Teil zwei – zur Bedeutung und begrifflichen Fassung von Sexualität und Lust
von Ralf
Genossen auf der Straße, immer noch
Faschisten im Bett! (...) In einer ersten Assoziation nach dem
Anhören (...) dieses Beitrages im Plenum schoß mir die Frage durch
den Kopf: Wie sind Faschisten im Bett? Tragen die da Lederstiefel?
Genossen auf der Straße, Faschisten im Bett! Das ist doch
die alte, staubig gewordene Parole aus der italienischen Frauenbewegung der
70er Jahre!
(Geronimo über eine Begebenheit beim Autonomiekongress Ostern 1995, bei
der eine FrauenLesbengruppe ihren Redebeitrag für den Kongress mit o.g.
Parole beendete.)
Als geistige Überwältigung erscheint der abstrakte und
unpersönliche Charakter des reflektierten Gedankens, der sich das Recht
herausnimmt, ohne Ansehen der eigenen wie der anderen Person einen
gesellschaftlichen Zustand zu analysieren, dessen Teil alle Diskutanten selber
sind. Gegen diese Zumutung wird die Meinung in Anschlag gebracht, die einer
bloßen Haltung entspringt, für die der Zusammenhang
einsteht.
(Bahamas Nr. 32/ 2000)
Die Betonung des agonalen(1) Moments in der
Geschlechterbeziehung kann zur Apologie der Vergewaltigung mißbraucht
werden. Es völlig zu verleugnen, heißt, das Drama der Existenz, die
Realität der Machtbeziehung zu verneinen.
(karoshi Nr. 02/ 1997)
Deine Mudder, Alter!
(Die Hamburger Mongo-Hip Hop-Clikke frei nach Freud und dessen
Psychoanalyse)
So niedrig, wie in Leipzig das Niveau der Imbisse ist, so schlecht steht es
auch um theoretische Grundlagen in den linksradikalen antifaschistischen
Gruppen der Stadt wenig bis nichts ist da im Angebot, bewegt sich quasi
auf Vokü-Niveau. Beides muß schleunigst verbessert werden, sonst
wird nüscht.
(Einschätzung des Autors)
Die Frage nach der Sexualität des Menschen, der Bedeutung der
Sexualität, ist eine, die die sogenannten Neomarxisten unter dem
Freudschen Aspekt der gesellschaftlichen Relevanz von Sexualität zu
beantworten versuchten. Die Enttabuisierung von Sexualität wurde
Teil der Strategie der 68er, den gesellschaftlichen Normalzustand aus den
Angeln zu heben. Im Vordergrund stand die Propagierung von freier
Sexualität, d.h. Sexualität unabhängig von
Familienerhaltung und Fortpflanzung als eine Art der sozialen Kommunikation zu
definieren. Orientierung am Lustgewinn stand im Vordergrund, also an
Entspannung und Zufriedenheit, der Schaffung von Nähe und der Aufgabe von
trennenden Hemmungen. Damit einher ging die Propagierung von Formen des
Zusammenlebens unabhängig von Kleinfamilie und Überbetonung
von Intimbeziehungen als einzig verbindliche Bindungsform.
Als linke Ansätze ergaben sich desweiteren: Das Eintreten für die
Anerkennung von gleichgeschlechtlichen Beziehungen und die freie Wahl des
Sexualpartners. Eingeleitet durch die Bestrebungen der 68er setzten sich in
allen westlichen Industriestaaten liberale Strömungen durch. Für die
Liberalen funktioniert der Kapitalismus am besten, wenn den Leuten ihre kleinen
Freiheiten und Eitelkeiten gelassen werden, in Bezug auf äußeres
Erscheinungsbild, Lebensstil und sexueller Orientierung. Sexualität ist in
dieser Logik durch ihre Allgegenwart als Warenform für eine subversive
Strategie untauglich geworden.(2)
Mit ziemlicher Sicherheit kann davon ausgegangen werden, daß in Projekten
wie der Kommune 1 zwar subversiv (s.o.) aber dennoch
ausschließlich männerzentriert gefickt wurde.
(3) Die sehr
wahrscheinliche Dialektik von dieser Form sexueller Befreiung vom
traditionell bürgerlich bestimmten (Zwangs-)Bild vom Manne als
Voraussetzung für die sexuelle Emanzipation der Frauen scheint gerade in
der feministischen Theorie jedoch bisher eine untergeordnete bis gar keine
Rolle gespielt zu haben.
Nichtsdestotrotz hat sich eine (zeitgemäße) linke feministische
Theorie der Frage zu stellen, ob sexuelle Bedürfnisse nun in erster Linie
durchweg zwangsweise gemacht werden oder ob sie durchaus
sexueller Natur(4) sind.
In einem sehr aufschlussreichen Beitrag in einer 97er Ausgabe der Zeitschrift
karoshi (Nummer 2) finden sich einige erhellende Gedanken dazu von Achim
Sihler, die vor allem dank des wertkritischen Backgrounds des Karoshi-Projektes
überaus lesenswert sind: Für die Warengesellschaft hat Marx
klassisch formuliert:
Das Geheimnisvolle der Warenform besteht also einfach darin, daß
sie den Menschen die gesellschaftlichen Charaktere ihrer eigenen Arbeit als
gegenständliche Charaktere der Arbeitsprodukte selbst, als
gesellschaftliche Natureigenschaften dieser Dinge zurückspiegelt
(...).(5)
Auf eben dieselbe Weise erklärte sich das Bewußtsein die
Beziehungen zwischen Männern und Frauen aus deren
Geschlechtscharakteren. Auch die Konstruktion von
Sexualität als Eigenschaft von Individuen folgt demselben
Muster. Mit anderen Worten: Die Kritik des Essentialismus bleibt ohne Kritik
des Fetischismus ohne Fundierung.
In besagtem Text wird weiterhin auf den Aufsatz von Adrienne Rich
Zwangsheterosexualität und lesbische Existenz verwiesen, der
Zwangsheterosexualiät als dominierende politische Institution
beschreibt und gleichzeitig eine Reihe ihrer Effekte aufzeigt: Der
erwähnte Aufsatz wird heute nur noch wenig diskutiert, was nicht nur an
der (wenigstens in Deutschland) nahezu allgemeinen Ignoranz gegenüber dem
Thema der Zwangsheterosexualität liegt, sondern auch daran, wie er an den
Kontext seiner Entstehung gebunden bleibt. Ohne die Rekonstruktion dieses
historischen Kontextes (...) bleibt der Begriff Zwangsheterosexualität
undeutlich.(6)
Dem Erscheinen des Aufsatzes (1980) waren heftige Auseinandersetzungen zwischen
Lesben und Heteras in der Frauenbewegung vorausgegangen. Zugleich fällt er
in eine Zeit, in der der Radikale Feminismus vom Cultural Feminismus
abgelöst wurde. Nach der Abwendung von der Neuen Linken wurde der
Zusammenhang von Kapitalismus und Sexismus zeitweilig wenig thematisiert, die
Erkundung und Bejahung der lesbischen/weiblichen Identität stand im
Vordergrund, die Auseinandersetzungen zwischen S/M-Lesben und
Antiporno-Aktivistinnen hatten gerade erst begonnen, auch die Diskussion
über die Frauenbewegung war noch wenig entwickelt. In einem
geänderten Kontext stößt das Wort
Zwangsheterosexualität immer noch auf Abwehr, die Sache aber,
die Nicht-Natürlichkeit von Heterosexualität, steht im Zentrum
feminstischer Theoriebildung (...). Nur dank der Psychoanalyse können wir
der doppelten Falle des Biologismus und des Soziologismus, die jedes Nachdenken
über das Gechlechterverhältnis gefährdet, entgehen.
