Es hätte so schön werden können: das Internet-Magazin Etuxx
(www.etuxx.com), das Diskussionen unter linken Schwulen voranbringen will, ist
schick anzuschauen und wird bei denen, die es angeht, gut aufgenommen. Seit
über einem Jahr wird frei von der Leber weg drauflosdiskutiert. Anfangs
war das gut und schlecht zugleich. Heute ist es nur noch schlecht.
Mausebär sieht schwule Wirrköpfe am Start.
Etuxx (www.etuxx.com) ist ein redaktionell betreute(s)
interaktive(s) Magazin mit Informations- und Diskussionsforum
für Schwuchteln, Tunten, Tucken, Schwule und falsch Gepolte.
An sich eine schöne, begrüßenswerte Sache: Linke Schwule
diskutieren alles von Lebenshilfe und Fickproblemen über queer politics
bis zu aktuellen Entwicklungen. Eine Redaktion fühlt sich für die ca.
zweimonatlich wechselnden Themen verantwortlich, auf Anregungen und
Beiträge von außen wird aber auch gern und oft zurückgegriffen.
Anfangs lief alles prima: die Diskussionen waren lebhaft, doch man war sich gut
und konnte v.a. bei: Genua, Sexsucht, schwule Spießer, Homo-Ehe,
dreckiger Punkersex von einem gefestigten Grundkonsens
ausgehen. Auch ich hatte viel Freude mit Etuxx und bekam ein paar noch heute
beherzigte Tipps.
Was allerdings seit einiger Zeit dort abgeht, zieht nicht nur der
wertkritisch-antideutschen Trine die Boots aus.
Skinheads und kein Ende
Offenkundig ein Kollateralschaden, die Skins wurden mit Nazis
verwechselt. Eine häßliche Sache, die zum Nachdenken anregen
könnte, bspw. darüber, weshalb zwei Schwule sich dafür
entscheiden, so rumzurennen, als sei man jemand, der sich nun mal gern
prügelt. (Völlig egal, ob linke oder Faschoglatze. Boots, Glatze und
B-Jacke lassen bei beiden im Auge des Betrachters nicht unbedingt den Eindruck
entstehen, als würden ihre Träger gern bei Rotwein und
Räucherstäbchen die neuesten queer-Texte diskutieren.).
Doch was passiert statt dessen? Über einige aufgebrachte
Tunten suchen die Verrückten die Öffentlichkeit,
lecken sich bei Etuxx und Indymedia ihre Wunden. Jene Autoren des Beitrags
schaffen es, eine ganze Zeit lang erfolgreich den Eindruck zu erwecken, als sei
die Attacke ein schwulenfeindlicher Überfall gewesen und keine
Verwechslung. Und fast keiner ruft STOP, wenn die Schwuchtelskins samt
durchgedrehten Queer-Sympathisanten sich über Monate als die
Hauptverfolgten der bösen, bösen Mackerantifa wähnen
können.
Offensichtlich verblödet man im zweiten Berliner Schwulenkiez schneller
als anderswo, hat aber das Glück, dass die eigene Doofheit sofort von
altlinken Gutmenschen mit ihrer ganzen Angst und Betroffenheit abgesegnet wird.
Einer von denen ist ein gewisser Moritz:
1.) faschos erkennt man nicht an den klamotten, sondern an den taten 2.)
wenn wir davon wegkämen faschismus zu definieren über die uns
vertrauten theorien, sondern unsere eigenen (und das geht uns ALLE AN)
faschistoiden verhaltensweisen häufiger hinterfragen würden,
wären wir schon einen schritt weiter. 3.) zum faschismus gehört eine
ganz klares männerbild, und das ist hier, wenn ich richtig gelesen hab,
auch munter von einigen linken reproduziert worden lauter krieger und
helden 4.) angst machen mir nicht die skins auffer strasse. die sind
kanonenfutter. angst machen mir einflussreiche intelligente schlips und
kragenträger in der uni der wirtschaft den werbefirmen den zeitungen den
büros... und leute , die mir sagen, dass ich ein fascho bin, weil ich
fleisch/käse esse, ne glatze habe und mir deshalb aufs maul hauen
verbal und anders
Wir lernen: Skinheads sind nicht das Problem. Das Problem sind die
political-correctness-Aufpasser aller Couleur, die unsern linken Spießern
den Spaß verderben und sie wieder und wieder zum Denken nötigen
wollen. Antifas wollen Krieger und Helden sein. Wir sind zwar alle Faschisten,
Schuld an der ganzen Gewalt sind aber die Herrschenden. Herrschende sind
Vegetarier und tragen Schlips.
(Welchen Eindruck will eigentlich eine als Skinhead verkleidete Schwuchtel
erwecken? Den eines sanftmütigen Rehes, einer Queer-Diskutantin - oder
vielleicht doch eher den eines Kriegers und Helden?)
Mit fickrigen Augen stehen sie da, unsere schwulen Glatzen, und wollen
ALLES: Macker sein, harten Sex haben, sich an eine unbegriffene Subkultur
ranschleimen, sich nichts verbieten lassen und trotzdem keine Sekunde auf der
Straße gefährdet sein von Antifas. Denn sie sind doch schwul!
