Replik zu Norbert Trenkles Weil nicht sein kann, was nicht sein
darf
Über Michael Heinrichs Versuch, die Marxsche Krisentheorie
unschädlich zu machen
von Michael Heinrich
Über gute Argumente und böse Absichten
Als Autor ist man über Besprechungen seiner Arbeiten stets erfreut. Auch
wenn sie äußerst kritisch sind, läßt sich aus der
Auseinandersetzung doch meistens etwas lernen. Der Artikel von Norbert Trenkle
ist nun gleich in doppelter Hinsicht aufschlußreich: er spricht nicht nur
inhaltliche Fragen an, die in meinem Buch Die Wissenschaft vom Wert
behandelt werden, er demonstriert auch eine weitere Facette der für die
Krisis-Gruppe typischen Denkweise. In einer Besprechung von Robert Kurz
Schwarzbuch des Kapitalismus (Konkret 3/2000) hatte ich darauf
hingewiesen, daß Kurz trotz heftigster Abgrenzung vom
Arbeiterbewegungsmarxismus einige von dessen zentralen Elementen
reproduziert: so etwa einen technologisch begründeten
Geschichtsdeterminismus (Einführung der Mikroelektronik führt zum
Zusammenbruch des Kapitalismus) und eine moralische Kapitalismuskritik (der
Kapitalismus wird an Zwecken gemessen, die er überhaupt nicht hat, so
etwa, wenn das Scheitern des Kapitalismus konstatiert wird,
insofern er Arbeitslosigkeit und Elend produziert). Trenkles Text
läßt ein weiteres Element aus diesem Spektrum erkennen: auf
Positionen, die von der eigenen Auffassung abweichen, wird nicht in erster
Linie durch inhaltliche Kritik geantwortet, den Abweichlern werden vielmehr
finstere Absichten unterstellt, aufgrund deren sie überhaupt ihre
abweichenden Positionen vertreten. In der Geschichte der Arbeiterbewegung kennt
man dieses Verhalten von autoritär strukturierten kommunistischen
Parteien. Noch weit mehr Erfahrung damit hat die katholische Kirche und
zumindest an diesem Punkt teilen beide dasselbe Denkmuster. Da sich die
Führung von Partei bzw. Kirche nicht nur im Besitz der einzigen Wahrheit
glaubt, sondern diese Wahrheit auch noch als eine ganz offensichtliche
betrachtet, die jedermann sofort einleuchten müsste, kann Kritik nur zwei
Umständen geschuldet sein: entweder der geistigen Unfähigkeit des
Kritikers oder seiner bösen Absicht, die Verbreitung der Wahrheit zu
verhindern.
Die erste Variante des Umgangs mit Kritikern konnte man bereits in dem von der
Krisis herausgegebenen Manifest gegen die Arbeit nachlesen. Dort
wird im ersten Absatz die zentrale These des Manifests formuliert, dass der
Leichnam der Arbeit die Gesellschaft beherrschen würde und
dass sich alle Mächte rund um den Globus zur Verteidigung
dieser Herrschaft verbündet hätten. Im zweiten Absatz heißt es
dann: Wer das Denken noch nicht verlernt hat, erkennt unschwer die
Bodenlosigkeit dieser Haltung. Denn die von der Arbeit beherrschte Gesellschaft
erlebt keine vorübergehende Krise, sie stößt an ihre absolute
Schranke. Wer also die Weltsicht der Krisis nicht teilt, dem wird ganz
einfach vorgeworfen, er habe das Denken verlernt.
Da mir Trenkle das Denken anscheinend noch zutraut (was mich natürlich
freut), ich aber trotzdem anderes vertrete als die Krisis, schließt er
messerscharf, daß üble Absichten hinter meiner Position stecken
müssen. Trenkle entlarvt diese Absichten bereits im Untertitel seines
Textes: Motiv meiner Argumentation sei der Versuch, die Marxsche
Krisentheorie unschädlich zu machen. Schon auf der ersten Seite
erfährt man dann noch mehr: genau darauf kommt es ihm [als mir,
M.H.] auch an nämlich: eine Kompatibilität
zwischen der Marxschen Theorie und der positivistischen bürgerlichen
Volkswirtschaftslehre (S. 16) herzustellen. Nach einigen weiteren
Entlarvungen kann Trenkle dann am Ende seines Textes triumphierend
erklären: Heinrichs Interesse ist bekannt: eine fundamentale Krise
darf nicht sein (S. 21).
