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Das Nachspiel

Gedanken zur antifaschistischen Demonstration in Wurzen

Die Demo war ein Erfolg. Dies ist zumindest der Tenor nach dem Stand der bisher veröffentlichten Nachbetrachtungen (junge welt, 21.11.96 und 28.11.96; Frente, 12/96; Klarofix, 12/96) und der subjektiven Eindrücke von vielen TeilnehmerInnen. Natürlich, der Fakt von ungefähr 6000 Beteiligten spricht für sich, zumindestens für diejenigen, die in der Vergangenheit an antifaschistischen Demonstrationen beteiligt waren und deshalb nicht mehr an eine Mobilisierungsfähigkeit der Antifa, wie sie in Wurzen sichtbar wurde, glaubten. Folgerichtig setzen jetzt vorallem in diesen Kreisen umfangreiche Nachbetrachtungen ein - und dies ist nicht nur als ein linkes Ritual zur Selbstbeweihräucherung an der noch vorhandenen Interventionsfähigkeit zu verstehen. Nein, schon die bisher veröffentlichten Meinungen zeigen, daß ausgehend von dieser Demonstration Rückschlüsse für die Perspektiven antifaschistischer Politik im Allgemeinen und mit Abstrichen für den Muldentalkreis gesucht werden. Im Kontext von Dokumentation und perspektivischen Überlegungen ist auch der folgende Beitrag einzuordnen.

Wenn 5000 Autonome Traditionsbewußtsein zeigen,

wurzen-ortsschild, 8.6k dann machen sie dies, indem sie z.B. fast ausnahmslos vermummt durch eine sächsische Kleinstadt laufen, „Hinter dem Faschismus, steht das Kapital“ schreien und Theorie- und Praxis-bewußt eine Filiale der Dresdner Bank entglasen. Logisch, daß sich die Muldentaler Presse auf diese Umsetzung, der in autonomen Kreisen schon immer vereinfachten Faschismusanalyse stürzte. Ebenfalls irgenwie logisch, daß sich einige Antifas danach selbstbewußter auf die Schulter klopfen und mit dieser Aktion die nächsten Wochen hausieren gehen werden (siehe junge welt, 28.11.96). Daß gleiche gilt wohl auch für die Folgen der Berichte von drei angeblich durch Steinwürfe verletzte Bullen und zwei beschädigten Einsatzfahrzeugen. Doch die hier implizierte Kritik ist nicht total. Natürlich ist es lächerlich, wenn in Zeiten, in denen die theoretische und praktische Kapitalismuskritik tief in der Krise steckt, Autonome nicht ohne Zucken im Arm an einem Sparkassenautomaten vorbeigehen können. Doch was in dieser Hinsicht ein Manko offenbart und auch mit Blick auf die Perspektiven antifaschistischer Politik im Muldetalkreis nicht gerade günstig ist, denn solcher Aktionismus erleichtert es, folgende Anstrengungen zu diskreditieren, kann für die autonome Antifa trotzdem ein Erfolg sein. Denn alles in allem war die Demo eine lange nicht mehr erlebte Verwirklichung eines linksradikalen Paradigmas, der symbolische und teilweise verwirklichte Ausdruck eines militanten Grundverständnisses. Und hat man auch oft den Eindruck, daß die autonome Szene jenes zum nicht mehr nachvollziehbaren Plagiat aufbauscht, erinnert sei nur an die Bilder von Demonstrationen der Antifa M in Göttingen, in Wurzen ließ sich in dem entschlossenen Auftreten einiger Antifa-Gruppen doch noch einiger Sinn erkennen.
Als ein SEK-Kommando im Vorfeld der Demo den Kleinbus-Konvoi der Antifas aus Bremen stoppte und schikanösen Vorkontrollen aussetzte und dies obwohl klar war, daß sich dadurch der ohnehin schon verzögerte Beginn der Demonstration noch weiter hinausschieben würde, passierte folgendes. Die Bremer telefonierten mit den ihnen folgenden Hamburger und Berliner Antifas und berichteten von den Behinderungen durch die Bullen. Daraufhin stoppten diese in Sichtweite der Polizeisperre ihren Buskonvoi, formierten sich zu einer Spontandemonstration und liefen auf die SEK-Beamten zu, die aus Kassel zur Verstärkung der hiesigen Einsatzkräfte herangezogen wurden. Diese bekamen es mit der Angst, sprangen in ihre Fahrzeuge und verschwanden. Es gibt also über die Einschätzung nach Art: „Geil, daß wir noch so viele sind, noch was kaputt machen können (neben der Bank auch die Scheiben des Wurzner Landratsamts) und so martialisch daherkommen, wie es sich Medien und Verfassungsschutz wünschen“ einige Gründe, daß Auftreten der Demo nicht per se überholt zu finden. Sollte die autonome Antifa wirklich einen Mobilisierungsschub erfahren, dann bedeutet dies auch die Beibehaltung ihrer traditionellen Ästhetik. Ein selbskritischer Umgang mit dem eigenen Erscheinungsbild und einigen Aktionsformen scheint genau so wenig absehbar, wie eine Revidierung der teilweise recht platten Politikromantik („Kampf dem Faschismus, heißt Kampf dem System“).
demo, 7.3k