Außerdem heißt Skinhead nicht gleich Fascho. (Das erzählen sie
dir im etwa zehnten Jahr des schwulen Skinheadkults immer noch mit
geheimnisvoller Wichtigtuerei. Die Belesenen von ihnen fügen noch
irgendwas von Ska, und Oi! und so dazu. Also, noch mal von mir: Zum
Skinheadkult gehört nicht nur das Saufen, sondern auch das Prügeln
mit wem auch immer nun mal dazu.)
Unsere Queer-Gurken scheinen die Diskurse wie gesagt mit ca.
zehnjähriger Verspätung durch betont männliches Auftreten
verunsichern zu wollen, nachdem das mit dem Kleidchen gesellschaftlich
irgendwie nicht so wirkungsmächtig war. Man schwatzt denselben beknackten
Mist wie früher, zieht sich aber einfach an wie alle Fetisch-Schwuchteln,
nämlich so, als würde man jede Tunte zusammenschlagen wollen.
Subversion in Zeiten der Krise.
Sie wollen ALLES und nicht EINMAL dafür einstehen. Statt dessen
sülzt man was von Tätern und Opfern und vergleicht den Vorfall mit
einer Vergewaltigung. Das, was die dumpfnasigste Faschoglatze und die
puschligste Punkertrine gleichermaßen gelernt haben, nämlich, dass
man u.U. aufs Maul kriegt, wenn man zur falschen Zeit am falschen Ort ist, soll
für unsere schwulen Skinheads nicht gelten. Sie spielen mit
dem Furchterregenden ihrer Erscheinung und wollen nichts für diesen
psychischen Gewinn zahlen. In der Epoche des Äquivalententauschs kann das
nicht gutgehen.
Weniger verästelt drückt das eine Freundin aus: Wer so rumrennt,
sollte auch zurückschlagen können! Ich füge hinzu: Wer das nicht
kann, dem bleibt noch: die Fresse zu halten oder in Zukunft sich anders
anzuziehen, damit man wenigstens von den Richtigen auf die Mütze kriegt.
Antizionismus das kommende Ding der Schwulen
Wenn das ganze Skinheadgeseier nur lächerlich ist (und das seit Jahren),
so ist es die Diskursverschiebung im Zeichen des Antizionismus überhaupt
nicht. Nach dem 11. September entweicht nun auch die allerletzte Hetze gegen
Israel und die USA dem Giftschrank. Die Grenzen vom Antizionismus zum
Antisemitismus sind wie immer fließend und werden bei Bedarf
überschritten.
Natürlich sind unsere Linken angesichts des WTC-Anschlags und der Folgen
wieder mal ratlos und haben Angst. Nun ja, man
hätte es wissen müssen: Bei Etuxx treffen Provinzschwuchteln auf
altlinke Berliner Strukturen, da hat die Emanzipation nun mal nix zu lachen,
ganz im Gegensatz zum ausufernden Betroffenheitsgesülze, das immer noch
für links gehalten wird.
Das Gefährliche ist nur, dass die deutsche Friedensbewegung mit
Betroffenheit und Angst ihre Hetze noch immer begonnen
hat.
Jedenfalls sind unsere Ratlosen dabei auf der großen
Friedensdemo:
einige ratten werden jedenfalls die rosa fahne mit dem stöckel im
schwarzen stern am Sonnabend vor dem roten rathaus in berlin hochhalten
Toll. Vereint mit Pack, das auf einem Plakat die Kriegsschuld der
Amerikaner an sich (Hiroshima! Dresden!!) zum Thema machte.
Mutti hat noch Probleme:
es sind wohl die Reste der wiedererstarkenden Friedensbewegung die zum
Roten Rathaus aufrufen. Also die gleichen Koalitionen die in den 80igern den
atomaren Holocaust verhindern wollten und 91 gegen den Golfkrieg
waren. Gehören wir dazu?
Lore allerdings sieht alles im Fluss:
Im Moment ist alles im Entstehen und kann noch beeinflusst
werden.
Und es gibt ja nicht nur den Frieden. Bewegungsnudel Stjopa wittert politischen
Mehrwert:
Und sich mit Leuten zu treffen, die derselben Meinung sind ist ja so
schlecht nicht. Und wenn die dann noch fragen, was die Rosa Fahne mit dem
schwarzen Stern denn bedeutet und erfahren, dass wir für den
Intersexuellen Anarchismus kämpfen, dann hat es vielleicht
doch einen kleinen Sinn enthalten.
Es könnte eitel Harmonie herrschen, doch irgend jemand regt sich wieder
über Schwule im Skin-Outfit auf. Und dann stellen sich die Verbindungen
unter der Hand her. Cheftrine Lore verfügt souverän darüber, wie
weit die Diskussion schon war und segnet wieder mal das Skin-Sein ab, diesmal
mit ganz eigener Wendung:
Hey, hey, was sollen jetzt diese Generalanschuldigungen an linke schwule
Skins. Wir waren in der Diskussion schon weiter. Kein einziger der schwulen
Skins hat was mit plumpem Antiamerikanismus am Hut und Solidarität
mit Palästina ist auch noch nicht per se faschistisch, lieber B.