(...) Die Unterscheidung Homo-Hetero-Bi verdeckt die Vielfalt real
praktizierter Sexualitäten wie die Komplexität der Machtbeziehungen,
die ihnen immanent sind.
Weiter führt A. Sihler aus, daß die Ergebnisse der empirischen
Sexualwissenschaft in Verbindung mit der Analyse konkreter politischer
Auseinandersetzungen über Sexualität zur Erstellung einer allgemeinen
Matrix der für eine Gesellschaft charakteristischen sexuellen
Hierarchisierungen genutzt werden, in die auch Zwangsheterosexualität
eingeschrieben werden kann. Es zeigt sich auch, daß das Geschlecht nicht
das alles entscheidende Kriterium ist: die Unterscheidung Homo-Hetero-Bi
verdeckt die Vielfalt real praktizierter Sexualitäten wie die
Komplexität der Machtbeziehungen, die ihnen immanent sind. (Es zeigt
sich), wie eine ganze Reihe sich überlagernder hierarchischer Oppositionen
die Bewertung von Sexualität strukturieren: SM vanilla, homosexuell
heterosexuell, verheiratet außerehelich, monogam
promiskuös, der Fortpflanzung dienend unfruchtbar, umsonst
für Geld, als Paar allein oder in Gruppen, in einer Beziehung
eine Gelegenheit ergreifend, innerhalb einer Generation
verschiedene Generationen umfassend, im Park zu Hause, Pornografie
keine Pornografie, hergestellte Obekte benutzend nur
Körper.
Der innerhalb der langfristigen heterosexuellen Paarbeziehungen Erwachsener zu
Hause praktizierte Geschlechtsverkehr bleibt immer noch der Standard, an dem
alle Formen der Sexualität gemessen werden. (...) Der Ort der in unserer
Gesellschaft an der Spitze der Hierarchie der Legitimität stehenden
sexuellen Praktiken, ist (...) das Haus, das Schlafzimmer, das Bett. Die
Paarideologie der Zwangsheterosexualität, von der (...) auch Lesben und
Schwule nicht frei sind, ist auf die Aufspaltung von privat und öffentlich
angewiesen.
Unter diesem Lichte betrachtet, so karoshi weiter, beginnt man auch die
Funktion der Romantischen Liebe zu verstehen. Sie erscheint als höchste
Form Wahlfreiheit und scheint zugleich (durch die Verschmelzung mit der oder
dem Anderen) ein Ausweg aus der unerträglichen Atomisierung (euphemistisch
Individualisierung genannt) zu bieten. (...) Auf einem restlos
erkundeten Planeten erscheint sie als das letzte Abenteuer, die einzige
Hoffnung auf Glück, die den Panzer der Langeweile, die aus der
spektakulären Organisation von Raum und Zeit resultiert, durchbricht.
Solange die Individuen diese Logik nicht durchschauen und, in dem sie ihre
Gefühle und ihr Handeln anders interpretieren, beginnen, ihr Leben zu
verändern, können sie nicht anders, als ihre Beziehungen
hartnäckig und hoffnungslos zu überfordern und damit in der Regel ihr
Scheitern vorzuprogrammieren.
Daß Paarbeziehungen häufig eher Intimhöllen als Oasen gleichen,
hängt aber nicht nur mit den Erwartungen der Subjekte, der Dauer der
Beziehungen oder mit der Ermüdung und Abstumpfung durch die Arbeit, die
die Menschen auch in ihrer Freizeit wenig kreativ sein
läßt, zusammen. (...) Da der Wunsch keinen Widerspruch kennt
(Freud), wird von der anderen Seite selbstverständlich weiterhin
unbedingte Hingabe gewünscht und sogar mehr oder weniger offen
eingefordert.
(...) In den USA verlangen einige Feministinnen, daß jeder
Berührung, jeder Stufe der Intensivierung des sexuellen Kontaktes eine
explizite verbale Zustimmung vorausgehen soll. Das Absolut-Setzen des Bewahrens
der Ich-Identität würde aber jede leidenschaftliche Begegnung
ausschließen.
An der Zwangsheterosexualität wird sich wenig ändern, solange das
Paar unbefragte Leitfigur bleibt und die Komplexität der vielfältigen
Hierarchisierungen sexueller und nicht-sexueller Beziehungen und das Ziehen
dieser Grenzen selbst unbeachtet bleibt.
Innerhalb von Machtbeziehungen gehört Sexualität zu den am
vielseitigsten einsetzbaren Elementen. Es ist das Verdienst insbesondere der
postrukturalistischen Theorien, in diesem Zusammenhang Sex als biologisches
Geschlecht in seiner vermeintlich natürlichen Realität
dekonstruiert und als Effekt des hegemonialen Diskurses der
Zweigeschlechtlichkeit demaskiert und grenzüberschreitend
vervielfältigt zu postmodernen pluralisierten Sexualitäten zu haben,
denen insbesondere auch vielfältige Formen und Aktivitäten des
Begehrens immanent sind. Dabei ist die Erkenntnis Michel Focaults, daß
die gesellschaftlichen Diskurse über Sexualität normierend und
kontrollierend wirken, heute fester Bestandtteil der feministischen
Diskussionen.(7) Zudem
fällt Focault auch das Verdienst zu,
gezeigt zu haben, daß die Auseinandersetzung um verschiedene
Sexualitäten, um ihre Definition wie um die Legitimität bestimmter
sexueller Praktiken nicht in gleicher Weise parallel (isomorph) zur
gesellschaftlichen Gesamtstruktur ist, obwohl sie in einer unabdingbaren
Abhängigkeit davon stehen. Und so stellt sich beispielsweise für die
Zeitschrift beiträge, die seit ihrem Bestehen immer am Zahn der
feministischen Zeit nagte, die Frage, ob es überhaupt ein Reden
über Sexualität gibt, das nicht patriarchal vereinnahmbar ist,
sozusagen in Ablehnung kritisierter Normen selbst wieder Normen
setzt.(8) Getrieben
von dem sich andeutenden Paradigmenwechsel
(auch) in der feministischen Theoriebildung, d.h. die Aufforderung,
sexuelle Gewalt mit Lust zu besetzen, stellt beiträge
fest(9): Wir wissen,
daß es diese patriarchatsfreie Sicht
nicht geben kann. Insofern handelt es sich um ein paradoxes Vorhaben,
Sexualität aus unserem Empfinden heraus zu beschreiben und analysieren zu
wollen. Genausowenig kann es im Patriarchat eine durchgängig
selbstbestimmte Sexualität geben auch nicht auf lesbischen Inseln.
Denn die Phantasien, die uns als die geheimsten erscheinen, die Situationen,
die wir als die intimsten erleben, nämlich sexuelle, sind durch Moden
gesellschaftlich geprägt, sind mehr, als wir wahrhaben wollen, kollektiven
Moden unterworfen. Der scheinbar ungeordnete Zustand der Lust gehorcht Normen
und Zwängen. Das ist unsere Ausgangslage. Die daraus gefolgerte
Konsequenz von beiträge könnte sich als Quadratur des Kreises
erweisen, läßt aber zumindest genügend Raum für Skepsis
seitens des Autors, der das nachfolgend Geschlußfolgerte heutzutage
für ein aussichtsloses, möglicherweise verzweifeln lassendes
Unterfangen hält, weil es gerade nicht ein folgerichtiges der eigenen
Analyse (s.o.) ist. Beiträge schreibt also: Die Zurückgewinnung
eines kollektiven Sprechens scheint uns gerade in Zeiten postmoderner
Beliebigkeit ein notwendiger Weg zu sein, den Verunsicherungen, Verlust an
Positionen und dem Druck patriarchaler Normierungen etwas
entgegenzusetzen.(10) Offensichtlich
unberücksichtigt
bleibt hier, was Lena Laps in der Zeitschrift iz3w feststellte: Das
politische Subjekt Frau läßt (noch) wenig an Differenzierungen zu.
