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Gedanken zu & um Neuss.

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Frauenabschiebeknast in Neuss – die Zweite

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Wie im letzten CEE IEH angekündigt, wollen wir uns mit verschiedenen Artikeln den Themen Flüchtlingsfrauen und Migrantinnen (in der brd), Abschiebehaft, der Verknüpfung von Rassismus und Sexismus auch in der Linken und damit verbundenen Inhalten nähern. Los geht‘s!
Wir sind für weitere Anregungen, Diskussionen, Texte und mitmachfreudige Personen offen. Anfragen und Reaktionen an den Infoladen.
Vorbereitungsgruppe Neuss

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Frauenspezifische Migrations- und Fluchtursachen

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Mehr als 80% der Menschen weltweit, die fliehen oder migrieren, sind Frauen und Kinder, von ihnen gelangt jedoch nur etwa 1/4 in die reichen Industrieländer, die meisten Frauen verbleiben in den Nachbarstaaten ihrer Herkunftsländer. Das liegt unter anderem daran, daß die patriarchalen Gesellschaftsstrukturen Armut in den meisten Ländern vorrangig zu einem Frauenproblem werden lassen. Ihnen fehlen die Ressourcen (Frauen besitzen nur 1% des Weltvermögen und ebenfalls nur 1% des Grund/Bodens der Welt), die gesetzlichen Regelungen und die gesellschaftlichen Möglichkeiten Armut abzuwehren oder zu entkommen. Frauen wird nur ein sehr begrenzter Zugang zu Geld gewährt, Geld, das z.B. für Pässe, Visa, Fahrtkosten und FluchthelferInnen benötigt wird. Hinzu kommt, daß viele Frauen gemeinsam mit ihren Kinder fliehen wollen oder müssen, was sie weniger mobil macht und gleichzeitig die Gefahr erhöht, entdeckt zu werden.
Die Gründe, wegen derer sie ihre Herkunftsländer verlassen, unterscheiden sich ebenso wie ihre Flucht- oder Migrationswege von denen der Männer. Flucht und Migration bieten Frauen trotz aller Schwierigkeiten die Aussicht auf Veränderung und Verbesserung ihrer Lebenssituationen. Mit Blick auf ihre Möglichkeiten und Chancen entscheiden sich Frauen bewußt zur Flucht oder Migration. Migrantinnen sind also keinesfalls nur Opfer der Verhältnisse, sondern aktiv handelnde Frauen, die ihre Lebensperspektiven eigenständig verändern wollen.
Zusätzlich zu geschlechtsunspezifischen Ursachen, die in der linken Auseinandersetzung häufig erwähnt werden, wie (Bürger-)Kriege, Armut, Mitarbeit im politischen Widerstand, Flucht vor (Staats-)Gewalt, Verfolgung etc. existieren frauenspezifische Flucht- und Migrationsgründe, die allein aus der Zugehörigkeit zum Geschlecht Frau resultieren. Sexistische, frauenverachtende, homophobe patriarchale Gesellschaften erfinden überall auf der Welt Gesetze und Regeln, deren bewußte oder unbewußte Übertretung für Frauen Repressionen zur Folge hat und lebensbedrohlich sein kann. In Indien wurden z.B. zwischen 1988 und ‘93 mehr als 20.000 Ehefrauen ermordet oder gezwungen, Selbstmord zu begehen, da sie die Bedingungen der Aussteuer nicht erfüllen konnten. In Afghanistan besteht ein Ausgehverbot, ein Ausbildungsverbot, ein Waschverbot an Bächen und öffentlichen Waschstellen und ein Berufsverbot. Letzteres stellt einen direkten Angriff auf das Leben von Frauen dar: Da sich Frauen auch ausschließlich von Frauen behandeln lassen dürfen, wird ihnen so jegliche medizinische Versorgung verweigert.
Frauen werden nicht als eigenständige Individuen angesehen, sondern als Tochter oder Ehefrau von einem Mann. Männer können Ge- und Verbote aussprechen. In etwa 20 Staaten, darunter Nigeria, Ägypten, Libyen und Thailand, müssen Frauen die Erlaubnis des Vaters oder Ehemannes vorlegen, um einen Reisepaß zu beantragen. In vielen Ländern ist eine Abtreibung unter allen Umständen verboten, in einigen benötigt eine verheiratete Frau die Zustimmung ihres Mannes zu einer Abtreibung. So können Frauenkörper von Männern überwacht werden.
