Nicht nur das Conne Island jubilierte im vergangenen Monat. Das Leipziger
Stadtmagazin Kreuzer brachte die Dekade ebenso hinter sich, wie die
Pop-Illustrierte Persona Non Grata, die mit ihrer fünfzigsten
Ausgabe förmlich glänzte.
Anlaß genug also, den Kulturschaffenden, Pop-Schreiberlingen und
Musikpolizisten dieser Stadt auf die selbstverliebten Finger zu klopfen.
Feind hört mit! so betitelte der Kreuzer
sein Glückwunschanzeige fürs Conne Island und scheute
weder Arbeit noch Mühe, das komplette Arsenal jemals dagewesener Combos
alphabetisch und vermeintlich respektzollend anzuordnen. Der klassische Griff
in die Scheiße also, ein fast typisches Element des Stadtmagazins, das
sich am Beispiel des Hinwegsetzens über journalistisches Einmalseins
bezüglich nationalsozialistischer Sprachwegweiser Schlagwort LTI
exemplarisch manifestiert.
Doch dies nur am Rande. Der Kreuzer wurde zehn, das heißt
erst einmal zehn Jahre Langweile nicht einmal heiße Luft, vielmehr
auffallen durch gedrucktes Nichts. Zehn Jahre für die es
keinen besseren kulturellen Soundtrack hätte geben können, als eine
Mischung des Theaterspektakels Heimat L.E. mit der Provinzposse
Kudernatschs Couch gefeatured durch ein paar
Startup-Studenten. Wenn der Chef vom Dienst, Björn Achenbach, also darauf
hinweist, daß Leipzig (...) langsam beginnt, seinen Platz im
vereinten Deutschland zu finden und im selben Atemzug die politische
Herkunft des Blattes, als Sprachrohr des Neuen Forums, mit der Ankunft in
der Normalität verbindet, dann hat er endlich das ausgesprochen, was
doch alle wissen sollten: Daß nämlich der Kreuzer immer
das Blatt für den Leipziger Identitätszoni mit westlicher
Charaktermaske bleiben wird, und sich in diesem Land dabei in
ausgesprochen guter Gesellschaft befindet. Nicht verwunderlich ist dabei auch,
daß die redaktionellen Personifikationen und die der Leserschaft nicht
einmal mehr ein Bindeglied benötigen, da das provinziell-spießige
Moment Schulterschluß genug ist. Wo die Zone in Abbildung des
Kreuzers immer noch Zone ist, wenn auch gelegentlich versteckt
unter weltmännischem Flair, zeigt nicht erst die einstige hausgemachte
Kampagne Kost the Ost. Nein, da reicht schon ein Blick in die
einzelnen Rubriken. Von Paradigmenwechsel also keine Spur East bleibt
East, da kann Musikredakteur Augsburg noch so lange jammern, daß hier
kulturell nichts geht...
Das PNG hingegen hat den universellen Geist schon intus, hat es sich doch dem
Pop versprochen weiterhin klassisch, unablenkbar und nimmer zweifelnd.
Das fordert schon ein bißchen Respekt, wenn auch eigentlich klar ist,
daß der Zug, der die paradigmatische Frage der Kulturtheorie die
alles überlagernde Diskursivität, die Spannung von kulturellen Praxen
und deren Rezeption sowie die popästhetische Subversivität
schon seit geraumer Zeit auf dem Abstellgleis steht. Gratulation also auch
für die hartnäckige Verweigerungstaktik gegenüber der
Pop-Realität, die einem manchmal die Haare zu Berge stehen
läßt. Das Ende von Pop, wie wir ihn kannten und es tagtäglich
erleben, wird also beständig beiseite geschoben. Insofern scheint es auch
nicht wirklich erstaunlich, daß man mit der neuen
Blumfeld-Platte nicht richtig auf einen grünen Zweig kommt. Da
fehlt die Uneindeutigkeit, so die Essenz der PNGschen Rezeption. Die
Bauchschmerzen, die da dem Pop-Blatt schwer im Magen liegen, kommen nicht von
ungefähr und liegen vielleicht auch daran, daß man
Doppeldeutigkeiten und ja und?-Effekte sucht, wo es keine gibt.
Wenn Blumfeld also singt: Ich werf den ersten Stein, stehen die
PNG-Leute noch in der dritten Reihe und suchen den Groove, um das mal etwas
umständlich zu beschreiben. Daß sich mit diesem Abwenden von realen
Veränderungen und dem Beharren auf scheinbar widerständige Diskurse,
die keine politische Entsprechung haben, ganz gut klar kommen läßt,
steht außer Frage. Doch wie lange das noch gut geht, steht auf einem
anderen Papier. Die persönliche Enttäuschungsgeschichte in Sachen Pop
wird somit auch das PNG ereilen. Schade eigentlich. Lars
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