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Im Rahmen der Kampagne gegen Sicherheitspolitik und Videoüberwachung fanden in der Woche vom 31.1. bis zum 4.2.2000 Demonstrationen in Leipzig-Connewitz statt. Im folgenden dokumentieren wir einen auswertenden Text der „AG Öffentliche Räume beim Bündnis gegen Rechts“ sowie zwei der gehaltenen Redebeiträge.

Demo-Redebeitrag der AG "Öffentliche Räume" beim BGR
Demo-Redebeitrag der Ökologischen Linken

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Überwachungsgesellschaft, 9.1k

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5 Tage lang öffentliche Meinungsäußerung bei 5 Demonstrationen und 5 Tage massive Behinderung und Provokation durch die Polizei.
Grund genug, unsere Arbeit und den Verlauf der Aktionswoche selbstkritisch zu betrachten. Die Beschreibung einzelner Ereignisse soll dabei der Betrachtung grundsätzlicher Dinge dienen.

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Ausriss aus LVZ, 7.1k
Zum Artikel im Vollbild, 91.6k

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Konzept und Umsetzung

Prinzipiell hat sich die Idee, mehrere Demonstrationen nacheinander durchzuführen, als sehr sinnvoll erwiesen. Das Konzept war, die Mobilität der BürgerInnen während der Hauptverkehrszeiten zu stören, um mehr öffentliche Aufmerksamkeit für unser Anliegen zu erreichen. Eine einzelne größere Demo hätte vielleicht mehr Leute angezogen, aber die konsequente Darstellung der Gegenmeinung über mehrere Tage zeigt viel mehr unseren Standpunkt und die Ernsthaftigkeit unseres Widerstandes.
Die Anzahl der Demo-TeilnehmerInnen hat auch uns positiv überrascht, wobei die ansteigende Zahl der DemonstrantInnen ab Mittwoch nicht nur Ergebnis unserer Mobilisierung, sondern vor allem Reaktion auf das Verhalten der Polizei war. Dazu später noch etwas mehr. Nicht zuletzt ist der Erfolg des Konzeptes auch den jeweiligen AnmelderInnen der verschiedenen Gruppen zu verdanken.
Angemeldet wurden die Demos von: „Roter Stern Leipzig“, „Linke Studentinnengruppe Leipzig“, Stadträtin Nagel (PDS), „Initiative für eine Vereinigte Linke“, „Ökologische Linke“. Ein Problem für die AnmelderInnen war sicher, daß sie zeitweise doch recht alleine dastanden und mit Situationen konfrontiert wurden, die unsere aktive Hilfe erfordert hätte. Auch die Darstellung unserer Ziele durch Redebeiträge kam dadurch zu kurz. Mit mehr Unterstützung unsererseits hätte man auf Krisensituationen besser reagieren können. Wie weiter oben schon bemerkt, mangelte es an der konsequenten Darstellung unserer Meinung und unserer Positionen währen der Demos. Eine Aufklärung über die Hintergründe, die Mechanismen und den angeblichen Sinn und Zweck einer Überwachung von öffentlichen Räumen hat es durch uns nicht konsequent genug gegeben.