Mit Spekulationen darüber, was eine Kritik jenseits aller inhaltlichen
Argumente motiviert hat, kann man zwar Stimmungen schüren, den Gegner beim
Publikum anschwärzen und die eigene Position immunisieren, die angeblich
gar nicht kritisiert, sondern nur abgewehrt werde; für eine
inhaltliche Auseinandersetzung sind solche Spekulationen aber gänzlich
irrelevant unabhängig davon, ob die vermuteten Absichten vorhanden
sind oder nicht. Dies läßt sich an Trenkle selbst demonstrieren: aus
seinem einleitenden Absatz, daß mein Buch in akademischen
Kreisen als fundiert, der Ansatz der Krisis-Gruppe dagegen
als oberflächlich gilt, könnte man schließen,
daß Trenkle ob solcher Reaktionen doch etwas beleidigt ist (zumal er in
Anm. 14 zugeben muß, daß meine Thesen nicht nur in akademischen,
sondern auch in traditionell-linksradikalen Kreisen positiv
rezipiert werden). Aber selbst wenn dieses Beleidigtsein das Motiv von Trenkles
Kritik sein sollte es wäre für die inhaltliche
Auseinandersetzung völlig irrelevant: denn auch aus einem beleidigten Kopf
kann ein kluger Gedanke oder eine zutreffende Kritik entspringen, mit der man
sich dann inhaltlich auseinandersetzen muß.
Allerdings macht es Trenkle seinen LeserInnen nicht ganz leicht zur
inhaltlichen Ebene seines Textes durchzudringen. Neben der Entlarvung
böser Absichten findet sich bei ihm noch ein weiteres Verfahren, den
Opponenten noch vor der inhaltlichen Auseinandersetzung anzuschwärzen: man
etikettiert die nicht genehme Position mit einem zwar nur vage bestimmten, aber
eindeutig negativ besetzten Attribut. Bei Trenkle spielt diese Rolle der
Ausdruck positivistisch. Ohne auch nur den geringsten Versuch zu
machen, diesen Begriff näher zu bestimmen, wird er von Trenkle geradezu
inflationär verwendet: ich würde positivistisch argumentieren, bringe
typisch positivistische Einwände, würde Marx in einen
positivistischen Ökonomen verwandeln etc. Positivismus war
ursprünglich eine erkenntnistheoretische Richtung, die allein von den
unmittelbar gegebenen Wahrnehmungskomplexen ausgehen wollte. Im
Gefolge des sogenannten Positivismusstreits in der Soziologie in
den 60er Jahren wurde Positivismus im linken Mainstream (der von der Krisis
ansonsten wortreich kritisiert wird) zum weitgehend inhaltsleeren Schimpfwort,
mit dem nicht nur flächendeckend die bürgerliche
Wissenschaft belegt wurde, sondern gerne auch solche Interpretationen des
Marxismus, die von der eigenen abwichen. Diese Tradition setzt auch Trenkle
fort.
Zusammenbruchsdiagnose bei Marx?
Im Zentrum von Trenkles inhaltlicher Argumentation steht wie von einem
Vertreter der Krisis auch nicht anders zu erwarten die
Zusammenbruchstheorie.(1) Die Krisis-Gruppe sieht darin die schärfste Spitze
der Marxschen Theorie. In der Wissenschaft vom Wert hatte ich die
Auffassung vertreten, daß Marx zwar in den Grundrissen von
1857/58 an einer vielzitierten Stelle zusammenbruchstheoretisch argumentiert
habe, im danach entstandenen Kapital aber nicht mehr. Als Beleg
dafür, daß Marx auch noch im dritten Band des Kapital eine
Zusammenbruchstheorie vertreten habe, führt Trenkle die bekannte Passage
aus dem 15. Kapitel an, wo Marx davon spricht, daß die wahre Schranke der
kapitalistischen Produktion das Kapital selbst sei, daß das Mittel
(Entwicklung der Produktivkräfte) in fortwährenden Konflikt mit dem
beschränkten Zweck (Kapitalverwertung) gerate (MEW 25, S. 260). Trenkle
wirft mir vor, ich hätte diese Stelle mit Absicht nur gekürzt
zitiert, um schließen zu können, hier würde es gar nicht um
einen Zusammenbruch gehen. Von Zusammenbruch, unüberwindlicher Schranke
oder irgendeiner Art von Ende des Kapitalismus ist aber auch in der
längeren Textpassage, die Trenkle seinen LeserInnen präsentiert,
nicht die Rede.(2)
Marx spricht nicht vom Ende der kapitalistischen Produktionsweise, sondern vom
beständigen Widerspruch, in der sich diese Produktionsweise
befindet. Dies scheint auch Trenkle irgendwann bemerkt zu haben und so sieht er
sich zu einer bemerkenswerten Hilfskonstruktion gezwungen: ...
darüberhinaus versteht es sich im Kontext der an Hegels Philosophie
orientierten Marxschen Begrifflichkeit auch von selbst, daß ein
beständiger Widerspruch letztlich zu einer endgültigen Aufhebung und
damit in diesem Fall zur Sprengung der herrschenden Produktionsweise
drängt (S. 18, Hervorhebungen von Trenkle). Was sich hier alles
auch von selbst versteht, ist schon erstaunlich. Die Hegelsche
Philosophie eine der komplexesten Gestalten abendländischer
Geistesgeschichte wird auf die simple Aussage heruntergebracht,
daß Widersprüche zu ihrer Aufhebung drängen. Das
Verhältnis Marx-Hegel, ebenfalls kein einfaches Thema, wird darauf
reduziert, daß sich die Marxsche Begrifflichkeit an Hegels Philosophie
orientiert habe, unbestimmter kann man es kaum formulieren. Diese
Unbestimmtheit hindert Trenkle aber nicht, die weitreichendsten
Schlußfolgerungen zu ziehen: Aufgrund dieser Orientierung der
Begrifflichkeit müsse Marx den Zusammenbruch des Kapitalismus im Sinn
gehabt haben auch wenn er nicht davon spricht! Wer solche Konstruktionen
als ernst gemeinte Argumente offeriert, sollte sich eigentlich nicht wundern,
wenn sein Ansatz als oberflächlich gilt.(3)
Profitratenfall: innere Logik der kapitalistischen Produktionsweise oder Sprung in die Empirie?
