Bevor unlängst der gesamten zivilisierten Welt
der Krieg erklärt wurde, war selbige noch in Ordnung. Die
afghanischen Glaubenskrieger waren bislang unbekannt, einzig Nina MC,
paschtunischen Ursprungs, führte hierzulande ein kaum beachtetes
Schläferdasein. Ihre Verbalanschläge und vor allem die
ihrer meisten Kollegen wurden zumeist noch Unter-fernen-Oliven abgetan, an
sogenannte Kriegserklärungen fühlte sich in diesem
Zusammenhang noch niemand erinnert. Doch nun stellen sich die
Kräfteverhältnisse anders dar. Geschuldet ist dies auch den Rappern
von Eins Zwo. Mit ihrem Lied Bombe geben sie ihre
wahren Absichten preis. Auch wenn sie weithin propagieren die Unschuld
vom Lande zu sein.
Atta, Fit, Spee, RFT
Viel neues gibt es indes nicht zu berichten. Die
Geschmacksverhältnisse gerade im Bereich des Hip Hop sind nunmehr
zurecht gerückt. Wer es bislang versäumte, sich eindeutig zu
positionieren, sollte nunmehr ein ideales Feindbild abgeben. Dass diese
Rechnung der hiesigen Politiker nicht in allen Belangen aufging, lag zumeist
auch an den unzähligen mittelbar Betroffenen, Experten wie kulturell
Hervorragenden. Vorreiter war wieder einmal Afrob, der vier Tage nach den
mörderischen Anschlägen eine letzte Warnung
an alle Querdenker und solche, die es sein wollen, aussandte und empfahl,
die gesamte Extremistenscheiße aus dem, unserem, Land zu
jagen. Die näheren Intentionen scheinen vollkommen
gleichgültig, was zählt ist einzig und allein der Status
Extremist. Eine nähere Definition dieses wenig intelligenten
Sammelsuriums aus den Gehirnströmen des in die Breite gegangenen Rappers
blieb, Gott sei Dank, erspart. Auch insofern wird der politische Anspruch mit
einem dargetanen lapidaren Ausspruch augenscheinlich und vor allem plakativ.
Einige dieser Scheiß-Extremisten lebten und leben
wahrscheinlich jahrelang unbehelligt in Hamburg. Dies soll nun nach den Worten
des neuen Innensenators Schill nicht mehr möglich sein. Insofern sei jeder
Hamburger aufgerufen, Seite an Seite mit den Sicherheitsbehörden
für Recht und Ordnung in der Hansestadt zu sorgen.
In diesem Zusammenhang scheinen die Mitglieder von Eins Zwo mit
ihrer neuen Platte prophetische Fähigkeiten an den Tag zu legen. Obschon
mit ihrem Lied Bombe die Gefahr von neuen Selbstmordanschlägen
aufgedeckt werden soll, wird im gleichen Atemzug nach den Rechte(n)
Dritter gefragt. Wenigstens kann ihnen nicht entgegengehalten werden, mit
der Namensgebung ihres eigenen Zusammenschlusses den
Fundamentalisten die zündende Idee gegeben zu haben. Bis zwei
zählen kann, ob man es glauben möchte oder nicht, mittlerweile fast
sogar der Großteil aller Hip Hop-Fans.
Nordallianz
Viel hängt nunmehr von Eins Zwo ab. Mithin die gesamte Zukunft
der Subkultur. Währenddem sich Bands wie Fettes Brot, die
Fantastischen 4 und Freundeskreis nur noch in
größeren Hallen unterbringen und finanzieren lassen, erweisen auf
der anderen Seite gestandene Interpreten wie Afrob gerade 200
Zuhörer die Ehre. Abhängen wird auch deshalb viel von Dendemann und
Rabauke, nicht etwa weil deren karrieristischer Höhenflug wie Phoenix aus
der Asche daherkam, auch nicht, weil sie mit soliden, niemals heuchelnden
Texten Gesellschaftskritik übten und ihnen dadurch Erfolg beschieden wurde
wie der Jungfrau mit ihrem Kind. Die Stellung als Hoffnungsträger
erhält man vielmehr ungewollt. Vorliegend wahrscheinlich geradewegs
deshalb, weil man hinsichtlich der eigenen Aktivitäten getreu dem
Grundsatz Reden ist Silber, Schweigen ist Gold verfuhr. Eine
Charaktereigenschaft, die sonst einem jedweden Hip Hopper als wesensfremd
bescheinigt werden muß. Ebenso verzichteten sie weitgehend auf dubiose
Kooperationen ihrer selbst willen, wobei gerade der Hang zur Affinität
einem Hip Hopper auf den Leib geschneidert zu sein scheint. Mithin
verstärkte man die eigene, letzte Veröffentlichung einzig mit Nico
Suave, dessen Handwerk nicht unbedingt die Selbstdarstellung ist. Und das ist
auch gut so.
Kaum jemand wird unterdessen aber über die Botschaft der beiden Linguisten
von Eins Zwo mehr als ein Achselzucken parat haben. Währenddem
sich politische Inhalte ihrer Texte zumeist nur zwischen den Zeilen finden
lassen, ist diese Erkenntnis schon besser als gar nichts und im Hinblick auf
die global heuchelnde Subkultur namens Hip Hop, in der lokalen Reichweite auf
Deutschland beschränkt, ein Wertgewinn von überdimensionalem
Ausmaß. Hier ist Glaubwürdigkeit noch angebracht, wobei selbstredend
nach dem Maßstab Kontrolle ist gut, Vertrauen ist besser
verfahren werden soll, kann und muß. Dass dabei aber unterdessen nur noch
ein kleiner Bruchteil der kostbaren Hip Hopper-Zeit vonnöten
scheint, wird gerade diesen hoch erfreuen. So bleibt viel Zeit zum Kiffen, um
ein politisch korrektes Auftreten der Ideale kümmern sich unterdessen
andere. So wie eigentlich immer. Schöne Aussichten.
Teewald
|