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hat die Polizei ein Problem. Am Tag der Demo waren angeblich 1200 Beamte im Einsatz und sie hielten sich, für viele überraschend, zurück. Deuteten die ersten Vorgespräche der Organisatoren mit den zuständigen Behörden daraufhin, daß die Einsatzkräfte eine harte Linie fahren werden, das heißt bei Verstößen gegen das Versammlungsgesetzt (z.B.Vermummung) rigoros einschreiten werden, hielten sie sich dann doch angenehm zurück. Wahrscheinlich hatten die Bullen bis zuletzt die Mobilisierung in der Antifa-Szene unterschätzt und am Ende blieb ihnen nichts weiter übrig als in den engen Straßen von Wurzen auf ein Deeskalationskonzept zu setzen, Vermummung und die im Vorfeld verbotenen Seitentransparente zu dulden. Die VeranstalterInnen und die TeilnehmerInnen kamen ihnen dabei entgegen und trotzdem war die Demo nicht „friedlich“, denn diese immer wieder von Medien, Behörden und auch den Organisatoren beschworene Forderung assoziiert irgendwie immer den pseudo-protestlerischen Charakter von Lichterketten. Vielmehr war sie lautstark, kämpferisch und offensichtlich offensiv. Die hier und da geschmissenen Steine waren Peanuts, aber eine Gefahr für das im Vorfeld mit den Bündnispartnern abgestimmte Demo-Konzept. Bei einer anderen örtlichen Situation hätten sie der willkommene Anlaß sein können die Demonstration aufzulösen und somit das politische Anliegen, durch die angebliche Bestätigung des linksextremistischen Gewalttäterklisches zu verschleiern. Dies soll aber kein Schutzbrief für die Bullen sein. Die Maximalforderung muß immer noch lauten, daß diese bei einer Demo nichts zu suchen haben. Mittlerweile hat man sich ja schon fast daran gewöhnt, daß bei jeder größeren antifaschistischen Aktion die Polizei schon durch ihre massive Anwesenheit das Anliegen diskreditiert. In Wurzen jedenfalls sorgten die punktuellen Angriffe auf die Bullen dafür, daß diese sich noch weiter zurückzogen, worauf sich die Situation auch sofort beruhigte. Am Ende ließen es sich die aus mehreren Bundesländern angereisten Einsatzkräfte nicht nehmen ihren Standpunkt deutlicher zu betonen. Bayerisches USK stoppte nach der Demo fünf Busse mit TeilnehmerInnen der Demo und hielt diese über mehrere Stunden auf der dadurch blockierten Bundesstraße fest. Mit unterschiedlichen Begründungen (in den Bussen befänden sich Personen, die einen schwarzen Block gebildet hätten, später dann, daß in den Bussen die Steinewerfer vermutet werden) legitimierten die Bullen ihren Einsatz. Sie riegelten die Umgebung der Busse hermetisch ab, karrten Kolonnen von Verstärkung heran, stellten Wasserwerfer bereit und beleuchteten die Busse mit einer mobilen Flutlichtanlage. Die Insassen der Busse mußten sich schließlich nach zähen Verhandlungen einer Personalienkontrolle unterziehen bevor sie gegen Mitternacht die endgültige Heimreise antreten konnten. Während der Verhandlungen entwickelte sich vor den Fahrzeugen ein beinahe handgreiflicher Kompetenzenstreit zwischen bayrischen und sächsischen Polizeieinheiten. Den Bayern gingen die Verhandlungen auf die Nerven, sie forderten eine Erstürmung der Busse. Vor diesen standen aber die sächsischen Kollegen, die sich auf die Anordnungen des Einsatzleiters beriefen und ein gewaltsames Eindringen in die Busse aus wenig nachvollziehbaren Gründen nicht akzeptieren wollten. Gegenseitig drohte man sich mit Dienstaufsichtsbeschwerden. Es wäre mühselig zu spekulieren, welche Konsequenzen die Bullen aus den Erfahrungen der Wurzen-Demo ziehen.
Fakt ist aber, Wurzen hat es gezeigt, daß sich bestimmte Demo-Praktiken auch gegen den Willen der Ordnungsbehörden durchsetzen lassen, die gerade in Sachsen nicht mehr durchsetzbar schienen. sprueherei, 3.5k

