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Einmal gepoppt, nie mehr gestoppt | |
Ein kleiner Text anläßlich der Pop Up (independent pop kultur 2002) Messe über, wie überraschend, die Messe und Pop.
(Madonna in ihrem Lied Music) I wouldnt be so alone if they knew my name in every home (Robbie Williams in seinem Lied I will talk and hollywood will listen) Were only in it for the money (Frank Zappa, Titel eines seiner Alben)
(Conne Island-Plenum, 08. Mai 2000) Es gibt keinen personellen oder organisatorischen Bezug zu den Veranstaltern der letzten Jahre. (Leipzig Pop Up Das Konzept, März 2002)
Leipzig Pop Up ist eine Messe mit Diskussionsforen und Musik zum Thema Popkultur.(1) Na, wer hätte das gedacht. Nach anfänglichen Schwierigkeiten mit dem Namen half ein kurzer Blick ins Wörterbuch. Pop oben heißt das grob übersetzt, also wollen die Veranstalter wahrscheinlich den Pop noch populärer machen als er ohnehin schon ist oder aber sie wollen auch mal dahin, wo heute Virgin, MTV und Dieter Gorny sind. Leipzig Pop Up wendet sich an Fans, Künstler, Labels (blablabla, etc.) also an diejenigen, die Popmusik in all ihren Formen seit jeher mit immer neuen Impulsen beleben und voranbringen. (...) Dabei will Leipzig Pop Up (...) vor allem die independent agierende Szene im Bereich Popmusik/-kultur versammeln.(2) Och Mist! Und ich dachte nach den anfänglichen Worten, es kommen so Popgrößen wie die No Angels oder Madonna und es bestünde vielleicht doch noch ne Chance, sich bei Popstars RTL2 hätte sicher einen Stand gemietet zu bewerben. Reicht wohl wieder nur für so Indiezeug, was? Na ja, der Dirk, der immer so schön singt und Gitarre spielt, ist ja auch ganz süß. Aber Moment, heißt es da nicht nur vor allem? Ja, so steht es da, was eigentlich bedeuten sollte, dass auch solche Größen wie der alte Brummbär Gorny auflaufen, immerhin weiß der ja wohl am besten, was so geht im Business. Der passt auch ganz gut ins Kuschelkonzept, gerade nach dem letzten vermeintlichen Eklat. Immerhin hat er ja wohl auch Kritik an der Offensive des deutschen Pop geäußert, sagte er doch bereits 1998, dass wir (...) nicht mit stolzgeschwellter Marktführerbrust irgendwo einmarschieren. Gerade noch mal Glück gehabt Polen. Von Popkultur steht ja auch noch was da, folglich kann man sich als generell kunstinteressierter Mensch ja auf die sogenannte Pop-Art freuen, eine witzige bewußt affirmative Spielart des Pop, z.B. die ganz vielen bunten Marilyn Monroe Köppe von Warhol. Böse Zungen behaupten im Vorfeld, es soll wieder mal nur um Musik und das Drumherum gehen, wo doch wohl jedeR weiß (gerade die VeranstalterInnen), dass Pop so viel mehr ist. Kommunikation (...) soll ermöglicht, derzeit weitgehend brachliegende Netzwerk-Strukturen jenseits der herkömmlichen Musikindustrie belebt, Inhalte über das Produkt Popmusik hinaus angeboten, Diskussionen angeregt werden. Und klar es soll Spaß machen.(3) Kommunikation ist immer gut, das weiß schließlich auch die Telekom und die haben ja bekanntlich die Nase vorn, wenns ums kommunizieren geht. Aber was sind denn bitteschön die brachliegende(n) (...) Strukturen (etc.)? Ach, ich Dummerchen. Bestimmt meinen die den Straßenverkauf, der liegt ja nun wirklich jenseits der Industrie. Jedoch macht dieser peruanische Flötenmob, obwohl Top Location in der Innenstadt aufm Marktplatz, nicht gerade viel Kohle damit, aber die machen ja weder Popart noch -musik. Für Spaß bin ich generell zu haben, gibt es doch sonst nicht so viel zu lachen im Leben. Hier eigentlich auch nicht, jedoch sind manche Sachen so traurig, dass sie schon wieder humoresk wirken und das ist ja dann wohl auch irgendwie Pop. Diskurs zu aktuellen und grundsätzlichen Themen im Bereich Pop-Kultur-Politik-Ästhetik-Struktur-Marketing.