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Kultur-Report, 1.7k

Was in der Musik nicht sein soll?!


Über "AGGRO" und Co.

Zu Beginn

Soll Kritik ihrem Gegenstand wirklich angemessen sein, so reicht es nicht scheinbare Fakten und Gewissheiten zum Ausgangspunkt des Denkens zu machen. Zu behaupten, Rapper wie Fler seien fremdenfeindlich, oder würden einem Rechtsruck in Deutschland das Wort reden, ist eine nur scheinbare Gewissheit, die immer weiter kolportiert wird, ohne geprüft zu werden. Entgegen aller Vorwürfe, Aggro-Berlin würde deutsch-nationale Positionen vertreten und hätte wirklich die Absicht eine neues Nationalgefühl jenseits der historischen Schuld der Deutschen zu kreieren, wird beim Hören von Flers „NDW 2005“ klar, dass sein Album durchweg antirassistische Züge trägt. Aggro-Berlin ist ein Multikultiverein, der das neue Bild Deutschlands repräsentiert, eine Kulturpizza(1) aus Deutschen, Türken, Tunesiern, Libanesen.
Aus den Texten von Flers „NDW 2005“ ist der positive Bezug zur deutsch-arabischen Freundschaft (Fler fordert Schlägerbanden bestehend aus Deutschen und Kanaken usf.) eindeutig zu entnehmen. Eine angemessene Kritik an „Aggro“ und seinen Rappern wäre demnach eine, die sich über die bloße Kritik des Nationalismus, wie sie in Blättern wie der SZ oder FAZ formuliert wurde, erhebt und an das richtet, was die Kernbedrohung derlei Kulturerzeugnisse ist: Der Kulturpluralismus, der in diesen Werken gepredigt wird und welcher sich von der Dominanzkultur der USA unterscheiden soll. Dieser Text möchte anhand der Beispiele Fler und Bushido transparent machen, dass die Musiker von „Aggro“ für eine neue Art der Volksmusik eintreten, die weniger deutsch-national, als vielmehr multikulturalistisch ist, und deren liebster Feind die USA ist.(2)

Partei, oh Partei, geliebte Partei - Den 70. Jahrestag der Gründung der Kommunistischen Partei Chinas feiern, 76.9k
Partei, oh Partei, geliebte Partei - Den 70. Jahrestag der Gründung der Kommunistischen Partei Chinas feiern.

Warum Fler kein Nationalist ist!?

