so verkündet man überglücklich mit dem Ende der
Popliteratur und unter Verwendung des urdeutschen Romans 1979 von
Christian Kracht, dem Ex-Popper und neudeutschen Ideologenpimpf, die
Rückkehr der deutschen Ernsthaftigkeit als Haß auf die verjudete und
dekadente Hollywoodsche Kulturindustrie. Weil man ihr ihren kommerziellen
Erfolg neidet, den man nie erringen wird, weil man aus Ideologiegründen
unfähig dazu ist, verbeißt man sich in das urdeutsche Schicksal der
Überhöhung von Kunst über Kulturindustrie: was immer noch eine
Frage von Fähigkeit ist, erklären sie sich nur mit der Macht des
Geldjuden. Der Jude als der Westen und der Selbsthaß als purer Neid auf
die Fähigkeit der anderen die unheimliche Macht, die das
verkörpern soll, gönnt man ihnen einfach nicht.
Mit der deutschen Friedensbewegung verhält es sich nicht anders. Ihre
kollektive Triebkraft ist der Antiamerikanismus und Antizionismus. Deshalb war
sie nicht zu sehen, als die Deutschen ihre Finger ganz tief bei der
Zerschlagung und Bombardierung Jugoslawiens mit im Spiel hatten. Weil sie den
Amis alles zutrauen, was die eigenen Verwandten schon verbrochen haben,
appellieren die vom Frieden bewegten an die menschliche Vernunft, die eine
deutsche zu sein hat. Jawohl, so eine Veranstaltung ist das. Sie gibt Israel,
das wissen wir spätestens seit dem Golfkrieg, ohne mit der Wimper zu
zucken dem Untergang preis.
Es ist längst ein offenes Geheimnis, daß die Friedensbewegung auf
der anderen Seite der Barrikade steht und daß man ihr im Ernstfall nicht
pazifistisch ausgeliefert sein sollte, weil sie eine Multikulti-Veranstaltung
ist und Multikulti in Deutschland die todbringende Folklore deutscher Ideologie
ist, von der sich ein Antirassismus nie und nimmer lösen kann. Deshalb
muß man sich gegen die deutsche Multikulti-Linke stellen. Eine
Vermittlung von etwaigen Widersprüchen ist im Interesse von Israel nicht
möglich, weil sie einer Kapitulation gleich käme.
Angesichts des antisemitischen Terrors der Islamisten muß man mit einer
Linken brechen, die vor einem neuen Auschwitz wiederum versagen würde. Der
Grund für dieses Versagen liegt alleinig darin, daß sie die
bürgerliche Weltgesellschaft als Produkt der Wertvergesellschaftung in
ihrer Objektivität entweder gar nicht erst zur Kenntnis oder aber nicht
ernst nimmt, in dem sie gerade die Dialektik der Aufklärung nicht denken
will.
Die Terroranschläge vom 11. September besiegeln die Grenze und damit das
Ende des Antirassismus und seines Multikulti-Programms. Sie verlangen als
Konsequenz eine Parteinahme ohne Lamento für die westlichen Werte
zielgerichtet gegen den Traum von Multikulti und für ein langes Leben
Israels. Nur unter diesen Bedingungen läßt sich über
Gesellschaftskritik in Zukunft reden alles andere ist nicht nur Quark,
sondern vor allem Deutschland und das Ende von Israel.
Fussnoten:
(1) Daß so einem wie Derrida nicht der Adorno-Preis zustehen sollte,
sondern vielmehr der Heidegger-Preis der Stadt Freiburg, soll hier am Rande von
einem bemerkt sein, bei dem sehr wohl angekommen ist, auf welche Denkrichtung
der Alfred Schobert in der Jungle World vom 26. September 2001 zielt,
wenn er jene sich auf Adorno berufenden antideutschen Banausen
benennt, die sich einfach nicht damit abfinden wollen, Adorno auf
französisch gegen sich selbst gewendet zu sehen, nur weil solche wie
Schobert frech behaupten, die Franzosen hätten mal so im Vorbeigehen den
Zeitkern der Kritischen Theorie geknackt.
(2) Wer meint, es wäre Zufall, daß die Deutschen nicht die Konferenz
zusammen mit den Amis und den Israelis verliessen, hat leider gar nichts
begriffen.
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