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Die gesellschaftliche Situation BevölkerungEin Jahr, nachdem wir anläßlich der Wurzen-Demo 1996 gleichzeitig versuchten, die Wurzener Gegebenheiten in einen Gesamtrahmen gesellschaftlicher Analyse einzubetten, lassen sich weder grundsätzliche Brüche in der Gesamtentwicklung konstatieren noch Veränderungen zum Besseren ausmachen.So wollen wir weder noch einmal an dieser Stelle auf die neue alte Großmachtpolitk des neuen alten Deutschlands eingehen, die im Ergebnis der Wiedervereinigung durch die Beendigung der Nachkriegssituation möglich geworden ist, noch wollen wir das historische Verständnis der Deutschen nach Auschwitz in den Mittelpunkt stellen und den vorhandenen antisemitischen Gehalt dieser Gesellschaft explizit darstellen. Auch eine Kritik an der deutschen Linken sprengt an dieser Stelle den Rahmen eines kurzen Abrisses unserer Sichtweise auf die deutsche Gesellschaft. Unsere Einschätzungen von einem aus der Mitte der deutschen Gesellschaft kommenden offenen Rassismus und Nationalismus eben anhand von Wurzen, haben sich im wesentlichen bestätigt. Anhand eines vor einem Jahr jedoch unterbelichteten Aspektes, der für die gesellschaftliche Konstituierung immer wesentlicher wird, sollen hier einige Ausführungen zur Verfaßtheit der gegenwärtigen deutschen Gesellschaft folgen. Die Konjunktur, die der Sicherheitswahn sogenannter Innerer Sicherheit derzeit erlebt, hat seinen Zenit bei weitem noch nicht überschritten. Allerorts trifft die verschärfte Hetze gegen diejenigen, die nicht in den traditionell deutschen Wertekram von ordentlich, fleißig, sauber und diszipliniert passen, auf offene Ohren und Zustimmung. Nicht jedoch, weil eine perfekte Manipulationsmaschinerie von Oben störungsfrei funktioniert. Nein, schon deshalb nicht, weil der Bodensatz an Denkmustern der sogenannten Normalbevölkerung als fruchtbarer Adressat höchst erfreut die Hetzkampagnen aufgreift, multipliziert und regelrecht von Oben herbeisehnt. Dabei entsteht eine allmächtige Halluzination von angeblich umherschweifender Kriminalität. Nicht weiter verwunderlich ist, daß dieses vollkommen überzogene, substanzlose Sicherheitsbedürfnis die Gewalt als zusammenhanglosen Popanz alles Schrecklichen begreift. Das Gemisch aus Anti-Gewalt- gleich Anti-Kriminalitäts-Konsens braucht zum praktischen Verständnis des deutschen Normalbürgers konkret ausgemachte Feindgruppen, die für alles angeblich Schreckliche schuldig gesprochen werden können. So trifft es am härtesten Migranten und nicht-deutsche Arbeiter. Mit einigem Abstand gefolgt von Obdachlosen, regelmäßigen Konsumenten von harten Drogen, Punks, Graffiti-Sprayern und Homosexuellen. Entscheidend für das karitative sprich: hilfsbereite Verständnis der Normalbevölkerung ist der oben beschriebene traditionelle deutsche Wertekanon und die Ablehnung bzw. bestenfalls ausgeprägte Skepsis gegenüber dem als fremd empfundenen. Genau deshalb erlebt man allenthalben in Deutschland, wie verständnisvoll Jungnazis umhegt und gepflegt werden. Schließlich haben diese dieselben Feindbilder und Werte. Nicht zuletzt das macht die immer populärer werdende Nazi-Jugend-Subkultur zu einer völlig konformistischen Rebellion, die nicht gegen die Stärkeren zieht, sondern grundsätzlich gegen die Schwächsten in der Gesellschaft. So ist der Beifall trotz vorgeblicher Anti-Gewalt-Haltung garantiert. Alles Gerede von einem starken Gefälle zwischen Ost- und Westdeutschland, zwischen Stadt und ländlichem Gebiet, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als nuancierte Facette ein und derselben Medaille. In den Landstrichen bzw. Stadtgebieten, die