Der stark untersetzte Knasti in spe Patrick Decker aka Fler, war wohl eine der am häufigsten ins Schussfeld der Kritik geratenen Personen. Die ihm unterbreiteten Anschuldigungen reichten vom Vorwurf des Nationalismus, bis zur Revision der deutschen Geschichte. Zwar ist es nicht falsch diese Momente in der Musik Flers kritisch zu reflektieren, doch droht unter dieser oberflächlichen Kritik ein wichtiger, bis jetzt unausgesprochener und kritikwürdiger Part seiner Musik zu verschwinden. Die Deutschtümelei in Flers Liedern ist wohl weniger ernsthafte Überzeugung als geschickter Werbefeldzug. Denn neben all dem Gerede von seiner deutschen Mutter, der schwarz- rot- goldenen Fahne am Himmel und seiner neuen, selbst produzierten Nationalhymne, scheint seine permanente Abwehr des Nationalismusvorwurfes ehrlicher gemeint als sein Geplapper von einem starken und stolzen Deutschland. Wohin muss also die Kritik gehen? Flers Texte sind zu kritisieren, da sie Gewalt gegen Frauen, Homosexuelle und gegen jeden der Fler und dessen Companyeros schief anschaut, legitimieren. Natürlich ist auch hier ein gehöriger Batzen Übertreibung mit von der Partie – doch die Gewaltlegitimation in Flers Texten ist so omnipräsent, dass es verwundert, warum die Presse darüber hinweg ging und sich dem Rassismus und dem Nationalismus als primärem, zu kritisierenden Phänomenen zuwendete. Dass Fler kein Rassist ist, erschließt sich nicht nur aus dem Text seines Liedes „NDW 2005“ (dem Song, der in der Presse für die meiste Furore sorgte). Der Text des Liedes enthält keine rassistischen oder ultra nationalistischen Aussagen, sondern eher das Gegenteil – ein positiver Bezug zu urbanen Multikulti-Schläger-Rackets: „Komm nach Berlin und du siehst wie sich die Leute hier boxen. Das ist normal, das hier ist Multi-Kulti, meine Homies komm'n von überall, / Ihr holt die Bull'n, wir sind die Außenseiter, wir sind Aggro Berlin / Schwarz; Weiß – egal, jeder ist hier Aggro in Berlin.“ Dass Fler kein Rassist ist, sondern einer der mit stolzen Ausländern zusammen arbeiten will, um mit ihnen gemeinsame Träume zu verwirklichen, führte Bushido in einem Interview mit der SZ vom 27.6.05 deutlich aus: „All seine Freunde (Flers, Anm. Kaubi) sind verdammt stolz darauf, dass sie Araber oder Türken sind. Da hat sich Fler halt als stolzer Deutscher hingestellt.“
Die Propagierung des Zusammenschlusses in einer Bande,(3) mit dem Zweck Gewalttaten zu verüben, sich fremden Besitz durch Androhung von Gewalt anzueignen oder sogenannten „Schwuchteln“ auf die Fresse zu hauen, die am besten noch „Ami-Weicheier“ sind, sollte primärer Ansatzpunkt einer Kritik an „Aggro“ und seinen Musikern sein.
Jeder solche Zusammenschluss, seien es HipHop-Crews oder Straßengangs, braucht einen äußeren, herbeihalluzinierten Feind, um seine Einheit rechtfertigen zu können. Um den Kern von Flers „Deutschtümelei“ herausschälen zu können, müssen kritische Überlegungen davon ausgehen, dass der Bezug auf Deutschland einzig zu einer sich gut verkaufenden Abgrenzung von den USA gehört, die den Zusammenschluss des „Multikulti- Projekts“ Aggro-Berlin rechtfertigt. Denn nicht deutsche Stärke wird propagiert, sondern eine Schwäche der deutschen Musik konstatiert, der Fler erst einmal wieder auf die Beine helfen möchte. Fler halluziniert sich eine von den Medien konstruierte Verschwörung, und eine Isolation der von den Amerikanern beeinflussten Öffentlichkeit herbei, die in keinem Verhältnis zur Wirklichkeit steht. In seinen Texten und Interviews wird immer wieder deutlich, dass er sich „boykottiert“ fühlt und einem amerikanischen Mainstream entgegenwirken will, um deutschen Rap zu etablieren, der doch eigentlich schon seit den Fantastischen Vier fest statuiert ist.
Siehe dazu die Verlautbarungen aus „NDW 2005“: „Es gibt nur Ami-Rap, weil man da kein Wort versteht/Und ich werd gnadenlos zensiert, weil mans sofort versteht/Deutsche Mucke ist das Gift und ihr seid gegen uns(...)/ Und Jahre lang war es cooler, blöd auf Englisch zu rappen/ Ne‘ neue Ära beginnt/ Das ist wie Volksmusik/ Die Medien boykottieren mich“.
Auch hier zeigt sich, außer in Auge und Ohr springender Dummheit, kein Rassismus, sondern die von Fler geforderte Vielfalt der Kultur, die sich nicht mehr an der amerikanischen Leitkultur orientieren soll. Amerika ist der Feind, gegen den sich der tabubrecherische Multikulti-Rap zu wenden hat. Und für wahr, man muss sich kaum wundern, dass der neue, mit Fler kooperierende Aggro-Star nicht „DJ-Dorfnazi“ oder „MC-Geschichtsrevisionismus“ heißt, sondern, in Anlehnung an den international operierenden Jihadismus, „G-Hot“. Aber nicht nur diejenigen, welche über ihre Namensgebung verraten wie es um ihre persönlichen Positionen steht, machen transparent, was deutsch-arabischer Rap bedeuten kann, sondern auch unauffälligere Zeitgenossen, wie der Vorstadtjunge Bushido, sprechen dies offen aus.

