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Flucht aus der Realität |
Andreas Dorau, Mapache
Und wenn man denkt, dass es eigentlich nicht mehr weiter gehen kann, kommt von irgendwo ein Lichtlein her. So auch im Leben von Herrn Dorau. Er bekam das Angebot, in einer Fernsehsendung der dritten Programme vier Stücke zu spielen und hatte dabei komplette künstlerische Freiheit. Er ging zu seinem ehemaligen Gitarrenlehrer Holger Hiller, dem Sänger von Palais Schaumburg und Studenten der Improvisierten Musik. Die beiden beschlossen, eine surreale Oper zu schreiben. Aus Textfragmenten bastelten die beiden ein Libretto, das sie von Putzfrauen und Gemüsehändlern singen ließen. Jeder Charakter hatte sein Instrument wie bei Peter und der Wolf die komplette Oper spielte in einer Küche. Die Kamerafrauen haben dann zwei Tage lang die Arbeit verweigert, so einen Quatsch würden sie nicht mitmachen. Doch letztlich mussten sie. Danach hatte Dorau vom Zusammenarbeiten mit einer Band genug und es zog ihn nach München. Dies schien in gewisser Hinsicht der Ort der Umwälzungen zu sein. House und Techno regierten die Clubs und niemand brauchte nun mehr eine Band, um Musik zu machen. Die Richtung seiner Reise war damit klar. Die anonyme, instrumentale Clubmusik zwischen gebrochenen Beats und Techno wurde für Dorau zur Matrix seines Songwritings. Die ganze Sache entwickelte sich dann bis zum Hit Girls in Love (1997). Eigentlich lief alles gut für Andreas, jedoch war er unzufrieden mit sich. Die Clubstücke und Songs drifteten immer weiter auseinander der laute Dorau will Party machen und rocken, der sensible Andreas legt weiterhin Wert auf große Gefühle und subtile Arrangements. Der große Erfolg von Girls In Love in Frankreich bringt die beiden widersprüchlichen Naturen zumindest vorübergehend wieder zusammen: Girls In Love wurde von Ladomat an ein belgisches Techno-Label lizenziert, kurz danach entwickelt sich Wolfgang Voigts Grungerman-Remix zu einem massiven Hit. Trotz dieses Triumphs war Dorau lange Zeit unzufrieden mit dem Musikgeschäft. Es gibt Maxis, Remixe, Gastauftritte doch auf ein neues Großwerk warten die Fans vergeblich. Nun ist es endlich soweit. Ich bin der eine von uns beiden, das neue Werk des Brain Wilson der Song-Elektronik erscheint. Und das ausgerechnet bei Mute dem Label, das 1984 Fred Vom Jupiter weltweit veröffentlichte. Das neue Werk enthält 12 Songs, welche sich um 40 Frauen mit langen schwarzen Haaren, den Monat September oder den Beweis für das Nichtbefreundetsein drehen. Auf keinen Fall gibt es ein Liebeslied und so heißt die aktuelle Singleauskopplung Kein Liebeslied. Darin stellt Andreas Dorau fest, dass erstens schon genug Liebeslieder geschrieben wurden und dass es zweitens auch noch andere Themen im Leben gibt. Z.B. die Arbeitslosigkeit. Wenn Pop also die Flucht aus der Realität ist, dann ist Arbeitslosigkeit ein schöner Traum oder Andreas Dorau der neue Popdialektiker. Aber egal, wie sehr dialektisch Andreas Dorau bewandert ist, große Musik und einen großen Songwriter gibt es am 28.09.2005 im Conne Island zu sehen und zu hören. Domestos |
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