(4) Diskurs, genau das richtige Wort. Also das ist wirklich ein Diskurs oder auch gleich mehrere, doch lassen wir das postmoderne Überraschungsei lieber ganz und vor allen Dingen verpackt. Dass diese lustigen Wörter alle zusammenhängen, hat in den letzten Monaten bravourös die FDP gezeigt, außer im Bereich der Ästhetik, da muß noch gefeilt werden. Doch für alle Interessierten: Dort werden die Grundlagen für den erfolgreichen Aufbau eines/einer Labels/Bewegung/Fanclubs/Partei/Band/... vermittelt, schenkt man denn der Ankündigung glauben. Bestimmt wird am Ende doch nur wieder diskutiert und die ganzen CheckerInnen behalten ihre über Jahre gesammelte Erfahrung schön für sich, damit die anderen nicht doch noch die schöneren Flyer (wahlweise auch Transpis oder Fahnen) haben. Das Forum am 4. Mai bietet, wenn man denn genauer hinschauen mag, so einiges. Wie teuer ist die Künstlerseele?(5) etwa, eine Veranstaltung, welche sich sicher mit der Verwertung der Psychoanalyse durch die Kulturindustrie beschäftigt und auf den Surrealisten rumhacken will, weil die ja angeblich den Weg dafür mitebneten. Quatsch, war nur Spaß. Es geht um viel Schwerwiegenderes, nämlich um Künstler meets Sponsor Mit wem darf Pop kuscheln? Wofür Geld nehmen? Von wem?(6). Also Kuscheln mit wahlweise Lenny Kravitz oder Jennifer Lopez (Natürlich ist dies bestimmt auch mit beiden gleichzeitig interessant.) kann doch wohl niemand schlecht finden, oder? Entscheidende Antworten auf die anderen beiden Fragen schießen sofort durch jede Gehirnwindung. Pop darf für diese Messe Geld nehmen und zwar von den BesucherInnen. ...und lieber gleich Brandsätze schleudern.
(Nietzsche, Die fröhliche Wissenschaft) Wer (...) Pop als Subversionsmodell konservieren will, bejaht auch den Erhalt seiner kapitalistischen Voraussetzungen. (die Redaktion der 17deg.C-Zeitung für den Rest Nr.11/95) Pop ist heute nicht mehr als das anbiedernde Code- und Zauberwort, um Zugang zum rotierenden kapitalistischen Musikmarkt bewilligt(!) zu bekommen. (Leipzig, den 05.Mai 2000, die Betreibercrew des Kultur- und Jugendzentrums Conne Island anläßlich der Messe Neue Beiträge zur deutschen Popkultur im Werk II) Für die leider oftmals kulturmüde Politikfraktion: Genauer gesagt wird sich an einem Positivismus(8) entlangehangelt, wie er schlimmer nicht sein könnte, mündet er doch logischerweise darin, in postmodernen(9) Diskursen sich zu verlieren. Ein Workshop zu Grundlagen der Musikindustrie verwundert hier auch nicht weiter, weiß doch jedeR Szenefrau/mann, dass, wenn man denn tatsächlich Erfolg haben sollte, es enorm wichtig ist, die Street-Credibility nicht zu verlieren. Authentizität ist der Status Quo für den Erfolg, verliert man doch sonst meist jeglichen Rückhalt der sogenannten Community oder gar der eigenen Posse. Einer Band wie Rage against the machine bspw. würde wohl niemand den Revoluzzermist abnehmen, wenn sie jetzt ihre roots (Sepultura) verleugnen und sich von ihrem ehemaligen Umfeld lossagen würden. Wer will schon für eine Band bezahlen, die sich sonstwie linksradikal gebärdet, zu ihrer alten Szene jedoch jeglichen Kontakt abgebrochen hat? Sicherlich nur wenige. Deshalb achtet man bewußt auf sein revolutionäres Image, nutzt scheinbar die Strukturen der Industrie (Bsp. Copy kills Music Aufdruck auf ihren letzten zwei oder drei Alben) für die gute Sache (Ernst Busch) und beschäftigt im Versand, etc. auch schon mal ein eher links definiertes Umfeld. Jede Szene hat ihre spezifischen Codes, die in etwa einem Verhaltenscodex gleichkommen und selbige generieren sich erst durch Abgrenzung zu Vorhandenem. Oftmals wird hier der subversive Gehalt gesucht, scheinen diese Szenen (meist jedoch nur zu Anfang, später macht sich dann Verzweiflung und Lethargie breit, Hardcore läßt grüßen) doch vom Kapitalverhältnis noch nicht durchdrungen. Dass das schon von vornherein Blödsinn ist, zeigt wie diese Szenen sich finden: Die Etikette markiert die Zugehörigkeit, das jeweils individuell erworbene Produkt ist Indiz für die Zugehörigkeit zu dieser oder jener Szene. Ob Carhartt oder das Slipmate-Logo, die Corporate Identity ist der entscheidende Punkt um teilzuhaben am durch verschiedenste Diskurse selbst für die letzten mainstream-feindlichen Fuzzis legitimiertem neuen(alten) UnternehmerInnentum. Eine wirkliche Analyse der eigenen Stellung innerhalb der Gesellschaft findet nicht statt. Wie auch, gelingt es doch wohl kaum jemandem, die eigene Faszination zu reflektieren, welche einen anhand der vielfältigen Produkte