Bushido – deutsch-arabischer Rap in Reinform

Die Lehrer ehren, das Alter würdigen (1987), 47.7k
Die Lehrer ehren, das Alter würdigen (1987)
Auch Bushido sah sich mit dem Vorwurf konfrontiert, ein deutschtümelnder Junge aus der Berliner Vorstadt zu sein. Zwar kommt er aus der Berliner Vorstadt, doch ist er kein Stiefelnazi, sondern ein aufrechter Deutsch-Araber. Deutlicher noch als Fler ist Bushido ein auf Abstammung und Herkunft bezogener Rapper. Die im Rap aufgehobenen Erfahrungen werden in den Zusammenhang von Abstammung und Heimat gesetzt. Bushidos Vater, ein Tunesier, der ihm das „arabische in sich“, sein „Nicht-Verstehen-Wollen“ und den Willen „Alle Leute durch eine Scheibe zu schmeißen“, die seine Mutter beleidigen, vererbte, spielt hier eine ebenso große Rolle wie das Deutsche in ihm, das über die Gene der Mutter vermittelt wurde. Bushido: „Der deutsche Teil sorgt dafür, dass ich mich informiere, versuche, korrekt zu sein.“(4)
Wie aber schlägt sich diese deutsch-arabische „Halbwildheit“ in seinem Rap nieder? Hier lassen sich verschiedene Momente isolieren, die schon bei Fler zu betrachten waren: Frauenfeindlichkeit, Homophobie und Amerikahass unter dem Deckmantel des Antirassismus. Hinzu kommt, dass er – wahrscheinlich ohne es selber zu wissen – einer, noch zu erläuternden, Orientalismustheorie anhängt, welche dafür sorgt, ihn gegen Kritik zu immunisieren.

Bushido – Frauenhass und Homophobie

Dass auch ein harter Rapper, der „nie ein schwuler Student“ war, einmal die Liebe entdeckt, scheint nicht spektakulär. Und am liebsten würde Bushido auch heiraten – wäre da nicht die Brautwahl, welche ihm so schwer fällt. Denn in Deutschland hat Bushido noch nicht die Richtige finden können, was ihn zu der Überlegung brachte, dies doch im Libanon zu versuchen. Erleichternd kommt dort hinzu, dass sein Cousin Saad einige nette Cousinen hat, die mit Bushido sofort hätten unter die Haube gebracht werden können. Die Auseinandersetzung um Bushidos Hochzeitspläne war Thema in einem Interview mit der Bravo vom 25.7.05. Hier einige Auszüge:

Die Bravo fragt nach der Mitteilung Bushidos, er wolle sein Glück im Libanon suchen und dort heiraten: Na ja, aber du würdest das Mädchen doch dann gar nicht kennen.
Bushido: Es ist zwar schon wichtig wie die Frau ist. Aber in mir schlummert eine ganz andere Mentalität.
Bravo: Was bedeutet das genau?
Bushido: Ich muss nicht hundert Jahre eine Frau suchen, die sagt: 'Meine Lieblingsfarbe ist auch Blau.' (...) Ich muss sie auch nicht zwanzig Mal zum Essen einladen, um zu erfahren, was sie über die Welt denkt(...).
Bravo: Wärst du damit auch wirklich glücklich?
Bushido: Für Kinder und Familie schraube ich meine eigenen Wünsche zurück. Dann wird das gemacht, was nötig ist. Außerdem bin ich der Mann – ich habe eh immer recht!
Bravo: Meinst du das ernst?
Bushido: Klar. Aber das geht hier in Deutschland nicht so einfach. Die Frauen wollen hier alle so krass emanzipiert sein. Das ist ein ganz großer Komplex der deutschen Frauen. Die wollen immer besser sein als der Mann. Darum geht’s aber nicht. Die sollen Frau sein. Ich bin der Mann (...) Der Mann hat andere Sachen zu tun als eine Frau. Im Libanon und überhaupt im Islam ist es viel einfacher, sein Leben mit einer Frau zu führen.

