Der Begriff akzeptierende Sozialarbeit kommt
ursprünglich aus der Drogenarbeit und geht auf ein Konzept der siebziger
Jahre zurück. Der Diskurs innerhalb der Sozialarbeit ging damals darum,
die gesellschaftliche Bedingtheit der Menschen und ihrer Wertungen und
Kriterien aufzuzeigen und damit auch die Möglichkeiten gesellschaftlicher
und individueller Veränderung. Der heute praktizierten akzeptierenden
Sozialarbeit mit rechten Jugendlichen fehlen diese emanzipativen Elemente völlig.
Dieser auf die Arbeit mit rechtsextremistisch-orientierten Jugendlichen
übertragene Handlungsansatz vermittelt den Eindruck, als wäre
Suchtverhalten gleichsetzbar mit menschenverachtendem Gedankengut und damit
verbundenen Haltungen und Handlungen. Darin allein liegt schon eine
gefährliche Verharmlosung, nämlich die Idee der Therapierbarkeit.
In der BRD der achtziger Jahre war dieses Konzept für ein
überschaubares Randgruppenpotential gedacht und wurde ein Jahrzehnt
später unüberprüft auf eine völlig andere Situation
nämlich die eines totalen gesellschaftlichen Umbruchs in die neuen Bundesländer transportiert.
Was als Randgruppenkonzept schon mehr schlecht als recht zu funktionieren
schien, ist in der heutigen Situation in der gesellschaftliche
Mehrheitsverhältnisse längst am Kippen sind kontraproduktiv
und gefährlich. Weder qualitativ noch quantitativ handelt es sich hier
noch um Randgruppen und die Szene kann heute
längst auf eine breite Verankerung in der Gesamtgesellschaft zurückgreifen.
Wie dort vorgelebt, wird aggressives Verhalten belohnt. Die rechtsextreme Szene
überzieht einen Ort, einen Stadtteil, eine Einkaufspassage mit Terror,
verweist dann in Gesprächen auf angeblichen Frust, Langeweile und das
Fehlen geeigneter Räumlichkeiten und erhält dafür genau das, was sie fordert.
Die Fördertöpfe für die Arbeit mit ihnen sichern erstmal das
längerfristige Überleben dieser Einrichtungen als Projekte für
Rechte und zumeist ist es dann so, daß im Stadtteil oder in
der kleinen Gemeinde für andere Jugendarbeit kein Geld mehr bleibt. Das
Interesse der Öffentlichkeit geht zurück, sobald der Stadtteil oder
die Gemeinde befriedet ist, d.h., die Überfälle und
Ausschreitungen rückläufig sind. Dafür stehen dann andere
Jugendliche zumeist die potentiellen Opfer ungeschützt auf der Straße.
Durch die Fokussierung auf die sozialen Probleme von sogenannten
Modernisierungsverlierern werden die eigentlichen
gesellschaftlichen Ursachen wie der Wohlstandschauvinismus
verschleiert, d.h. die rigide Abwehr derer, die als BürgerInncn der
relativen Wohlstandsinsel BRD das für sie Selbstverständliche durch Einwanderung bedroht sehen.
Indem die Täter zu Opfern umgedeutet werden, wird der Blick auf die
eigentlichen Opfer verstellt. Rechte Biographien werden im Rahmen einer auf
Dienstleistung reduzierten klientenorientierten Beliebigkeit aufgewertet.
Rechtsextremismus ist ein Bestandteil der immer weiter nach rechts
rückenden Gesamtgesellschaft, in der traditionelle humanistische und
demokratische Werte bereits als links gelten und in der sich eine Fokussierung
auf Gewaltphänomene in jugendlichen Subkulturen längst verbietet.
Durch die Verschiebung auf das Feld der Pädagogik wird statt dessen einer
Entpolitisierung der Debatte um den Rechtsextremismus Vorschub geleistet.
Ebenso hat die pädagogische Fachöffentlichkeit kaum je auf die
Grenzen der Möglichkeiten von Jugendarbeit hingewiesen, was suggeriert,
daß rechtsextremistische Orientierungen Jugendlicher ein mit den Mitteln
der Pädagogik lösbares Problem seien. Damit tritt
Sozialpädagogik/Sozialarbeit an die Stelle politischen Handelns.
Für die Sozialarbeiter ist der einzelne, auffällig gewordene
Jugendliche problematisch, nicht aber dessen rechtsradikale Auffassungen
und erst recht nicht der gesellschaftliche Kontext, in welchem diese sich
herausbilden. Schlimmstes Ergebnis ist die Einstellung bekannter Rechtsextremer
als Sozialarbeiter in manchen Projekten mit dem Verweis darauf, das jene
schließlich am besten mit dem Klientel klarkämen.
Akzeptierende Sozialarbeit mit rechten Jugendlichen leistet rechten Tendenzen
in dieser Gesellschaft Vorschub. Der gesellschaftlich akzeptierte und
geförderte rassistische Konsens wird nicht problematisiert und
daran haben weder die Sozialarbeiter noch Geldgeber Staat ein Interesse.
Integration statt Emanzipation. Das Problem des Rechtsradikalismus wird zu einem Problem der Auffälligkeit.
