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Als Reaktion auf Ulle's Artikel im CEE IEH #20 „Freuden-Tränen - lokale Linke zwischen falschen Fragen und dummen Antworten!“ erreichten uns drei LeserInnenbriefe, die wir hiermit dokumentieren.
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Brief von Lisa Lebefroh] [Brief von Drei kleinen Freunden] [Brief von amo]

Einige Anmerkungen zur wortgewaltigen Polemik „Freuden-Tränen“ in Cee Ieh #20

War ich bisher Polemiken in politischen Auseinandersetzungen nicht abgeneigt, wenn es zum Schmunzeln (Spaß) und Nachdenken anregte, stellte ich mir nach Ulles Artikel doch die Frage nach Sachlichkeit von Polemik und Kritik. Ulles Artikel ist in meinen Augen jedoch nur eine bewußte Denunziation von Leuten, die sich erlaubt haben, Fragen zu stellen. Besonders auffällig wird dies, wenn man die Artikel aus KaroFix und FRENTE, auf die sich Ulle bezieht, parrallel zu seinem Artikel lie& szlig;t. Da fällt zuerst einmal auf, daß der Autor willkürlich und Zusammenhangslos zitiert, um sich jemanden zu basteln, den man beschipfen kann. Beispiele lassen sich dazu viele finden, deshalb nur eins: Aus amos Feststellung, daß Unzufriedenheit nicht automatisch nicht einfach zum Kommunismus führt, was eigentlich banal ist, sieht Ulle darin die Suche des KlaroFix nach dem Weg zum Kommunismus, verbunden mit dem „Wunsch nach Synthese mit dem Mob“. Mob ist dabei für Ulle alles, Wohlstandschauvinisten, Pogromisten, Greenpeace und Autonome. Erstens behauptet das amo gar nicht, sondern stellt das vielmehr in Frage, aber nach Ulle ist das scheinbar eine falsche Frage (Untertitel der Überschrift). Im übrigen kann man nur dogmatisch in richtige und falsche Frage unterscheiden und das ist für mich ein Zeichen, daß Ulle den Masterplan hat. Doch Vorsicht, wer Masterpläne und Dogmatik kritisiert, gehört zum Politik-Mainstream und vertritt die Totalitarismustheorie. So ein Quatsch! Erstens scheint Ulle überhaupt kein Verständnis zu haben, was Totalitarismustheorie ist (Faschismus = Kommunismus) und Zweitens macht Ulle genau das, was er sich nicht vorwerfen lassen will: die systematische Nichtbeantwortung des Problems mit dem Argument, wer die Frage stellt, ist der Feind. Das ist ein Machtmittel in Kommunikationsstrukturen, die sich durch Dogmatik auszeichnen. Obwohl auch ich an Boogas Artikel in FRENTE einiges zu kritisieren hätte, zeigt doch gerade Ulles Artikel, wie relevant die Forderung nach einem „undogmatischen, ..., unzensierten, offenen Rahmen“ in linken Kommunikationsstrukturen ist.

viele Grüße, Lisa Lebefroh


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Brief von Lisa Lebefroh] [Brief von Drei kleinen Freunden] [Brief von amo]

