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Im folgenden dokumentieren wir einen Aufruf des Leipziger Bündnis gegen Rechts zu einer antifaschistischen Demonstration am 9. November 1999 |
Zum Gedenken an die Opfer der antisemitischen Pogromnacht am 9. November 1938: | ||||
Aufruf zur antifaschistischen Demonstration in LeipzigAm 9. November findet in Leipzig eine antifaschistische Demonstration unter dem Motto: Kein Vergeben - kein Vergessen! Kein Frieden mit Deutschland! Wir gedenken der Opfer des antisemitischen Pogroms vom 9. November 1938 statt. Gleichzeitig jährt sich zum zehnten Mal der Jahrestag der Maueröffnung. Nicht zuletzt dieses Jubiläum wird das öffentliche Gedenken an die schrecklichen Ereignisse am 9. November 1938 weit in den Hintergrund treten lassen. Die Demonstration soll dahingehend ein Zeichen setzen, dass dieses Verbrechen und seine Zusammenhänge nicht einfach verdrängt werden können.Der 9. November taugt seit dem Mauerfall vor 10 Jahren zum Lackmustest. Er stellt all jene bloß, die in einem Aufwasch der Maueropfer und der Opfer der Reichspogromnacht von 1938 gedenken wollen. Diese Form der so genannten Erinnerungskultur widerspiegelt ein grundlegendes historisches Verständnis dieser Berliner Republik Deutschland samt ihrer politischen wie geistigen Repräsentanten: Es geht um den Nachweis, daß beide Systeme, der Nationalsozialismus wie der reale Sozialismus, zwei Seiten ein und derselben Medaille seien. Das Schlüsselwort dafür heißt Totalitarismus. Dieser Begriff ist in der BRD jahrzehntelang gehegt und
Keine Rede ist von der jeweiligen individuellen Verantwortung des oder der Einzelnen. Jene Mogelpackung deutscher Unschulds- und Opfermentalität gibt es seit 1945 für alle Deutschen gratis als Lebenselixier. Alle, die mit diesen deutschen Verhältnissen groß geworden sind also alle mit deutschem Pass haben die Möglichkeit der Entscheidung: entweder diese Unschuldstour mitzufahren oder auszusteigen und zu hinterfragen. So zu hinterfragen, wie es sein konnte, daß ein einzigartiges grausames
Die Gründer der DDR waren diejenigen, die in den KZs und Zuchthäusern der Nazis gesessen haben, weil sie das barbarische System des Nationalsozialismus zerschlagen wollten. Und sie hatten 1945 ein großes Ziel: sie wollten den Nationalsozialismus getreu dem Schwur der Häftlinge des KZs Buchenwald ein für alle mal unmöglich machen. Sie haben dabei über Jahrzehnte schwere Fehler gemacht und Verbrechen begangen, die man ihnen nicht nachsehen darf. Doch diese entziehen sich eben NICHT im Gegensatz zu den weltgeschichtlich einmaligen Verbrechen der Nazis einer
Dieser Unterschied wird in Deutschland systematisch ausgeblendet, weil er das ideologische Gerüst der Totalitarismustheorie zum Einstürzen bringen würde und damit auch den Gründungsmythos der BRD schwer erschüttern. Wenn wir mit diesem Aufruf zur Demonstration zum Gedenken an die Opfer der Reichspogromnacht auffordern, so tun wir das mit dem Wissen, daß es der Mehrheit der Deutschen entweder schon immer egal war bzw. seit 1989 immer mehr egal wird, den Opfern des verbrecherischsten Gesellschaftssystems der Menschheitsgeschichte, dem Nationalsozialismus, überhaupt zu gedenken und sich ihrem Vermächtnis verpflichtet zu fühlen. Bezeichnend dafür sind jedoch nicht nur die unsäglichen Hinhaltungen bezüglich der Entschädigungen für die zwangsdeportierten Sklavenarbeiter in der deutschen Wirtschaft zwischen 1933 und 1945 oder die Paulskirchenrede des deutschen Schriftstellers Martin Walser, der von Auschwitz nichts mehr hören will und alle brandmarkt, die die Deutschen an ihre Verbrechen erinnern wollen. Nein, ebenso gehört gerade die offizielle Regierungspolitik dazu. Schröder, Fischer, Scharping und wie sie alle heißen, arbeiten erfolgreich an einer neuen Art der Auschwitzlüge, wie es die im Auschwitzkomitee organisierten Überlebenden des Vernichtungslagers in einer Erklärung feststellten. Es geht der deutschen Politik darum, in einer Art Doppelstrategie Auschwitz als Synonym der Shoah für die neuen Weltmachtambitionen der Deutschen zu instrumentalisieren, wie es im Fall von Ex-Jugoslawien der Fall war, wo jeder Mord seitens der Serben quasi zu einem neuen Auschwitz hochstilisiert wurde und Milosevic zu einem adäquaten Hitler. Gleichzeitg aber arbeitet man intensiv daran, Auschwitz als Synonym zu einem normalen Verbrechen umzudeuten. Denn das, was schon in den Achtzigern der inzwischen verstorbene Neo-Naziführer Michael Kühnen wußte und zuallerst aussprach, nämlich daß Deutschland erst dann wieder imperialistisch und großmachtambitioniert mitmachen kann, wenn Auschwitz als moralisches Hemmnis zu Fall gebracht bzw. auf ein gesundes Maß reduziert wird, ist heute tatsächlich zur deutschen Regierungspolitik geworden: Erst wenn Auschwitz zu einem normalen Verbrechen gemacht wird, kann auch Deutschland ein normales Land mit einem normalen Volk sein. Erst dann kann Deutschland wieder überall mitmischen. Eike Geisel wußte dies schon Anfang der Neunziger so zu kommentieren: Die Deutschen werden den Juden Auschwitz niemals verzeihen. Gemeint hat er damit jene Opfermentalität und klammheimlichen oder offenen Hass
Weder in Ost noch in West wurde die individuelle Schuld des oder der Einzelnen im Nationalsozialismus aufgearbeitet. Im Westen konvertierten die Täter in Windeseile zu Demokraten und im Osten wurden sie von offizieller Seite schuldfrei gesprochen und zu Antifaschisten erklärt. Selbstredend wurde daher auch der 9. November 1938 niemals als ein Pogrom betrachtet, der tatsächlich dem sogenannten deutschen Volkszorn und dessen Antisemitismus entsprungen ist, sondern immer nur als eine von den Führungs-Nazis befohlene Sauerei, gegen die der kleine Mann ja eh nichts hätte tun können.
Am 9. November 1999 wollen wir gegen die herrschenden deutschen
Verhältnisse demonstrieren. Diese Verhältnisse sind geprägt von
der Ausblendung historischer Zusammenhänge und der Relativierung und
Instrumentalisierung von Auschwitz. Sie werden ganz besonders an diesem 9.
November von einem unerträglichen Taumel des Maueröffnungsgedenkens
beherrscht sein. Bündnis gegen Rechts |
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