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und sich zu einer antifschistischen Demonstration im Zentrum eines faschistischen Aufmarschgebietes treffen, haben die Faschos im Vorfeld Lampenfieber und Aktivitätendrang, während der Demo nur begrenzten Auslauf und danach kurioserweise Gefühle der Dankbarkeit für ortsansäßige Antifas, die die Adressen der Nazis nicht an die Autonomen aus Berlin verraten haben.
Eine Woche vor der Demo tauchten in Wurzen und Umgebung eine ganze Reihe von Anti-Antifa-Plakaten, Spuckies und Flugblättern auf. Auf letzterem machten sogenannte „Nationale“, die weder Faschisten noch Rassisten seien und nur die „Interessen der anständigen Deutschen vertreten“ die Bevölkerung auf die angebliche „Gefahr“ der Demo aufmerksam. Diese werde von der „SED/PDS im Bündnis mit Anarchisten/Autonomen und anderen Chaoten“ organisiert. Unterschrieben war der Wisch von „Volkstreuen Bürgern“. Die NPD meldete unterdessen in Zwickau eine Gegendemonstration unter dem Motto: „Gegen Gewalt und den roten Filz an“. Aufgrund einer sofort vom DGB geplanten Protestveranstaltung, verbot die Polzei den Nazi-Aufmarsch. Einen Abend vor der Demonstration überfielen dann 30 Nazis aus Saalfeld, Rudolstadt und Wurzen eine Wohnung von Punks in Wurzen. Die Polizei traf in dem Moment ein, als die Angreifer bereits dabei waren, die Wohnungstüren einzutreten, nahm allerdings keinen der Faschos fest. Im selben Zeitraum hißten die Faschos über dem ehemals von ihnen besetzten Industriegelände in der Käthe-Kollwitz-Straße die Reichskriegsflagge. Die Polizei rief erst Stunden später die Feuerwehr zu Hilfe, um die Fahne abzunehmen.
Doch auch am Tag der Demo provozierten die Nazis. So schwenkten zwei ganz mutige Kameraden an der S-Bahn Strecke Leipzig-Wurzen ebenfalls eine Reichskriegsflagge als ein Zug mit TeilnehmerInnen der Demo vorbeifuhr. Und weil sie es irgendwie mit ihren Fahnen haben, wurde unmittelbar vor Beginn der Demonstration an einem Baukran in der Nähe des Wurzner Landratsamtes die schwarz-weiß-rote Flagge des deutschen Kaiserreichs aufgezogen. Die Bullen werteten dies erst nicht als Provokation, da diese Fahne nicht verboten wäre, entfernten sie dann aber nach energischen Protesten der Demo-Leitung. Kurz bevor die Antifaschisten durch die Straßen von Wurzen zogen, klebten die Faschos weitere Plakate („Deutsche – wehrt euch gegen Linke Schmarotzer, ächtet die Wegbereiter von anarchistischen Verbrechen. Kämpft für ein friedliches Deutschland.“) an Häuserwände.
Natürlich versuchten Anti-Antifa-Aktivisten auch die Demonstration abzufilmen, teilweise aus Wohnungen, besonders aber von Fahrzeugen aus. Etwa 30 Faschos wurden von Antifas nach Hause geschickt. Allgemein dürften sich die Nazis an diesem Tag aber nicht sehr wohl gefühlt haben. Wurzner Antifas berichteten, daß sich die ortsansässigen Nazis mit Kameraden aus anderen Städten in ihren Wohnungen verbarrikadierten. Das diese gänzlich unberührt blieben machte die Nazis so glücklich, daß sie sich telefonisch bei Wurzner Punks bedankten. Sie versicherten auch ihr Mißfallen über den Angriff ihrer Gesinnungsfreunde aus Thüringen und erklärten, daß diese nach dem Überfall von ihnen (also der einheimischen Kameradschaft) aus dem Ort geschmissen worden wären.
Mittlerweile scheint ihre Dankbarkeit verflogen zu sein. Es gibt einige Gerüchte, die darauf hinweisen, daß sich die Nazis für die Demonstration rächen wollen. demo in wurzen, 6.8k