Für die Frage, ob die Durchschnittsprofitrate langfristig fällt oder
steigt, ist das Verhältnis der Wachstumsraten von organischer
Kapitalzusammensetzung und Mehrwertrate entscheidend. Im dritten Band des
Kapital versucht Marx nachzuweisen, daß die Mehrwertrate
langfristig nicht so stark steigen kann, als daß damit das Wachstum der
organischen Zusammensetzung kompensiert werden könnte. In meinem Buch
versuchte ich in einem ersten Schritt zu zeigen, daß die
Begründungsversuche, die sich dazu bei Marx und in der marxistischen
Literatur finden, unzureichend sind: Mit der im dritten Band entwickelten
Argumentation läßt sich über eine langfristige Bewegungstendenz
der Profitrate nichts aussagen, so meine Folgerung. In einem zweiten Schritt
berücksichtigte ich dann ein Argument, das im dritten Band nicht
auftaucht: eine neue Produktionsmethode wird nur dann eingeführt, wenn das
für sie zusätzlich benötigte konstante Kapital (pro
Wareneinheit) kleiner ist als das (pro Wareneinheit) eingesparte variable
Kapital. Mit anderen Worten: es werden keine Produktivkraftsteigerungen
eingeführt, die beliebig viel zusätzliches konstantes Kapital
benötigen. Mit einer einfachen Rechnung läßt sich zeigen,
daß die Durchschnittsprofitrate nicht sinkt, wenn alle Einzelkapitale bei
der Einführung neuer Produktionsmethoden diesem Kriterium genügen.
Trenkle meint nun, der gerade skizzierte Argumentationsgang sei
bezeichnend für meine positivistische und formalistische
Vorgehensweise (S. 19): ich würde eine zusätzliche Bedingung
einführen, in der das Beweisziel schon enthalten sei und dabei
unzulässigerweise ein Kalkül der einzelwirtschaftlichen Ebene (unter
welchen Bedingungen wird eine neue Produktionsmethode eingeführt) auf die
makroökonomische Ebene (Durchschnittsprofitrate) übertragen.
In seinem Eifer, mich wieder einmal als Positivist zu entlarven, ist es Trenkle
offensichtlich entgangen, daß gar nicht ich es bin, der willkürlich
eine zusätzliche (und noch dazu fragwürdige) Bedingung für den
Einsatz neuer Produktionsmethoden einführt. Vielmehr ist es Marx, der
diese Bedingung im 13. Kapitel des ersten Kapital-Bandes einführt und zwar
nicht als irgendeine, sondern als die zentrale wertmäßige Bedingung,
unter der es im Kapitalismus zur Anwendung von Maschinerie kommt. Ich habe
lediglich dieses Argument aus dem ersten Band (mit voller Quellenangabe) bei
der Diskussion über den dritten Band des Kapital
berücksichtigt.(4) Aber lassen wir die Quellenlage auf sich beruhen und
kommen zu Sache selbst.
Trenkle wendet sich prinzipiell gegen jede Modellrechnerei und
erklärt, es hieße die Marxsche Theorie mißzuverstehen, wenn
man alle Momente formalisieren und in ein mathematisches Modell packen wolle
(S. 20). Nun ist es zwar richtig, daß man nicht die gesamte Marxsche
Theorie in ein mathematisches Modell packen kann, allerdings finden sich bei
Marx eine Reihe quantitativer Aussagen (wie etwa zum Profitratenfall) und auch
die Krisis benutzt solche Aussagen (Schrumpfen der Wertmasse).
Zieht man jedoch quantitative Folgerungen, dann muss man es sich auch gefallen
lassen, dass zumindest diese Folgerungen in einem quantitativen Rahmen
diskutiert und geprüft werden.
Trenkle zieht sich allerdings nicht hinter diesen Generaleinwand zurück,
er versucht auch zu zeigen, daß das von mir herangezogene Kriterium des
ersten Bandes (das eingesparte variable Kapital muß größer
sein als die Zusatzausgabe an konstantem Kapital) nur eines von mehreren
kapitalistischen Motiven sei. Trenkle zählt eine Reihe weiterer Motive
auf, wobei ihm aber offensichtlich nicht immer klar ist, in welchem
Zusammenhang sie zu dem von ihm kritisierten Kriterium aus dem ersten Band des
Kapital stehen. So schreibt er beispielsweise, daß die
Einzelkapitale auch unter dem Zwang stehen im
technologisch-organisatorischen Wettbewerb mitzuhalten (S. 19). Das ist
ja richtig, aber wie setzt sich dieser Zwang durch? Indem mit den technisch
fortgeschritteneren Methoden billiger produziert werden kann. Und warum kann
mit den neuen technischen Methoden billiger produziert werden, obwohl doch die
neue Maschinerie zusätzliche Kosten verursacht? Weil die Zusatzkosten
für Maschinerie geringer sind als das, was an Löhnen eingespart wird,
womit wir wieder bei dem Kriterium wären, das Trenkle gerade loswerden
wollte.
