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Herzlichen Glückwunsch zur Hochzeit, Josef Fischer.

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Von Jutta Ditfurth.

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Im Kosovo herrsche nicht nur NS-Faschismus sondern »barbarischer Faschismus« behaupten Sie. Also etwas noch fürchterlicheres als der industriell organisierte Massenmord der Deutschen an Millionen von Jüdinnen und Juden, Sozialisten, Kommunisten, Roma und Sinti und OsteuropäerInnen?
Jedes furchtbare Massaker – außer die Nato hat es begangen – nennen sie »Völkermord«. Jede brutale Vertreibung wird in ihrer Wortwahl eine »Deportation«. (»Erzwungene Verschleppung von Individuen oder zivilen Bevölkerungsgruppen« mit dem Ziel, »sie in Arbeits- oder Vernichtungslager zu internieren«(1)). Auch »KZ«, also Massenvernichtungslager wie die der Nazis, soll es im Kosovo geben, behaupten Sie. Einen nationalistischen Regionalfürsten, der grausame Verbrechen, auf dem weg zur hochzeit, 15.9k Massaker und Vertreibungen auf dem Gewissen hat, nennen sie einen »Hitler« (und bomben die linke demokratische jugolawische Opposition noch schnell an seine Seite).
Nach ihren Maßstäben könnten sie in etwa vierzig bis fünfzig Regionen der Welt Bomben abwerfen, auch innerhalb der Nato. Vor allem in der Türkei, wo etwa viertausend kurdische Dörfer vernichtet, vier Millionen Kurden vertrieben, mehr als dreißigtausend Menschen getötet und Tausende gefoltert wurden.(2) Aber die Türkei brauchen sie ja, braucht EU-Europa als »zentrale Front für die Stabilität im nahen Osten«(3), als Nato-Stützpunkt für den Krieg gegen den Irak und als Zugang nach Zentralasien, wo es um die Ausbeutung von bis zu zehn Milliarden Tonnen Erdöl geht, das zweitgrößte Erdölvorkommen der Welt um das Kaspische Meer. Dafür wird das türkische Militär, auch von der rotgrünen Bundesregierung, aufgerüstet, unter anderem mit fünfhunderttausend Heckler & Koch-Gewehren und zweihundert Spürpanzern (Typ Fuchs). Dafür läßt Rotgrün der Türkei Spielraum bei der Verfolgung der KurdInnen und der linken Opposition.
In Deutschland kann nur regieren – und Außenminister werden – wer bereit ist, Krieg zu führen. Darauf haben Sie sich seit Jahren vorbereitet und eine Partei, die einmal ein emanzipatorisches Projekt war, vollständig auf Ihre persönlichen Interessen zugeschnitten. Der Nato und dem deutschen Kapital konnte nichts besseres passieren, als ein deutscher Außenminister, der mit den Resten alternativer Rhetorik einen Teil des vormals kritischen Bürgertums mit Eimern von verlogener Moral in die Kriegszustimmung gleiten läßt.
Der Kern ihrer 68er-Identität – damit rechtfertigen Sie sich schamlos – sei die Frage an Ihre Eltern: ‘Warum habt ihr Hitler zugelassen?’ Sie möchten, klagen Sie, nicht eines Tages die gleiche Frage hören müssen. Bedeutet das, daß ein Angriffskrieg geführt und Jugoslawien auf Steinzeitniveau gebombt wird, auch weil der deutsche Außenminister zu blöde und geschichtslos-unfähig ist, seinen Kindern den Unterschied zwischen Milosevic und Hitler zu erklären?
Sie, Josef Wilhelm Fischer (»wir kennen keine Parteien mehr, wir kennen nur noch Deutsche« Außenpolitik) verharmlosen Auschwitz und die Greueltaten des NS-Faschismus, um diesen ersten deutschen Angrifsskrieg auf einen souveränen Staat nach der Befreiung von NS-Faschismus und um Tod und Zerstörung als human(itär)e Handlung zu veredeln – als sei dadurch den betroffenen Menschen zu helfen! Von ihrem Charakter, viel wichtiger: von ihrer Politik war ich noch nie beeindruckt, aber daß Sie zum Sieg von Ernst Nolte & Co. beitragen würden, hätte selbst ich nicht gedacht. Sie helfen, die NS-Vergangenheit Deutschlands zu entsorgen.
Bleiben wir in ihrer Logik: Weil in Jugoslawien ein »barbarischer Faschismus« herrscht, nicht »nur« NS-Faschismus, lassen Sie Menschen mit Bomben ermorden: in Wohnhäusern, Personenzügen, Flüchtlingstrecks. Dennoch scheint das »neue« Auschwitz und dieser »barbarische Faschismus« nicht furchtbar genug, um nicht mitten im Krieg fröhlich Hochzeit zu feiern.

Frankfurt/Main, den 16. April 1999

(1) Vierte Genfer Konvention über das Verbot von Deportationen
(2) Zahlen lt. Medico International
(3) Lothar Rühl, ehem. Staatssekretär im Verteidigungsmaterialien


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last modified: 28.3.2007