Das war auch eine Grüne, die sich inzwischen gern auf Buchcovern
sieht, trotzdem noch etwas Hoffnung gibt... |
Jutta Ditfurth:
Das waren die Grünen: Abschied von einer Hoffnung.
München: Econ, 2000. - 387 S. - 16,90 DM
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Chronologisch handelt Ditfurth die Entstehungsgeschichte der Grünen, die
quasi mit der Anti-AKW-Bewegung der siebziger Jahre beginnt, ab. 1978
gründete sich in Hamburg die Bunte Liste - Wehrt Euch! Initiativen
für Demokratie und Umweltschutz. Von Flensburg bis Starnberg
stritten Anti-AKW-Initiativen und FeministInnen, AntimilitaristInnen,
HausbesetzerInnen und InternationalistInnen darüber, ob eine bundesweite
Partei eine beschissene Idee sei, eine Art Unterwerfung oder gar eine
politische Waffe, um die bundesdeutsche Gesellschaft radikal zu
verändern.(1) Aus heutiger Sicht muß mensch die
Grünen wohl als eine beschissene Idee sehen, die, wie jede Partei, Macht
um jeden Preis wollte. Verfolgen wir die Schilderung Jutta Ditfurths weiter,
war das spätestens Mitte der 80er Jahre vorherzusehen. Bereits die
Parteigründung 1980 war durch zwei Konflikte gekennzeichnet: Erstens
die Frage der Doppelmitgliedschaft sollten Mitglieder anderer, auch
kommunistischer (Klein-)Parteien auch Mitglied der Grünen sein
dürfen? und zweitens die Frage eines Rechts auf Widerstand. Hinter
der ersten verbarg sich der Antikommunismus mancher rechter Grünen.
Hinter der zweiten die sogenannte Gewaltfrage.(2)
Zu Beginn der 80er Jahre zogen überall in der BRD Grüne in die
Parlamente ein. Ditfurth glaubte damit für ein paar Jahre die
Widerstandsbewegung zu stützen und die bundesdeutsche Gesellschaft zu
verändern(3). Der parlamentarische Erfolg der
Grünen lockte auch die sogenannte Fischer-Gang, ihr Streben nach Macht zu
befriedigen. Ditfurth beschreibt in aller Ausführlichkeit die
Machenschaften der Spontis auf dem Weg zur Macht. Ein Kapitel ist speziell
Joseph Fischer, ein zweites Daniel Cohn-Bendit gewidmet. Ditfurth besticht
nicht nur in diesen Kapiteln, sondern auch in allen anderen Teilen des Buches
durch eine Vielzahl zitierten Quellenmaterials, an das mensch in dieser Form
aufbereitet wohl nicht so schnell wieder gelangt. Aber private Archive bieten
da wohl schier unerschöpfliche Möglichkeiten. Mensch kann sich
allerdings nicht des Verdachtes erwehren, daß Ditfurth mit dem
Anhäufen von Beispielen und Zitaten von ihrer eigenen Unfähigkeit der
Analyse (der beschriebenen Phänomene) ablenken will.
Die Wurzeln der Grünen lagen im unerbittlichen Widerstand gegen die
Atomenergie. 1980 konnte sich deshalb auch niemand vorstellen, daß
eines Tages ein grüner Umweltminister Castor-Transporte und den Bau von
Zwischenlagern an jedem AKW erlauben und die Grünen der Atomwirtschaft 30
Jahre Betriebslaufzeit für die bestehenden AKWs (...) garantieren
würden.(4) Einige Seiten weiter können wir dann
lesen, daß Herr Trittin schon immer ein anpassungsfähiger
inhaltsleerer Ehrgeizling war. Viel Platz räumt Ditfurth der
Finanzintrige von 1988 ein, die letzendlich dazu beitrug, die linke Fraktion
bei den Grünen zum Schweigen zu bringen. Folgt mensch Jutta Ditfurths
Aufzeichnungen weiter, dann ging es danach rapide abwärts mit den linken
Ansprüchen der Partei, viele Linke kehrten ihr den Rücken, und das
Vakuum wurde von rechten Grünen aufgefüllt. Die grüne Partei
gierte nun nach schwarz- bzw. braun-grünen Bündnissen. So wurde
beispielsweise 1991 in Niedersachsen unter einer rot-grünen
Landesregierung der Ökofaschist Herbert Gruhl, Autor bei u.a bei Nation
und Europa, mit einem Umweltpreis ausgezeichnet (Gruhl wollte gegen die
zu vielen Menschen in der Dritten Welt notfalls die
Atombombe einsetzen). Bei den Grünen gab es niemanden mehr, der sich von
rechtsextremen, rassistischen oder antisemitischen Äußerungen ihrer
grün-rechten Bündnispartner (z.B. der ÖDP) distanzierte. Immer
häufiger versöhnten sich Grüne mit Braun-Grünen. Alles, was
die Grünen heute zur Schau stellen: Rassismus (Innenminister Schily:
97 Prozent aller Asylbewerber sind nicht
asylwürdig.), Nationalismus und Militarismus
(Außenminister Fischer: Die Bomben sind nötig, um die
serbische SS zu stoppen) kam nicht von ungefähr, sondern
ist schon lange Programm.
Fazit Ditfurth: Die Grünen werden mehr und mehr den Versuch machen,
die eigene Anhängerschaft zu befrieden, indem sie Foren zum Nörgeln
und für den mystifizierten konstruktiven Diskurs bieten. Sie
werden Mediatonsverfahren einüben und versuchen, KritikerInnen mit
komfortablen Einladungen zu Konferenzen das Maul zu
stopfen.(5)
Mensch mag zu Frau Ditfurth stehen wie er will das Buch ist durchaus
interessant, besonders für alle diejenigen, die schon immer mal wissen
wollten, wie mensch Minister wird oder die noch eine Abrechnung mit ihrer
Ex-linken Gruppe offen haben ...
Anne
Fußnoten
(1) Ditfurth, S. 65
(2) ebd., S. 76
(3) ebd., S. 85
(4) ebd., S. 114
(5) ebd., S. 325
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