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und in Wurzen den Großteil der TeilnehmerInnen der Demonstration stellten, dann war dies auch eine Folge der umfangreichen Mobilisierungsanstrenungen innerhalb der autonomen Antifa-Szene. Bei mehr als dreißig Informationsveranstaltungen im gesamten Bundesgebiet wurde besonderer Wert darauf gelegt, den exemplarischen und neuartigen Organisationscharakter der Muldentaler Neonazi-Szene darzustellen. Diese beiden Prämissen sollten die ausschlaggebende Motivation geben, an der Demonstration teilzunehmen. Doch schnell zeigte sich, daß die Mobilisierung zu einem Selbstläufer wurde. Eine Unmenge vom Plakaten, Aufrufen, Handzetteln, Anzeigen ect. und vor allen Dingen, die an der Vorbereitung beteiligten Antifa-Gruppen unterstützten natürlich diese Tendenz. Als die junge welt am 14.11. auf der Antifa-Seite „Die Demo“ ankündigte, traf sie die Sache auf den Punkt. Mittlerweile gibt es jedoch auch kritische Anmerkungen zu diesem immensen Mobilisierungsaufand. Eine in der Antifaschistischen Aktion/Bundesweite Organisation (AA/BO) organisierte Berliner Gruppe geht davon aus, daß bei einer strafferen Organisation im bundesweiten Maßstab sich mit weniger Aufwand eine genauso große Ressonanz erzielen ließe (vgl. junge welt, 28.11.96). Doch ist dies durchaus fraglich. Nicht ohne Grund - die ausschlaggebend politischen sollen an dieser Stelle außen vor bleiben - sind kaum noch Gruppen in der AA/BO organisiert. Nur in wenigen Städten gibt es ein größeres Antifa-Potential mit funktionierenden Gruppen, die dem ständigen Aufwand einer bundesweiten und im Sinne der AA/BO festgefügten Organisierung gewachsen wären. Die Kräfteverhältnisse lassen Demonstrationen mit solch hoher TeilnehmerInnenzahl wie in Wurzen nicht mehr am laufenden Band zu, zumahl heute in fast jeder Region faschistische Zentren mehr oder weniger etabliert sind und größere Aktionen rechtfertigen würden. Letztendlich hat die Demo gezeigt, daß eine bundesweite Mobilisierung unabhängig von einer festeren Organisation von Erfolg gekrönt sein kann, wenn rechtzeitig inhaltliche Schwerpunkte gesetzt werden (die Broschüre „Wurzen - Das Ende der faschistischen Zentren wie wir sie kennen“, erschien mehrere Monate vor der Demo), somit ein breiter Diskussionsprozeß in Gang gesetzt wird und gleichzeitig auf die noch vorhandene Event-Freudigkeit innerhalb der autonomen Szene gesetzt wird.

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dann versteckt sich die Bevölkerung der idyllischen Kleinstadt Wurzen lieber hinter geschlossenen Türen und Fenstern, dann haben fast alle Geschäfte geschlossen, dann haben Schüler in benachbarten Dörfern schulfrei, dann verzichten die örtlichen Sportvereine auf ihren Punktspielbetrieb, dann wird durch Medien und Politiker erfolgreich Angst geschürt. Nur ganz wenige zeigten positive Reaktionen, als der Demonstrationszug durch die Straßen zog und kaum jemand schloß sich ihm an. Daß sich manche Linke immer noch nicht die Illusion nehmen lassen, in diesem Land Massen aus der „gesellschaftlichen Mitte“, für antifaschistische oder darüberhinausgehende linke Politik zu gewinnen, wird in diesem Heft an anderer Stelle behandelt. Und trotzdem sind die Beispiele positiver Ressonanz von WurznerInnen auf die Demo extrem wichtig. Bilden sie doch die einzige potentielle Lobby für eine strukturelle Alternative (z.B. ein neues alternatives Jugendprojekt) zur Hegemonie der rechten Gesinnung in Wurzen. Wichtig wäre es, wenn dieses Potential aktiv würde, über das symbolische Einverständnis hinaus eigene Akzente in der Kleinstadt setzen könnte. Doch der Traum einer Wurzner Bürgerinitiative gegen Rechts bleibt wahrscheinlich ein solcher. Realität dagegen waren eine Unmenge von Anrufern, die sich bei einem Anmelder der Demonstration meldeten, um sich über antifaschistische Sprühereien an ihren Häuserwänden zu beschweren und Schadenersatz zu fordern. demo, 6.8k

