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Keinen Aufschub mehr


Für eine grundlegende Transformation der Antifa


    „Es gibt keine reinen Utopien. Die Sehnsucht, die sie gebiert, trübt sie auch. Deshalb sind sozialistische von faschistischen gelegentlich so schwer zu unterscheiden.“
    (Christoph Türcke)

    „Es genügt nicht, daß der Gedanke zur Verwirklichung drängt, die Wirklichkeit muß sich selbst zum Gedanken drängen.“
    (Karl Marx)

    „Wenn die Wirklichkeit dich überholt hat, hast du keine Freunde – nicht mal Alkohol.“
    (Fehlfarben)

Ein Konzept Antifa als Volksfrontidee führt in Deutschland notwendig zur Gegenaufklärung. So ist der viel beschworene „kleinste gemeinsame Nenner“ nichts anderes als Ausdruck für das massenfetischistische Ringen um das bessere national-sozialistische Konzept mit vielleicht mehr Antira und Antipat drin. Will man sich als Antifa nicht zum deutschen Erfüllungsgehilfen machen lassen, dann muß man begreifen, daß die deutschen Nazis als Subkultur längst in der Berliner Republik angekommen sind und der Volkssturm von heute die Gemeinschaft der Anständigen ist, die eines eint: Weil von deutschem Boden nie wieder Krieg ausgehen darf, erklärt man Israel und die USA zu Feinden der deutschen Moral.
Es geht darum, sich der Wirklichkeit zu stellen und sie nicht zu verdrängen. Deshalb bedarf es einer Transformation der Antifa. Diese Transformation bedeutet, daß es ein Konzept Antifa auf der Höhe der Zeit braucht, das Folgendes zur Grundlage haben müßte: 1. Die Grenzen verlaufen nicht zwischen oben und unten, sondern zwischen american way of life und deutschem Weg. 2. Die deutsche Wunderwaffe nach Auschwitz ist der antiimperialistische Frieden, der in seiner Langzeitwirkung bedrohlicher ist als jede militärische Intervention. Die einzige wirksame Maßnahme gegen dieses deutsche Kampfmittel ist der american way of life, der ein Bild vom Menschen vermittelt, das diesen nicht auf seine natürliche Ethnie und Kultur reduziert, sondern den universellen Gedanken des Kosmopolitismus hochhält, sowie Interesse und Moral des Einzelnen nicht ideologisch entkoppelt. 3. Entweder kulturelle Vielfalt und Artenschutz oder Festhalten am kommunistischen Diktum des Menschen als Maß aller Dinge. 4. Antifaschismus kann nur wirkliche Solidarität mit dem jüdischen Staat Israel bedeuten und nur eine Israel-Solidarität wirklicher Antifaschismus sein. 5. Grundbedingung eines neuen Konzeptes Antifa wäre die Forderung nach Waffen für Israel. Alle andere Israel-Solidarität ist Quark. 6. Die Wirklichkeit der Weltgesellschaft als Ausdruck globaler Kapitalbewegung und des Weltmarktes hat die Linke umgestülpt. Sie ist heute nicht mehr fortschrittlich, sondern nur noch Feind der Aufklärung und Freund des völkischen Inter-Nationalismus. 7. Die Idee des Faschismus gibt sich nicht mehr die Form des Nationalismus, sondern ist inter-nationalistisch. Ihr Verhältnis von Einzel- zu Kollektivsubjekt ist auf der Höhe der Zeit als neue Bewußtseinsform der Verinnerlichung von Herrschaft zu bestimmen. 8. Der Islamismus ist die große faschistische Gefahr. 9. Ein zweites Auschwitz oder ähnliches ist möglich. Eine andere Welt dagegen nur, wenn man sich des „Augenblicks der Gefahr“ (W. Benjamin) bewußt ist. Insofern ist nach Auschwitz der Marxsche Kategorische Imperativ von der Umwälzung aller Verhältnisse, „in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist“, nur aufrechtzuerhalten, wenn man den Kategorischen Imperativ Adornos, „Denken und Handeln so einzurichten, daß Auschwitz nicht sich wiederhole, nichts Ähnliches geschehe“, als die notwendige Umstülpung des Marxschen begreift. 10. Der antisemitische Vernichungswahn trifft keine zufällige Objektwahl, sondern notwendig zuerst „die Juden“. 11. Es gibt an der Antiglobalisierungsbewegung nichts zu retten. Nur wer noch zu retten ist, begreift sich in Gegnerschaft zu ihr. 12. Rechts von der Antiglobalisierungsbewegung gibt es faktisch nichts mehr. Was da vielleicht noch war, ist in ihrem im pluralistischen Selbstverständnis aufgegangen 13. Es gibt schlimmeres als die „normale“ maßlose Verwertung, die maßlose Vernichtung. Gerade weil ein neues Konzept Antifa ein kommunistisches zu sein hätte, würde es den Antifaschismus als die Rettung der Restbestände an Autonomie, Individualität und Privatheit für die Menschen begreifen und nicht als Radikalität, um so die Bedingung der Möglichkeit des Kommunismus überhaupt aufrechtzuerhalten. 14. Es gibt keinen dritten Antifa-Weg, sondern nur einen Antifaschismus für Israel mit Sympathie für die USA 15. Ein neues Konzept Antifa stünde gegen die antiimperialistische Völkergemeinschaft und ließe jeglichen Imperialismus-Begriff der Ideologiekritik anheimfallen . 16. Der Bruch mit der globalen Volksfront ist notwendig. 17. Das postmoderne Differenzgeschwätz über sogenannte Sprechorte, Plotstrukturen, Mächte, Fluchtlinien etc. und der damit verbundene Wahrheitsverzicht ist Teil des anti-antifaschistischen Problems. 18. Nach Auschwitz spricht mehr dafür, daß Revolution nicht die Lösung ist, sondern die „Endlösung“. 19. Das wichtige Diktum, daß der Hauptfeind im eigenen Land steht, ist davor zu bewahren, daß es zum Argument der Ignoranten verkommt, die es sich mit ein bißchen Antisemitismuskritk da und ein bißchen dort in Deutschland gemütlich gemacht haben. Das gilt umso mehr, weil der Hauptfeind sich auf den globalen deutschen Weg gemacht hat, dem es weltweit selbigen zu versperren gilt. 20. Eine Antifa, in der es cool ist, Palitücher zu tragen, kann es nicht geben. Sie wäre zugleich ihre eigene Anti-Antifa.

