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Solidarität über alles!?


LeserInnenbrief

Wer das CEE IEH #87 gelesen hat, wird sicher auch bemerkt haben, dass eine bewegungslinke Einzelkämpferin, die feststellen musste, dass Solidarität nicht mehr die Zärtlichkeit der (bekanntlicherweise nicht existenten) Völker ist, einen Leserbrief an den Autoren des Artikels „Feind-seligkeiten“ (erschienen in Heft #86) namens Andreas verfasst hat.
Die Wahl des Namens „xena“ kommt offensichtlich nicht von ungefähr: Schließlich kämpft sie ja hier in und mit Deutschland für ihre Barbarenfreunde in den Ländern der arabischen Liga und Afghanistan.
Dass die Gegner der Globalisierung (fast alle mit dem schönen Pali-Tuch ausgerüstet) in München teilweise doch per Demonstration ihre „Kritik“ zum Besten geben konnten, hat nicht nur Andreas gemerkt. Dass es schließlich noch zu Ausschreitungen kam, lag an der Kloppgeilheit der DemonstrantInnen (zum Glück waren sie mit den Pali-Tüchern vermummt). Mensch könnte an dieser Stelle bemerken, dass alle Demos in München verboten wurden, aber wenn die Aufrufe schon zum blanken Gewaltfetischismus auffordern, ist es überhaupt nicht verwunderlich, wenn die Staatsgewalt dem ein Riegel vorschieben will. Bei der versuchten Spontandemo in Leipzig tauchte auch die Polizei auf. Solche Schweine: In München dürft ihr schon nichts kaputt machen und dann auch nichts in Leipzig! Schade nur, dass hier dass Feinbild Bulle nicht ganz so greift wie in München, denn in Leipzig wollten sie denen, die demonstrieren wollten, ja sogar das Recht auf eine Durchführung garantieren. Xena fordert eine Kritik an der mangelhaften Durchführung und der inhaltlichen Defizite der Aktion in Leipzig ein, weist Andreas, der genau diese eingeforderten Dinge durchgeführt hat, aber Paranoia nach. Zur Durchführung gab es nichts zu sagen, zur inhaltlichen Kritik aber schon. Wie sie Andreas aber dann Paranoia im konkreten nachweisen will, ist unklar, die Behauptung hingegen „scharf und unsachlich“, ganz nach Bewegungslinker Manier.
Sie fordert eine Kritik, nichts anderes hat Andreas getan, nur nicht „auf (ihrer) Linie“. BÖSER Andreas, dass du nicht verstanden hast, dass es laut xena darum geht, gemeinsam dem Feind (irgendwie der Staat, die Kapitalisten (wenn mehr nachgedacht: der Kapitalismus) und die Rechten oder so…) ins Auge zu schauen, ihn zu bekämpfen und nicht den Zustand der Linken zu kritisieren!!!
Ihrer Meinung nach unterbleiben „Diskussionen miteinander, also die Austragung krasser Differenzen auf politischer Ebene“, aber was bitte hat Andreas denn sonst anderes gemacht? Xena fordert eine Solidarität mit Linken, die „eine verkürzte Analyse der kritisierten und bekämpften (!) kapitalistischen Verhältnisse“ haben. Warum? Müssen wir uns jetzt auch mit der NPD und Attac verbrüdern, nur weil auch eben jene „eine verkürzte Analyse der kritisierten und bekämpften kapitalistischen Verhältnisse“ propagieren?! Werden wir uns morgen alle mit dem besten Freund Israels, Arafat, über die Notwendigkeit Israels, natürlich nur konstruktiv, unterhalten?
„(…) das visionäre Reflektieren einer befreiten nachkapitalistischen Gesellschaft (…)“ gehört für xena zum guten Ton einer solidarischen Linken, die mit einem „(…) Meinungspluralismus, dem klare Kriterien (…)“ zugrunde liegen, einen „(…) Ausblick auf die Überwindung des Kapitalismus für sich gewinnen“ will. Dies ist leider nicht möglich, da mensch als bürgerliches Subjekt mit seinem Denken in dieser Gesellschaft verhaftet ist.
