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Im Folgenden dokumentieren wir einen Aufruf des Berliner Bündnis gegen IG Farben zur Konferenz „Es geht um Israel“, welche vom 10.-12. Mai in Berlin stattfindet.
dokumentation, 1.1k

Es geht um Israel


Nach der bedingungslosen Kapitulation Nazideutschlands am 8. Mai 1945 begann für die jüdischen Überlebenden, die Konzentrationslager, Exil, Widerstandskampf und Illegalität überlebt hatten, die Suche nach einem Ort, der wirkungsvollen Schutz vor Antisemitismus bieten könnte. In einer nationalstaatlich organisierten Welt, in welcher der Antisemitismus zuerst trotz und dann wegen Auschwitz weiterweste, lag der Schluss nahe, zu diesem Zweck einen eigenen Staat zu gründen. Zwar gab es die zionistische Bewegung schon zuvor, die aus der Erfahrung des sich schon Jahrzehnte vor dem Nationalsozialismus abzeichnenden Scheiterns der jüdischen Emanzipation die Forderung nach einem jüdischen Staat aufstellte: die Gründung des Staates Israel am 14. Mai 1948 aber war vor allem eine Konsequenz aus der Vernichtung.
54 Jahre später ist Israel bedroht wie seit seiner Gründung nicht mehr. Es ist nicht nur der palästinensische Terrorismus und die Bedrohung durch die arabischen Staaten: die gefährlichste politische Bedrohung für Israel ist aktuell die Europäische Union. Europa hofiert unter deutscher Führung die Feinde des jüdischen Staates wie Hussein, Al-Assad und Arafat und bedient damit eine europäische Öffentlichkeit, die sich in anti-israelischen Attacken überschlägt. Seit dem Beginn der Al-Aksa-Intifada im Oktober 2000 geht eine Welle der antisemitischen Gewalt durch Europa und die übrige Welt, und ihre Akteure können sich auf eine gesellschaftliche Akzeptanz verlassen, die an die dreißiger Jahre gemahnt. Auf der UNO-Konferenz gegen den Rassismus in Durban ließen die europäischen Staaten es zu, dass die Veranstaltung zu einem Tribunal gegen Israel wurde. Seitdem wird Israel in jeder UN-Resolution schärfer verurteilt. Die anti-israelische Stimmungsmache geht einher mit kulturalistischem Verständnis für noch die grausamsten Auswüchse des islamischen Faschismus. Während man Verständnis für die Motive der Selbstmordattentäter äußert, rufen die israelischen Gegenmaßnahmen nur Empörung hervor. Europa unterstützt die reaktionärsten Regimes im arabischen Raum und konkurriert mit den USA um den Einfluss in der Region; während einige europäische Staaten dabei billigend in Kauf nehmen, dass die Schwächung der amerikanischen Position auch die Schwächung Israels bedeutet, geht es für Deutschland immer noch um die „Vergangenheit, die nicht vergehen will“ (Ernst Nolte).
57 Jahre nach dem 8. Mai 1945 schickt sich dieses Deutschland an, die letzten Symbole der Niederlage zu schleifen. Nicht zufällig findet diese „Enttabuisierung“ des deutsch-israelischen Verhältnisses (Karl Lamers, CDU) zur gleichen Zeit statt wie die des deutsch-tschechischen. Im bloßen Vorhandensein eines Staates, dessen Existenz sich aus den deutschen Verbrechen rechtfertigt, wie in der einfachen Weigerung der Tschechischen Republik, die Benes-Dekrete formal aufzuheben, erblickt die Berliner Republik Hemmnisse für eine Politik, die immer offener an alte Allianzen anknüpft. Die Benes-Dekrete als Ausdruck der Souveränität und Tradition des tschechischen Staates erinnern Österreicher und Deutsche an den kollektiven Charakter der deutschen Verbrechen, und das Festhalten Tschechiens an diesen Dekreten demonstriert zudem, dass man nicht vergessen hat. Aber das Entreebillett für Europa ist heute die Entschuldigung bei den Deutschen: Dieser Logik nicht zu folgen, erheischt Respekt, ebenso wie die Solidarität des tschechischen Ministerpräsidenten mit Israel.
Mit Konferenz und Kundgebung soll die anti-israelische Politik Deutschlands und Europas kenntlich gemacht und zur Solidarität mit Israel aufgerufen werden. Dies ist eine Konsequenz aus der linken Debatte nach dem Massaker des 11. September, das der USA auch als Schutzmacht Israels galt und in den Augen der Mörder keineswegs Unschuldige, sondern „Juden“ traf: Nur eine Minderheit befürwortete ein militärisches Vorgehen gegen den islamischen Faschismus, während die übergroße Mehrheit den Angriff auf die verhasste USA zum Anlass nahm, nach zehn Jahren offensichtlich unfreiwilligem Schweigen zu ihren antiamerikanischen und antizionistischen Wurzeln heimzukehren. Wie die deutsche Politik will sich auch die deutsche Linke nicht mehr von historischen Fesseln und unverstandenen Tabus einengen lassen.
Uns hingegen geht es um Israel, und, indem es um Israel geht, zugleich um alles. Israel ist als jüdischer Staat zur Zeit die einzige materielle Grenze des Vernichtungswahns, der sich schon ganz anders austoben würde, hätte er die Chance dazu. Revolutionäre Gegnerschaft zum Bestehenden misst sich an der Gegnerschaft zum Antisemitismus, weil der Antisemitismus zugleich das gesamte Ressentiment gegen Zivilisation und Individualität enthält.