Neue deutsche Sachlichkeit

Die Wirklichkeit duldet keinen Aufschub mehr. Das zu begreifen, fällt insbesondere jenen Teilen in der Antifa-Szene leichter, die sich über die Jahre nicht vom autonomen Konzept des „revolutionären Antifaschismus“ haben dumm machen lassen, sondern mehr auf die Programmatik der organisierten Nazis und deren völkische und antisemitische Grundierung geschaut haben. Es sind jene, die genügend Resistenzkraft gegen den linken Antiimperialismus darüber bezogen, daß sie folgendes verinnerlichten: Wenn Nazis Palitücher tragen, dann kann an den Gründen für das Tragen dieses Tuches nicht viel Cooles sein. Genau diese Antifas stellen immer öfter fest, daß es kaum noch einen Unterschied zwischen links und rechts gibt. Denn tatsächlich argumentieren linke Sozialrevolutionäre längst so nationalistisch wie rechte Nationalrevolutionäre internationalistisch. Weil beide sich mittlerweile ohne Probleme auf Dimitroffs Faschismusdefinition einigen könnten, gilt: in Wirklichkeit sind die Nazis von heute so antifaschistisch wie die Linken faschistisch und die Linken sind so rechts wie die Rechten links sind.
Keine Grenze ist für immer. Das verkündeten vor ein paar Jahren jene Antira-Kreise ehrlichen linkssschlagenden Herzens, die sich in der Definition des prototypischen Flüchtlings und in der Benennung sogenannter Fluchtursachen immer mehr den deutschen Vertriebenverbänden annähern, wie man auch umgekehrt in den Argumentationen der Vertriebenenfunktionäre nicht gerade wenige antirassistische Spurenelemente finden kann. Das trennende dünne Eis des Rassismusvorwurf von links ist im Grunde schon längst in der Hitze des gemeinsamen Gefechts für den echten Ethnopluralismus dahingeschmolzen. Denn bei Lichte betrachtet, verkommt der Unterschied zwischen dem Vorwurf des Rassismus und die Selbstetikettierung als Antirassisten zum Pseudounterschied, der an der längst fusionierten Sache der Völkerfreundschaft und des Dialoges der Kulturen nichts ändert.
Es gibt im politischen „Spiegelspiel“ (J. Bruhn) von links und rechts eine Art neue Beliebigkeit, die zur neuen deutschen Sachlichkeit verschmilzt. Diese lautet: Weil die Linke so völkisch ist wie die Rechte klassenkämpferisch, tut man zusammen eine Sache um ihrer selbst Willen. Diese neue Sachlichkeit ist der ideologische Selbstzweckcharakter des globalen Faschismus. Und jener kommt auf dem deutschen Weg als Ziel daher, um den universellen Charakter des american way of life auf allen ihm möglichen Ebenen zu attackieren.
Das Problem der Antifa besteht darin, daß sie nicht erkennen will, wie die antiimperialistische Karawane von Islamisten, Deutscheuropäern, UNO und (anderen) no globals weiter und weiter ihre globalisierungskritischen Kreise zieht. Deshalb wohl dürstet ihr besinnungslos nach dieser bewegungspolitischen Allianz der Juden- und Amerikafeinde. Scheinbar will sie die Bedrohung der Juden durch den „Riesen mit der Holzkeule“ (Yehuda Bauer) namens islamischer Faschismus nicht sehen und schon gar keine ernstzunehmenden Konsequenzen daraus ziehen. „Warum empören sich die Deutschen nicht ebenso heftig über den islamistischen Antisemitismus wie über den neonazistischen?“, fragt Bassam Tibi. (Die Zeit v.06.02.03, Nr.07) Und die fehlende Kritik des Islamismus seitens der Antifa beweist einmal mehr, wie deutsch sie ist. Will sie doch, statt die „offensichtlichen Parallelen mit der NS-Ideologie“(ders. ebd.) zur Kenntnis zu nehmen, lieber jene, die auf diese Ähnlichkeiten im Charakter verweisen, antirassistisch korrekt als Auschwitzrelativierer und Rassisten brandmarken.

