"Alles neu macht die Berliner Republik?
Die Ausstellung Vernichtungskrieg.
Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944
und die Schatten des neuen deutschen
Antifaschismus"
Nach jahrelangen Auseinandersetzungen um die
Ausstellung "Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941- 1944", deren
Gegner von rechts außen bis weit hinein in die sogenannte
bürgerliche Mitte zu finden waren, erfolgt jetzt eine Neubewertung. Wegen
der möglicherweise falschen Zuordnung eines prozentual verschwindend
geringen Anteils der Bilder wird nun der Inhalt generell in Frage gestellt.
Beim Mainstream der Geschichtsaufarbeitung sind die zu erwartenden
Änderungen absehbar. Die Ausstellung wird entschärft werden und kann
damit in die neuerdings propagierte Form von Antifaschismus integriert werden.
Die Greueltaten der Wehrmacht werden als historisch erledigt abgehakt und zu
den Akten gelegt, wo eine juristische Aufarbeitung dieser Verbrechen seit 50
Jahren schlummert. Nach dem Motto: Sicher war das alles schlimm, aber es ist ja
nun so lange her. Die Wehrmacht wird in der gesellschaftlichen Diskussion
zumindest zum Teil rehabilitiert, die Beteiligung einzelner Offiziere am
(späten) Widerstand höher gewertet als die grundsätzliche
Bedeutung der Wehrmacht innerhalb des nazistischen Systems. Widerstand wird nur
dann registriert und propagiert, wenn er aus dem bürgerlichen Lager oder
aus der Wehrmacht selbst heraus agierte, egal, wieweit dessen Vertreter vor
ihrer Wandlung in das System integriert waren.
Die Regierenden haben mit dem Umzug von Bonn nach Berlin nicht nur den
Rhein, sondern auch die nazistische Herkunft der Bonner Republik und die
Geburtshilfe hoher Vertreter des Nazi- Regimes beim Aufbau derselben weit
hinter sich gelassen. Die zu erwartenden Änderungen werden wohl auch diese
Ausstellung wenigstens stückweise in die vielbeschworene Mitte der
Gesellschaft rücken und damit für die neudeutsche Art der
Auseinandersetzung mit der deutschen Geschichte kompatibel machen.
Gleichzeitig bietet dieser Prozess aber die Chance, die Ausstellung selbst
und die Auseinandersetzung mit ihr kritisch zu begleiten, was sich bisher durch
den Druck von rechts verbot. Bei aller Akzeptanz und positiver Bewertung der
Ausstellung muss auch konstruktive Kritik an dieser geäußert werden,
wenn die zu erwartenden Änderungen in die oben angedeutete Richtung gehen.
Auch wenn der Aufschrei der üblichen bürgerlichen Gutmenschen
vorhersehbar ist. Oder gerade deswegen.
Für uns steht fest: Zum einen muss die historische Tatsache des
verbrecherischen Charakters der Wehrmacht verteidigt werden, zum anderen geht
es um eine Kritik an der Ausstellung mit dem Schwerpunkt auf dem
gesellschaftlich-repräsentativen Kontext.
Mittwoch, 19. April 2000, 18.00 Uhr, nato
Karl-Liebkencht-Str. 46, Leipzig-Südvorstadt
Moderation:
Gunnar Schubert (angefragt)
Podiumsteilnehmer:
Gerhard Zwerenz (Wehrmachtsdeserteur, Schriftsteller, ehem. MdB)
Bernd-Lutz Lange (Leipziger Kabarettist, Autor diverser Bücher
über jüdisches Leben in Leipzig) (angefragt)
Günter Jacob (Autor u.a. für die Zeitschrift konkret)
Wolfgang Wippermann (Historiker)
Veranstalter:
AG Kommunales Kino in Kooperation mit Bündnis gegen Rechts Leipzig (BgR)
und der Initiative für eine Vereinigte Linke (VL)
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