für weniger ausgeprägten Alltagsrassismus in der Öffentlichkeit stehen sollen, kann der mehrheitlich getragene rassistische Konsens jedoch nicht ganz so ungestört zu Tage treten wie in ländlichen Gegenden. Für diesen Störeffekt sind aber ausschließlich als marginal zu bezeichnende Gruppen und Einzelpersonen verantwortlich, die gegen Alltagsrassismus und alltägliche Auswirkungen staatlicher Politik Widerstand leisten. Wie schwer sich darüberhinausgehende überregionale Interventionen von beispielsweise bundesweiter Bedeutung für uns darstellen, widerspiegelte sich eben auch in der intensiven Mobilisierung für unsere Demonstration im November 96, die letztlich nur dadurch zu einem Erfolg werden konnte. Einen liberalen Deckmantel hat diese Gesellschaft endgültig verloren. Die Hinwendung zum Standortpatriotismus als Antwort auf eine angeblich allumfassende ökonomische und kulturelle Globalisierung steht mittlerweile im Zentrum aller Argumentationen gepaart mit der notorischen Totalitarismusdoktrin, die den Extremismus von Links gleich dem von Rechts setzt. Mit dem Unterschied, daß in aller Regel im Gegensatz zur Verharmlosung nazistischer Bestrebungen zuvor aus gesellschaftskritischen Menschen Linksextremisten erst konstruiert werden. Die Rolle, die den Nazis zufällt, ist von seiten der deutschen Öffentlichkeit betrachtet, eine instrumentalisierte. Nazis dienen der Normalbevölkerung wie der staatlichen Politik als Abgrenzungs- und damit Legtimationszweck eigener Rassismen und Nationalismen: Wo Nazis als solche ausgemacht sind, können die offiziellen Politiker und deren normale Wähler ja nicht so schlimm sein. Bezeichnenderweise, das zeigt sich tatsächlich überall, werden die jeweilig lokal agierenden Nazis erst gar nicht als solche wahrgenommen und regelrecht weggelogen. Zum Ausdruck kommt dabei, wie fließend die Grenzen wirklich sind. In größeren Städten mag die gegebene Anonymität den immer mehr zum Pseudounterschied zwischen demokratischer Öffentlichkeit und Nazis werdenden Clinch noch eine Weile aufhalten. In Wurzen haben wir uns die Mühe gemacht, diese Zusammenhänge peu a peu anhand der lokalen Gegebenheiten zu durchleuchten und konnten dadurch an der Oberfläche durchaus einiges bewirken. Geglaubt haben wir dabei, einer völlig neuen Dimension von Klüngel und Hofiererei durch Bevölkerung, Behörden und Nazis auf der Spur zu sein. Unsere intensiveren Betrachtungen anderer Landstriche, Städte und Regionen in diesem Deutschland haben uns inzwischen eines anderen belehrt: Wenn sich heute, ein Jahr danach, etwas aus den Wurzener Verhältnissen ableiten läßt, dann das Folgende: Wurzen ist überall. Und der populäre Lokalreim, >>vor Wurzen wurdsm schlecht nach Wurzen wurdsm besser<< muß sich also trotz poetischer Schwierigkeiten auf ganz Deutschland erweitern lassen. |
Ein Jahr Perspektivendiskussion im BGR.Die Demo war ein Erfolg, so der allgemeine Tenor der Nachbetrachtungen in linken Kreisen. Irgendwie waren alle berauscht von den 6000 TeilnehmerInnen, der selbstverständlich anmutenden Mißachtung des Vermummungsverbots, den kaputten Scheiben einer Bank, der durchweg guten Stimmung und all den anderen Sachen, die nunmal eine Demo attraktiv machen. Wieviel davon Ritual war, die Vorspiegelung falscher Tatsachen, die nichts damit zu tun haben, welche Interventionsmöglichkeiten die autonome Antifa wirklich noch beanspruchen kann, sei an dieser Stelle dahingestellt. Jedenfalls wurden mit der Demo und der vorausgehenden Kampagne doch einige Erfolge erzielt. Das von den Nazis besetzte Haus mußte aufgrund des öffentlichen Drucks geschlossen und zugemauert werden. Wurzen wurde zu einem