Betriebsblindheit ist kein Arbeitsunfall

Liebes Cee Ieh, lieber Ulle,
wir mö chten ein paar Zeilen zum Artikel „Freudentränen - Lokale Linke zwischen falschen Fragen und dummen Antworten!” loswerden. Um es gleich vorweg zu nehmen: Dieser Artikel ist für uns mit Abstand das Arroganteste und Dogmatischste was wir in gut sechs Jahren von Linksunten gelesen habe (und wir haben nicht wenig davon gelesen) und auch nach mehrmaligem Lesen finden wir dafür kein anderes Wort. Solltest Du jetzt sagen, daß dieser Schlag in die Magengrube als Diskussionsopener beabsichtigt war, um mal wieder allen Leuten zu zeigen, wie beschissen es um die undogmatische Linke in Leipzig steht, werden wir uns nicht an ihr beteiligen, denn diese Art von sprachlicher Gewalttätigkeit und Aggressivität verabscheuen wir zu tiefst .
Wir haben lange überlegt, ob wir Dir das folgende an den Kopf knallen, aber wir hatten beim Lesen deines Artikels immer wieder den Eindruck, wir lesen in der “Deutschen Wochenzeitung” oder im “Umbruch”. Dies beziehen wir nicht auf den schwachen Inhalt deines Artikels, sondern auf die von Dir angewandte Rhetorik. Es ist wichtig, Kritik an der Arbeit, an der Meinung der anderen zu üben. Ohne Kritik werden wir eines Tages wie Seifenblasen an der Wirklichkeit zerplatzen. Aber Kritik muß konstruktiv sein, wollen wir uns damit gegenseitig voranbringen. (oder wollen wir das nicht?) Und es gehört vor allem auch die Achtung vor dem anderen als Menschen dazu, der seine eigenen Gedanken, Träume und Aktivitäten hat und, wie in diesem Fall bei Amo und Booga, diese mit nach Linksunten einbringen möchte.
Auf den Punkt gebracht denken wir, ist dein Artikel meilenweit von einer inhaltlichen Auseinandersetzung entfernt, darüber kann ein übermä& szlig;iger Fremdwortgebrauch auch nicht hinwegtäuschen. Deine merkwürdige (für uns nicht nachvollziehbare) Zitiertechnik und die aggressive Polemik sind unserer Meinung nach, Ausdruck Deiner Kritikunfähigkeit.
Abschließend wollen wir noch bemerken, daß wir bewußt auf ein Auseinanderpflücken Deines Artikels, lieber Ulle, verzichtet haben, um diesen nicht überzubewerten.

drei kleine freunde


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Brief von Lisa Lebefroh] [Brief von Drei kleinen Freunden] [Brief von amo]