Natürlich können sich einzelne Kapitalisten bei der Einführung
neuer Technologien auch irren (so ist wohl Trenkles Hinweis zu verstehen,
daß es auch gescheiterte Fusionen gibt, Anm. 15), oder es können
neue Technologien eingeführt werden, die kurzfristig Verluste bringen (ein
weiteres Beispiel von Trenkle) aber diese Verluste nehmen die
Kapitalisten doch nur deshalb in Kauf, weil sie sich langfristig höhere
Gewinne versprechen und die kommen eben nur zustande, wenn durch die
Einführung der neuen Technologien die Kosten sinken, wobei wir wieder bei
dem Kriterium aus dem ersten Band wären.
Die Argumentationsweise von Trenkle ist hier aber nicht wegen seiner
unbegriffenen Beispiele interessant, sie ist vor allem in methodischer Hinsicht
aufschlußreich: Trenkle, der mir weiter oben in seinem Text vorgeworfen
hatte, ich würde Marx ein empiristisch-induktives Erkenntnismodell
unterschieben und damit dessen Einsichten in das Wesen und die
innere Logik der kapitalistischen Produktionsweise grundsätzlich
entwerten (S. 16) macht hier selbst einen unreflektierten Sprung in die
kapitalistische Empirie und läßt jede innere Logik der
kapitalistischen Produktionsweise hinter sich. Nur zur Erinnerung: Marx
wollte im Kapital nicht eine besondere Phase des Kapitalismus
analysieren, sondern dessen innere Logik, die allen seinen Entwicklungsphasen
unterliegt (soweit wird wohl auch noch Trenkle zustimmen). Das hat aber
Konsequenzen für die Argumentationsweise (und hier kommt Trenkle schwer
ins Trudeln): Man kann nämlich nicht besondere Bedingungen als
Begründung für allgemeine, dem Wesen der kapitalistischen
Produktionsweise geschuldete Tendenzen anführen. Sowohl im 13. Kapitel des
ersten Bandes (Maschinerie), als auch im 13. Kapitel des dritten Bandes
(Profitratenfall) will Marx allgemeine Tendenzen aufzeigen, die jeder
kapitalistischen Produktion immanent sind, die dementsprechend auch nur aus den
allgemeinen Bestimmungen der kapitalistischen Produktionsweise abgeleitet
werden dürfen. In diesem Sinne führt Marx das Kriterium für die
Anwendung neuer Produktionsmethoden im ersten Band ein: es folgt allein aus der
Bestimmung des Kapitals, daß sein einziger Zweck die Verwertung ist und
nicht aus den besonderen Umständen unter denen die Verwertung stattfindet
(mit solchen Umständen glaubt aber Trenkle, dieses Kriterium relativieren
zu können). Dasselbe gilt für das Gesetz vom tendenziellen Fall der
Profitrate im dritten Band: Marx will demonstrieren, dass es sich um ein
allgemeines Gesetz jeder kapitalistischen Produktion handelt, daher verwendet
er zu dessen Begründung auch nur die allgemeinsten Bestimmungen des
Kapitals und nicht Eigenschaften, die vielleicht in einer bestimmten
Entwicklungsphase auftreten (wie die von Trenkle erwähnte,
gegenwärtig große Steuer- und Abgabenlast zur Herstellung der
Infrastruktur). Will man das Marxsche Gesetz des tendenziellen Falls der
Profitrate ernsthaft diskutieren, dann muß man sich schon auf die
Voraussetzungen einlassen, unter denen es von Marx formuliert wird, und das
sind allgemeine, sich auf die innere Logik der Produktionsweise
beziehende und keine besonderen, aus der jeweiligen Empirie aufgegriffene wie
bei Trenkle.
Die Untiefen der Makroökonomie
Den Streit um das Gesetz vom tendenziellen Fall der Profitrate hält
Trenkle aber sowieso nicht für so wichtig, denn der Kern der
Zusammenbruchsdiagnose würde sich mit ihm gar nicht erfassen
lassen. Diesen Kern finde man vielmehr im Schrumpfen der Wertmasse.
Auch wenn die Profitrate steigt, könne die gesamtgesellschaftliche
Wertmasse abnehmen, womit die Grundlage der Kapitalverwertung also
unterhöhlt wird (S. 19). Das Ganze möchte Trenkle als
kritische Analyse des kapitalistischen Gesamtzusammenhangs
verstanden wissen, während eine Untersuchung der Profitrate auf die
partikulare einzelkapitalistische Perspektive (S. 20) hinauslaufe,
die hier nichts zu suchen habe.