Synonym für eine faschistische Hochburg, selbst Verfassungsschutz, Polizei und Gerichtsbarkeit sahen sich im Laufe der Demovorbereitung und im Nachgang zu verstärkten Aktivitäten (natürlich mit zweifelhaften Erfolgen) im Muldentalkreis gezwungen. Ebenfalls ein positives Ergebnis der Wurzen-Kampagne, ist die verstärkte Beschäftigung der Antifa mit der kulturellen Hegemonie der Rechten vor allem in den neuen Bundesländern. Wurzen galt uns als exemplarisch für eine faktisch befreite Zone der Nazis. Heute wissen wir, daß eine Unmenge weiterer brauner Zonen zu benennen sind. Ein letzter, aber nicht ganz unwesentlicher Erfolg der Demo dürfte darin bestehen, daß sich mit dem BGR eine kontinuierlich arbeitende Antifa-Gruppe gebildet hat.Das BGR ist nie davon ausgegangen, mit der Demo in Wurzen auf einen Schlag das Problem zu lösen. Mit einer solchen Illusion hätte das BGR die Analyse vom faschistischen Zentrum, wie es vorher keiner kannte (oder nannte) gleich zum Fenster rauswerfen können. Von Anfang an war klar, daß es auch nach der Demo in Wurzen weitergehen muß. Eine antifaschistische Kontinuität war angestrebt, die den rechten Konsens, die rechte Hegemonie in der Muldentaler Jugenkultur aushebeln sollte, um wenigstens erstmal die Nische für alternative Ansätze (kultureller und politischer Prägung) zu schaffen. Schön hatte man sich das ausgedacht. Zuerst sollte auf politisch-niedrigschwelliger Stufe Kulturveranstaltungen organisiert werden, die erstmal das nichtfaschistische Potential in Wurzen ausloten sollten. Gleichzeitig strebte das BGR eine öffentliche Positionierung der parlamentarischen Institutionen im Muldentalkreis (Stadtrat Wurzen/Kreistag) gegen Rechts an. Im Nachklang der Demo wirkte ein solches Unterfangen nicht aussichtslos, denn in diesem Zeitraum grenzten sich doch so gut wie alle örtlichen VIPs von Rechts (und im selben Atemzug von Links) ab. Das BGR versprach sich damit eine politische Absicherung (weniger eine Unterstützung) der kulturellen Invasion. Außerdem verstanden wir diese Stellungnahme als Voraussetzung für unsere Teilnahme an der AG Jugendpolitik, die der Landkreis aufgrund der antifaschistischen Aktionen im Muldentalkreis eingerichtet hatte. Eine eindeutige Abgrenzung dieses Gremiums, welches die Jugendarbeit im Muldentalkreis koordinieren sollte und eine gewisse Einflußnahme auf die Verteilung der sächsischen Staatsknete hat, die jetzt als Reaktion auf den öffentlichen Druck locker gemacht wurde, hätte indirekt auch die Teilnahme von Faschos ausgeschlossen und akzeptierende Jugendarbeit mit ihnen erschwert. Der Enthusiasmus nach der Demo beflügelte noch weiterreichende und gleichfalls schlitzohrige Pläne. Die freien Träger in Wurzen sollten politisch beeinflußt werden, um zu verhindern, daß unter ihrer Federführung weiterhin akzeptierende Jugendarbeit mit Faschos gemacht wird. Ja wir versprachen uns gar ein heimliches alternatives Zentrum in Wurzen, welches organisatorisch, finanziell und rechtlich unter der Obhut der freien Träger firmieren sollte. Inhaltlich könnte es aber den Keim einer regionalen Antifa in sich bergen. Das Fernziel hieß aber immer noch Autonomes Jugendzentrum Wurzen. Nur war klar, daß sich dies von außen nicht einfach so installieren läßt und die 6000 DemoteilnehmerInnen hatten auch keins mitgebracht. Abgerundet wurden diese Perspektiven durch unseren Willen auch weiterhin Pressearbeit zu machen, das Stigma rechte Hochburg Wurzen wollte aufrechterhalten werden, sorgte dies doch dafür, daß die Politiker, Journalisten und Bullen vor Ort die Faschos nicht ganz so direkt hofieren konnten, wie sie es in der Vergangenheit gewohnt gewesen