Öffentlichkeit & Medien

Wo am Montag noch ein relativ großes Interesse durch die Medien bestand war bereits am Dienstag Funkstille angesagt. Zwar gab es von Dienstag bis Samstag sowohl bei der Haus-und-Hofpresse als auch bei „Bild dir deine Meinung“ kurze Meldungen, aber die erfüllten nicht einmal den Anspruch einer wirklichen Information. Und von Wahrheit wollen wir gar nicht reden. Grundtenor : jugendliche Autonome demonstrieren gegen die angebliche Kriminalisierung der Szene, gegen die Kamera am Connewitzer Kreuz und wehren sich gegen angebliche Polizeiwillkür.
Wie nicht anders zu erwarten, gab es keinerlei Äußerung zu den Hintergründen der Demonstrationen und der Kampagne. Selbst nach den Ereignissen am Mittwoch war die Berichterstattung mehr als oberflächlich. Vereinzelt gab es Anfragen von PressevertreterInnen wegen Interviews an einzelne DemonstrantInnen. Daß die sich dann nicht hingestellt haben und mit den Presse- oder Fernsehleuten geredet haben, ist erstmal nachvollziehbar. Deshalb ist es in solchen Situationen wichtig, von unserer Seite PressebegleiterInnen zu stellen, die jederzeit für Interviews, Erklärungen und Hintergrundinformationen zur Verfügung stehen. Solche PressebegleiterInnen müßten dann vor, während und nach der Demo ansprechbar sein und nicht zuletzt auch selbst direkt auf die MedienvertreterInnen zugehen. Nur so kann die sowieso schon kaum vorhandene Berichterstattung durch uns beeinflußt werden. Ob es dadurch möglich ist, weitergehende Informationen in den Medien zu plazieren, mag zweifelhaft sein, ist aber sicher den Versuch wert.
Bei uns entstand der Eindruck, daß für die Verantwortlichen der Überwachung – die Stadtverwaltung Leipzig, die Polizei, das Innenministerium, das Ordnungsamt und der Datenschutzbeauftragte Sachsens – politischer Protest völlig bedeutungslos ist. Es erfolgte keinerlei Positionierung in der Öffentlichkeit. Ob es in diesem Zusammenhang Anfragen der Medien gab, ist uns leider nicht bekannt. Aber bei der Selbstverständlichkeit, mit der Proteste hier ignoriert und polizeilich unterdrückt werden sollen, ist das nicht verwunderlich. Für uns hat das die Konsequenz, von jetzt an Meinungen einzufordern und öffentlich zu machen. Und wenn unsere Meinung auf der Straße nicht gehört wird und die Verantwortlichen sich nicht freiwillig äußern, zeigen wir unseren Protest eben zeit- und ortsgleich mit Veranstaltungen der Stadt. Der Veranstaltungskalender bietet sicher vielfältige Möglichkeiten des politischen Protestes durch uns. Und genau die werden wir auch nutzen.