Lieber „Ulle“!
Ich betrachte Deinen Artikel „Freuden-Tränen“ als Diskussionsangebot und da ich aus eigener Erfahrung weiß, daß ausgeschlagene Diskussionsangebote nicht viel bringen, hier eine Antwort. Probleme habe ich eigentlich mit dem ganzen Artikel. Das fängt an bei Deiner Einschätzung Leipziger Szenestrukturen. Autonomes Selbstverständnis machst Du aus, daß sich aus der Situation der ersten Nachwendejahre hauptsächlich als autonome Antifa zeigt. Nun ist es zwar richtig, daß in jener Zeit Faschoterror antifaschistischen Selbstschutz überlebensnotwendig machte, aber was „Autonome“ sind und was sich politisch damit verbindet wurde und wird auch von Dir nicht näher beleuchtet. Stattdessen wird der gemeinsame Nenner mit dem Schlagwort „Freiräume& #147; hergestellt, das aber auch nichts aussagt. So ist auch nicht nachvollziehbar, wieso Du Antifaschismus heute noch als prägenden Einfluß hinstellst? Eine genauere Betrachtung zeigt doch eher, daß „Freiräume“, die es gibt, brach liegen, weil eben ein grundlegendes Selbstverständnis, daß über Phrasen hinausgeht fehlt. Sowas kann natürlich in einen Zusammenhang mit der Agonie westlinker Strukturen gestellt werden, aber letztlich verschleiert so ein Spruch doch mehr, als er aussagt. Kritikpunkte an Szene oder Kiez gibt es sicher zu hauf, aber Beschreibungen wie Deine oder in „Kiez sweet Kiez“ dümpeln für ein Kritik zu sehr an der Oberfläche bzw. ruhen sich unter dem Deckmantel der Polemik auf ihremWissen, auf der richtigen Seite zu stehen, aus. Polemiken können ja ganz lustig sein, aber solche zu schreiben, ist immer noch schwerer und nicht leichter, als eine fundierte Kritik. Letztere fehlt mir im Cee Ieh aber auch bei den „ ;Antinationalen“. Ich kann nichts mehr anfangen mit Andeutungen, wo Auseinandersetzungen stehen sollten. Mir macht das auch keinen Spaß (aber dazu später!), weil mir das Lachen im Halse stecken bleibt. Im Märzheft des KlaroFix werden unsere Zusammenhänge - und noch hängt zusammen, was zusammen gehört, auch wenn Tendenzen zur Spaltung allerorten sichtbar werden - für den katastrophalen Umgang untereinander kritisiert. Die Kritik ist berechtigt. Die einfachsten Regeln werden gebrochen. Was ich jedem politischen Gegner angedeihen lassen soll, seine Äußerungen so stark, wie möglich zu interpretieren, nach dem „Guten und Wahren“ in seinen Worten und Taten zu suchen, bevor ich kritisiere, wird nicht und gerade nicht politischen Freunden angediehen lassen. In dieser unseligen Art liest sich - leider - auch „Freuden-Tränen“. Die eigenen Erwartungen werden zum Maßstab aller Dinge. Dies gilt sowohl für die Interpretation Boogas als auch meines Artikels. In der Tat, war ich gezwungen, den meinen noch einmal zu lesen, so wenig pa& szlig;ten meine Erinnerungen mit dem zusammen, was da herausgelesen wurde. Kritik an der Ignoranz meines Erachtens wichtiger Themen wird bei Dir zu einem gewissen Unverständnis, warum die LeserInnen des KlaroFix’ nicht richtig links sind. Auch verstehe ich nicht, weshalb ein Zeitungsprojekt dafür kritisiert wird, daß es sich auf die Menschen bezieht, die es lesen - auf wen denn sonst? Genauso wenig, wie amo ein Synonym ist, daß „ich liebe“ bedeutet (Freud lauert hinter jeder Ecke!), projeziere ich revolutionäre Phantasien auf zum Subjekt stilisierte Massen. Wo hast Du das gelesen? An der Stelle, an der Du die monolithischen Gegner entdeckt hast, die im selben Absatz aufgebröselt werden? Deine Art, zu zitieren, bleibt mir fremd. Offensichtlich dient sie nicht den Zweck, die Orginalgedanken in den eigenen Text zu übernehmen, um mit ihnen arbeiten zu kö nnen. Vielleicht soll damit der falsche Anschein von Authentizität erweckt werden. Ich weiß es nicht.
Richtig bleibt aber, daß es mir schwer fällt, in den selbstgerechten Haß auf die einheimische Bevölkerung einzustimmen. Trotzdem muß ich nicht gleich zum völkischen Linken mutieren, der über das Abholen der Nation es sich in ihrem Schoß gemütlich macht. Ich halte es nur für falsch, sich von vornherein als „Rest“ der Gerechten aufzufassen, zumal wenn der eigene Aktionsradius nur „einen Aspekt der gegenwärtigen reaktionären Gesellschaftsentwicklung“ umfaßt. Von dieser Position aus Essentials zu formulieren, „hinter die wir auf keinen Fall zurückgehen werden“ (Hamburger Wohlfahrtsausschuß anläßlich seiner Osttournee), bedeutet in letzter Konsequenz Diktatur oder Bedeutungslosigkeit. Damit soll nicht einer Politik des Aufgebens von Inhalten zugunsten von Bündnissen das Wort geredet werden. Im Gegenteil! Aber die grundsätzliche Offenheit des Ausgangs von Diskussionen vermisse ich mit Booga, mit dem ich auch die Abneigung gegenüber Dogmen teile. Die Kritik die in „Extraportion Senf“ in dieser Hinsicht ausgeteilt wurde findet meine volle Unterstützung. Wie bei Dir angedeutet, habe ich natü rlich meine Probleme mir vorzustellen, wie kontinuierliche Arbeit auf einer so unkontinuierlichen Basis, wie „Spaß haben“, funktionieren soll. Trotzdem halte ich Deine Art mit einem Känguruh zu reden für unangemessen, auch wenn der Spruch vom „wortwichsenden Antinationalen“ nicht nett war. Wenn sich Debatten jetzt auf einem solchen Niveau abspielen, fehlt in absehbarer Zeit jede Basis für eine Zusammenarbeit.
