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Lanity, 23.1k

reggae nah need nutt’n!

An alle propagandistischen Dreckshälse und unsere Nigger da draußen. Wer am 13.01.2000 die Urväter der Dancehallmusik in Leipzig, auch als Far East Soundsystem bekannt, zum allerletzten Mal am Set erleben will, sollte es nicht verpassen, vorbei zu schauen. Aber nicht nur Far East sind zu erleben, sondern auch das immer wieder begeisternde Duo der Backyard Crew gibt sich an diesem Abend mit einer Live Show die Ehre. Beim ersten Dance des neuen Jahrtausends dürfen natürlich auch die Rotzlöffel mitmischen, die mit dem Abtreten von Far East doch noch dienstältester Reggae Sound in der Messestadt werden. Wem diese Information für ein vielversprechendes Tanzvergnügen als ausreichend erscheint, der sollte spätestens 22 h, möglichst mit Feuerzeug und/oder Trillerpfeife, am Start sein. Und allen Mädchen sei noch gesagt, wenn man Euch das Tanzen an gewissen wackelnden und bebenden Körperstellen ansieht, braucht Ihr Euch nicht zu schämen, denn auch wenn es einige vielleicht nicht wahrhaben wollen, so hat Euch doch der Herr (für aufgeklärte Geister steht an dieser Stelle statt „der Herr“ auch „die Evolution“) die Kurven geformt. Alles klar? Respect. – www.germaica.net
 

 

 
Wer an dieser Stelle weiterlesen will, sollte sich noch mal die Novemberausgabe (#71) des CEE IEH reinziehen, speziell „Hot Girls Meet Silly Boys“ und den „kultur-report: dancehallmania“ um Zusammenhänge zu verstehen! Am einfachsten erledigt Ihr das in der Lesebude oder unter www.nadir.org/ci.

Da in beiden Texten versucht wurde, durch möglichst viele gutklingende Fremdwörter das eher schlechte Halbwissen, gemischt mit Lügen, in einer polemischen Ausdrucksweise zu verstecken, fällt mir der Einstieg zugegebener Maßen – bei soviel Grütze – nicht leicht. Also werden wir erstmal Lars Wunsch um eine parallele Auseinandersetzung zum Dancehallhype gerecht. Den Hype gibt’s scheinbar nämlich nur im CEE IEH, was unsere Veranstaltungen im Oktober und November leider bewiesen haben. Mag uns Teewald ruhig Masse statt Klasse vorwerfen, aber ich glaube nicht, dass Du in der Lage bist, zwischen unseren kleinen musikalischen Festivitäten zu differenzieren, denn auf unseren Partys haben wir Dich sehnlichst vermisst. Das natürlich auch andere nur noch schwer unterscheiden können, wenn General Ralph und Mister K beispielsweise im Conne Island als Rotzlöffel’s Hifi verkauft werden, ist verständlich. Die Realität, der wir angeblich soweit entfernt sind, hat mich gelehrt, dass Hunger, kein Strom, keine Bude, kein Geld (keine Heizung...) und Ohnmacht gegenüber eines sinnlosen und mit aller Macht aufrechterhaltenen Systems keine spezifischen jamaicanischen Probleme sind. Sicher ist der prozentuale Anteil derer, die den Dreck haben, auf der Insel höher als hier in der Zone (...aber dort sind 30deg. C im Januar).

Die komplette Überflüssigkeit des Dancehallmania Kulturreports in seiner Form ergibt sich spätestens in seiner Aussage: „Weder von Machern noch von Konsumenten werden die Konflikte, die sich auftun, wenn die Spezifik eines der ärmsten Länder der Karibik auf mitteleuropäische Verhältnisse übertragen wird, in die Gehirnwindungen gelassen, geschweige denn transparent gemacht.“ Die von Lars geforderte Transparenz wurde durch Artists wie Messer Banzani oder Gentleman schon vor geraumer Zeit (auch im C.I.) auf der Bühne geboten und war schon im CEE IEH 67 nachzulesen. Im Folgenden ist es völlig belanglos, welche Gesten, Codes oder Klamotten irgendwelche Protagonisten (Faschisten ausgeschlossen) verwenden. Ich hab ja schließlich auch nichts gegen ‘nen feuchten Händedruck oder rote Stirnbänder! Und für alle, die an dieser Stelle nochmal genau über karibische Sprachkultur unterrichtet werden wollten, aufgepasst! Der gesprochene Dialekt auf Jamaica nennt sich Patois. Slackness (abgeleitet vom engl.: slack – zu dt.: schlaff, locker, lässig) am angewandten Beispiel wäre, wenn ich zu Teewald sagen würde: „Steck Dir Deinen ver##ckten Wesensgehalt von Bitch- und Geisha-Riddims für quer in dein verfi##tes ... ZENSIERT.“ Slackness bzw. obszöne Ausdrucksweisen gibt es übrigens in allen Sprachen der Welt und ist somit auch keine jamaicanische Spezifität.