Der „Freund und Helfer“

Vor allem durch das Auftreten der Polizei bedingt, bewegten sich die Redebeiträge währen der Demos immer mehr zum Thema „Polizeiwillkür“ hin, und machten den eigentlichen Zweck der Demos, die öffentliche Meinungsäußerung zum Thema „Überwachung öffentlicher Räume“ und die Sensibilisierung der Öffentlichkeit für dieses Problem, zur Nebensache. Wobei natürlich die Meinungsäußerung nach außen vor allem durch die massive Polizeipräsenz behindert wurde. Bei solchen Aktionen sollte auch mehr auf aktuelle Reaktionen der Öffentlichkeit, der Medien und der Stadt eingegangen werden.
Wenn schon „Krawalltouristen von außerhalb“ (Rolf Müller, Leiter der Polizeidirektion Leipzig) auf die Straße gehen, um „Connewitz zu benutzen“ (ebd.) und das „eigentlich längst überholte Negativ-Image des Stadtteils für sich ausnutzen und durch teils organisierte Randale Aufmerksamkeit erringen wollen“ (ebd.), um, nachdem sie „hier Stadt und Polizei blamiert haben,...sich als Sieger zu fühlen“ (Holger Tschense, Bürgermeister und Ordnungsdezernent), erfordert das natürlich entsprechende Maßnahmen. Natürlich „werfe man unverbesserliche Randalierer und vielleicht ehrlich besorgte Demonstranten nicht in einen Topf“ (ebd.), aber man zeigt sich „um so besorgter..., daß sich die Situation in und um Connewitz dieser tage wieder zuzuspitzen drohe“ (ebd.). Und wenn bis dahin den „vielleicht ehrlich besorgten Demonstranten“ nicht ganz klar war, welchen Grund die völlig überzogenen Einsätze der Polizei haben, war ja nun erstmal alles klar. Hier die Kämpfer für Recht und Ordnung und da die „Krawalltouristen“.
Von Anfang an wurde mit meist (auch juristisch) sehr zweifelhaften Methoden versucht, den genehmigten Protest zu erschweren, zu kriminalisieren und nicht zuletzt zu verhindern. Massive Repression, überzogene, um nicht zu sagen hirnrissige Forderungen, das Zur-Schau-Stellen von Macht und potentieller Gewalt und auch deren Ausübung sollte den Protest offensichtlich unmöglich machen. Daß dabei auch mal Recht gebrochen wird, wird billigend in Kauf genommen und mit fadenscheinigen Argumenten begründet. Denn was wir bisher nicht zu fragen wagten, aber nun doch wissen ist: „Helme und Panzerungen dienen lediglich dem persönlichen Schutz des einzelnen Polizisten und der Umfang dieses Selbstschutzes kann ebenfalls in freier Entscheidung festgelegt werden.“ (Polizeisprecher Grottke), „das Tragen von Schirmen kann wegen der Gefährdung anderer Demonstrantinnen durch erhöhte Windstärken“ (ebd.) schon mal verboten werden.
Aber am Ende ist „der meist friedliche Verlauf der Proteste, nicht zuletzt der guten Zusammenarbeit zwischen Organisatorinnen und Polizei zu verdanken“ (Ordnungsamtsleiter Wassermann) . AHA!!! Wenn man uns das nicht gesagt hätte, hätten wir das echt nicht gedacht. So kann man sich eben täuschen! Für jede/n, die/der keine Scheuklappen trug, stellte sich das eher so dar: Weder für den generellen Einsatz noch für Festnahmen, Personalienfeststellungen, Repressionsmaßnahmen und ständig neue Forderungen der Polizei gab es reelle Gründe. Der Einsatzleiter der Polizei war nur widerwillig zu einer „Zusammenarbeit“ bereit oder gleich gar nicht mehr zu sprechen.
Die Demonstrationen insgesamt und einzelne TeilnehmerInnen wurden völlig grundlos durch die bereits am Kreuz installierte und eine zweite, nur zu diesem Zweck aufgebaute Kamera, durch Dokuwagen und durch BFE-Handkameras permanent abgefilmt. Wenn das keine Ironie ist! Die Willküraktionen der Polizei waren nur begrenzt zu verhindern. Maßnahmen der Polizei können aufgrund ihrer Vollmachten – wenn überhaupt – nur gerichtlich und aufgrund der berühmten „Mühlen der Gerechtigkeit“ Jahre später geahndet werden. Deeskalation wurde nur durch die DemonstrantInnen ausgeübt.
Was bleibt? Auf keinen Fall sollten wir uns weiterhin alles gefallen lassen. In Einzelfällen mag es Sinn machen, den Forderungen der Polizei nachzugeben, meist ist es für den Protest aber wichtiger, nicht nachzugeben und massiv Druck auszuüben. Unabhängig davon sollten eigentlich alle TeilnehmerInnen auf ihre NachbarInnen achten, für die sie schließlich auch Verantwortung haben, und – solange das Sinn macht und notwendig erscheint – beruhigend einwirken. Was es aber auf keinen Fall geben darf, ist Deeskalation um jeden Preis. Die Möglichkeit zu spontanen Aktionen und Demos soll immer vorhanden sein und unter Beachtung der Grundregeln für Demos auch genutzt werden.

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Ausriss aus LVZ, 28.3k

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Wie weiter ?

Unsere Proteste sind in höchstem Maße unerwünscht und sollen mit aller Macht verhindert werden. Eine öffentliche Auseinandersetzung mit dem Themen Überwachungsgesellschaft und „Einschränkung öffentlicher Räume“ findet praktisch nicht statt.
Laßt uns zusammen weiter protestieren! Wenn keiner etwas ändert, gehen wir eben hin und tun etwas! Macht den Veranstaltungskalender der Stadt zu eurem Terminplaner! Denkt euch selber was aus und agiert vielseitig!

AG „Öffentliche Räume“ beim BGR



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last modified: 28.3.2007