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und der größte Bündnispartner, die PDS, die Demo danach ebenfalls als Erfolg bezeichnet, dann hat das Bündnis gehalten. All den Querelen im Vorfeld zum Trotz könnte dies ein Anfang gemeinsamer Antifa-Aktivitäten sein. Einige VertreterInnen der PDS konnten ihre Ängste bezüglich der autonomen Antifa abbauen. Offensichtlich war die Freude bei einigen Funktionsträgern der Partei, daß Wurzen nach der Demo nicht großartig verändert schien und auch die Polizei von einem „weitgehend friedlichen Verlauf“ sprach. Und genauso überrascht waren nicht wenige Antifas, die davon hörten wie der PDS-Block gemeinsam mit Autonomen während der Demo die kurdischen TeilnehmerInnen schützend in die Mitte nahm, als diese von einem aufziehenden Bullenspalier bedroht wurden. Noch hat sich die Partei in Sachsen nicht öffentlich zum Verlauf und den Folgen der Demonstration positioniert, aber schon jetzt ist absehbar, daß viele ParteimitgliederInnen an einer perspektivischen Antifa-Arbeit gemeinsam mit autonomen Gruppen im Muldentralkreis und darüber hinaus interessiert sind. Unabhängig von dieser gemeinsamen Perspektive, bleibt aber die politische Auseinandersetzung mit der Partei weiterhin wichtig. Die PDS ist eben auch die Partei einer Christine Ostrowski, die in der Vergangenheit Nazi-Kadern näher stand als der Antifa. Diesen Pluralismus innerhallb der Partei in Bezug auf gemeinsame Antifa-Aktivitäten zu akzeptieren, ja produktiv zu nutzen dürfte nicht leicht fallen.

Wenn 5000 Autonome Traditionsbewußtsein zeigen,

so ist klar, daß dies in Wurzen nicht jeden Tag geschehen kann und selbst wenn es mal geschieht, noch lange nicht bedeutet, daß sich die faschistische Szene in Wurzen in Luft auflöst. Die Diskussion, welche Schritte jetzt folgen müssen, um in der Muldentalstadt kontinuierlich antifaschistische Ansätze zu etablieren ist noch völlig unbefriedigend. Sie dreht sich um die Thematisierung von eventuellen jugendsozialarbeiterischen und kulturellen Aspekten. Doch wie zum Beispiel auch ein öffentlicher Druck, der die politisch Verantwortlichen und die Verfolgungsbehörden auch weiterhin stärker zum Eingreifen gegen die Nazis zwingt, aufrecht erhalten werden kann, ist völlig unklar. Im Prinzip müßten regelmäßig in Wurzen öffentlichkeitswirksame Aktionen stattfinden, die so lange auf das faschistische Zentrum hinweisen, wie dieses existiert. Und hier wäre gegebenenfalls auch wieder die Unterstützung von autonomen Antifa-Gruppen gefragt. Auf keinen Fall reicht es, sich in dem Erfolg der Demo zu sonnen, deren Wirksamkeit ist bereits zu diesem Zeitpunkt so gut wie verpufft. In Wurzen ist wieder die Normalität eingekehrt. Und gerade mit Verweis auf linke Zusammenhänge in Leipzig sei gesagt, es reicht nicht den Organisatoren der Demo und der generellen politischen Arbeit des Bündnisses Gegen Rechts Respekt zu zollen, es reicht nicht weiterreichente Schritte einzufordern bzw. kritisch auf sie zu warten, sondern es gilt sich an den Diskusionen um sie und an einer eventuellen Verwirklichung zu beteiligen. ulle


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last modified: 28.3.2007