Nun, da wird Bushido wohl leider Recht behalten. Denn wo Frauen keine Rechte in Anspruch nehmen können, da kann mit ihnen nach Belieben verfahren werden – was dem guten Bushido mit großer Sicherheit gefallen würde. Bushidos islamgeprägtes Frauenbild schlägt sich aber nicht nur in seiner Meinung zu Liebesbeziehungen, sondern auch im Rap nieder. Rap ist Männersache und hat es zu bleiben. Klar geht dies aus einem Interview mit rapz.de vom 10.09.02 hervor:

rapz.de: Wann wird es die erste deutsche Lil Kim mit größerem Erfolg (Videoclip auf MTViva) geben und würdest du das begrüßen? Meine Meinung ist, dass so was großen Erfolg haben würde, nur leider sind die rappenden Mädels alle so verklemmt...
Bushido: Ich hoffe die kommt gar nicht. Ich hasse Lil Kim. Ich hasse generell alle Frauen, die rappen wollen. Rap ist nichts für Frauen. Beats sind nichts für Frauen. Ich renne ja auch nicht in die Küche und schneide Tomaten. Ich werde niemals eine Frau respektieren, die sich ein Mic nimmt. Rap gehört uns!!!

Einer, der seine Frau lieber in der Küche als in einem Musikvideo sehen will, verdient es eigentlich nicht, dass man auch nur ein Wort über ihn verliert. Aber die islamische Ideologie ist nicht nur konstitutiv für Bushidos Frauen-, sondern auch sein Amerikabild. Dieses Bild speist sich aus arabisch-islamischem und linkem Antiamerikanismus. Im Folgenden wollen wir Bushidos Antiamerikanismus genauer auf die Spur kommen.

Bushido: Amerikahass und Orientalismus

Die öffentliche Ordnung wahren - zivilisiertes Verhalten beim Ein- und Ausstieg von Zügen zeigen (1981), 34.2k

