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Über den Zusammenhang von Kapitalismus und Patriarchat
Kurze Einleitung zu „Wert und Geschlechterverhältnis“ – einem Text von Roswitha Scholz

„Wann immer Gesellschaftstheorie scheinbare Selbstverständlichkeiten zum Ausgangspunkt nimmt und überhistorische, allen Gesellschaften gemeinsame Konstanten präsentiert, ist Vorsicht und Mißtrauen angebracht. Hinter den beschworenen ontologischen Grundtatsachen verbergen sich für gewöhnlich spezifisch bürgerliche (und somit männliche – die Autorin) Kategorien und Verhältnisse.“(1)
Tatsächlich begnügt sich der marxistisch-feministische Ansatz von Roswitha Scholz mit nicht weniger, als genau diese „scheinbaren Selbstverständlichkeiten“ von linken Gesellschaftstheorien in Frage zu stellen: ihren stillschweigend vorausgesetzten gesellschaftlichen Bezugsrahmen. Daß genau dieses so selbstverständliche Voraussetzen selbst Produkt eben derjenigen wertförmigen Logik ist, die es anzugreifen gilt, macht den Ansatz wohl zur aktuell wichtigsten Kritik an der sich universalistisch gerierenden und sich sicher wähnenden linksradikalen (meist männlichen) Gesellschafts-Kritikerriege: Da der Aufstieg der wertförmigen Rationalität seit der Antike unter Ausschluß der Frauen stattfand, wird die sich entwickelnde Öffentlichkeit – die sich in ihre verwertbaren Bereiche wie Wissenschaft, Politik, Ökonomie, etc. ausdifferenziert – samt den verwertbaren Eigenschaften dem Mann zugeordnet, während alle nichtverwertbaren Eigenschaften und Tätigkeiten abgespalten und als der Frau zugeordneten Privatsphäre zugeschrieben werden. Allmählich setzt sich „ein männliches Prinzip“ (Roswitha Scholz) durch, dessen kultur-historischer Träger der Mann ist. Nicht der Mensch, vielmehr der Mann wird zum Maß aller Dinge.
Mit dem Wert-Abspaltungstheorem weist sie logisch und historisch nach, daß sich die Grundstruktur der kapitalistischen Gesellschaft vollends in einer eben nicht voraussetzbaren, überhistorischen, sondern kapitalismus-spezifischen Trennung von Öffentlichkeit und privater Sphäre herausbildet, die dialektisch miteinander vermittelt sind.
Diese Konstituierung der öffentlichen Sphäre als dominanter gegenüber einem als abgespaltenen, inferior gesetzten (weil sich der Wertlogik widersetzenden) Gegenbereich als Basisstruktur, wird so zur Grundlage einer kritischen Meta-Theorie.
Linksradikale Gesellschaftskritik, die also fundamental sein will, hat der dialektisch vermittelten Wertabspaltungsstruktur der Gesellschaft Rechnung zu tragen, wenn sie nicht innerhalb der wertförmigen – und somit patriarchalen – Logik gefangen bleiben will, die der kapitalistischen Gesellschaft immanent ist. In der Tat muß „in der Linken alles auf den Prüfstand“ wie Ralf in seinem Artikel „Die Pat.-Situation“ schrieb. Allerdings scheint mir, mehr als ihm lieb ist.
Y.

Literaturhinweise:
Roswitha Scholz (2000): „Das Geschlecht des Kapitalismus“.
dies.: „Der Wert ist der Mann“ in Krisis 12/92
Robert Kurz: „Geschlechterfetischismus“, ebd.

Fussnoten:
(1) Ernst Lohoff (1998): „Zur Kernphysik des bürgerlichen Individuums“ S.1 in: Krisis-Gruppe: „Grundlagen einer Kritik der Warengesellschaft“ – nachzulesen auch im Internet: mitglied.tripod.de/KooperativeHaina



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last modified: 28.3.2007