Soziale Unterschiede werden, soweit zum Thema gemacht, eher als schwächend
denn als stärkend erlebt. (...) Auch wenn über das Patriarchat
in uns reflektiert wird, erlebt frau sich doch eher als Geschädigte einer
Sozialisation patriarchaler Verinnerlichung, weniger als immer wieder aktiv
Beteiligte.(11) Um ihre Ausführungen
zu untermauern, nimmt
sie Bezug auf Adrienne Rich (s.o.): (...) Hier (ist) Snobismus am Werk.
Natürlich gibt es Unterschiede zwischen Frauen, auch wenn sie genau die
gleiche Kleidung tragen je nachdem, ob sie Kulturwissenschaften
studiert, Lacan gelesen und bewußt und revolutionär beschlossen
haben, weitausgeschnittene Spitzenblusen zu tragen.(12)
Laps führt weiter aus: Häufig wird ignoriert, daß eine
offensive feministisch-lesbische Bewegung die Bedinungen geschaffen hat, unter
denen nunmehr ein grundsätzliches Infragestellen der Lesbe
angesagt scheint.(13) (...) Die Überzeugung, keinerlei
Veränderungen oder Widerstand außerhalb der Macht bewirken zu
können, bringt (für die FrauenLesbenbewegung R.) eine
Verunsicherung in der politischen Vorstellungs- und Durchsetzungskraft.
Diese quasi zwangsweise ereilende Kapitulation vor den Verhältnissen ruft
folgerichtig Umdeutungen und Machtverschiebungen in der feministischen
Theoriebildung hervor und wirft die zeitgemäße Frage auf, ob
Sexualisierung (...) bedeutet, daß die Gewalt scheinbar nicht
permanent und andauernd ist, sondern beherrschbar mit den Waffen einer
Frau.(14)
Es zöge in den 90ern trotzdem der neue Charme der sexuellen
Unterwerfung ein,(15) der von einer wachsenden
Defensivhaltung im Kampf gegen sexuelle und strukturelle Gewalt
geprägt sei und außerdem davon gekennzeichnet, daß
Frauen ihre Unterdrückung nun auch noch lustvoll bejahen
und erleben sollen.(16) Erotik (als das Gegenteil genital
fixierter Sexualität) braucht Zeit, Beziehungen zu mehreren Personen als
Lebensstil brauchen ebenfalls Zeit. Wo soll diese Zeit herkommen angesichts
immer höherer Arbeitsdichte und damit verbundenem Arbeitsstreß? Wo
sollen die Möglichkeiten herkommen, in einem Arbeitsmarkt, der
Flexibilität verlangt, zeitraubende Beziehungen zu mehreren
Personen zu halten, wenn notwendige Ortswechsel eine Kontinuität schon
für eine Beziehung zu einer Person zum Problem werden lassen? Unverplante
Zeit gibt es kaum noch.
Der Verlust von Zeit als erotischer Dimension wird offensichtlich von vielen
Frauen als Mangel empfunden. (...) Demgegenüber liegt in dem
unkommerziellen Bestehen auf Zeit für das eigene Leben ein
Widerstandspotential, das nicht nur für den sexuellen Bereich noch
ausgelotet werden müßte.(17)
Die aus diesen sich selbst zum Opfer hochstilisierenden jammervollen Zeilen
(von halluzinierenden, wohlstandschauvinistischen nach Rommelsberger
Modernisierungsverlierern im Beckschen Sinne) ablesbare bezeichnende
Abkoppelung eines jedoch nur in der gesamtgesellschaftlichen
ökonomiekritischen Blickweise zu begreifenden Veränderungsprozesses
verweist auf die innerhalb der (insbesondere nicht-linken) feministischen
Theoriebildung verbreitete tautologische Lesart, nach der sich Entwicklungen
quasi aus sich selbst, dem Patriarchat, heraus ergäben. So kommt eben
gerade nicht in den Sinn, daß das nennen wir es neues
Lustempfinden Ausdruck und Produkt gesellschaftlicher Veränderungen
ist.
Da sich gerade Kategorien wie Lust und Sexualität insbesondere an die
dafür zum Ausleben zur Verfügung stehenden individuellen
Zeitkomponenten im Tagsablauf und -rythmus knüpfen, lugt aus der oben
beschriebenen Bejammerung die Nostalgie in Form eines romantisierenden
gesellschaftsverklärenden Wertkonservatismus hervor, der nicht wahrhaben
will, daß die Vorzüge des Turbokapitalismus für Frauen viel
stärker wiegen, als das oben Beklagte (was letztlich nicht mal zu beklagen
ist). Mobilität, Zeitknappheit, Flexibilität, Patchwork-Biografien
oder die Auflösung traditioneller Milieus wie die der Kleinfamilie
also die heute immer stärker angesagten Marktanforderungen an die Ware
Arbeitskraft führen zu einer unwiderruflichen zwanghaften
wenn man so will Vermännlichung, die eben gerade und
insbesondere vor Veränderungen im Lustempfinden und der Form des Auslebens
von Sexualität nicht halt macht, ja nicht halt machen kann. Auch die
Opferperspektive ist demzufolge durch ihre unterschiedliche Ideologisierung und
soziale Vervielfältigung quer zum Gechlechterverhältnis pluralisiert.
Wie weiter oben in Bezugnahme auf Focault festgestellt wurde, verlaufen auch
Ausprägungen wie Lust, Moral, Fantasie, sexueller Egoismus und sexuelles
Begehren nicht parallel zum Geschlechterverhältnis, das direkt vom
gesellschaftlichen Charakter geprägt ist, sondern eben auch in Koppelung
an das Geschlechterverhältnis nicht in gleicher Weise isomorph (also in
etwa parallel). Vielmehr, wie schon gesagt, eben auch quer. Aus diesem
Verständnis ergeben sich Fragen über Fragen. So zum Beispiel, wie
sich Lust ausprägt und in welchem Verhältnis sie zur Verführung
steht, wie beide beeinflußt und beeinflußbar sind, wie sich
Fantasie ausprägt und in welchem Verhältnis sie zur Realität
steht, welche Dimension sexueller Egoismus und diesbezügliche
Machtaneignung und Gewalt haben u.s.f.
Weil in der ausgelebten Sexualität der Mensch sich ausliefert und
eben kein höheres Ziel kennt, ist das Gerede von der Autonomie und der
unbedingten Selbstbestimmung (dem verabsolutierten Recht auf den
eigenen Körper R.), bedenklich.(18)
Wie fliessend die Grenzen sind und dennoch existieren, läßt sich
eindrucksvoll an der sogenannten Pornodebatte der 80er Jahre nachvollziehbar
machen, die eine zeitlang zum Hauptthema innerhalb der feministischen
Diskussionen Deutschland wurde allerdings erst etliche Jahre, nachdem
sie in den USA heftige Kontroversen unter Feministinnen entfacht hatte. Eine
der damaligen US-amerikanischen Anti-Porno-Aktivistinnen, Andrea Dworkin,
behauptete, daß die im Zuge der 68er sexuellen Befreiung
Einzug gehaltene sogenannte neue Pornografie quasi von der (Neuen)Linken
käme und die Porno-Industrie demzufolge als eine linke
Industrie zu brandmarken wäre.
