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Leserbrief
betr.: Anmerkungen zur Sexismus- und Patriarchatsdebatte
„Patriarchalische Begrifflichkeiten in FrauenLesbenzusammenhängen“ oder „wie ich einer Diskussion nicht folgen konnte“

Präposition und Durchführung
Die radikale Linke ist in Aufruhr. Die Begrifflichkeiten stimmen nicht mehr. Getrieben von der Identitätskritiklichkeit stürzen wir in eine Identitätskrieslichkeit.
FrauenLesben nehmen sich keine Zeit mehr für Sex, und tun es mit jede[m]r. MännerSchwule (oder vielleicht doch nur Männer?) machen das schon lange, und die Zuständlichkeit der Zusammenhänglichkeit gerät aus dem Geschlechter-Gleichgewicht. Ständig sind wir konfrontiert mit diesen verflixten Zusammenhängen. Wer auch immer zusammenhängt, ist nicht gefeit vor Kritik – weder die Antifazusammenhänge noch die Sexualzusammenhänge, und schon gar nicht die zusammenhanglosen Zusammenhänge, denn das sind die schlimmsten. Ja man fragt sich schließlich, was ist ein Frauenlesbenschwulemännerzusammenhang? Ein Mund, 17.6k gutes Wort für Galgenraten? Vielleicht ...
Feuchtigkeitsfluids glätten die Falten und verbreiten ein leichtes Wohlgefühl auf der Haut, aber dennoch ist da dieses ungute Gefühl der Unendlichkeit des Universums und während die Antwort klar ist (42 [1]), bleibt die Frage in ungewissem Dunkel.
Feministische Männergruppen reflektieren über das Demokratieverständnis einer unruhevollen Jugend und können doch ihre Ressentiments weder definieren noch eliminieren. Währenddessen wehren sich die DemonstrationsteilnehmerInnen im FrauenLesbenblock gegen den Vorwurf der Diskriminierung ihrer maskulinen Mitglieder und kontern mit der Irrationalität althergebrachter, patriarchalicher Selbstverständlichkeit. Als die MännerInnen schließlich aus purer Ignoranz mit einer Kurvendiskussion der Sinusfunktion einlenken wollen, wird ihnen natürlich sofort Sexismus angelastet, – und mit Recht, so will es zuerst scheinen, denn Mann möge nur einmal die Begrifflichkeit des Sinus klären. Doch der Vergleich hinkt: Während die Brüste durch den Busen getrennt durchaus seperabel erscheinen, muß für die irrationale Sinusfunktion erst geklärt werden, ist sie einerseits Element eines endlichen Galois-Feldes(1), und, andererseits, darin auch irreduzibel?
Was bleibt, ist ein Gefühl der Schwachsinnlichkeit des gerade gelesenen. Denn vergewaltigt wird, das wissen wir, und zuallererst die Sprache: Aus Begriffen werden Begrifflichkeiten, die niemand begreift. In einer wunderbaren Destruktion bzw. Dekonstruktion der Kommunikation wird aus „Zusammenhänge“ der universale Wortstamm aller zusammenhanglosen Probleme, nicht faßbar – weder durch Logik, noch durch Intuition.

Finale
Mag sein, daß dieser Beitrag Begriffe mit männlicher Überheblichkeit aus dem Zusammenhang reißt. Entsprechend vorbelastet bin ich allemal. Aber ich möchte bemerken, daß mir durchaus einige Gedanken zum Thema Geschlechtertrennung in der Linken im Kopf herumgingen. Nur erschienen sie mir im Zusammenhang mit der stattgefundenen Diskussion so weit entfernt, daß ich keine Gelegenheit sah, sie vorzubringen. Sie waren zu realitätsbezogen, geradezu trivial. Und wohlmöglich hätten meine Sätze kein einziges Fremdwort enthalten. Soll ich mich so zum Gespött machen? Oder ist vielmehr die blütentreibende Sprache, wie sie in der Mund, 8.9k Diskussion verwendet wurde (und in vielen Beiträgen des CEE IEH verwendet wird) einfach nur lächerlich, ist sie gar deprimierend realitätsfern? Vielleicht verstehe ich das ja auch alles falsch, und das CEE IEH plus zugehöriger Diskussionsveranstaltungen ist nur eine Spielwiese für Studenten der Politikwissenschaften, die sich schon einmal im Schreiben und Halten von Reden üben? Dann allerdings bliebe mir sogar das sarkastische Lachen im Halse stecken.
Und noch eine Bemerkung sei mir erlaubt: Durch Verwendung sogenannter Kraftausdrücke (oder auch Vulgarismen genannt) verlagert man die Aufmerksamkeit des Publikums weg von den eigentlichen Argumenten des Satzes, hin zu jenen Begriffen. Hat man also gute Argumente, so ist es durchaus von Vorteil, sie auch in gute Sprache zu kleiden, einfach um den Argumenten mehr Gewicht zu verleihen. Sprachkultur ist Kultur im Umgang miteinander, und wer jetzt behauptet, es sei Heuchelei, gut miteinander umzugehen, dem sage ich einfach einmal Ignoranz nach. Denn, wie richtig bemerkt wurde, der Inhalt ist das wichtige. Wenn ich mir also von der Kritik, die ich übe, auch nur den geringsten Effekt erhoffe, dann stoße ich meine Disskussionspartnerin(2) nicht mit Vulgarismen und Beschimpfungen vor den Kopf. Vielmehr versuche ich, auf sie einzugehen, um ihr meine Gedanken näherzubringen.
Durch die Verwendung einer realitätsnahen, allgemeinverständlichen, weitgehend vulgarismenfreien Sprache könnte es, nebenbei bemerkt, auch gelingen, eine scheinbar bestehende elitäre Abschottung zu durchbrechen, und ein breiteres Publikum für die zweifelsohne wichtigen Themen der heutigen Zeit zu interessieren.
gerddie

Fussnoten:
(1) Für einen tieferen Einblick siehe z.B.: [2]
(2) Die Männer mögen mir die Verwendung der grammatikalisch weiblichen Form im folgenden verzeihen, aber diese Version fördert die Überschaubarkeit und Verständlichkeit des Satzes.

Literaturverzeichnis:
[1] Douglas Adams: Per Anhalter durch die Galaxis
[2] van der Warden, Algebra I, Springer Verlag, Berlin, 1971, S. 131ff



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last modified: 28.3.2007