Vom Ich zum Wir

Zumindest noch ein Teil der postautonomen Antifa scheint eine Ahnung davon zu haben, daß etwas nicht stimmen kann. So verharren einige ihrer besseren Kader in merkwürdiger Erstarrung. Allerdings bedeutet dies, daß es nicht mehr lange dauern wird, bis diese Erstarrung direkt zur Regression führt, wenn man nicht schleunigst anfängt, den eigenen Laden umzukrempeln. Der jetzige Zustand spült nur allzu folgerichtig die längst totgeglaubten Dinosaurier des „revolutionären Antifaschismus“ nach oben, denen bekanntlich die Bewegung alles und das Ziel scheißegal ist. Weil jenen aber Ziele und Inhalte völlig gleich sind, solange nur die Form stimmt, sind sie gefährlich. Denn wenn es um Bewegungen geht, lautet ihr Motto: Dabeisein ist alles und: Es gibt nichts Gutes, außer man tut es. Soll die Antifa zur Transformation befähigt werden, dann gilt es, diesen Mitmachern schnellstmöglich ihr Oberwasser abzugraben. Das könnte zum Beispiel dadurch geschehen, daß in dem stinklangweiligen bundesweiten Antifa-Fanzine Phase 2 der längst überfällige Bruch mit der Bewegungspolitik verkündet wird und inhaltliche Diskussionen beginnen, die wegen der Vorzeichen, daß man „die Linke“ der Bewegung wegen nicht spalten dürfe, gar nicht geführt werden können.
Will eine Antifa zukünftig nicht zum Saalschutz für die Sozialforen dieser Welt verkommen und sich nicht zum globalisierungskritischen Sturmtrupp der EU degradieren lassen, dann muß sie sich schleunigst auf die, bitte nicht roten, Socken machen. Blättert man einmal in einer Broschüre der Antifaschistischen Aktion Berlin (AAB) unter dem Titel „Das Konzept Antifa“ von ende der 90er Jahre, dann stellt man fest, daß die Vorzeichen für eine antifaschistische Transformation so schlecht gar nicht stehen. So heißt es dort: „Die inhaltlichen Grundlagen bleiben auf die groben Orientierungen begrenzt, die sich aus der Wahl des Themenfeldes ergeben. Dies ist für uns die zeitgemäßeste Form (...). Zeitgemäß bedeutet, daß Ausgangslage aller politischen Überlegungen die momentane Situation ist.“ Gesagt ist damit eindeutig, daß man sich der Wirklichkeit gefälligst zu stellen hat und ihr nicht durch Ersatzhandlungen wie der ritualisierten Verhinderung von Naziaufmärschen ausweichen kann. Allerdings hieße das, sich von antiemanzipatorischem Gedankenmüll zu trennen, der sich symptomatisch für linke Bewegungsfetischisten in der Broschüre findet: „Kennzeichen aller modernen Industriestaaten ist die Individualisierung, die Auflösung aller solidarischen Beziehungen, oft von den Einzelnen durchgesetzt mit Selbstbehauptungsrhetorik. Zwangsläufig bedeutet Vereinzelung die Orientierung an individuellen Kosten-Nutzen-Rechnungen als letztem Maßstab.“ Ein Blick ins „Kommunistische Manifest“ auf die dort charakterisierte Rolle der Bourgeoisie oder gar das Lesen der „Dialektik der Aufklärung“ könnte dem linken Kollektivierungszwang und der schändlichen Mißachtung des Individuums Abhilfe verschaffen.