In Deutschland kam es zu einer Anti-Porno-Kampagne, die insbesondere vom Kreis
um die feministische Zeitschrift Emma und deren Protagonistin Alice Schwarzer
initiiert wurde. Mit dieser Kampagne sollte Pornografie als die
Hauptpropagande-Maschine der Frauenfeindlichkeit gebrandmarkt werden, die
in dem Streit, ob Pornografie die Ursache des Übels ist oder seine
Ursache (Hermann L. Gremliza) oder Pornografie Ursache und
Konsequenz zugleich sei und zur Pornografisierung des Alltags
(Alice Schwarzer) führe, kulminierte. Die Teile der Frauenbewegung,
die gegen explizite Darstellungen stritten und sich damit die Deutungsmacht
über den Feminismus sichern konnten, taten dies oft in einem (...)
Zirkelschluss aus Lust, erhitzter Empörung und Zensur (...),
schreibt Cristina Nord:(19) Der antipornografische
Diskurs, so fährt sie fort, (...) gestattet die Lust an
sexuell explizitem Material unter der Prämisse, dass die Lust in
Empörung umschlägt oder sich von Anfang an als Empörung geriert.
Ein subtiler Vouyerismus ist das, der jedoch eine glückliche
Auflösung nicht kennt. Aus dem vielgestaltigen Dilemma, das mit
Sexualität und deren Darstellung verbunden ist, weist der
antipornografische Diskurs keinen Ausweg. Das bezeichne, so Nord,
daß etwas im Argen liegt.(20) Dazu passe,
schreibt sie weiter,
dass Porno-Gegnerinnen auf die Frage, was gute Sexualität sei und
wie die Bilder davon aussähen, keine befriedigende Antwort wissen.
Insbesondere betont Nord, daß daraus zwar folge, schleunigst darüber
nachzudenken, wie gleichberechtigte Sexualität aussehen könnte, dies
aber eben dem Dilemma unterliege, daß das, was man sich nicht vorstellen
könnte, auch niemals erlangt werden könne. Nord brandmarkt an diesen
Ausführungen anschliessend alle bisherigen einschlägigen
feministischen Versuche, weil an diesem Punkt bisher immer deutlich zutage
trete, wie das vorgeblich emanzipatorische Ansinnen in eine
antiemanzipatorische Haltung umschlägt. Besonders deshalb, weil Sex
so in der feministischen Vorstellung nur unter bestimmten Voraussetzungen
statthaft sei: wenn er innerhalb einer gleichberechtigten Partnerschaft
stattfindet, wenn er wie auch immer geartete Machtasymmetrien ausschließt
und sich auf Praktiken beschränkt, die nicht in einem Bordell
vorkämen. Der Vorwurf aber, die so vehement gegen
pornografische Bilder streiten, seien prüde, greife absolut zu kurz.
Denn, natürlich existiert die Tradition degradierender Bilder,
natürlich existiert die Zurichtung der Frau zum verfügbaren Objekt,
und natürlich ist Widerspruch gegen diese Tradition nötig und
sei es nur aus dem Grund, dass die Ausstellung des weiblichen Körpers auf
Dauer langweilig und ästhetisch unbefriedigend ist. Das Resultat
eines Gegenentwurfs aber ist höchstwahrscheinlich eben nicht die
utopisch konnotierte Wiederaneignung der enteigneten Lust (...), sondern nur
eine neue, klischeehafte, banale Fantasie. Und deshalb fragt Cristina
Nord abschließend ernsthaft, ob vielleicht ja die
Männerfantasie gar nicht so weit entfernt von der Frauenfantasie
liege.
Diese Fragestellung aufgreifend, offenbart sich tatsächlich das Problem,
wer beispielsweise um den Personenkreis mal willkürlich
einzugrenzen von den geneigten Leserinnen und Lesern dieses Textes
tatsächlich eine vom hierarchischen Geschlechterverhältnis, von
sexistischen Klischees, von patriarchalen Konstellationen
bereinigte sexuelle Fantasie vorweisen kann. Im polemischen
Rückgriff auf ein biblisches Gleichnis stellt sich sodann die Frage, wer
da den ersten Stein werfen könnte.(21) Der
Autor in dieser
Hinsicht zumindest nicht, soviel ist schon mal so sicher um auf dieser
Metaphernebene zu bleiben wie das Amen in der Kirche.
Es ist also zu fragen, welchem Einfluss die sexuelle Fantasie des Subjektes in
der kapitalistischen Warengesellschaft unterliegt. Ist es etwa eine Form, die
zu kulturpessimistischen Schlüssen führen muß, wie sie von
konservativen Kreisen aus der kollektiven wie individuellen medialen Rezeption
von Sex, Horror und Gewalt gezogen werden? Oder ist es vielmehr so, daß
selbst die notwendige (nicht verdammende) Anerkennung der tatsächlichen
Immanenz von Machtverhältnissen beim Begreifen von Sexualität in der
existenten unfreien Gesellschaft, die erst zur unverzerrten,
nicht-verklärenden Fassung der gesellschaftlichen Situation verhelfen
kann, keine zwingend direkt-kausalen Rückschlüsse von der Ebene der
Fantasie auf die Ebene der sexuellen Realität zuläßt?
Die vielmals zu beobachtende Verdrängung der eigenen
unkorrekten Fantasie, die insbesondere linken Männern wie
Frauen schwer zu schaffen macht, befördert in vielen Fällen ein
gestörtes Verhältnis zu dem, was als eigene Sexualität
wahrgenommen wird. Nur Lügner oder große Zuchtmeister ihrer
Libido können von sich behaupten, im Liebesspiel nicht schon Figuren der
Überwältigung mit der begehrten Person gespielt zu haben, oder so
etwas könne keinen Spaß machen.(22)
Es bleibt zu
fragen, wie das linke emanzipative Subjekt aus der dann als Dilemma begriffenen
Konstellation, als Mensch ein Ensemble sozialer Verhältnisse
(Marx) zu sein, herauszukommen gedenkt.
Durch die Hirne nicht weniger Menschen spuken immer wieder sexuelle
Phantasien, die so offensichtlich dem Ideal einer herrschaftsfreien,
gleichberechtigten Sexualität zu widersprechen scheinen. So
heißt es in der Zeitschrift Arranca (Nr.08/1995).(23)
Weiter
heißt es dort: Diese Phantasien verunsichern und beunruhigen, da
sie nicht in die Vorstellung von sich selber und der Welt, wie sein sollte, zu
integrieren sind. Sie irritieren die so phantasierende Person und stürzen
sie mitunter in Konflikte. Diejenigen, die das betrifft, kennen das schlechte
Gefühl, das sich nach einem gewalttätigen Traum einstellt: (...)
Werde ich nicht doch für irgendwie krank gehalten, wenn ich
offenbare, in einem Traum überwältigt worden zu sein oder
überwältigt zu haben und ich eingestehe, den Traum genossen zu haben?
Oder ist es vielmehr so, daß ich selber Angst habe, daß ich meine
phantasierten Perversionen, die auch im Traum und nicht nur in der
(sadomasochistischen) Inszenierung von einer kontrollierenden Regie begrenzt
werden, irgendwann nicht mehr begrenzen kann und in reale Unterdrückung
(Unterwerfung) und Gewalt ausufern lasse?
Diese Angst gründet sich auf der Annahme, daß diese als sexuelle
Gewalt wahrgenommenen Phantasien den eigentlichen Wunsch repräsentieren
und nur durch das Über-Ich (die Moral) unter Verschluß gehalten
werden können.
In Phantasien und Träumen werden sexuelle Aggressionen aber auf der Ebene
des Symbolischen inszeniert. Um das zu untermauern, wird die
feministische Psychoanalytikerin Jessica Benjamin wie folgt zitiert: Der
gewalttätige Charakter, den Sexualität in der Phantasie annehmen
kann, ist nicht einfach ihr unbewußter Inhalt, der ans Licht kommt,
sobald die Büchse der Pandora geöffnet wird, wie frühe
psychoanalytische Erörterungen nahelegten.