Zunächst einmal fällt auf, daß Trenkle den
Gesamtzusammenhang abstrakt der einzelkapitalistischen Perspektive
gegenüberstellt und darin ganz unkritisch der Unterscheidung von Mikro-
und Makroökonomie der etablierten Volkswirtschaftslehre folgt.(5) In der
Volkswirtschaftslehre wird dabei von den fertigen Phänomenen ausgegangen:
das Einzelkapital und der gesamtwirtschaftliche Zusammenhang werden so
aufgefaßt, wie sie in der Empirie sichtbar sind. Im Unterschied dazu ist
sich Marx darüber im Klaren, dass weder das Einzelkapital noch dieser
gesamtwirtschaftliche Zusammenhang einfach gegeben ist, sondern
erst kategorial entwickelt werden muss. Dabei bedeutet kategoriale
Entwicklung nicht einfach nur Beschreibung, sondern Auflösung
eines realen, in der Empirie vorhandenen Zirkels. Der reale Zirkel besteht
darin, dass sich das Gesamtkapital einerseits aus den Einzelkapitalen
konstituiert, es den Einzelkapitalen andererseits aber den Rahmen ihrer
Bewegung vorgibt: Voraussetzung und Resultat schlagen ineinander um. Marx
löst diesen Zirkel auf, indem er das individuelle Kapital und die
Konstitution des Gesamtkapitals auf der Darstellungsebene jedes Kapital-Bandes
gesondert betrachtet (also gerade nicht in die Empirie springt) und damit eine
ganze Stufenfolge von Vermittlungen erhält, anstatt nur abstrakt zwei
Ebenen gegeneinander zu stellen (vergl. dazu den letzten Teil des neu
eingefügten fünften Kapitels in der Wissenschaft vom
Wert). Für Trenkle reduziert sich dieser komplexe Zusammenhang
darauf, dass es einen Unterschied von einzelkapitalistischer und
gesamtkapitalistischer Ebene gibt, dass auch bei gestiegener Profitrate der
Einzelkapitale die gesamtgesellschaftliche Wertmasse sinken könne, wenn
sich die Zahl der Kapitale vermindert. Soll es sich dabei aber um eine
dauerhafte Tendenz handeln, dann wäre dafür auch eine Begründung
und nicht nur die Konstruktion der bloßen Möglichkeit erforderlich.
Was Trenkle und die Krisis-Gruppe zu begründen versuchen, ist jedoch nur
der zweite Teil der Aussage, das Schrumpfen der Wertmasse.(6)
Daß sich in der unreflektierten Rede von der Wertmasse ein
naiv-substanzialistisches Verständnis von Wert Bahn bricht, welches davon
ausgeht, dass bereits die Verausgabung von Arbeit allein Wert konstituiert,
noch ohne jede gesellschaftliche Vermittlung im Tausch, will ich hier nicht
weiter ausführen.(7) Zumal das von der Krisis behauptete
Schrumpfen noch auf einer weiteren Verballhornung Marxscher
Begrifflichkeiten beruht, nämlich dem Unterschied von im kapitalistischen
Sinne produktiver (mehrwertbildender) und unproduktiver
(nicht mehrwertbildender) Arbeit. Bei Marx hat diese Unterscheidung nichts mit
dem stofflichen Inhalt der jeweiligen Tätigkeit zu tun, sondern mit ihrer
Formbestimmung: Das Backen einer Pizza ist unproduktive Arbeit, wenn es als
persönliche Dienstleistung eines Kochs für den Konsum seines
Arbeitgebers erfolgt (die Pizza ist nicht einmal Ware, sie wird nicht
getauscht); dagegen ist dieselbe Backtätigkeit produktive,
mehrwertbildende Arbeit, wenn sie in einem kapitalistisch geführten
Restaurant erfolgt. Die Krisis löst den formspezifischen Unterschied von
produktiver und unproduktiver Arbeit de facto (eine explizite Klärung der
Begriffe sucht man in ihren Texten vergeblich) in einen stofflichen Unterschied
auf: industrielle Produktionsprozesse seien produktiv,
Dienstleistungen dagegen im wesentlichen unproduktiv (so auch
Trenkle 1999, S.124ff.), müssten also aus den im industriellen
Prozeß geschaffenen Werten bezahlt werden. Da nun gleichzeitig behauptet
wird, daß aufgrund der Einführung der Mikroelektronik die
industriellen Arbeitsplätze in rasendem Tempo verschwinden, ist das
Schrumpfen der Wertmasse im Handumdrehen abgeleitet, was dann auch
noch zum Zusammenbruch des Kapitalismus führen soll.
