home | aktuell | archiv | newsflyer | radio | kontakt
[98][<<][>>]

Unwichtige Notwendigkeiten


Karate (USA) und Bollo (LE)

Karate, 23.3k

Mit Musik lässt es sich durchaus leben. Sie kann dich durch die grauen Straßen der Wirklichkeit begleiten, ohne dich jedoch vom Unbehagen dieser Welt wirklich befreien zu wollen. Doch kann sie Momente repräsentieren, in denen du dich gefordert, geborgen, losgelöst oder auch angegriffen fühlst. Momente, die dir also wohl bekannt erscheinen. Sie vermag nicht mehr, aber glücklicherweise auch zu oft nicht weniger. Sie in ihrer unwichtigen Notwendigkeit als pures das anzunehmen was sie ist, bleibt komplizierter, als es zu erklären. Denn die Gefahr der Überbewertung einer Erscheinung, all ihrer Codes, Styles und Möglichkeiten ist nach wie vor sehr groß. Gemeint ist hier die Tatsache der Rechtfertigung der eigenen Lebenslüge mit einer sich selbst zugeschriebenen "subkulturellen" Identität, die außer einer vermeintlich "anderen" Ästhetik den gesellschaftlichen Gegebenheiten nichts Relevantes entgegenzusetzen vermag und zu mehr in gegebenen Rahmenbedingungen auch nicht in der Lage ist. Welch altem Hutes sich hier erneut bedient werden muss, zeigt, dass sich auf den Brettern, die die einst subkulturelle Welt bedeuteten, wenig getan haben kann. Nichts wäre ja eigentlich zu nörgeln am Erscheinen von musikalischen Ausprägungen verschiedener Sparten, würden sich die Regisseure, Schauspieler samt Publikum der jeweiligen "alternativen" Aufführungen im großen Szenetheater sich nicht immer gegenseitig den Oscar der besseren Hälfte der Welt verleihen und sich endlich der Realität stellen. Denn eine Abgrenzung versteht sich nun mal von selbst als Kritik an Etwas, was einem Unbehagen bereitet und dem etwas entgegengesetzt werden soll, vollkommen klar. Doch was bewirkt eine Positionierung innerhalb eines kulturellen Mikrokosmos noch, setzt man ihre Existenz in keinerlei Kontext einer notwendigen umfassenden gesellschaftlichen Kritik. Sein eigenes Handeln, inklusive der Rolle, die vor allem "Mann" dabei spielt, zu hinterfragen ist deshalb umso notwendiger, will einer Glaubwürdigkeit des "Anders"-Seins entsprochen werden. Auch wenn sich dadurch aus dem eigenen sicheren Hafen immer mehr und mehr entfernt wird.
Als Umkehrschluss kann dabei allerdings das hilfreich erscheinen, was am Herzen liegt. Und wobei lässt es sich besser nachdenken als bei Musik, die dich das hören lässt, was dich tagtäglich umgibt und was dich oftmals fast verzweifeln lässt.
Karate aus Bosten/USA und BOLLO/Leipzig vermögen in manchen Momenten beide genau das zu zelebrieren und repräsentieren Eigenbrödelei in radikalster Form. Der klassische Bandaufbau aus jeweils Gitarre, Bass und Schlagzeug wirkt dabei genauso unwichtig, wie man beide in einen traditionellen "Postrock"-Kontext setzen könnte.

Let's storm your brain

Jeremy


home | aktuell | archiv | newsflyer | radio | kontakt |
[98][<<][>>][top]

last modified: 28.3.2007