Weiter heißt es im Arranca-Text: Der Prozeß, in dem die
sexuelle Phantasie entsteht, ist die Umwandlung von Aggressionen nach Innen.
(...) Das Kind wandelt seine Aggressionen, in dem es die Andere zum Objekt
phantasiert. Diese Wandlung findet mit Lust statt (wird zur Lust) und wird so
zum Sexuellen. (...) Die erotische Beziehung ist nicht frei von Aggressionen,
nur ist die Spannung, die in ihr erzeugt wird, eine heikle Balance zwischen
Anerkennung und Zerstörung. Das bedeutet, es kann gelingen, einen
gemeinsamen Zustand der Ekstase zu erreichen, der die/den Andere/n nicht
verschlingt, sondern Kontakt aufrechterhält. Eine gemeinsame Erfahrung zu
machen, ist das Maximum, darüberhinaus gibt es nichts.
Die (...) beschriebenen Prozesse haben für beide Geschlechter
Gültigkeit, dennoch verformen sich die Phantasien und Aggressionen
geschlechtsspezifisch.
(...) Pornografie ist (...) für den Mann zuallererst die Angst vor Frauen,
sie ist nicht das, was Männer wollen. (...) Sexuelle
Perversionen, sadomasochistische Phantasien und auch
deren pornographische Darstellung sind (...) nicht nur männliche Produkte.
Sie sind tief in die kulturellen und sozialen Beziehunen eingebettet. Es
wäre zu billig, die hier aufgeworfenen Fragen als
männlich zu bezeichnen, denn die (...) genannte Erzeugung
erotischer Spannung gilt diesem Erklärungsmuster nach auch für
Frauen. Ansonsten müßte die Lust der Frau auf eine auf Liebe,
Harmonie und Sanftheit beschränkte verstanden werden.
(24) (...)
In den Beziehungen zwischen Mann und Frau gibt es (...) kein
Kräftegleichgewicht, doch läßt das (..) noch keinen
Rückschluß darauf zu, festlegen zu können, welches Begehren
politisch korrekt ist. Die Lust sollte nicht als etwas verstanden
werden, daß aus den Tiefen des Egos herausbricht und nur von außen,
durch das Über-Ich, die Moral oder politische Korrektheit zu
begrenzen ist, denn sie ist das Ergebnis der Beziehungen zwischen Menschen. Die
Strategie politischer Korrektheit würde alle Spuren der
Begegnung mit dem Anderen als Begehrten oder Begehrenden verdecken. (...)
Inszenierungen und Phantasien sähen in einer anderen sozialen Wirklichkeit
anders aus, doch kann ein Verständnis ihres Zustandekommens nicht eine
Chance sein, sich seiner selbst zu vergewissern, kein schlechtes
Gewissen wegen solch böser Gedanken mehr zu haben? Der (...)
Prozeß der Lusterzeugung durch die Balance zwischen Anerkennung und
Zerstörung hätte dennoch auch für eine herrschaftsfreie
Gesellschaft Gültigkeit.
Nach Meinung des Autors gilt es, gerade auch ein Verständnis davon zu
entwickeln, daß es die Frauensexualität nicht gibt. Das nicht
keimfreie dunkle Unbekannte der Sexualität birgt ebenso bei
Frauen originäre Aggressionen in sich. Was gewinnen wir also, wenn
die Grenzbereiche der Sinnlichkeit als nur im Dienste des Patriarchats stehende
bekämpft und untersagt werden?(25)
Es ist, was hoffentlich plausibel genug dargelegt werden konnte, im Grundsatz
davon auszugehen, daß Lustbefriedigung bei Männern und Frauen
egoistisch und machtbesessen erfolgt, was eine gänzliche,
verabsolutierende Gechlechterspezifik in punkto Lust und Sexualität als
linkes Paradigma nicht zuläßt.
Wenn die darüberhinaus an einer Neuorganisierung der radikalen
antifaschistischen Linken interessierten existenten Rest-Häuflein sich
tatsächlich, wie das Leipziger Bündnis gegen Rechts (BgR)
schreibt(26), einen Rahmen
dafür schaffen wollen, um
zu diskutieren, was (z.B.) Vergewaltigung ist, so kann dieser nach Meinung des
Autors nur dann ein realistischer sein, wenn Kategorien wie Sexualität
oder Lust sich nicht an vereinfachenden dichotomen Beschreibungen patriarchaler
Verhältnisse festmachen, sondern zur Grundlage haben, daß eben
besagte Kategorien schwerwiegend an das Machtverhältnis zum jeweils
eigenen Ich gekoppelt sind, dem Gewalt, wenn auch natürlich nicht
zwingend, geschlechterübergreifend immanent ist.
(In Cee Ieh 69 erschien Teil eins des Autors zur Geschichte der Neuen
Frauenbewegung mit einigen Exkursen)
Fußnoten:
(1) agonal in etwa zum geistigen Wettkampf gehörend,
wettkampfmäßig
(2) aus: Das Konzept Antifa Informationsbroschüre der
Antifaschistischen Aktion Berlin 1995 bis 1998
(3) siehe z.B. die Personen Uschi Obermaier oder Rainer Langhans oder
vergleiche auch die ehemals linken St. Pauli Nachrichten oder alte Ausgaben der
Zeitschrift Konkret unter dem damaligen Chefredakteur Klaus-Reiner Röhl.
(4) aus: Justus Wertmüller/Uli Krug: Infantile Inquisition
Vergewaltigungsdebatten in der Szene: Verdränger werden Verfolger; in:
Bahamas Nr. 32/ 2000.
Der Autor möchte an dieser Stelle den beiden Autoren ausdrücklich
für den Text danken, er hat die tatsächlich richtige
Kontextualisierung der autonomen sogenannten Vergewaltigungsdebatte
vorgenommen.
(5) MEW 23, S. 86
(6) Dieser Behauptung widerspricht Lena Laps in ihrem Artikel
Hautpsache Bewegung von der Frauen- und Lesbenbewegung zum Spiel
mit SEXeventUALITÄTEN?, erschienen in der Zeitschrift iz3w (Ausgabe
Februar 1997): Es entsteht der Eindruck, daß
Zwansheterosexualität erst in der zeitgenössischen akademischen
Gender-Forschung der 90er theoretisiert worden sei. Tatsächlich existiert
in der deutschsprachigen feministisch-lesbischen Theorie bereits seit etwa
Mitte der 70er eine Auseiandersetzung mit den Realitäten und dem Konzept
der Zwangsheterosexualität. Der Begriff wird zunächst vor allem in
Zusammenhängen heterosexueller Gewaltverhältnisse verwendet. (...) Im
gegenwärtigen poststrukturalistischen Diskurs wird
Zwangsheterosexualität wieder thematisiert. Sie wird vor allem als
wesenhafte Komödie oder zum Schreien komische Parodie
ihrer selbst begriffen. Aspekte der Gewalt und der Befreiung treten
dagegen zurück. (...) Als Fluchtpunkt dienen perverse Praxen.
Verdrehte, verkehrte, widernatürliche Praxen (durchaus im
positiven Sinne) gelten als entscheidend für Umdeutungen und
Machtverschiebungen auf dem Feld der Geschlechts- und sexuellen Diskurse.
Zentrale Kategorie ist letztendlich die alte abweichende
Sexualität das, worauf feministische Lesben sich nicht reduzieren
lassen woll(t)en.