oftmals überkommt. Genau diese Faszination ist jedoch ein Knackpunkt, weist sie doch auf einen Fetisch hin, nämlich den der Ware. Und eben das macht Pop zu großen Teilen aus: Ein Fetisch, welcher über Ästhetisierung, die Präsentation nämlich, funktioniert. Das Hören von Waren, das Anpreisen von Waren, die Produktion von Waren, etc. Doch hier muß man sich am Ende noch mit der Kritik der politischen Ökonomie (Marx) auseinandersetzen und dafür ist bei aller Liebe wohl kaum Zeit zwischen dem vielen Produzieren und Konsumieren. Was dann von den verschiedensten PoptheoretikerInnen, -stars und -gurus gebrabbelt wird, hört sich gruselig an. Von dem Individuum ist die Rede, welches sich den kapitalistischen Verhältnissen entäußern könne, würde es denn nur wollen. Von der eigenen Entfremdung (Jan Delay) ist da die Rede, aus der man sich praktisch befreien müsse. Die Subjekte führen also einen Kampf von innen (dem guten eigentlichen Selbst) nach außen (die bösen fremden Mächte). Bei solch kruden und durchaus gefährlichen Theorien ist ein Feind schnell ausgemacht, dem gegenüber man sich abgrenzen kann, z.B. die Majors, der Mainstream, das Monopolkapital. Völlig legitimiert, erscheint hier die fehlende Reflexion der eigenen Verstricktheit in die kapitalistischen Verhältnisse. In diesem Text soll gar nicht abgestritten werden, daß Pop mehr als ein Teil der Kulturindustrie ist. Aber ist es nicht einzig und allein das Wachstum der Produktivität der gesellschaftlichen Arbeit, was dieses ausmacht? Da dies jedoch der Kulturteil ist und dieser sich nicht genötigt sieht näher auf die Konstitution von Kapitalismus und bürgerlichem Staat einzugehen, bleibt er eine Antwort schuldig. Doch etwas wurde vergessen: die Musik, schubidu und tralala. Das heitere Komponieren, Arrangieren (allgemeiner Produzieren) von Musik läuft letztendlich auf eines hinaus: das Konsumieren. Somit erscheinen auch die verschiedenen Vorzüge woran sie sich auch immer festmachen lassen mögen von Musik, als die verschiedenen Qualitäten von Waren. Logisch eigentlich, ist doch das hauptsächliche Geschäft des Pop, will er denn wirklich richtig poppen, das der Werbung. Die verschiedenen Waren werden angepriesen unter Zuhilfenahme verschiedenster Attribute, so sind sie etwa besonders innovativ, revolutionär, undergroundmäßig, ausgefeilt, etc. Was zählt, ist letztendlich die Konsumierbarkeit der Musik, und die Trennlinie zwischen Pop-Rock, Hip-Hop, DrumnBass etc. ist nur eine fürs Plattenregal. Wer wirklich in Scene sein will, der/die muss Bescheid wissen, um sein/ihr musikalisches Fachurteil zu schulen. Hier wird so unglaublich die Ideologie des Konsums deutlich wie nur was: Bescheid wissen = Wissen über Waren aneignen. Selbstverständlich gibt es auch noch den technischen Teil der Musik, die ausgefeilten Rythmen, Scratches, etc. Dabei wird der technischen Seite immer der Hauch von Kreativität angehaftet, wobei vergessen scheint, dass sie selbst sich mit dem Kapitalismus entwickelte und nichts weiter darstellt als eine Produktivkraft. Schlimmer noch, da bekannterweise heute mehr denn je über Technik miteinander kommunziert wird, fallen scheinbar gewisse Widersprüche innerhalb der Gesellschaft einfach weg. Wenn etwa der Bulle beim Popkonzert neben dem illegalen Migranten steht, sich diese beiden jedoch außerhalb der Veranstaltung in einem hierarchischem Verhältnis zueinander befinden, ist doch irgendwas faul. Andere mögen generell von einer eindimensionalen Gesellschaft sprechen, jedoch schätze ich, dass diese im Pop verwirklicht erscheint(!). Schlaubi Fussnoten: (1) Leipzig Pop Up Das Konzept, zu finden unter www.leipzig-popup.de (2) ebd. (3) ebd. (4) ebd. (5) Leipzig Pop Up Das Programm, wie oben (6) ebd. (7) Leipzig Pop Up Das Konzept, zu finden unter www.leipzig-popup.de (8) Der Positivismus geht davon aus, dass die Quelle aller Erkenntnis allein das Gegebene ist, oder genauer die durch Beobachtung gewonnenen wahrnehmbaren Tatsachen. (9) Zum Begriff der Postmoderne und der Kritik an ihm, folgt im nächsten Heft ein Artikel, im Rahmen des Tomorrow-Theorie-Café. |
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