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Irgendwie Pop? | |
Eine aktuelle Betrachtung zum PNGDaß die Kollegen vom PNG erst neulich das Conne Island als Antipopfestung und Ort von segmentalen Mehrheitenkram betitelten, ist sicherlich nicht nur der fatalerweise aufgeheizten Stimmung in Folge des Festivals Neue Beiträge zur Deutschen Popkultur geschuldet, sondern hängt eher an einer grundlegenderen Divergenz in Sachen Pop. Das sollte zum einen zu Denken geben, zum anderen aber auch Anlaß genug sein für eine kleine Retourkutsche...Das dienstälteste und vielleicht smarteste Musikfanzine ever, Persona non Grata, kurz PNG, geht auf die Fünfzig zu. Freuen wird dies fast alle. Die Macher selbst, die trotz widrigster Bedingungen in einem Provinznest wie Leipzig aus einem kultigen Fanzine eine spannendere Spex-Variante bastelten, obwohl das ja so schwer nicht mehr ist. Freuen werden sich auch die unzähligen Bands und Künstler, deren Wunsch nach unkonventionellen Fragen und diskurs-schwangeren Artikeln das ein oder andere Mal mehr entsprochen werden konnte. Genauso wie die Plattenfirmen, egal ob Indie- oder Majorlabel, die per Anzeige wiedermal verdeutlichen konnten, daß sie doch eigentlich dazugehören zum Underground, daß
Bleiben eigentlich noch die Rezipienten, die, es sei denn sie gehören zu den drei soeben genannten Gruppierungen Macher, Querdenkerkünstler und Plattenchefs , entweder komplett belanglos und leider in der Mehrzahl sind, oder sich ein kritisches Sympathiesantentum auf die Fahnen geschrieben haben. Letztere sind dummerweise marginalisiert und seit kurzem, der Kritik- und Diskursunfähigkeit einiger Leute sei Dank, als Gegner deutschsprachiger Musik verschrieen.(1) Unbestritten bleibt, daß das PNG einen nicht unerheblichen Beitrag zum, sagen wir mal, qualitativen Anschub in Sachen Pop-Indoktrinierung mit-geleistet hat. Angefangen mit dem Start 91 als Besatzerfanzine für Musik und Comix, im Anhang diverse Kult-Konzerte, über die ersten Aufklärungsversuche bezüglich Pop schrieb man auch mal über klassische Subkultur-Themen oder wahnwitzigen Italo-Horror. Je nach Trendline verschoben sich die Themenschwerpunkte später zwar überaus aktuell, aber von mal zu mal nichtssagender, mal wars Brit Pop, dann gestaltete sich D&B und Elektronica zum großen Ding, zuletzt schwamm man ebenso wie alle Alten auf der RocknRoll Welle. Zwischenzeitliche Polit-Avancen und PNG-Hool-Aktivitäten ließen so manche Herzen höher schlagen, wie zuletzt beim Witt-Dissing oder wahlweise zu Eisklumpen erstarren, einst in Nr. 22 als Günther Jacobs zugegebenermaßen provokanter Beitrag Krauts with Attitude(2) mindestens genauso falsch gelesen wurde, wie man neulich erst die Statements des Conne Island einem im Munde umdrehte. Da liegt bekanntlich der Hase im Pfeffer, denn beim PNG darf Pop alles und nichts sein, schwebt beliebig um Belegschaft und nicht existierende Redaktionslinie ist eben, leider unter falscher Anwendung des Begriffes, universell. Dem Liberalismus sei Dank. Interviews wie das mit Alfred Hilsberg sind somit zwar als Ehrenrettung genauso gut allerdings auch als Zufallstreffer deutbar. Da hilft dann auch kein noch so wildes Namedropping mehr: wo keine Inhalte sind, kann man auch keine herzaubern geschweige denn die Weltrevolution supporten, um das mal als Minimalkonsens vorauszusetzen. Daß nun das schön anzusehende Haus des Überbau-Kosmos Pop im Zuge einer Auseinandersetzung mit nationaler Identität ganz schön ins wanken gerät, ist insofern kein Wunder, ebensowenig das Ergebnis einer Geheimverschwörung aus den Kellergewölben der Koburgerstr. 3, sondern die schlichte und einfache Folge von beständiger Verbannung der politischen Kritik aus der Popkultur. Natürlich kann man die Schlagwörter von einst, wie Subversion und kulturelle Dissidenz, noch so hoch halten, an der Stelle, wo die nach dem Ur-Popansatz aufgestellten kosmopolitischen und antiprovinzialistischen Verbindlichkeiten durch multinationale und später offensiv und selbstbewußt ausgetragenes Identitätsgelaber ersetzt werden, läuft allerdings augenscheinlich etwas schief. Klar schießt das PNG gegen Klumb und Konsorten, Naziästhetik von Rammstein etc., reflektiert allerdings im Gegenzug kaum, daß hinter der augenscheinlichen Rekontextualisierung von Identität der entscheidende Schritt zum nationalistischen Marksegment gemacht wird sprich: ideologische und ökonomische Konstruktion werden nun mal knallhart geschaffen und umgesetzt.(3) Dies nicht zu benennen, wie im Falle der PNG, ist entweder eine bewußte Verharmlosung des Ganzen oder das Resultat eines jahrelangen Scheuklappenblickes selbstverliebter Freaks, hoffen wir mal, daß letzteres die Situation eher trifft. Wenn das PNG in Sachen Conne Island also vom Verlust des subkulturellen Konsens(4) schreibt, ist das jenes bezeichnende Ergebnis, daß erstens annimmt, wir befinden uns noch im Aufbruchsjahr 91, und zweitens politische Realitäten(5) außen vor läßt. Die Preisgabe der Vorreiterolle(6) ist daher weniger den ökonomischen Zwängen, vielmehr der politischen Erkenntnis geschuldet, daß die netten Abgrenzungsmechanismen in Sachen Subkultur in Zeiten der Kontrollgesellschaft nicht mehr existent sind(7). Pop dient in diesem Sinne nur einer ästhetischen Definition dieser Kontrollgesellschaft und ist nichts anderes als eine Shoping Mall ohne Anfang und Ende.(8) Das das PNG somit Bestandteil des Mainstreams der Minderheiten ist, stellt sich als unumstößliche Folgerichtigkeit ein - an der Entwicklunglinie der Spex in den letzten 3 Jahren ließe sich das vortrefflich untermauern. Eben aus diesem Bewußtsein heraus definiert sich Pop bei uns über das Politische, denn um die Thematik in seiner unerträglichen Leichtigkeit zu banalisieren, ist uns die Lage dann doch zu prekär. Moses vom ehemaligen Hardcore Fanzine ZAP sagte erst neulich: ...daher entsichere ich beim Wort Subkultur zunächst einmal meine Waffe.(9) Dem ist widerspruchslos zuzustimmen. Lars
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