(7) niedergeschrieben in seinem Werk Sexualität und Wahrheit
(8) beiträge zur feministischen Theorie und Praxis Nr.45/1997
(9) ebenda
(10) In ihrem erst jüngst veröffentlichten Buch Das
Geschlecht des Kapitalismus Feministische Theorien und die postmoderne
Metamorphose des Patriarchats (Horlemann Verlag, Bad Honnef, 2000) geht
die Wertkritikerin Roswitha Scholz auf der Grundlage ihrer
Wertabspaltungsthese, nach der der kapitalistischen Vergesellschaftung des
Werts der patriarchale Gehalt immanent wäre und eine
Abspaltung des Weiblichen, der Hausarbeit etc. vom Wert, oder
abstrakten Arbeit und den damit zusammenhängenden
Rationalisierungsformen, wobei bestimmte weiblich konnotierte
Eigenschaften wie Sinnlichkeit, Emotionalität usw. der Frau zugeschrieben
werden, zur Voraussetzung hat, mit postmodernen feministischen Theorien ins
Gericht. Sie schreibt: Nun kann es freilich nicht darum gehen,
postmoderne Einwände einfach abzutun. In den letzten 30 Jahren hat im Zuge
einer umfassenden Computerisierung, Medialisierung und auch Kommerzialisierung
ein gesellschaftlicher Wandel stattgefunden, der für gewöhnlich mit
soziologischen Begrifflichkeiten wie Individualisierung,
Freisetzung aus traditionellen Geschlechts-Rollen,
Flexibilisierung von Biographien, Pluralisierung der
Lebenswelten und stile umschrieben wird. Differenzen
seien sie individueller ethnischer oder
sexueller Art gewannen in diesem Zusammenhang vermittelt über die
kulturell-symbolisch-ästhetische Dimension zunehmend an Bedeutung.
Postmoderne und postrukturalistische Konzeptionen reflektieren diese
Entwicklung, allerdings nicht kritisch, sindern ausgesprochen positiv. In den
krisengeschüttelten 90er Jahren wurde aber schon überdeutlich, wohin
diese Differenzorientierung in einer sich weltweit verschärfenden
Konkurrenzsituation führen kann: in (Ethno-)fundamentalismus,
Nationalismus, Rassismus und Antisemitismus.
Meines Erachtens können weder die modernen Subjekte mit ihren fixen
(Geschlechts-)identitäten, noch die postmodernen Flexi-Individuen als
irgendwie bessere bzw. schlechtere gegeneinander gestellt werden; als
warenförmig-patriarchal strukturierte Subjektformen können beide
nicht ungeschoren bleiben. Das neue Zwangs-Flexi-Subjekt, das ein postmoderner
Kasinokapitalismus unerbittlich einklagt, ist dabei nichts anderes als die
Fortsetzung des modernen Subjekts in zersplitterter Form, das einer
emanzipativen Aufhebung nach wie vor hart. Gewiß hat der traditionelle
Mainstream-Marxismus die kulturell-symbolische Ebene und damit
zusammenhängende Dimensionen der gesellschaftlichen Realität
prinzipiell vernachlässigt. Mit dieser Kritik haben die Postmodernen
zweifellos recht. Die Hypostasierung des Kulturellen seit den 80er
Jahren, die mit den postmodernen Individualisierungstendenzen eng
zusammenhängt, unterstützt jedoch aktuelle barbarische Entwicklungen
und behinderte lange Zeit den Einbezug von gesellschaftlich-ökonomischen
Entwicklungen, der meines Erachtens gerade im Globalisierungs-Zeitalter bitter
notwendig ist.
Unter diesen Bedingungen käme es deshalb darauf an, in der bestimmten
Negation zutreffende Momente der kulturalistischen Argumentation unemphatisch
und unspektakulär in die Theoriebildung mit aufzunehmen, ansonsten jedoch
jegliches postmodern-kulturalistische Marktschreiertum zu unterlassen, wie es
in postmodern-linken Kreisen gegenüber Altlinken und
Altfeministinnen gelegentlich immer noch zu vernehmen ist. (...) Es
geht also um eine Theoriebildung, die die große
Erzählung und die Annahme eines gesellschaftlichen
Wesens nicht scheut, das traditionell-marxistisch im Tausch bzw.
dem (Mehr-)Wert gesehen wird.
Scholz vertritt ausserdem die These einer Verwilderung (nicht jedoch der
Aufhebung R.) des warenproduzierenden Patriarchats in der späten
Postmoderne.
Damit zieht Scholz aus den Analysen feministischer Theorien zur Postmoderne und
zur Globalisierung andere Schlüsse als die Theoretikerinnen selbst.
Relevante linke feministische Theorien sehen im Unterschied zur Moderne
dem modernen Patriarchat , bei der sich eine doppelte
Vergesellschaftung der Frau (gleichermaßen, aber getrennt in
Produktions wie Reproduktionsbereich) durch das Drängen der Frau
auf den Arbeitsmarkt durchsetzte, in der Postmoderne ein Ein-Geschlecht-Modell
heraufziehen. So u.a. Kornelia Hauser. Sie schreibt: Die sozialen
Realitäten arbeiten selbst (...) daran, das Geschlecht abzuschaffen, indem
sie das, was gerade einmal 200 Jahre alt ist, nämlich die absolute
Geschlechterdifferenz, auf dem männlichen Niveau nivellieren. Ähnlich
wie vor dem Zwei-Geschlechter-Modell gehen wir wieder auf ein allerdings
ziemlich modifiziertes Ein-Geschlecht-Modell zu: Frauen sind
Männer, nur anders.
Auch der Autor sieht gerade in der Ausformung einer globalisierten Gesellschaft
eine Radikalisierung des Ungleichverhältnisses von Gewinnern und
Verlierern, daß Frauen und Männer gleichermaßen in einer Weise
von Reichtum und Wohlstand ausschließt, wie es vordem nicht vorstellbar
war. Unter dem Einfluss dieser letztlich geschlechtsneutralen (,
weil Männer und Frauen nahezu gleichberechtigt betreffend,)
Dichotomie von reich und arm wird das hierarchische Geschlechterverhältnis
zunehmend sekundär. Also nicht aufgehoben, um Mißverständnissen
vorzubeugen. Dem Diktum von Kornelia Hauser folgend, fragt der Autor allen
Ernstes, ob es für die Perspektive der Befreiung vom Kapitalismus wirklich
so verwerflich ist, wenn Frauen nur noch Männer, nur anders
würden. Ausser eines letztlich unsäglichen kulturalistischen
Differenzdogmas läßt sich dagegen ernsthaft nichts einwenden. Im
Gegenteil, setzte sich die von Hauser prognostizierte Vergesellschaftung durch,
könnten Frauen erstmalig zumindest annähernd gleichberechtigt am
Kapitalismus partizipieren wie an ihm zu Grunde gehen, in dem sie zwar
adäquat männlichen aber eben gleichen kapitalistischen
konkurrierenden Tugenden unterworfen wären. Das würde die
geschlechtsspezifische Opferperspektive (nicht nur) sukzessive aufheben und
eine Harmonisierung der Interessenlagen ermöglichen, die unabdingbare
Voraussetzung und Grundbedingung jeglicher Befreiung ist. Der Widerspruch von
Individualität als Ideal nach der Befreiung und die notwendige
Homogenisierung als Befreiungsvoraussetzung ist zwar ein verzweifelter, aber
dennoch ein dialektisch nicht aufhebbarer.