waren. Lange Rede, kurzer Sinn. Ist das Konzept auch noch so schön, es kann in die Binsen gehen. Und das ging es. Die politische Positionierung kam nicht zustande. Zu wenig Druck vom BGR und die unsägliche Totalitarismustheorie, die auch die regionalen Demokraten zur Genüge inhaliert hatten, ließen unser diesbezügliches Ansinnen irgendwann in einer Schublade verschwinden. Demzufolge war auch unser Plan an der AG Jugendpolitik teilzunehmen im Eimer. Zwar gab es noch einen mehr oder weniger regelmäßigen Kontakt zu Leuten aus Wurzen, die in diesem Gremium weiterarbeiteten, der Informationsaustausch mit ihnen läßt sich in der Rückschau aber nur euphemistisch als konzeptionell beschreiben. Aus der kulturellen Invasion wurden letztendlich vier Kinoveranstaltungen. Mit denen konnte man dann auch einige noch-nicht-Faschos aus der Kindergartenszene der Muldentalstadt erfreuen. Der Anspruch, im rechten Hexenkessel Veranstaltungen anzubieten, die garantiert ohne Nazis über die Bühne gehen, realisierte sich jedenfalls eher über den Altersdurchschnitt des Publikums. Das politische Konzept, welches Polithardliner zu Cineasten werden ließ, wollte jedoch auch uns nach dem letzten Abspann nicht mehr so richtig einleuchten. Der Wunsch in Wurzen einen Selbstlauf in Gang zu setzen, blieb ein solcher. Durch die Kinoveranstaltungen ergab sich jedenfalls kaum ein Kontakt mit Wurzner Jugendlichen, die in Faschotown kontinuierlich kulturelle Kleinarbeit verwirklichen könnten, deren einzigster politischer Akzent eine antifaschistische Einlaßkontrolle ist. Wir von BGR hatten uns mal wieder gründlich verrechnet. Denn war es noch richtig eine kontinuierliche Arbeit Vorort zu fordern, waren wir alles andere als in der Lage diese selbst zu übernehmen. Die Konzentration auf Kino, Party, Konzert hätte alle weiter Antifa-Tätigkeit von uns schon wegen des Zeitaufwands verhindert. Hauptgrund, warum wir das mit der Invasion beizeiten sein ließen, war aber, daß die von uns selbst geforderte politische Niedrigschwelligkeit, selbst auf uns zurückfiel. Wers nicht glaubt, daß sich eine relativ unpolitische Sozialarbeit praktisch mit einem linksradikalen Verständnis nicht verbinden läßt, der/die kann ja mal in so einem Pissnest wie Wurzen den Filmvorführer für die Population der unter 14-jährigen spielen. Für uns grenzte das jedenfalls an Schizophrenie. Die anderen Aspekte unserer Perspektivendiskussion nach der Demo, die Beeinflussung der freien Träger, Pressearbeit aber auch die normalen Aspekte von Antifa, wie Recherche etc. wurden nach und nach auf die lange Bank geschoben und hier wurden sie dann von anderen Geschichten fast völlig verdrängt oder sagen wir besser überdeckt. Höchstens die wenigen Antifas aus Wurzen haben mit Plakatierungen, Recherchen, einer Besetzungsaktion, der Mitarbeit in einer Prozeßgruppe(16) u.ä. traditionelle Bereiche der Antifa-Arbeit im Muldentalkreis weiterverfolgt. Denn das BGR gab es natürlich immer noch, nur verlagerte es teils bewußt, teils aber auch auf schleichendem Wege seine Arbeitsschwerpunkte. Mit den Planungen der Nazis am 1. Mai 1997 in Leipzig einen Aufmarsch noch nie dagewesenen Ausmaßes zu zelebrieren, stand das BGR nur scheinbar vor der Wahl weiterhin nur im Muldentalkreis nach den Rechten zu sehen oder aber die Organisation von antifaschistischen Gegenaktivitäten in Leipzig maßgeblich mit zu unterstützen. Denn nach der Nazi-Demo am 1. März in München war klar, daß auch in Leipzig, die Faschos aus den befreiten Zonen im Osten den Hauptteil der Faschohorden stellen würden (nach München fuhren aus Wurzen zwei Reisebusse mit Nazis). Der strukturelle Zusammenhang zwischen den