Zu den „klaren Kriterien“ gehört ihrer Meinung nach ebenfalls „eine kompromisslose Ablehnung des Antisemitismus“, nur: wenn sie in einer „Diskussion miteinander, also die Austragung krasser Differenzen auf politischer Ebene“ alle Kritiken an ihrer „verkürzten Analyse der kritisierten und bekämpften kapitalistischen Verhältnisse“ als „Paranoia“, „Andissing“ und „egozentrische, selbst überhöhte Polemik“ abtut, dann wird sie nie verstehen, was (struktureller) Antisemitismus ist und ihr wird auch nicht geholfen werden können, was ihre „inhaltlichen Defizite“ betrifft.
Auch wenn xena sich mit jedem solidarisieren will, der die „gängige linke Praxis“ verfolgt, die Andreas auch kritisiert, legen wir keinen Wert auf eine Solidarität mit Antisemiten wie Yassir Arafat und Saddam Hussein, dem größten Feind des Glücksversprechens der bürgerlichen Gesellschaft (Kapitalismus), die von der Linken in den Himmel gehoben werden und Koryphäen aus der Zeit der Sit-ins, wie die Antisemiten Joseph Fischer und Horst Mahler (beide werden seltsamerweise nicht über den grünen Klee gelobt) welche sind, von denen behauptet wird, dass sie einmal links waren. Na ja, xena war bestimmt auch mal linksradikal, aber ihr „Meinungspluralismus, dem klare Kriterien“ gesetzt sind, lässt das nicht zu. Mit den ersten beiden Globalisierungsgegnern fordert sie wahrscheinlich trotz „inhaltlichen Defiziten“ die Solidarisierung von der gesamten Linken, mit den letzteren beiden fallen erstaunlicher Weise unter die „klaren Kriterien“ ihres „Meinungspluralismus“.
Wenden wir uns nun dem, häufig und strukturell antisemitischen, Netzwerk „indymedia“ zu. Xena kritisiert, dass es in der Schweiz Menschen gibt, die beim Thema Antisemitismus sich nicht mehr mit denjenigen solidarisieren wollen, die antisemitisch sind, und statt dessen diese Menschen kurzer Hand anzeigen, eine vielleicht harte Methode, zumal in der Schweiz bei der Anzeige die Autoren nicht angezeigt wurden (werden konnten), doch es gibt nun einmal Menschen, die sich mit Antisemiten nicht solidarisieren wollen, wir zählen uns dazu. Bei der Bekämpfung von Antisemitismus ist auch die in Anspruchnahme des Staates gerechtfertigt, dazu die „Stellungnahme zu antisemitischen postings bei indymedia“ verfasst durch F.E.P.A..
Nun zu Israel, wenn für xena die Fakten, die Andreas, nach dem Zitat von Urs Pollatschek an das Tageslicht bringt, einseitig sind, was sind dann die vermeintlichen Fakten in den deutschen Medien (TAZ, RTL und ARD, um nur einige Beispiele zu nennen)
Um zum Schluss zu kommen, verweisen wir auf einen Artikel aus der Jungle World #15 2002, „Der letzte linke Student XVII – Durchkreuzt ihre Pläne!“, von Jörg Sundermeier. Aus eben jenem Artikel folgendes Zitat: „Der letzte linke Student hat in dem Magazin, das er manchmal liest, einen Artikel gefunden, dem er nicht zustimmt. Was nicht schlimm wäre: Denn wenn einem was nicht passt, dann kann man einen Leserbrief schreiben. Das ist konstruktiv. Und wenn einem später wieder was nicht passt: Dann kann man aufhören, das Magazin zu lesen. So hat er es schon öfter gehalten. Und: Es hat ihm gut getan. Nun aber: Dieser Text ist besonders falsch. Denn: Er diskreditiert das, wofür wir stehen. >>Wir<< ist hier: wir. Und >>stehen<<: das ist das Linke. Der Text aber ist nicht links, merkt der letzte linke Student. Weil: der alles diskreditiert und damit kaputt macht und damit zerstört und damit den Nazis zuspielt. Demzufolge ist der Text eigentlich sogar einer von rechts! Und die Rechten wiederum: Das sind die anderen. Wenn aber etwas schlecht ist in der Welt, dann muss man etwas tun. Doch: Allein machen sie dich ein. Folglich geht der letzte linke Student sich organisieren.(…) Niemand aber sieht ein, dass all das, was die Linke spaltet, der Rechten zuspielt. Und niemand sieht ein, dass das schlimmer ist als Antisemitismus.“
Lang lebe Israel! Für den Kommunismus!

Ernie und Bert

Alle verwendeten Zitate, wenn nicht anders gekennzeichnet, sind dem Brief von xena entnommen.

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last modified: 28.3.2007