Es ließe sich gegen die hier formulierte These sicherlich zumindest
zweierlei einwenden. Erstens legt es folgerichtig nahe, daß es z.B.
positiv zu bewerten sei, daß Frauen zur Armee könnten. Zweitens
ließe sich diese Form einer Befreiungsperspektive aus dem oben schon
genannten kulturalistischen Grund ablehnen. Dazu ist festzustellen, daß
der Autor weder behauptet, daß die Perspektive, Frauen würden
Männer, nur anders auch nur der Funke eines linken
emanzipatorischen Gehaltes innewohnt, noch daß Frauen in der Armee ein
emanzipatorischer Akt wären. In Bezugnahme auf Moishe Postone ist
festzualten, daß die Linke kein Monopol auf Antipatriarchalismus erheben
kann und noch nie konnte. D.h., die von Scholz weiter oben zitierte
Feststellung aktueller barbarischer Entwicklungen, schließt
mit ein, daß die Warengesellschaft Kapitalismus sich zumindest auf der
Ebene der Erscheinung mit den eigenen Waffen insofern schlagen kann (und
muß), als daß dabei durchaus eine Form von
verkürztem Antipatriarchalismus enstehen kann, die strukturell
so barbarisch ist wie der verkürzte Anitkapitalismus anitsemitisch
konnotiert. Daß insbesondere das linke Diktum vom Privaten als politisch
mit seinen alternativen privaten Lebensentwürfen genau diese
barbarisierende Tendenz deshalb befördern konnte, weil im als politisch
begriffenen privaten Lebensentwurf die Trennung von konkret und abstrakt (und
damit die Reflexion dessen, welche Rolle den Alternativen und Autonomen in der
Postmodernisierung und Postfordisierung der Gesellschaft zugefallen ist)
angelegt war, kann nicht oft genug festgestellt werden, es zwar eine
dialektische Einheit gibt und deshalb auch ein Drama ist, aber letztlich einen
entscheidenden Knackpunkt für den zukünftigen konkreten
linksradikalen privaten Lebensentwurf und für das politische
Verständnis darstellt. Ob dabei die Schere von der Wertabspaltung der
weiblichen Sphäre und des daraus abgeleiteten unbedingt
politisierten privaten Lebensalltages und der reflektierten Verweigerung, sich
im Sinne der Adornitischen/Horkheimerschen Kulturindustriethese als Instrument
der Barbarisierung benutzen zu lassen, also das Private nicht mehr zu
politisieren und damit dort folgerichtigerweise keinen gesellschaftlichen
Einfluss mehr zu haben, der eh nur warenförmig vereinnahmt wird und damit
die linksradikale Tat zur Reform benutzt, weiter auseinanderklafft oder
zugunsten einer Seite zuschnappt, ist nach Meinung des Autors bereits
entschieden, weil es letztlich zum späten postmodernen
Ein-Geschlecht-Modell keine Alternative geben wird.
Bei den hier vom Autor vertretenen Thesen ist insbesondere zu bedenken,
daß eine freie Entfaltung eines Jeden und Jeder logischerweise im
Kapitalismus keine Grundvoraussetzung für die Befreiung aller sein kann,
weil eine freie Entfaltung in unfreien Verhältnissen niemals möglich
ist. Grundvoraussetzung für Befreiung ist ausschließlich die
geistige Emanzipation. Diese aber ist weder an die Existenz der
Zweigeschlechtlichkeit noch an sonst irgendwas gänzlich hinderlichem
festzumachen. Eine hierarchisierende Prädestinierung für Befreiung
von z.B. (Zwangs-)Kollektiven, a la zuerst mal die und dann mal die
gesellschaftliche Gruppe, ist ohnehin antiemanzipatorisch und
darüberhinaus nichts als absoluter Blödsinn. Das wiederum
heißt, daß jede selektive Befreiungsbewegung ihre Grenze durch
kapitalistische Vereinnahmung und Vergesellschaftung aufgezeigt
bekommt und dieser gesellschatlichen Realität der Totalität des
Wertgesetzes partikular nicht entronnen werden kann und nur in der
gänzlichen Überwindung des Gesellschaftssystems eine wirkliche
Befreiungspepektive gesetzt werden kann. Letztlich wird es für die Linke
keine Wahl geben können: will sie zum Wesen der Befreiungsperspektive
durchdringen, muß sie sich von dem Blick auf die Erscheinung, die
Utopie im hier und jetzt, im kleinen, in der
kapitalistischen Wirklichkeit leben zu können, endgültig
verabschieden. Gerade die Geschichte hat gezeigt, daß alle
einschlägigen vorsätzlichen Unterfangen gescheitert sind, obwohl
nicht verschwiegen werden darf, daß es gerade dadurch im oben
beschriebenen dialektischen Sinne zu einer rasanten Pluralisierung von
Lebenswelten (hautpsächlich im Privaten) führte. Linke
Lebensentwürfe waren demzufolge nicht Vorboten, sondern
Steigbügelhalter der postfordistischen flexibilisierten gesellschaftlichen
Veränderungen. Das aber auch insbesondere auf Grund der Definition vom
Privaten als politisch, was für einen neuen linken Theorie- wie
Politikansatz, so es letzteren denn überhaupt geben soll, unbedingt
berücksichtigt werden muß.
Der Autor teilt darüberhinaus nicht die Vorstellung der konkret-Autorin
Christel Dormagen zur Gegenwart, auch wenn in ihrer Position seines Erachtens
durchaus richtige Tendenzen angelegt sind. Dormagen stellt fest: Die
Differenz von Mann und Frau wird nicht einmal mehr zum Erhalt der
Warengesellschaft gebraucht. Frauen sind längst nicht mehr unbedingt und
ausschließlich für das Weibliche, für Sorge und
Fürsorge also, zuständig. Insofern nun das Weibliche nicht mehr vom
unmittelbaren Verwertungszusammenhang ausgeschlossen ist, läßt sich
Gesellschaft auch strukturell nicht mehr patriarchalisch interpretieren. Auf
dem Markt sind Mann und Frau austauschbar geworden, d.h. wir sind alle
strukturell Gleiche. Was selbstverständlich nicht bedeutet, daß
Frauen überall schon dieselben Chancen hätten wie Männer. Ganz
im Gegenteil. Trotzdem gilt grundsätzlich: Patriarchat ade alias
Heterosexualität ade!
Eine weitere Kritik von Roswitha Scholz bezieht sich insbesondere auf
konstruktivistische und dekonstruktivistische Theorien. Diesbezüglich
äußerte die Wertkritikerin in einem Interview mit der Zeitschrift
karoshi (Nr. 02/1997): In den 90ern ist auffällig, daß sich
vor allem (wenn auch keineswegs nur) jüngere Studentinnen mit der (Judith)
Butlerschen Theorie, die den Körper nur noch als Diskursprodukt
betrachtet, anfreunden können. Höchstwahrscheinlich liegt das auch
daran, daß der Erfahrungshintergrund der 90er-Jahre-Jugendlichen schon
von Anfang an eine weithin durchmedialisierte und durchkommerzialisierte
kasinokapitalistische Gesellschaft ist, deren Ausbau in den letzten zehn bis
zwanzig Jahren mit atemberaubender Geschwindigkeit vor sich ging.
(...) Problematisch ist in diesem Zusammenhang generell, daß in den 90ern
im Feminismus konstruktivistische Theorien in den verschiedensten Varianten
große Prominenz erlangten und inzwischen den Mainstream bilden; Theorien
also, die sich um die großen gesellschaftlichen Fragen (...) nicht mehr
kümmern.
Bezüglich der Scholzschen Wertabspaltungsthese sieht der Autor im
übrigen einen weißen Fleck. Seines Erachtens leitet sich aus der
tatsächlichen Immanenz, der patriarchalen Konnotation des Wertes, die
zwingende Frage ab, ob der patriarchale Gehalt nun Grundsubstanz des Wertes als
der Konstante des Kapitalismus ist oder vielmehr eine Transformation zum
Zusatzstoff des Wertes passiert (bzw. passieren kann), ohne dabei der
tradionsmarxistischen Vorstellung der quasi-Anpappung des Patriarchats an den
Wert das Wort zu reden. Die These der Verwilderung des Patriarchats
ist sehr nebulös, beantwortet diese Frage nicht hinreichend und
läßt deshalb eine Leerstelle im Scholzschen Theoriegebäude
zurück, die nicht zufällig zu sein scheint.