Eine besonders brutale Art der Kontrolle der weiblichen Sexualität und der Sicherstellung der Verfügbarkeit von Frauen für die Ehe ist die Genitalverstümmelung. So wird das gewalttätige Herausschneiden (oft mit einer Glasscherbe) der Klitoris und (Teilen) der inneren und in einigen Ländern der äußeren „Scham“lippen bei Mädchen bezeichnet. Nach der Gewalttat wird der größte Teil der Scheide zugenäht, die Frauen haben den Rest ihres Lebens Entzündungen und Schmerzen, wenn sie die Verstümmelung überhaupt überleben. Auch diese Mordanschläge auf Frauen gelten nicht als Verfolgungsgründe für Frauen, die Flucht vor Genitalverstümmelung ist kein Grund für deutsche Behörden, Asyl zu gewähren, da angeblich keine politische Verfolgung vorliegt.
Frauen, die ein selbstbestimmtes Leben leben, und sich nicht in die sexistischen Strukturen der Gesellschaft einordnen wollen, gefährden sich in hohem Maße. Besonders gilt dies auch für lesbische Frauen, die sowohl von staatlicher Seite, als auch von ihrer Familie Repressionen erwarten müssen. Lesben werden gezielt vergewaltigt, um sie zu Heterosexualität zu „bekehren“. In über 30 Ländern ist weibliche Homosexualität illegal. Entgegen dem vermeintlichen Trend, männliche Homosexualität zu entkriminalisieren, kriminalisierten Brasilien und Nicaragua Lesben erst Anfang der 90er (‘91 bzw. ‘92). Ebenso werden Zwangsmedikamentierungen z.B. mit Psychopharmaka bei Lesben häufiger als bei Schwulen vorgenommen. Frauen müssen für Männer sexuell zur Verfügung stehen, eine autonome Lust darf es nicht geben. In vielen Ländern, die Lesben kriminalisieren, steht auf gelebte lesbische Sexualität die Todesstrafe, andere negieren sie vollkommen. So erklärten z.B. die Regierungen Albaniens, Bangladeschs und des Libanons, daß in ihren Ländern keine Homosexualität existiere. Andere, wie China und Simbabwe, bezeichnen sie als vom Westen eingeschleppt.
Die Sexualität von Frauen wird auf vielfältige Art versucht zu unterdrücken, einzuschränken und auch abzutöten. Da sind Männerhirnen offensichtlich keine Grenzen gesetzt. Zusätzlich werden sexualisierte Gewaltakte gegen Frauen eingesetzt, um ihren Widerstand zu brechen und männliche Siegesmacht zur Schau zu stellen. Zum Beispiel werden Frauen, die verhaftet wurden, in Mexiko, der Türkei, Pakistan, Indien oder Indonesien systematisch vergewaltigt, etwa um Aussagen zu erpressen, ihren Widerstand zu brechen etc. Auch in Kriegen wurde und wird die systematische Vergewaltigung von Frauen und Mädchen durch Soldaten eingesetzt („sexuelle Mißhandlung im Krieg“ gilt erst seit 1996 als Verbrechen). In (fast) allen Kriegen in allen Ländern wird sexualisierte Gewalt als chauvinistische Kriegswaffe benutzt, in letzter Zeit z.B. gegen Frauen und Mädchen in Bosnien, Kurdinnen in türkischen oder irakischen Gebieten, in Nicaragua, gegen chilenische und liberianische Frauen, gegen Frauen in Sri Lanka usw.
Sexistische Unterdrückung und sexualisierte Gewalt gegen Frauen gibt es in allen Staaten, überall. Häufig entscheiden sich Frauen für eine Flucht bzw. Migration, weil mehrere Ursachen, sowohl geschlechtsspezifische, als auch -unspezifische zusammenkommen, die ihnen ein Weiterleben in ihrer bisherigen Umgebung unmöglich machen. Wie oben bereits angedeutet, erwartet die Frauen während ihrer Flucht in der Regel eine ähnlich sexistische Repression, wie die, der sie entkommen wollen. Sie werden von Fluchthelfern vergewaltigt, ihre politische Aktivität wird nicht als solche anerkannt, sie erhalten nur ein vom Ehemann abgeleitetes Aufenthaltsrecht, der Zugang zu bezahlter Arbeit wird ihnen verwehrt usw.
Nirgendwo ist es Frauen erlaubt, ihr Leben autonom, uneingeschränkt von männlichen Gesetzen, ohne Angst vor sexualisierter Gewalt zu leben und ihren Aufenthaltsort frei zu bestimmen.

Literatur: Broschüre zum Frauenabschiebeknast in Neuss; Amnesty International: Breakin the Silence: Human Rights Violation Based on Sexual Orientation; CEE IEH #46; Joni Seager: Fischer Frauen-Atlas

Bundesweite Demonstration gegen den Frauenabschiebeknast in Neuss am 12. Juni!!!

Infoveranstaltung in Leipzig:
30. Mai, 16 Uhr in der Frauenkultur, Braustraße



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last modified: 28.3.2007