Was von der Krisis als Schrumpfen der Wertmasse bezeichnet wird,
ist nichts anderes als die Übersetzung eines in Soziologie und
Ökonomie schon lange diskutierten Phänomens des
Übergangs von der Industrie- zur Dienstleistungsgesellschaft
in eine verballhornte Marxsche Begrifflichkeit. Während
bürgerliche Politik und Wissenschaft diesen Übergang feiert, Chancen
entdeckt und riesige Beschäftigungspotentiale sieht, betont die
Krisis-Gruppe immer wieder, daß erstens ein solches
Beschäftigungswunder nicht zu erwarten ist (weder von den
Dienstleistungen noch von einem Akkumulationsschub der
klassisch-industriellen Sektoren) und daß zweitens viele der neu
entstehenden Jobs am Rande der Armutsgrenze entlohnt werden, so daß sich
die Elendsbereiche der Gesellschaft ausdehnen. Beide Punkte sind richtig (und
werden auch keineswegs nur von der Krisis so gesehen) nur hat das alles
noch längst nichts mit einem Zusammenbruch des Kapitalismus zu
tun. Was verschwindet ist der klassische Industriekapitalismus, der in seiner
fordistischen Phase in der Lage war allerdings auch nur in einigen
Ländern und nur für einige Jahre
Vollbeschäftigung herzustellen. Das Verschwinden dieser Form
des Kapitalismus (und jeder Hoffnung auf eine erneute
Vollbeschäftigung) ist aber keineswegs mit dem Ende des
Kapitalismus identisch, wie die Krisis meint.
Eine Debatte über diesen Punkt wird allerdings auch noch dadurch
erschwert, daß in den Texten der Krisis zwar ständig von
Zusammenbruch, Zusammenbruchskrise, Fundamentalkrise etc. die Rede ist, aber
völlig ungeklärt bleibt, wie dieser Zusammenbruch eigentlich aussehen
soll: ist damit eine weitgehende Verelendung, Entzivilisierung und
Brutalisierung der gesellschaftlichen Verhältnisse gemeint (bei
Fortexistenz eines kapitalistischen Kernbereichs) oder tatsächlich ein
Zusammenbruch von Geldwirtschaft und Warenproduktion. Ich hatte diese Frage in
meinem letzten Beitrag in den Streifzügen explizit aufgeworfen, eine klare
Antwort läßt sich bei Trenkle aber auch jetzt nicht entdecken.
Lediglich in einer Fußnote bemerkt er: Mit der Sprengung der
herrschenden Produktionsverhältnisse ist nichts anderes gemeint, als dass
diese an ihre objektive Schranke stoßen, also unhaltbar werden.
(Anm. 8) Wie das aber aussieht, wenn sie unhaltbar werden, das
würde man schon gerne etwas genauer erfahren.
Vom Finanzsystem und mancherlei Fiktionen
Allerdings scheint auch die Krisis-Gruppe in letzter Zeit etwas ungeduldig
geworden zu sein, was den als sicher geglaubten Zusammenbruch des Kapitalismus
angeht. Für dessen Ausbleiben wird der Finanzsektor verantwortlich
gemacht. Hier fände das überschüssige Kapital fiktive
Anlagemöglichkeiten (S. 20), die aber nur zu einer riesigen
Finanzblase führen würden, deren Platzen nicht zu verhindern sei. Wie
schon der Ausdruck fiktive Anlagemöglichkeit andeutet, wird
die Marxsche Kategorie des fiktiven Kapitals hier in einem recht
eigentümlichen Sinne gebraucht, denn eine fiktive Anlage ist
etwas anderes als eine Anlage in fiktivem Kapital. Von Trenkle erfahren wir,
fiktives Kapital sei eine Sonderform des zinstragenden
Kapitals, nämlich diejenige Form, bei der die Ansprüche auf
eine bestimmte Wertsumme und deren Verzinsung nicht (mehr) durch die reale
Verwertungsbewegung gedeckt sind (S. 20). Folgt man dieser Auffassung,
dann wäre fiktives Kapital diejenige Form des
Kapitals, die sich als ungedeckt erweist und somit wertlos wird. Der
Verwertungserfolg bzw. -mißerfolg dient hier zur Grundlage einer
kategorialen Unterscheidung: insofern ist jede Anlage in fiktivem
Kapital automatisch fiktiv im Sinne von wertlos.
Im Gegensatz dazu macht Marx seine Kategorien nicht daran fest, ob eine
Spekulation erfolgreich war oder nicht, ihm geht es bei kategorialen
Unterscheidungen stets um unterschiedliche Formbestimmungen von Wert und
Kapital. Die Kategorie des fiktiven Kapitals führt Marx im
Unterschied zum industriellen Kapital und zum Handelskapital ein: während
beim industriellen Kapital das vorgeschossene Geldkapital den Kreislauf
Geldkapital, produktives Kapital, Warenkapital, Geldkapital vollzieht (beim
Handelskapital den Kreislauf Geldkapital, Warenkapital, Geldkapital), spricht
Marx von fiktivem Kapital, wenn das vorgeschossene Geldkapital zum Kauf von
bloßen Ansprüchen (auf Zins- und Tilgungszahlung bei Krediten, auf
Dividendenzahlung beim Aktienkauf) verwendet wird. Dieser Unterschied ist
deshalb wesentlich, weil industrielles Kapital und fiktives Kapital völlig
unterschiedliche Bewegungsformen besitzen, von unterschiedlichen Momenten
beeinflußt werden etc. All das ist Gegenstand der kategorialen Analyse.