Der Autor geht, wie festgestellt, beim Wert von der einzigsten, dem
Kapitalismus konstanten Größe aus, die die Gesellschaftsformation
eben letztlich konstitutiv auf der Ebene der Reproduzierbarkeit wie
Transformation unabdingbar braucht. Dem ist seine Erachtens weder die
abgespaltene weibliche Sphäre als zweite Konstante
gleichgestellt, wie es Scholz als Interpretationsvariante nahelegt, noch sind
beide gleichrangig(!) dialektisch miteinander verwoben. Mit dieser These soll
keinesfalls bestritten werden, daß beide unabdingbar wechselseitiger
Dialetik unterliegen. Trotzdem steht zu vermuten, daß zwischen Wert und
abgespaltener weiblicher Sphäre auf der Ebene des letztlichen
Abhängigkeitsverhältnisses, der Zeiger für den Wert als, im
konstitutiv-kapitalistischen Sinne, allmächtigerer ausschlagen
würde.
Nach Einschätzung des Autors gibt es in Teilen linker Theoriezirkel,
insbesondere den wertkritischen in der Tradition der Kritischen Theorie von
Adorno/Horkheimer, die zunehmende Tendenz, die ungleiche(!) Gewichtung der
wechselseitigen Dialektik von Wert und Wertabspaltung gänzlich zu
ignorieren und von der Annahme auszugehen, dieses verknüpfte dialektische
Verhältnis ließe ein trennendes Denken gänzlich nicht mehr zu.
Dieses verweigernde Denken ist letztlich wiederum nur erklärbar, wenn
diese Denkform als Reaktion auf traditionsmarxistische dichotome Paradigmen
begriffen wird und ist somit in der Konsquenz kaum als der Weisheit letzter
Schluß zu betrachten. Die Verweigerung wird vermutlich und das nun
wirklich nicht unbegründet solange vorherrschen, wie der linke
(theoretische) Mainstream sich nicht von traditionsmarxistischen Kategorien zu
verabschieden gedenkt und eine angemessene Wertkritk zu leisten in der Lage
ist. Daß man auf einem guten Weg ist, kann der Autor weder bejahen noch
verneinen. Somit läßt sich also nur mit Kaiser Franz Beckenbauer
sprechen: Schaun mer mal.
(11) Ausgabe Februar 1997
(12) Diesem hier beschriebenen Prototyp entspräche die
PDS-Politikerin Sahra Wagenknecht Miss Kommunistische Plattform
perfekt. Sie offenbart sich als typischer Ausdruck des Eklektizismus ein
wandelnder (scheinbarer) Widerspruch (im Sinne d. Moderne-Kategorien) der
späten Postmoderne und nicht etwa als zur Farce gewordene Rosa Luxemburg,
was ihr gerne scherzhaft untergeschoben wird: Rüschenblusenästhetik
als Kleidungsstil meets radikale Kommunistin meets spießige Heirat (und
auch noch in unschuldigem Weiß)
(13) Der Autor möchte an dieser Stelle explizit betonen,
daß er dies nicht tut. Schon deshalb nicht, weil seiner Meinung nach
jeder Neuen sozialen Bewegung, also auch der der FrauenLesben-Bewegung
Veränderungen für den Kapitalismus, die entsprechend auf seine
Subjekte zurückgespiegelt wurden (Marx, s.o.), und Reformen innerhalb des
Kapitalismus immanent waren. Er geht gar davon aus, daß dies der Zweck
sozialer Bewegungen im Kapitalismus überhaupt ist und somit auch die Linke
jegliches Bewegungsdenken einer gründlichen Revision zu unterziehen hat.
(14) in: beiträge Nr. 45/1997
(15) ebenda
(16) beiträge Nr. 37/1994
(17) in: beiträge Nr. 45/1997. Diese Zeilen offenbaren die
verzweifelte Suche nach subversiven Strategien gegen das Patriarchat und seiner
Entwicklung, die der Frauenbewegung und vielen feministischen
insbesondere nicht-linken Theorien immanent ist.
In derselben Ausgabe, die immerhin aus dem Jahr 1997(!) stammt, wird die Sache
dann noch in alt-feministischer Tradition auf die Spitze getrieben. Und zwar
nicht von einer einzelnen Autorin, sondern im Editorial der Redaktion:
Offensichtlich haben Frauen Vorstellungen darüber, was mit
Sexualität verbundene Gefühle sein könnten, nämlich ganz
zentral Wohlgefühl und Wohlfühlen. Die Frage
ist nicht so sehr, was das genau bedeutet, das soll jeder selbst
überlassen bleiben. Wichtiger ist, wie wir dazu kommen, und was uns daran
hindert, dazu zu kommen, d.h. die patriarchalen Rahmenbedingungen zu entlarven
und unsere eigenen Vorstellungen dazu zu entwickeln.
(18) aus: Bahamas Nr.32/2000
(19) in taz vom 07. September 2000
(20) An dieser Stelle möchte der Autor vorbeugend darauf
verweisen, daß er nicht zu denen zählt, die das anachronistische
Ressentiment der angeblichen Prüderie von FrauenLesben bzw. Feministinnen
hochhalten. Allerdings gibt es eine Schräglage, die hier benannt werden
soll: Insbesondere Teile der politischen FrauenLesben-Subkultur verteidigen das
Recht der Lust auf ihre eigenen Körper zwar vehement, allerdings gekoppelt
an die tendenzielle(!) Maßgabe, daß Männer und Frauen
ausserhalb ihres Milieus verzichtsvoller mit ihrem Recht auf das eigene
egoistische Lusterleben umzugehen hätten. Nach Meinung des Autors liegt
dem die Irrung zu Grunde, daß eine sexuelle Vereinbarung innerhalb jenes
besagten Milieus von einer besonders unangreifbaren qualitativen Correctness
gekennzeichnet sei.
(21) Natürlich soll mit dem Gleichnis nicht der Sinnlosigkeit von
Straßenmilitanz das Wort geredet werden kleiner Scherz
(22) aus: Bahamas Nr.32/2000
(23) Für interessierte Leserinnen und Leser sei erwähnt,
daß die Verbreitung und der Absatz dieser Ausgabe der Arranca, die sich
dem Schwerpunkt Sexualität verschrieben hatte, durch breite Kreise
sogenannter autonomer FrauenLesben-Zusammenhänge unter dem Verweis auf den
mutmaßlich sexistischen Inhalt und daß eine Zensur stattfände
und gerechtfertigt sei, einschneidend behindert wurde.
Die herausgebende linksradikale Berliner Gruppe FelS (Für eine linke
Strömung) sah sich mit dem Erscheinen des Schwerpunktheftes harten und
teilweise unglaublichen Attacken ausgesetzt.
(24) An dieser Stelle gehen herzlichste Grüße an die
derzeitigen Lieblinge des Autors, der Leipziger Druck-Gruppe als den
Herausgebern des Klarofix dem Leipziger Zeckenmagazin. Die
in der Septemberausgabe veröffenlichte Position zum Sexismus (What
about sexism) ist wieder ein Glanzstück der Ignoranz des Standes
feministischer und linker Debatten circa in den 70ern einzuordnen,
...wenn da nicht doch das Quentchen Zeitgeist wäre, das unter der
Maßgabe, daß Sexismus als totalitär kein
Witz, das steht dort so nun inzwischen gar den anderen beiden
großen Totalitarismen Kommunimus und Nationalsozialismus zur Seite
gestellt gehören könnte, die Druck-Gruppe mittlerweile gar auf den
Weg der Totalitarismusfoschung gelockt hat. Gratulation.
(25) Arranca Nr 08/1995
(26) vergleiche das Papier des BgR zum Definitionsrecht bei
Vergewaltigung in dieser Ausgabe des Cee Ieh
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