Programm:
Freitag, 10. Mai, 19 Uhr: Podiumsdiskussion
Die Juden und Europa 2002
Der Antisemitismus in Europa hat seit der Terror-Intifada ein Ausmaß erreicht, dass die permanente Bereitschaft zu Pogrom und dessen Duldung in breiten Bevölkerungsschichten hinlänglich beweist. Zugleich wendet sich Europa – und in Europa Deutschland in besonderer Weise – politisch gegen Israel. Über den Kurs vom Appeasement gegenüber dem islamischen Faschismus zum Antizionismus diskutieren Vertreter aus verschiedenen europäischen Ländern.

Samstag, 11. Mai, Forum 1, 10.00-12.00
Der „ehrbare antisemitismus“: deutsche Linke, die Juden und Israel
Warum reagieren deutsche Linke so empfindlich, wenn ihr Antizionismus als Antisemitismus entlarvt wird? Gibt es einen Unterschied zwischen dem Joseph Fischer, der in Algier Arafat zujubelte, und dem Joseph Fischer, den Arafat in Ramallah herzte? Ist es Zufall, dass die Gegner der Globalisierung auch die Gegner Israels sind?

Forum 2, 12.30-14.30
Islamischer Faschismus: Tugendterror und Elendsverwaltung
Während mit Israel der einzige bürgerlich-liberal verfasste Staat der Region zur Disposition gestellt wird, gilt die Islamisierung der arabischen Staaten als Wiedergeburt der Tradition in Zeiten der Entwurzelung. Warum wird die Rückbesinnung auf die Gemeinschaft in Deutschland so begeistert aufgenommen? Was sind das eigentlich für Staaten, mit denen die Deutschen einen „kritischen Dialog“ führen? Warum fordern Linke ausgerechnet dann Toleranz, wenn die Taliban angegriffen werden? Warum gerät ihre Völkerfreundschaft nicht ins Wanken, wenn die palästinensische Nationalbewegung unverhohlen zum Töten von Schwulen und Juden aufruft?

Forum 3, 15.30-17.30
Grenzen der Emanzipation: Zionismus und Kommunismus
Angesichts des deutschen Faschismus verbündeten sich zuerst in Spanien und später vor allem in Osteuropa zionistische mit kommunistischen Organisationen. Dieses Bündnis wurde seit der Gründung des Staates Israel immer prekärer und zerbrach endgültig mit dem Sechs-Tage-Krieg 1967, als die Linke sich der Solidarität mit den Palästinensern verschrieb. Viele jüdische Kommunisten und Sozialisten gaben angesichts der antisemitischen Wirklichkeit der Sowjetunion ihre Hoffnung auf, dass mit der Weltrevolution der Antisemitismus beseitigt werden würde. Gibt es dennoch verschüttete Verbindungen zwischen Zionismus und Kommunismus?

18.00, Abschlussdiskussion:
Es geht um Israel!
Über die Perspektiven der Kritik an der deutsch-europäischen Nahostpolitik und der Solidarität mit Israel diskutieren die Referenten sowie Vertreter der aufrufenden Gruppen.

Sonntag, 12. Mai, 11.00-13.00:
Kundgebung vor dem Auswärtigen Amt, Werderscher Markt
Solidarität mit Israel! Gegen Antisemitismus, Nationalismus und Antiamerikanismus!

Berliner Bündnis gegen IG Farben
Kontakt und mehr Informationen: www.israel-solidaritaet.com


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last modified: 28.3.2007