Rechtsextremistisches Gedankengut ist in Ost wie West bei großen Teilen
der Bevölkerung zu finden. Es ist in der Zwischenzeit vollständig in
die Jugendkultur eingedrungen und erscheint neben der zunehmenden ideologisch
verfestigten Haltung immer größerer Zahlen von Jugendlichen auch als
eine Art Modeerscheinung. Es ist in, sich in Haltung,
Kleidung und Auftreten rechts zu geben. Daneben ist es aber auch
der Anpassungsdruck dieses aggressiven subkulturellen Jugendmilieus, der viele
zumindest anfänglich erst einmal in Äußerlichkeiten (Kleidung,
Auftreten, Sprüche u.ä.) zum Konformismus zwingt.
Es ist in vielen Schulen und anderen Orten, an denen sich Jugendliche
aufhalten, schon eine Notwendigkeit des täglichen Überlebens, sich
der Mehrheit anzupassen. Von da aus bis zur Anpolitisierung ist es
oft nur noch ein kleiner Schritt. Der generelle Rechtsruck in Politik und
Gesellschaft unterstützt diese Entwicklung zusätzlich.
Wo sich Nazis treffen, betreut und gefördert werden, dort werden
Andersdenkende soweit sie sich nicht anpassen verdrängt.
Akzeptierende Sozialarbeit mit rechten Jugendlichen fördert also auch
hegemoniale Bestrebungen einer deutschnationalen fremdenfeindlichen Kultur, in
der AntifaschistInnen und Menschen, die einfach keine Lust auf rassistische und
nationalistische Sprüche haben, keinen Platz mehr finden.
Die Erklärungsmodelle hinter dem akzeptierenden Ansatz
entschuldigen einseitig die TäterInnen, ohne daß die Opfer auch nur
die geringste Rolle spielen würden. Sie machen sie nicht nur zum
Gegenstand sozialpädagogischen Handelns und entziehen sie damit auch ihrer
Eigenverantwortung als Täter, sondern geben ihnen auch im großen Stil Raum, Zeit und Gelegenheit.
Akzeptierende Sozialarbeit heißt in Deutschland, die Täter von
Rostock, Mölln, Solingen, Magdeburg, Hoyerswerda... diejenigen, die
aus rassistischen Motiven Feuer legen und zuschlagen und alle, die dazu
applaudieren, es verharmlosen praktisch überall so zu akzeptieren,
wie sie sind und sie in die Gesellschaft zu integrieren.
Diese Jugendlichen agieren in einem gesellschaftlichen Umfeld, in dem
Wissenschaftler das Lebensrecht als behindert stigmatisierter Menschen wieder
zur Disposition stellen, in dem Menschen allein aufgrund ihrer Herkunft in
Lager und Abschiebeknäste gesperrt werden, in dem Politiker in jahrelangen
Asyldebatten die ersten Serien von Brandanschlägen herbeireden und sie dann legitimieren.
Nirgendwo wird die Wichtigkeit der Unterstützung einer
antifaschistischen Jugendarbeit, einer Arbeit, die sich dem Schutz
und dem Erhalt anderer Jugendszenen besonders dort widmen muß, wo das
Umfeld sowieso schon von einer erstarkenden rechten Szene bedroht ist, auch nur erwähnt.
Wo man aber alternative Szenen in dieser Weise nicht berücksichtigt,
trägt man zur weiteren Dominanz und Verbreitung einer sowieso schon
aggressiv Raum und Inhalte okkupierenden Szene bei und arbeitet dieser eindeutig zu.
Akzeptierende Sozialarbeit mit rechten Jugendlichen macht sich zur
willfährigen HelferIn. Sie dient dem Rechtsradikalismus, unterstützt
die Organisierungsbemühungen der Neonazis und liefert Legitimation für rechte TäterInnen.
Die Sozialarbeiter stellen sich nicht nur vor ihre Schützlinge
und verteidigen sie vor öffentlicher Kritik nein, sie leisten dem
fremdenfeindlichen Denken außerdem noch Vorschub, indem sie
erklären, daß die unmittelbare Erfahrung mit Türken Grund
für Rassismus abgebe. Akzeptierende Sozialarbeit fördert die
gesellschaftliche Akzeptanz gewaltbereiter Rechtsradikaler und sexistischer und
rassistischer Orientierungen. Er verhilft ihnen zu Normalität.
Läge es den Befürwortern der akzeptierenden Sozialarbeit wirklich
daran, Jugendliche, die über noch nicht so gefestigte rechte Einstellungen
verfügen, von der Straße und aus einem Umfeld herauszuholen, in dem
sie anfällig für faschistische Parolen sind, dann dürfte nicht
an der Tagesordnung sein, was in derartigen Jugendclubs geschieht; Gefestigten
rechtsextremen Jugendlichen wird nicht die Tür gewiesen, die Jugendlichen
dürfen ihre rassistischen Stammtischparolen herausbrüllen, hören
live Musik mit fremdenfeindlichen Texten, Nazikader gehen ein und aus, um ganz
offen Agitation zu betreiben und nicht selten sind diese Clubs auch
Treff- und Sammelpunkt für faschistische Aktionen. Anonymous
Deshalb fordern wir:- Keinen Konsens mit Nazis!
- Keine Akzeptierende Sozialarbeit mit rechten Jugendlichen!
- Die Schließung aller von Rechten dominierten Jugendzentren!
Grünau ist kein Einzelfall! Grünau steht für den
rassistischen Konsens in Deutschland! Täter sind keine Opfer! |