Als eine Art typisch linke Lebenslüge ist obiges Zitat exemplarisch. Obwohl man vom Kollektivgeist schwärmt, hat dieser mit der individuellen Alltagsrealität jedes einzelnen Antifas zum Glück nichts zu tun. Und trotzdem behauptet man es. Insofern ist der Kollektivierungsgedanke heutzutage nur noch Ausdruck einer Verdrängungsleistung mittels linker Ideologie, der zwar zu Zeiten der Bolschewiki durchaus für eine fortschrittliche Modernisierung im Sinne Leninscher Neuer Ökonomischer Politik stand, heute aber nur noch für neue triebökonomische Regression. Worum sich die Transformation der Antifa drehen sollte und über welches antideutsche Stöckchen man zu springen hätte, klingt so: Weg vom Kollektivgeist, hin zur Rettung des Restes an Individualität. Denn heute steht für das einzelne Subjekt im Kapitalismus mehr denn je die Frage, ob dort, wo Es ist, Ich werden soll, oder dort, wo Es ist, die Charaktermaske deutscher Ideologie prangt.
Es geht um die Umkehrung des antifaschistischen Volksfrontgedankens: Wenn das Reich der Freiheit eines sein soll, in dem die Menschen ohne Angst verschieden sein können, dann kann das Reich der Notwendigkeit nur ein Reich der Ich-Stärke sein und nicht das ihrer Auslöschung. Und so kann der Weg zum Ich nicht über das Wir führen, sondern der Weg zum Wir nur über das Ich. Für diese paradigmatische Wandlung wären die Bahnen in der Antifa durchaus geebnet. So heißt es in der AAB-Broschüre: „Konsequenter Antifaschismus begreift (...) den Kampf gegen den Faschismus (...) als Kampf gegen die gesellschaftlichen Bedingungen, aus denen heraus die Bereitschaft der Menschen entsteht, faschistische Denkmuster anzunehmen.“
Wer als Antifa heute immer noch leugnet, daß der Kollektivierungs- und Gemeinschaftsgedanke unter der Herrschaft des gesellschaftlichen Verhältnisses namens Kapital so etwas wie die Urform des Faschismus ist, also genau jene gesellschaftliche Bedingung, aus der der Faschismus erwächst, der kann gar nicht Willens sein, überhaupt zur Kenntnis zu nehmen, daß die Nazis heutzutage wie die Linken argumentieren, es also in der Hauptsache keinen sachlichen Unterschied mehr gibt. Es ist hüben wie drüben derselbe antiimperialistische und befreiungsnationalistische Gedanke, der zur Antiglobalisierungbewegung drängt. Und genau diese Bewegung ist durch den postmodernen Anspruch des Pluralismus das vermittelnde Dritte. Über sie erfolgt die programmatische Verschmelzung zur Einheit des Verschiedenen im Hass auf die USA und Israel.
Es gilt, die völkische Parzellierung der Weltgesellschaft unter antiimperialistischer Führung der Islamisten zu verhindern. Sie würde nichts anderes als ein zweites Auschwitz bedeuten.
Sollte die längst überfälligeTransformation der Antifa scheitern, dann hätte sie sich für die Politik des langen Siechens entschieden. Und das hieße für antideutsche Kritik: Sie können die Antifa jetzt ausschalten.

Sören Pünjer

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last modified: 28.3.2007