Das Conne Island ist nicht das Nonplusultra? Ja,
aber es ist das beste!!! was ich gefunden habe(2). Denn Utopie
ist die Bezeichnung für nicht zu verwirklichende Ideen und minus der
Diskrepanz, um das letzte »nicht« verschwinden zu lassen, ergibt
die Differenz: Conne Island. Um Realitäten, welche eigentlich immer
politisch sind, gerecht zu werden, ist dies hier eine echt gute Alternative.
Das Conne Island befindet sich nicht außerhalb der Gesellschaft, es ist
Teil der Gesellschaft und solange die Gesellschaft Kritik und Kampf erfordert,
sollte auch das Conne Island kritikfähig sein (gemeint ist von
Gesellschaft zu Gesellschaft, von Conne Island zu Conne Island). Dazu scheint
eine Strukturdebatte das richtige Instrument zu sein. Die Notwendigkeit dazu
ergibt sich aus der immer größer werdenden Komplexität, welche
prinzipiell für Vielfalt steht, und nicht aus persönlichen
Widersinnigkeiten und machomäßig angehauchten Eitelkeiten.
Es gibt also einen Unterschied zwischen Theorie und Praxis!
Bei Habermas stellt eine Theorie eine Ideologiekritik, zu herrschenden
Wertesystemen und Bewußtseinsstrukturen, dar. Das Aufzeigen von
vorstellbaren Möglichkeiten des besseren Lebens durch Kritik am
Bestehenden kennzeichnet die Praxisverpflichtung der Kritischen Theorie. Diesem Motto ist Habermas treu geblieben.
Der mit der Überschrift gleichlautende Text ist nur ein Thema von Vieren
und diente der Vorbereitung eines Gesprächs mit Gerhard Schröder, das
am 5. Juni 1998 im Rahmen des Kulturforums der SPD stattgefunden hat. Darin
kritisiert er die Darstellung eines einheitlichen Zusammenhangs, eines
ununterbrochenen 75jährigen Krieges der Ideologien, welcher sich aus der
Periode der Weltkriege und der Periode des kalten Krieges zusammensetzt. Mit
solch einer Einheit wird der zweite Weltkrieg mit all seinen
deutschen(3) Besonderheiten (damit meine ich nicht nur
Pünktlichkeit, Sauberkeit und Ordnung) relativiert. Durch diese
Darstellung des kalten Krieges ist die ideologische Bedeutung der bald als
»unnatürlich« erscheinenden Allianz der Westmächte mit
der Sowjetunion gegen das deutsche Reich in Vergessenheit geraten. Ob ein
Aufmerksam-machen auf diese Brisanz und auch die dialektischen Anstrengungen
von Habermas, mit diesem Text einen Aufruf zur faktischen Ablösung des
Staatsbürgerstatus durch den Weltbürgerstatus, zu formulieren, in
einem Diskurs mit dem »Proll der Mitte« sinnvoll ist, sei dahingestellt.
Warum sollte auch soziale Ungleichheit und politische Unterdrückung nicht
naturgegeben sein? Ich bin mir sicher, daß politische Institutionen, wie
alle großen Parteien, moralische Vorbehalte, welche postulieren,
daß alle Menschen die gleichen Möglichkeiten haben
müssen, ihr Leben zu gestalten und vieles mehr, kaum Auswirkungen
auf politische Handlungen solcher Instanzen haben werden. Denn ohne real zu
spürenden Druck von »unten«(4) gibt es keinen
wirklichen Handlungsbedarf, und damit auch keine Änderungen.
Habermas spricht sich in diesem Buch für den Sozialstaat aus,
welcher eine zentrale Umverteilungsfunktion innehat. Dieser sollte im Idealfall
Finanzen umverteilen und allen, die keine Arbeit »suchen«,
sondern wichtigeres vorhaben als dem Geld hinterherzuhecheln, entsprechende
Mittel zur Verfügung stellen. Diese Forderung muß ich idealistischer
Weise unterstützen und empfehle für die nächste Wahl ein Kreuz
für die APPD zu machen oder sich bei den glücklichen Arbeitslosen zu organisieren.
Unter dem Druck des Weltmarktes büßen nationale Regierungen immer
stärker die Fähigkeit zur politischen Einflußnahme ein. Der
innenpolitische Handlungsspielraum schrumpft ein und die Solidarität der
Menschen aufgrund nationaler Identitätsfindung, welche eigentlich jeder
Grundlage entbehrt, wird zum Glück durch Globalisierung immer
leerer. Die vergleichsweise homogene Basis der staatsbürgerlichen
Solidarität ist damit erschüttert und ist ein Grund zur Hoffnung. Die
Globalisierung drängt den Nationalstaat dazu, sich im Inneren für die
Vielfalt neuer kultureller Lebensweisen zu öffnen und eine politische
Schließung, wie im Faschismus praktiziert, würde daduch kaum noch
möglich sein. Anhand dieses Argumentationsmusters votiert Habermas
für eine Herauslösung von Sozialpolitik aus ihrer territorialen
Begrenztheit und meint, der Sozialstaat muß sich für
»alle« Menschen auszahlen, auf der Basis eines
Weltbürgerstatus. Um das zu erreichen, muß ein neuer Rahmen eines
Wir-Gefühls von den Menschen anerkannt werden, die Basis der Nation ist
für eine solche Entwicklung antiquiert und gehört, auch im Sinne von Habermas, auf den Müllhaufen. Poldi
(1) geklaut aus der Beute neue Folge 2, S. 64, im Zusammenhang mit der
Zuspitzung der Revolte zum Bruch zwischen den Lehrern der Frankfurter Schule und ihren politisierten Schülern
(2) eine Liebeserklärung!
(3) leider kein Zitat von Habermas
(4) wenn ich von »unten« rede, meine ich nicht das internationale Proletariat, haha |