Muldentaler Nazis und denen aus Leipzig wurde sowieso immer offensichtlicher. Außerdem gab es in Leipzig zu diesem Zeitpunkt keine Antifagruppe, die eine Gegenmobilisierung zustande bekommen hätte. Das ist kein Eigenlob, sondern die traurige Wahrheit. Also haben wir den Job übernommen, obwohl uns einleuchtete, daß damit die kontinuierliche Arbeit im Muldentalkreis vorerst auf Eis gelegt wird. Die angekündigten 10.000 Faschos marschierten am 1. Mai 97 noch nicht. Wir betrachten dies als Erfolg der antifaschistischen Mobilisierung im autonomen Spektrum und denken, daß unsere Entscheidung, diese aktiv mitzubetreiben sinnvoll war. Natürlich mußten wir uns nach dem verhinderten Aufmarsch erstmal hinsetzen und überlegen, wie es denn eigentlich weitergehen soll. Ein konzeptionsloses Zappen zwischen den Brennpunkten wollten wir ja eigentlich nicht, auch wenn das hier jetzt so aussehen sollte. Ausgehend von der Einschätzung, daß sich im Muldentalkreis nicht viel geändert hat, sich eine ähnliche Situation aber auch in Leipzig abzuzeichnen beginnt, haben wir neue Arbeitsschwerpunkte festgelegt. Regional hieß dies also nicht nur Arbeit im Muldentalkreis, besonders in Wurzen, sondern eben auch selbiges in Leipzig zu versuchen. Von sozialarbeiterischen Experimenten hatten wir genug, das wollen wir in Zukunft sein lassen. Unser Hauptaugenmerk sollte in den besagten Bereichen der faschistischen Jugendkultur und den JN/NPD-Strukturen gelten und ganz speziell den Verbindungen, die in diesen Bereichen zwischen den oben genannten uns nahestehenden Regionen existieren. Hehre Ziele, die bis jetzt in bezug auf die Praxis nur ungenügend konkretisiert worden sind. Aber was sollen wir auch machen. Irgendwie haben wir den Ruf als funktionsfähige Antifa-Gruppe in der Region weg. Das heißt wir übernehmen mehr oder weniger viele Aufgaben bei Antifa-Events, die uns in der Umgebung und im bundesweitem Maßstab wichtig erscheinen. Dazu kamen in der jüngsten Vergangenheit auch noch Prozeßbeobachtungen, die sich nicht nur auf Verfahren gegen Faschos oder Antifas im Muldentalkreis bezogen, sondern welche die Morde an einem Migranten und einem Schwulen durch Faschos in Leipzig zum Gegenstand hatten. Und die Teilnahme an den Vorbereitungen für Antifa-Aktionen gegen den geplanten Naziaufmarsch am 1. Mai 1998 steht auch schon wieder ins Haus. |
Verhalten der Justiz Repression gegen FaschosAuch hier hat sich in den vergangenen zwölf Monaten leider nicht viel geändert wie auch, gehören doch die StaatsdienerInnen aller Couleur zum repräsentativen Querschnitt der Muldentaler Bevölkerung. Und deren Haltung zu Rassismus, Rechtsextremismus und Deutschtümelei ist ja seit langem bekannt. Nach wie vor werden kaum Prozesse gegen straffällige Faschos in Gang gebracht. Dies liegt einmal an der berechtigten Angst der Opfer, die sich damit einer nicht zu unterschätzenden Gefahr für Leib und Leben aussetzen. Desweiteren müssen wir immer wieder erleben, daß Verfahren gegen Täter trotz ausreichender Beweise eingestellt werden. So wird der Prozeß gegen die Täter des Überfalls auf die Berggasse vom 21./22.01.95 seit der halbherzigen Verurteilung der ersten beiden Täter im April 96 weiter verschleppt. Hier sind ein Großteil der Täter bekannt und die Hauptakteure des Überfalls, unter ihnen Marcus Müller, stehen, obwohl nach den Aussagen bei den Bullen und auch während des Prozesses zweifelsfrei selbst von Mittätern benannt, bisher nicht auf der Liste der Angeklagten. Die unvertretbar milden Urteile Bewährungs-, Geldstrafen und ein paar Monate Führerscheinentzug stehen in keinem Verhältnis zu der Schwere der Taten.Vor Gericht werden, wie im