Die öffentliche Ordnung wahren - zivilisiertes Verhalten beim Ein- und Ausstieg von Zügen zeigen (1981)
Bushido verschleiert seinen offenen Antiamerikanismus unterm Deckmantel des Antirassismus. Dieser Antiamerikanismus zieht seine Legitimation aus dem „legalen Rassismus“ den die USA in der arabischen Welt und im eigenen Land praktizieren würden. Eine Argumentation, die nicht den Rückschluss zulässt, dass Aggro und Ex-Aggro Künstler neuerdings rechte Positionen einnehmen, sondern dass sie diese aus linken Versatzstücken zusammengesetzt haben.
Auf seinem Album „Carl Coxx Nutten Vol.1“ spricht Bushido davon, dass Amerika denkt, er sei ein Mörder. Dies bezieht sich auf eine gesteigerte Islamophobie, die Bushido im Post-9/11-Amerika wahrzunehmen glaubt und die sich gegen alle arabischaussehenden Menschen richten würde. So erwacht sein latenter und schon lang gehegter Hass gegen Amerika: „Amerika geht mir am Sack vorbei. Ich stimme den Leuten zu, die die Anschläge verurteilen, obwohl ich sie nachvollziehen kann. (ein offensichtlicher Widerspruch, Anm. Kaubi) Auf der anderen Seite bin ich froh, dass man den Cowboys mal kräftig in den Arsch getreten hat. Leider und das will ich an dieser Stelle deutlich sagen, hat der Arschtritt mehr negative als positive Nachwirkungen. Wenn man die vielen zivilen Opfer mal bei Seite nimmt, haben die Cowboys Schaum vor dem Mund und werden auf Dauer ihren „legalen Terror“ nur noch verstärken. (...) Das Zitat („Amerika denkt ich wär ein Mörder.“ Anm. Kaubi ) mit dem Mörder bezieht sich auf den „legalen Rassismus“, den Amerika den arabisch aussehenden Menschen entgegenbringt. Ich bin Kanake und werde mich hüten nach Babylon zu gehen.“(5)
In Äußerungen dieses Formates vermischt sich arabisches und deutsches Ressentiment gegen Amerika. Dies öffnet Haus und Hof für die Sympathien von Nazis, die sich nicht grundlos Bushidos Autogramme auf die Glatze schreiben lassen.(6)
Aber zurück zu einigen kleinen Sätzen, die Bushido im Bravo- und im rapz.de-Interview fallen ließ. Im Interview mit der Bravo gab er an: „(...) aber in mir schlummert eine andere Mentalität.“ Bei rapz.de : „Ich bin Kanake und werde mich hüten nach Babylon zu gehen.“ Die Mentalität und das Kanake-Sein dienen hier zur Abgrenzung und zur Selbst-Immunisierung vor der Kritik der Öffentlichkeit. Gleichzeitig ist darin etwas versteckt, das Edward W. Said 1978 in seinem Buch „Orientalism“ beschrieb. Zweck von Saids Ausführungen war es, die Islambilder des Westens ad absurdum zu führen und dem Westen vorzuwerfen, einem genuinen Rassismus gegen Araber und alle, die dem Westen als „orientals“ gelten, unterlegen zu sein. Westliche Historiker und Philosophen, so Said, konnten aber, selbst wenn ihr allgemeines Urteil über arabische Gesellschaften in seinem Sinne korrekt war (die Theoretiker sich positiv auf diese bezogen), nie eine objektive Wahrheit über die gesamte Geschichte des Orients und die aktuellen politischen und kulturellen Entwicklungen in diesem Raum abgeben. Dies bliebe – schon allein durch die kulturell eingeschränkte Möglichkeit des Erfahrung-Machens – dem Westeuropäer und Amerikaner versagt. In der Konsequenz bedeutet diese Theorie, dass der Westeuropäer die Entscheidungen einer arabischen Seele niemals hundertprozentig nachvollziehen kann, weil dies durch eine prinzipielle Divergenz in der Mentalität und Kultur unmöglich ist. Dass würde – wenn man es auf die Spitze treibt – heißen, dass zum Beispiel Missstände, wie die Unterdrückung der Frau im Islam, durch einen „Westler“ nicht kritisiert werden dürfen. Denn eine solche Behandlung von Frauen gehört nun einmal zur kulturellen Eigenart und der natürlichen Mentalität des Arabers, so wie es zum Westeuropäer gehört, dass er den Islam kritisiert, weil er diese Religion als urtümlich und untermenschlich einstuft (Said geht von einer ewigen Islamophobie aus). Folgte man einer solchen Theorie, wäre die Möglichkeit sich einer politischen Position kritisch zu nähern dahin. Auf unser Thema gemünzt, kann dies nämlich nur heißen: Bushido kann sich bei all seinen Missgriffen und Entgleisungen immer wieder auf seine „andere Mentalität“ berufen und wird dadurch jeglicher Kritik enthoben. Die Orientalismustheorie schien übrigens, trotz ihrer zeitlichen Bestimmtheit, nicht ganz neu und originär zu sein. Liest man Naziideologen wie Franz Böhm, so findet man eine Theorie des „Unerforschlichen“, welche die Mutter der Orientalismustheorie hätte sein können. Diese Theorie besagt: Der Geist des Ariers ist für Blutsfremde nicht zu erklären und somit auch nicht kritisierbar – es kann keine adäquate Vertretung deutscher Interessen durch „Andersrassische“ geben.
Der opake, unerklärliche Fleck auf der arabischen Seele dürfte dem Deutschen daher gar nicht so fremd vorkommen. Und immer wieder wird der blinde Fleck durch ein Appeasement gegenüber arabisch-islamischen Traditionsschweinereien, die angeblich zur Eigenartigkeit des Arabers gehören, geschützt.

Resümee

Schabt man also nicht nur oberflächlich an der Kruste des „Aggro-Berlin-Problems“, bedeutet dies, vom bloßen Vorwurf des Nationalismus abrücken zu müssen und die Kerngestalt, die von den Rappern propagierte Gewalt und den Antiamerikanismus, zu kritisieren.
Dass eine Renationalisierung Deutschlands nie ferner lag, als in Zeiten, in denen es seine Weltoffenheit beim Weltjugendtag, sportlichen Großevents und internationalen Debatten repräsentiert, ist offenbar. Den Rappern und Ex-Rappern von Aggro-Berlin ist demnach kaum vorzuwerfen, sie könnten einer gefährlichen Renationalisierungstendenz Schwung verleihen. Ihnen ist vielmehr anzukreiden, dass immer mehr Jugendliche abwertend über Frauen, Homosexuelle und Amis reden. Man muss ihnen vorwerfen, dass sie Bandenbildungen propagieren, Gewalttaten und die Einnahme von Drogen gutheißen und unter dem Deckmantel des Antirassismus Hetze gegen die für sie unheimliche USA betreiben.
Am schlimmsten aber ist wohl, auch wenn es sich in gegebenem Rahmen nicht umfangreicher darstellen ließ, dass Aggro-Berlin und Co. ein grandioses Beispiel für das Zusammenkommen deutscher und arabischer Vorurteile gegen Amerika abgeben. Diese kommen bei Fler im Kampf gegen den „Ami-Rap“ zum Vorschein und artikulieren sich bei Bushido über die Auseinandersetzung mit dem „legalen Rassismus“ der USA. Bushido und Fler verbindet über ihre Ressentiments etwas, das über ihre persönlichen Differenzen hinausgeht: Eine gruselige Variante deutsch-arabischer Freundschaft. Es wird wohl nur noch eine Frage der Zeit sein bis sich Freundschaften dieser Art flächenübergreifend in Europa verbreiten. Denn die Ressentiments, welche von Aggro-Berlin gefördert und verbreitet werden, geben eine antiamerikanische Stimmung wieder, die nicht allein deutschlandspezifisch ist, sondern immer mehr zum normalen Repertoire einer „neuen“ europäischen Kultur avanciert.

