Für Freitag, den 19. 9. 1997, hatten wir in
Zusammenarbeit mit der Frankfurter MigrantInnengruppe Cafe Morgenland zu einer
Veranstaltung anläßlich des Prozessbeginns gegen die Mörder von
Achmed Bachir eingeladen. Der Titel: Ohne Euch wär das nicht
passiert - der deutsche Konsens und seine mörderischen Folgen. Über
den deutschen Kampf und Sieg gegen Asylanten- und Wasserflut in
Leipzig und an der der Oder. Die auf Flugblättern sowie in
verschiedenen linken Zeitschriften und im Internet angekündigte
Veranstaltung begann um 20 Uhr abends in einem Raum im Kulturzentrum Werk II in
Leipzig-Connewitz und dauerte ca. zweieinhalb Stunden. Die letzten
TeilnehmerInnen verließen zwischen 23 und 23. 30 Uhr den
Veranstaltungsraum. Kurze Zeit später wurde in einer angrenzenden Halle
Feuer gelegt, welches sich schnell ausbreitete und auf zwei benachbarte Hallen
des ehemaligen Fabrikgeländes des Werk II übergriff.
Außerdem fand bereits am Vorabend eine PDS-Veranstaltung mit Gregor Gysi statt.
Daß es sich um Brandstiftung handelte, konnten diesmal auch die Bullen
nicht vertuschen, es wurden drei Brandbeschleuniger gefunden. Zudem stellte
sich heraus, daß bereits am Freitag morgen von Bauarbeitern eine
Bombenattrappe in einer Halle des Werk II entdeckt worden war.
Über weitere polizeiliche Fahndungsergebnisse und Hinweise auf die
Brandstifter ist uns bisher nichts bekannt. Wir erwarten in dieser Hinsicht
aber auch rein gar nichts. Von der deutschen Polizei, die bei solchen
Gelegenheiten regelmäßig rechtsextremistische und
ausländerfeindliche Hintergründe auschließt, weil
sie immer in alle Richtungen außer der richtigen ermittelt,
von diesem Verein zum Schutz des deutschen Mobs ist hier außer
Spurenverwischung nichts zu erwarten. Ähnliches gilt für die
Lokalpresse (LVZ, Kreuzer, Leipzigs Neue).
Aber auch die BetreiberInnen des Werk II und linker Projekte in Connewitz
haben offensichtlich kein großes Interesse daran, sich öffentlich
über den Brand zu äußern. Warum eigentlich? Ist nicht das Werk
II am Connewitzer Kreuz ein bevorzugtes Angriffsziel für jeden Fascho, der
den Zecken endlich mal wieder zeigen will, daß sie sich auch
in ihrem Stadtteil nicht sicher fühlen können? Besteht
nach diesem Erfog der Brandstifter nicht die erhöhte Gefahr, daß
sich sowas in den Häusern anderer Projekte täglich wiederholen kann?
Müßte dagegen nicht mehr getan werden nur als ein paar
zusätzliche Security-Maßnahmen? Eigentlich schon - doch offenbar
scheint sich kaum eineR im Werk II und in der Connewitzer Szene durch diesen
Brandanschlag wirklich persönlich bedroht zu fühlen. Erklärungen
dafür werden am Kneipentisch schnell gefunden: Solange nicht genauer
feststehe, von wem der Brand gelegt wurde, sei es schwer einzuschätzen, ob
wirklich eine ganz bestimmte Veranstaltung gemeint war. Außerdem gilt das
Gerücht über einen möglichen Versicherungsbetrug in manchen
Szenekreisen längst noch nicht als widerlegt.
Die Täter selbst haben sich nicht die Mühe gemacht, ein
Bekennerschreiben zu hinterlassen - zumindest wissen wir von keinem. Aber es
ist auch so offensichtlich, gegen wen sich dieser Anschlag richtet. Auch wir
denken, daß es entgegen anderslautender Behauptungen alle wissen - nur
daß darüber geschwiegen wird, weil im Haus des Henkers nicht vom Strick geredet werden darf.
Mag sein, daß die Brandstifter sich schon immer gerne mal das Werk II
vornehmen wollten - ausgesucht haben sie sich dafür dann aber genau den
Abend, für den eine MigrantInnengruppe angekündigt war, um den
mörderischen deutschen Konsens beim Namen zu nennen. Wir sind uns
darüber im Klaren, daß allein schon das Wort
MigrantInnen ausreicht, um die deutschen Agressionen und Mordgelüste zu wecken.
Und mehr brauchen wir in diesem Fall auch gar nicht zu wissen. Was die
Brandstifter sich sonst noch so alles dabei gedacht haben, ändert nichts
an der Tatsache, daß wir an jenem Abend den mörderischen deutschen
rassistischen Konsens und seine Folgen ganz konkret erleben durften. Daß
dabei niemand getötet oder verletzt wurde, kann kein Grund zur Beruhigung
sein, sondern bedeutet lediglich, daß die Täter ihr Wunschziel
diesmal nicht erreicht haben. Also werden sie es wieder versuchen, wenn sich
die nächste Gelegenheit dazu bietet.
Und die werden sie bekommen - demnächst auch wieder in Connewitz und im
Werk II, falls dort gegen MigrantInnen gerichtete Angriffe wie dieser weiterhin
mit Verharmlosung, Ignoranz und Schweigen bedacht werden.
Antinationale Gruppe Leipzig |