Ob jedoch die Verwertung, die gleichermaßen Zweck des industriellen wie
des fiktiven Kapitals ist, erfolgreich ist oder nicht (ob sich die
Kapitalanlage im nachhinein als fiktiv erweist oder nicht),
konstituiert bei Marx zurecht nirgendwo eine kategoriale Unterscheidung.
Wird nun einerseits davon gesprochen, daß das fiktive Kapital in den
letzten Jahren enorm zugenommen hat (und wenn man den Marxschen Sinn der
Kategorie zugrunde legt, ist dies auch völlig richtig) und wird
andererseits davon ausgegangen, daß dem fiktiven Kapital der Bankrott
immer schon auf der Stirn geschrieben steht, dann ist es natürlich ein
Leichtes zu folgern, daß das ganze Finanzsystem nur in einem großen
Crash enden könne. Daß das Finanzsystem eine Krise zunächst
aufschieben und sie dann verstärken kann, ist unstrittig. Nur reduziert
Trenkle und die Krisis-Gruppe das Finanzsystem allein auf diesen Punkt. Bereits
die Ausweitung von Kreditbeziehungen erscheint dann als Krisensymptom, da der
Kredit dem fungierenden Kapital als etwas völlig anderes
gegenübergestellt wird. Nicht gesehen wird dabei, dass das Finanzsystem
nicht bloß eine äußerliche Zutat zur realen
kapitalistischen Akkumulation ist, sondern dass es dieser inhärent ist.
Sowohl die Notwendigkeit wie auch die Möglichkeit des Kreditsystems
erwächst gleichermaßen aus dem kapitalistischen Geldsystem (vergl.
dazu das dritte Kapitel des ersten Kapital-Bandes) wie auch aus dem
Zirkulationsprozeß des Kapitals (vergl. dazu die Erörterungen zur
Notwendigkeit des wechselseitigen Vorschusses der Kapitalisten bei der
Untersuchung des Gesamtreproduktionsprozesses im zweiten Band des
Kapital). Daß das Kreditsystem das Steuerungszentrum
kapitalistischer Akkumulation ist, wird von Marx schließlich im dritten
Band des Kapital hervorgehoben, aber nur ansatzweise untersucht
(vergl. dazu die Wissenschaft vom Wert, S.299ff). Da Trenkle das
Kreditsystem aber einzig auf das Moment von Krisenaufschub und
Krisenverschärfung reduziert, und mit seinem schiefen Begriff des
fiktiven Kapitals ist auch kaum etwas anderes möglich, ist es
nicht allzu verwunderlich, dass er mir vorwirft, ich würde die
Einheit von Finanzüberbau und Realakkumulation immer schon
harmonistisch voraussetzen (S. 21). Dass die unbewußte
Steuerung der Akkumulation über das Kreditsystem keineswegs
krisenfrei von statten geht, liegt auf der Hand, harmonisch ist
hier gar nichts. Um die tatsächliche Krisenhaftigkeit dieser Steuerung zu
verstehen ist allerdings mehr erforderlich als die gebetsmühlenartige
Wiederholung der Prophezeiung vom großen Crash zumindest sollte
mit präzisen Begriffen gearbeitet werden.
Auch hier kann man, wie schon weiter oben, nur feststellen: wer derart ungenau
mit den verwendeten Kategorien umgeht und zwar den für die eigene
Argumentation zentralen Kategorien wie produktive Arbeit, fiktives Kapital und
Zusammenbruch, der muß sich nicht wundern, daß sein Ansatz als
oberflächlich gilt. Am Eingang seines Artikels bezieht sich
Trenkle auf Thomas Kuhn, der in seinem Buch Die Struktur
wissenschaftlicher Revolutionen gezeigt hat, daß Beiträge, die
später als wissenschaftliche Revolutionen galten, zunächst auf
Ablehnung stießen und als theoretisch indiskutabel angesehen
wurden. Diese Beobachtungen von Kuhn sind vollkommen richtig, nur leider kann
man nicht den Umkehrschluß ziehen, daß das, was abgelehnt wird,
auch schon ein verkannter Geniestreich sei. Vieles von dem, was als
oberflächlich und theoretisch indiskutabel gilt,
ist eben tatsächlich nur oberflächlich und
theoretisch indiskutabel.
Literatur
Grossmann, Henryk: Das Akkumulations- und Zusammenbruchsgesetz des
kapitalistischen Systems, Leipzig 1929.
Heinrich, Michael: Die Wissenschaft vom Wert, 2. überarb. u. erw. Auflage,
Münster 1999.
Ders.: Untergang des Kapitalismus? Die Krisis und die Krise, in:
Streifzüge 1/99.
Ders.: Blase im Blindflug, in: Konkret 3/2000
Kuhn, Thomas S.: Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen, Frankfurt/M.
1976.
Kurz, Robert: Schwarzbuch Kapitalismus, Frankfurt/M. 1999.
Krisis: Manifest gegen die Arbeit, Erlangen 1999.