Kaubi

Fußnoten

(1) Der Pizzaboden von Aggro-Berlin ist die deutsche Sprache. Die verschiedenen Künstler eint trotz ihrer unterschiedlichen Herkunft dieser Boden.
(2) An dieser Stelle möchte ich auf einige quidproquos antinationaler Kritik eingehen. Der Artikel von Chris „Wir hoffen auf Regen“ (CEE IEH #124) offenbart trotz seines richtigen Urteils über die Heimatbezogenheit deutscher Normalbürger mehrere Schwachstellen, wenn es darum geht, einzuschätzen, in welche Richtung die deutsche Kultur derzeitig tendiert. Denn es ist, entgegen der Meinung von Chris, nicht in der Hauptsache zu fürchten, dass der deutsche Nationalismus an solcher Stärke gewinnt, dass er sich im Pogrom ausleben wird, sondern dass die deutsche Kultur ein manifester Bestandteil einer gegen Amerika sich richtenden, völkischen „Kultur-Internationalen“ bleibt. Vor dieser kulturpluralistischen Option des Kampfes, die den Nationalismus zwar in sich aufhebt, aber nicht nur nationalistisch ist und die immer mehr Anhänger findet, muss man sich wohl mehr in Acht nehmen als vor fahneschwenkenden Trinkern. Dies ist aber leider noch nicht alles, was einem beim Lesen des Artikels ins Auge fällt und der Kritik unterzogen gehört. Der Text zielt darauf, dass deutsch- nationale Kollektive, Patriotismus, Nationalismus und Deutschtümelei den Ausschlag gegeben hätten, Deutschland Zigeuner-, Juden- und Kommunistenfrei zu machen. Dies ist aber nicht einmal die halbe Wahrheit. Es stimmt nicht, dass die Motivationen der Vernichtung allein in einem übersteigertem Nationalgefühl gefunden werden können. Eine solche Kritik verschleiert nicht nur den Gegenstand der Betrachtung, sondern blendet auch jegliche Ideologiekritik aus, ohne die man den Nationalsozialismus und die Vernichtung überhaupt nicht versuchen kann zu begreifen. Ein Nationalismusvorwurf, wie Chris ihn wahrscheinlich auch Fler und Bushido machen würde, verklärt die Gefahr, welche von solchen Kulturprodukten ausgeht und dient nicht zu ihrer Erhellung. In jener Nacht, in der Nationalismus, Patriotismus und Deutschtümelei zu den einzigen Ursachen der Judenvernichtung werden, da werden alle Katzen grau und dem Kritiker bleibt nichts als die Gewissheit, seinen Gegenstand aus den Augen verloren zu haben.
(3) Man könnte von so etwas wie einem Gangster-Musik Racket sprechen, wie wir es von G-Unit aus den USA kennen. Dort werden die Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen HipHop- Crews aber nicht mehr nur verbal ausgetragen.
(4) Alle in diesem Abschnitt kursivgesetzten Wortgruppen stammen aus einem Interview mit der SZ vom 27.6.05
(5) Das Zitat stammt aus einem rapz.de- Interview vom 10.09.02
(6) So geschehen bei seiner letzten Tournee mit Azad im November 2004.


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last modified: 28.3.2007