Aber zurück zum Thema. Du schlägst vor, das KlaroFix sollte seine jetzige Praxis, Forum für Diskussionen einer linken, unabhängigen Politik (einschließlich Randgebiete) zu sein, für eine Ausrichtung auf die Analyse von Unterschieden, Parallelen und Entwicklungslinien der heutigen (deutschen) Zeit zum Nationalsozialismus aufgeben. Warum? Zeitungen mit einem solchen Ansatz gibt es schon. Überregional, mit einer bezahlten Redaktion und auf einem vergleichsweise kleinen Markt. Was es in Leipzig dann nicht mehr gibt, ist das, was das KlaroFix sein will. Ein regelmäßig erscheinendes Infoheft, daß in der Lage ist aktuell Informationen zu vertreiben, die sonst einem kleinen Kreis von Leuten vorbehalten bleiben. Den Anspruch eines theoretischen Zirkels, der erkennen will, was die Welt im Innersten zusammenhält, hatten wir nie und haben wir auch heute nicht. Unser Ziel wird auch in Zukunft bleiben, für ein breites Linkes/ linksradikales Spektrum offen zu sein.
Ich persönlich kann Einschätzungen, wonach in der jetzigen Situation „falsche Bündnisse“ endlich aufgebrochen werden müssen, nicht nachvollziehen. Das die jetzigen Zeiten nicht rosig sind, wirst auch Du zugeben. Wer sich heute in Sicherheit wähnt und glaubt, vor Repression weitestgehend sicher zu sein, befindet sich aber genauso im Irrtum, wie die, denen es so erscheint als steige ihre Relevanz in dem Maße, in dem sie sich von allem, was um sie herum passiert, abgrenzen. Vieles was in letzter Zeit publiziert wurde, macht aber genau diesen Eindruck. Dabei treffen sich die Argumente häufig gar nicht, weil unter verschiedenen Blickwinkeln von verschiedenen Sachen gesprochen wird. So ist die Bemerkung, die Herausbildung von Nationen kann unter bestimmten Umständen auch progressive Zügetragen, keine Rechtfertigung des hiesigen Nationalismus gegen den die ANG argumentiert. Der Unterschied zwischen Antinationalismus und negativem Nationalismus wäre ein weiteres entscheidendes Thema, daß vielleicht auch erklären würde, warum die britischen Konservativen als einzige ausländische Verbündete für die Fraktion der Antideutschen übrig bleiben. Zumindest sollte es zu denken geben, daß Antinationalismus in Leipzig vom ü berwiegenden Teil der Szene nicht in Frage gestellt wird. So wurden revisionistische Darstellungen in KlaroFix und Frente attackiert (vgl. Goerdelerkampange). Aber neuerdings scheint den reinen Gedanken schon zu verletzen, wer es nur wagt sich auf gesellschaftliche Prozesse zu beziehen, die nicht ins Bild passen. In meinem Artikel habe ich die zunehmende Unzufriedenheit mit dem System, nicht als Vorboten einer Revolution interpretiert. Sie bedeutet aber zumindest, daß Veränderungen auch und gerade jetzt möglich sind. Eine Einschätzung, die auch der Verband der deutschen Industrie teilt und nach der er handelt. Daraus allein positive Schlü sse zu ziehen, gar noch im Rahmen einer historischen Notwendigkeit, verbietet sich von selbst und war einer der Punkte, gegen die ich argumentierte. Nichts läge mir ferner als mich dadurch von der zukunftsträchtigen Relevanz des KlaroFix’ zu & uuml;berzeugen. Ich bin nämlich der Meinung, daß das KlaroFix schon jetzt eine, wenn auch lokale Relevanz besitzt. Dazu brauche ich mir dann auch nicht die Augen bei der anstrengenden Vorausschau der kollektiven Produktionsweise zu verderben. Das Wort „Kommunismus“ hat für mich nicht hauptsächlich eine ökonomische Bedeutung, was wohl mit meiner Abneigung gegen Hauptwidersprüche zu tun hat. Zugegeben, das Wort ist in dieser Richtung belastet und vielleicht wäre es besser es aufzugeben, aber wo auf die Schnelle die Utopie für eine schöne neue Welt hernehmen?
Zum Schluß vielleicht noch was zu der „schlimmen“ Überschrift. „Die Liebe blüht in den Zeiten der Pest“ ist ein Zitat aus der von Gabriel Garcia Marquez geschriebenen Reportage über die Arbeit des im Exil lebenden chilenischen Regisseurs Miguel Lettín. Letzterer war trotz Einreiseverbots nach Chile geflogen, um einen Dokumentarfilm über die Realit ät der Militärdiktatur zu drehen. An den Brücken von Santiago sieht er mehr Liebespaare als in Paris und erinnert sich an die oben zitierten Worte eines Freundes. Warum das Zitat als Überschrift geeignet sein soll, kann ich auch nicht genau sagen. Einen gewissen Zusammenhang mit dem Phänomen „Partylinke“ halte ich aber f ür denkbar. Als Beleg für den literarischen Gehalt sei hier nur der Titel des aktuellen Romans von Gabriel Garcia Marquez zitiert: „Die Liebe in den Zeiten der Cholera“. Ich hoffe, das war jetzt nicht zu internationalistisch.

Gruß amo!


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last modified: 28.3.2007