Trenkle, Norbert: Es rettet Euch kein Billiglohn! in: Robert Kurz, Ernst
Lohoff, Norbert Trenkle (Hg.): Feierabend, Hamburg 1999.
Anmerkungen
(1) Um den Umfang meiner Replik nicht zu sprengen, werde ich im Folgenden nur auf
einige der von Trenkle angesprochenen Punkte eingehen, was aber nicht
heißt, dass es zu den anderen nichts zu sagen gäbe.
(2) Apropos gekürzte Zitate: In Anm. 10 zitiert Trenkle eine Bemerkung von
Marx, worin es um die überflüssige
Arbeiterbevölkerung als Schranke der kapitalistischer
Produktionsweise geht (MEW 25, S.274), was Trenkle als weiteren Beleg für
seine zusammenbruchstheoretische Argumentation ansieht. Von irgendeiner Art von
Zusammenbruch ist dort zwar auch nicht die Rede, dafür aber von
periodischen Krisen, was gerade im Gegensatz zu Trenkles
Zusammenbruchsvorstellung steht diesen Teil des Zitats hat Trenkle
allerdings ausgelassen.
(3) Wundern muß man sich auch über ein anderes Argument. Ich hatte
darauf hingewiesen (Wissenschaft vom Wert, S.360), dass Engels an zwei Stellen
den Begriff Zusammenbruch bzw. Zusammenbrechen in den
Marxschen Text aufgenommen hatte (ohne dies als eigene Formulierung kenntlich
zu machen, so daß die Leser annehmen mussten, Marx habe so formuliert)
und dass Engels in einem gekennzeichneten Einschub von der
altersschwachen kapitalistischen Produktionsweise spricht, die sich
mehr und mehr selbst überleben würde (MEW 25, S.273).
Daraus hatte ich gefolgert, dass die Engelssche Edition des dritten Bandes (die
auch nach wie vor in MEW 25 vorliegt) zusammenbruchstheoretischen
Interpretationen, wie sie dann z.B. von Henryk Grossmann (1929) vertreten
wurden, Vorschub geleistet habe. (Dies gilt unabhängig von Engels
eigener Auffassung eines Zusammenbruchs, auf die sich Trenkle in
seinem Artikel kapriziert). Trenkle meint nun, mein Verweis auf Engels sei
schon deshalb absurd, weil sich der gekennzeichnete Engelssche Einschub 13
Seiten hinter der oben angesprochenen Stelle (MEW 25, S.260) befindet, auf die
er seine eigene zusammenbruchstheoretische Interpretation hauptsächlich
stützt: als ob eine Passage, die sich auf S.273 befindet nicht auch das
Verständnis von S.260 beeinflussen könnte. Wie um Himmels willen
werden bei der Krisis eigentlich wissenschaftliche Texte gelesen?
(4) Dies macht Marx nicht, wobei allerdings zu bedenken ist, daß das
Manuskript des dritten Bandes nicht nur ein Fragment blieb, sondern auch vor
dem Manuskript zum ersten Band geschrieben wurde. In manchen Punkten ist der
erste Band daher theoretisch weiter fortgeschritten als der dritte Band.
(5) Auch explizit spricht Trenkle nicht nur in seinem Streifzüge-Artikel
ohne jede kritische Distanz vom makroökonomischen Zusammenhang
(S.19, vergl. auch Trenkle 1999).
(6) Profit und Profitrate verschwinden in den neueren Veröffentlichungen der
Krisis völlig aus ihrem Blickfeld. In einem anderen Text heißt es
bei Trenkle der objektivierten Logik der Kapitalverwertung komme es
nur darauf an wieviel ökonomischer Wert produziert
werde (Trenkle 1999, S.115) und im Manifest gegen die Arbeit ist
davon die Rede, daß das Kapital davon lebe massenhaft menschliche
Energie durch Verausgabung von Arbeitskraft in seine Maschinerie aufzusaugen,
je mehr desto besser (Manifest, S.27). Aber weder das Einzelkapital noch
das Gesamtkapital saugt Arbeit um der Arbeit willen auf oder produziert Wert um
des Wertes willen: Zweck der kapitalistischen Produktion ist immer noch
Mehrwert und Profit.
(7) In seinem Artikel macht mir Trenkle den Vorwurf, den Wert zu einer Kategorie
der Zirkulation zu machen (S. 16). Wenn man wie Trenkle meint, der Wert
müsse doch entweder in der Produktionssphäre oder in der
Zirkulationssphäre entstehen und man ihm sagt, der Wert des Brötchens
entsteht nicht in der gleichen Weise in der Backstube wie das Brötchen
selbst, dann muß sich ihm natürlich die Folgerung aufdrängen,
hier werde die Entstehung des Werts in die Zirkulation verlagert. Das Problem
ist jedoch, dass bereits die Frage: entsteht der Wert in der
Produktionssphäre oder in der Zirkulationssphäre falsch gestellt ist.
Vergl. zur Kritik am Substanzialismus von Trenkles Wertauffassung meinen
früheren Beitrag in Streifzüge 1/99.
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