Typisch jamaicanisch hingegen ist der religiöse Kontext der starken Einfluss auch auf die Musik hat. Grundlage des Glaubens bildet dabei, egal ob Jude, Rasta, Moslem oder Christ, das Alte Testament, mit der Geschichte des Volkes Israel bis zur Zerstörung Jerusalems. Rastafari überträgt diese Geschichte durch die Zeit von ca. 2300 Jahren auf Afrika, die Besetzung Afrikas durch Europäer und die Verschleppung, Versklavung und Ermordung von Millionen Afrikanern. Artists wie Sizzla sagen in diesem Kontext berechtigt, dass Weiße Chinesen und Indianer niedermetzelten und fragen berechtigterweise nach dem Gott der Weißen, der die Unterdrückung Millionen von Schwarzen aufzeigt. Die westliche Kapital- und Industriegesellschaft wird dabei als Babylon-System Babylon-System, 7.5k (Übertragung der Bibel auf heutige Zeiten) bezeichnet und mit samt der babylonischen (katholischen) Kirche als korrupt und unfrei abgelehnt. Verbunden ist der Rastaglaube mit der Hoffnung, einst in ein freies, liberales und unabhängiges Africa zurückkehren zu können (Repatriation) und in Frieden zu leben. Das alte Testament ist auch die Grundlage des hier verbreiteten christlichen Glaubens. Würden sich „christliche“ Politiker an ihren Glauben halten, würde so was wie Kapitalismus nicht funktionieren. Wer um die Hintergründe Afrikas weiß, der weiß auch, dass der schwarze Kontinent nach wie vor in der Hand westlicher Großkonzerne liegt, die für ihre Interessen nach wie vor über Menschenleben gehen (z.B.: Ken Saro Wiwa, Nigeria 1996), wie schon 1974 ungeliebte Persönlichkeiten abgesägt und ermordet wurden, die die Unabhänigkeit des Kontinentes zu sehr forcierten. (12.09. Putsch gegen Haile Selassie in Äthiopien, 18.09. Ermordung des schwedischen UNO-Generalsekretärs Dag Hammerskjöld durch belgische Piloten). Wer in diesem Zusammenhang moniert, dass in einer von überwiegend Farbigen dominierten Gesellschaft der „schwarze Mann“ im Mittelpunkt steht, hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Wer in diesem Zusammenhang Jamaica Reaktion und Konservatismus unterstellt, sollte sich künftig nur noch mit Sexismus in Deutschland befassen. Eigentliches Ziel ist es doch, statt die Szene immer wieder zu spalten oder mit gefährlichen Unwissen zu schocken und zu hemmen, so oft wie möglich gegen das Babylonische System zu meutern. Das ist es, was z.B. auch europäische Dub Sounds ausdrücken, wenn Sie Tunes wie „War inna Babylon“ promoten (stimmts?).

Meutern sollte man auch immer, wenn es um den Konsum von illegalisierten Substanzen geht. Da sich Teewald als Bier trinkender, rauchender Fussball-Fan freiwillig entzieht, muß man an dieser Stelle doch anmerken, das man Kiffen und Drogenkonsum im allgemeinen nicht unbedingt als zwanghafte Handlung verstehen muß, sondern auch als Bedürfnisbefriedigung auslegen kann. Abgesehen davon sollte man sich auch immer vor Augen halten, dass es keine andere Thematik in Deutschland und überall auf der Welt gibt, wo der so verhasste Überwachungsstaat so brutal und menschenverachtend durchgreift, Menschen diskriminiert, kriminalisiert und Hand in Hand mit der Öffentlichkeit verfolgt.