Falle eines brutalen Überfalls auf die Insassen eines Autos im Januar 95, die Opfer in einer Art und Weise befragt, als seien sie die Täter. So mußte sich ein Angegriffener, der damals schwer verletzt wurde und seit dem Überfall schwerbeschädigt ist, von der Richterin mehrmals fragen lassen, warum die Täter ausgerechnet ihn zusammenschlugen, da er ja wohl irgendeinen Anlaß gegeben haben müsse, schließlich seien die anderen Insassen des Autos nicht verletzt worden. Andere ZeugInnen wurden von der Richterin nach Details befragt, an die sie sich nach zweieinhalb Jahren kaum erinnern konnten, um sie in lächerliche Widersprüche zu verwickeln. Es wird nicht die Glaubwürdigkeit der Täter, sondern die der Opfer und ZeugInnen in Frage gestellt. Viele dieser Verfahren, die vor dem Amtsgericht Grimma stattfinden, werden durch die Richterin Haubold geführt, deren Auftreten und Prozeßführung den Vorwurf der Befangenheit bei weitem rechtfertigt. Redlich Mühe gibt man sich jedoch bei einen Mammutprozeß gegen Punks (14 Angeklagte), der allerdings wegen der Beweisnot jetzt schon zum Fiasko für die Staatsanwaltschaft wird. Mit diesem Prozeß sollen die Punks, von denen fast alle sichere Alibis haben, unter Druck gesetzt werden. Dies kostete einem Punk mittlerweile sogar das Leben, da er mit diesem enormen Druck nicht mehr fertig wurde und Selbstmord beging. In einem weiteren Verfahren, daß im Gegensatz zur üblichen Rechtsprechung steht und daher als Besonderheit im Muldentalkreis gewertet werden muß, wurde vor dem Amtsgericht Grimma im Oktober 97 das tragen von Gaudreiecken als nicht verboten erklärt. Dies wurde unter anderem damit erklärt, daß der Schriftzug nicht mit dem Original übereinstimme, das Abzeichen auf der falschen Seite der Jacke getragen wurde und eine ausreichende Verbindung zwischen dem Stoffdreieck und dem Uniformzeichen des Bundes deutscher Mädel (eine Teilorganisation der Hitlerjugend) nicht erkennbar sei. Als im August 97 150 Faschos in Schildau feierten und es beim Eingreifen der Bullen zu schweren Auseinandersetzungen kam, bei der es acht Verletzte gab und 81 Faschos festgenommen wurden, wurde die Beteiligung von Wurzner Faschos, die zunächst eingeräumt worden war, später vehement bestritten. Es gab eine ganze Serie von Artikeln und Kommentaren in der lokalen Presse die sich dagegen wandten und Wurzens Bürgermeister Pausch fragte, ob Wurzen denn jetzt schon in Leipzig begänne und erst in Dresden ende. Dabei hatte selbst die NPD die Verletzung ihres Kreisvorsitzenden des Muldentalkreises, Marcus Müller, bei dem brutalen Polizeieinsatz (Pressemitteilung der NPD) beklagt. Dagegen werden die Aktionen der Soko Rex immer wieder pressewirksam in Szene gesetzt. Mit Berichten über massive Personenkontrollen und Festnahmen soll der Eindruck erweckt werden, die Soko Rex und die Polizei gehen wirksam gegen Faschos vor. Jedoch sieht die Realität anders aus. Bullen und Soko Rex betreiben hauptsächlich sichtbare Prävention, indem sie nachts im Muldentalkreis Streife fahren und auch ab und zu ihre Broschüre über die Geschichte von Skins, die nach einem Überfall im Knast landen verteilen (LVZ, 30.08.97)(17), aber konkrete Vorfälle werden ständig gedeckelt oder gar nicht erst gemeldet. In der lokalen Presse findet man kaum Berichte über Faschoaktionen im Muldentalkreis, obwohl laut selbst LKA-Angaben die Dunkelziffer jährlich in die Hunderte geht (LVZ, 11.09.96). So braucht es auch nicht zu überraschen, daß der Organisator der Busse für den geplanten NPD/JN Aufmarsch am 1.Mai 97 nicht nur NPD-Mitglied sondern auch Bulle ist. |
Anmerkungen:
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