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stereo total, 6.4k neue spassverderbnis, 2.6k

Es steht zu vermuten, daß die unsägliche Retrokiste mittels Eigendynamik; oder besser: auf Grund fehlender Konstanten, in jenen Konformismusbereich transferiert worden ist, der alle Vollidioten dieses Deutschland eint: Guildo Horn und Schlager-Rattenschwanz erweisen sich als günstiges Magnet. An ihnen kann sich der Rest dieser bekloppten Nation in aller Ruhe abarbeiten.
Der Weg für ein unbeschwerteres Dasein ist in dieser Hinsicht also weniger verbaut denn je.
Mit ihrem neuen Werk „Juke-Box Alarm“, dem dritten, obliegt es Stereo Total aufzuzeigen, wie man bestimmten potentiellen Rezeptionskreisen den Hörgenuß verdirbt. Sie tun das auf dem Ästhetikfeld des sogenannten Leichten Hörens.
Es scheint fast so, als würden sie intuitiv mit Whirpool Productions Front gegen das Einerlei des Hörgenußes machen: Was Stereo Total für besagtes Terrain, sind Whirpool Productions für den House-Bereich. Man kann also, wenn es denn soll sein, hier den Trend als Anti-Trend neuer Spaßverderbnis wittern. Vielleicht mit dem Ergebnis, daß „wir“ endlich wieder angenehmer „unter uns“ sein dürfen.
Was dagegen spricht, sind die Multiplikatoren der Musikindustrie. Haben sich Stereo Total „nur“ dem Vorwurf einer WOM-Präsentation zu erwehren, so trifft es Whirpool Productions gerechterweise härter, wenn ihnen nichts an ihren Labelkollegen Rammstein aufstößt und sie frei von der Leber ihr Dasein auf dem Motor-Label fristen. Dieser Vorwurf, wohlgemerkt, geht nicht gleichzeitig an Think About Mutation, die ebenfalls auf Motor-Music sind. Von letzteren eine wirklich kritische werbepostkarte, 6.2k Auseinandersetzung diesbezüglich zu verlangen, adelte die Band ungerechterweise – würde sie gar extrem aufwerten in ihrem Rocker-Dasein.
In dem Artikel zu Stereo Total anläßlich ihres Auftrittes vor gut eineinhalb Jahren im Conne Island schrieb ich in diesem Heft, daß das inzwischen zum Quartett erweiterte Trio „Besitzer eines geschärften Blickes“ sei (CEE IEH #32). Für die Richtigkeit dieser These findet man auf der neuen Platte genügend Belege. Dafür spricht im Umkehrschluß außerdem ihre bewußte „Verweigerung“ gegenüber „sonstigen deutschen, zumeist kopflastigen Analyse-Konstrukten“, die aber trotzdem klar macht, wo sie sich selbst bewegen beziehungsweise verorten. Das wird zwar leider nicht für eine „Party Anticonformiste“ reichen, wie sie es in ihrer „Ode an die Disco-Musik“ beschwören, wohl aber immerhin für eine Party unter besseren Vorzeichen als noch vor kurzem – den Vollidioten sei dank.

Zum Rahmenprogramm: Opel Bastards
„Experimental Helsinki elektro hip hop underground kraut superstars.“ Also alles drin, was das Klischee an Assoziationen hervorruft. Es klingt fast so, frei nach Goethe, als wär ihr Helsinki ein Klein-Japan. Geahnt haben es ja einige – kolportiert noch mehr. Und jetzt haben wir den (Ästhetik-)Salat. Vielleicht ist Jimi ja noch weniger Counter- und nur Tenor, als ich es jemals zu erahnen wagte...
Ralf



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last modified: 28.3.2007