Während mir der Gedankengang hinter Lars’ „kultur-report“ noch einleuchtet, geht mir der Sinn am Text unseres hochqualifizierten Lieblingsmusikkritikers vom Fach völlig verloren. Teewald, es ist ja auch völlig klar. Nachdem wir Deine im Vorfeld Deines Artikels getroffenen, wochenlangen Bemühungen sich politisch mit uns auseinanderzusetzen aus übergrosser Coolness, hervorgerufen durch atemberaubenden Ganjasmoke, unfähig uns auch nur bis November deinen Namen zu merken, ignorierten und auch sonst jegliche von Dir so dringend erbetene Auskunft verweigerten, ist deine Hass-erfüllte Art, über uns zu schreiben, nur zu verständlich. Ebenfalls verständlich ist Deine harte Haltung, als wir Dich ersuchten, von Dir frei erfundene Äusserungen zurückzunehmen. Wir sind nicht das Opfer „unserer“ Kultur, sondern das Opfer von billigen Propagandisten wie Dir, die in ihrem völligen und totalen selbstherrlichem Nullplan lieber alles verurteilen, was Sie nicht verstehen, als sich auch nur eine Minute mit der Arbeit anderer auseinanderzusetzen! Bitte, Bitte sei auch weiter unser politischer Held und Vertreter vom „frischen femininen Fallobst“!!!

Die Art und Weise, in der über Frauen in beiden Artikeln geschrieben wurde, ist mir schlicht zuwider, hat mir aber verdeutlicht, dass die Problematik des Sexismus im Kopf derer beginnt, die in Bilder halbnackter Frauen von vornherein eine „Fick-Mich-Pose“ hineininterpretieren oder an wackelnden Titten und Ärschen tanzender Frauen festgehen! Außerdem sollte man sich bei der Verwendung des Wortes Ficken bewusst sein, dass dieses oft nur im Zusammenhang mänlicher Triebauslebung, nicht aber gleichberechtigter Befriedigung beim Sex steht. Wie auch immer, so rate ich Lars und Teewald von einem Besuch des Cospudener Sees Cospudener See, 9.3k im nächsten Sommer dringend – als viel zu aufregend – ab. Trotzdem lässt sich „Sexismus“ in Verbindung mit Reggae nicht abstreiten, allerdings beruht der in Jamaica auf Gegenseitigkeit der Geschlechter, und nicht wie behauptet, auf männlicher Seite.

Schwulenfeindlichkeit sollte in einem „aufgeklärtem“ Land wie dem unseren kein Thema sein. Erklärungsversuche zu dieser Problematik in Jamaica möchte ich Euch und mir ersparen, weil es zwar die Situation dort zwar verständlicher, den Sachverhalt an sich nicht verbessert. Batty Boy bezeichnet aber nicht immer Homosexuelle an sich (da sagen die dort dann auch schon Gay). Für Rotzlöffel’s Hifi steht der Begriff Batty Boy für Typen wie CSU-Heini Stoiber oder Georg Bush und Bullen, die in Euren Jacken nach Dingen suchen, die sie meistens gar nicht konsumieren wollen, oder für Leute, die sich selbst für Kohle dem System gnadenlos ausliefern (und natürlich all die, die Rotzlöffel’s Hifi offensichtlich unbegründet anficken). Die „Mordrohung“ von Buju’s „Boom bye bye“ höhrt man übrigens nicht am Ende des tunes, sondern steckt in der Aussage „Boom bye bye“ an sich. Doch geht’s bei Reggae um Style. Wer sich schon mal ein jamaicanisches Clash-Tape gezogen hat, wird dort des öfteren mit Mordrohungen auf unterschiedlichste Art und Weise konfrontiert. Nach einer solchen Drohung wird immer der nächste Tune gespielt, und wenn’s ein geiler Tune ist, geht die Massiv steil. In den Moment hat man getötet. Dem a go kill wid style, seen!!!

Und das geht raus an alle, die nach uns kommen und noch Lebensgefühl mit Lifestyle verwechseln! Reggae ist eine Musikrichtung von vielen, für manche die wichtigste, für andere völlig bedeutungslos. Eine Eigenart von Musik an sich ist es, stimmungserzeugend zu wirken. Musik wirkt am angenehmsten, wenn mann Sie begreift und versteht. Also macht Ihr in Zukunft Reggae mit deutschen Texten oder lernt endlich Patois, bomberclaat!!! Lars, Teewald, versteht den Text nicht als Disrespect, sondern als Ansporn. Love onu, seen!
Mister K



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last modified: 28.3.2007