Jetzt fahr mal wieder unter.
Es geht aber noch dümmer. Orca:
die wollen nur unser geld ist doch nicht Antisemitismus,
sondern die Beschreibung des Finanzamtes und der Allianz. ;-)
Kein Gedanke daran, dass Antisemitismus eine Denkform ist, die ohne empirische
Juden auskommt. Wer über die Geldhaie des Finanzamtes redet, meint
Deutschland und kann also gar nicht antisemitisch diskutiert haben. Orca
weiß es einfach nicht besser, die Auseinandersetzungen der letzten Jahre
über Antisemitismus sind spurlos an ihr vorbeigegangen, sie plappert
drauflos, wie ihr der Schnabel gewachsen ist. Gegen B. gewandt, der einige
Essentials des Antisemitismus korrekt darstellt:
Dein Anti-Antisemitismus ist nicht weniger krank als seine Vorlage
eine bloße Umkehrung der Vorzeichen. Und ich kann auch keinen Unterschied
der Projektion allen Bösen auf George Bush oder auf bin Laden oder auf die
Juden sehen. Wie die Rassisten überall, so sind auch Fundamentalisten
jeden Gottes und jeder Ideologie Arschlöcher. Jemand, der arbeitet, ohne
Schweiß zu vergießen, und kein Jude ist. Nur n
Kulturbolschewist. (...)
Und natürlich sind die USA das Hauptland einer weltumspannende
Finanz- und Handelsmacht, deren Profitstreben... das Elend der
Völker zu verantworten hat: völlig egal wie
jüdisch die Wallstreet sein mag, auch wenn bin Laden durch nichts zum
Vorkämpfer der Verdammten der Erde legitimiert ist und ich im Pentagon nu
wahrlich alles mögliche sehe, aber bestimmt nicht den Hort von
Liberalismus und Kosmopolitismus.
Sie, Orca, sieht jetzt mal davon ab, wie viele Juden da so an der Wallstreet
rummachen. Gibt ja auch viele böse deutsche Geldschweine (s.o.: Allianz,
Finanzamt). Anti-Antisemitismus ist krank. Im Übrigen hat sich
nichts gegen Juden. Einige ihrer besten Freunde sind Juden. Oder? Wozu
versteigt sich die so traurige wie wütende Orca
noch?
Und mir ist die undifferenzierte Antikriegsbetroffenheit hundertmal
lieber als die undifferenzierte Kriegsbesoffenheit der braven Deutschen, die
mit CDU und SPD und Grünen, BILD und bahamas endlich auch mal als ein Volk
wie Papa und Opa ins Schützenloch dürfen, das der Arsch der USA ist.
Und diesmal sind sie über den Verdacht des Antisemitismus erhaben, weil
sie ja für die USA, also für Israel schießen wollen. (...)
wieso ich in dem Zusammenhang Israel Solidarität bezeugen sollte, ist mir
nicht helle.
Kein schwuler Skinhead kommt drauf, dass man in Israel in selbstgewählten
Klamotten (samt Boots mit irgendwiefarbigen Schnürsenkeln) rumlaufen darf,
in der islamischen Welt bspw. es aber mit dieser offensichtlich wichtigsten
Freiheit nicht so weit her ist. Es ist auch egal: Es geht ja ums große
Ganze, glücklicherweise nicht bei uns.
Nahezu nichts aus dem Schatzkästlein des normalen Antizionismus fehlt bei
Orca, auch nicht die Stilisierung zum unverstandenen Opfer:
Demokrat (und gar queer) ist nur noch, wer der Meinung von Bush, Sharon
und Schröder ist, na gut. Bin ich halt ein Fascho, aber wenigstens nicht
alleine.
Nein, alleine ist sie damit nicht. Folgendes beispielsweise denken einige
tausend NPD-Anhänger auch:
Ich denke, einem in einem Pali-Flüchtlingslager heranwachsenden
Selbstmord-Attentäter ist der deutsch organisierte Holocaust berechtigt
ziemlich egal: der reagiert auf die Israelis, wie er sie selbst erlebt.(...) In
diesem Fall entzögen allerdings Wohnung und Arbeit dem Extremismus
moralische Rechtfertigung und das menschliche Bomben-Material.
http://www.etuxx.com/diskussionen/foo075.php3
Wohnung und Arbeit für alle, das ist ihre ganz pragmatische Lösung.
Nur nicht von Krise reden; im übrigen sind die Israelis selbst schuld,
solange sie die Angehörigen der Terrornetzwerke des Gazastreifens nicht
mit Wohnung und Arbeit versorgen. Der rasende Vernichtungswillen
palästinensischer Selbstmordattentäter ist eben eine pure Reaktion
auf die Israelis. Im Übrigen seien die Märtyrerjungs
bloß ein bißchen verrückt.
An mich gewandt:
nu komm aber mal aus Deinem israelischen Schützengraben raus. (...)
Jede Wette, daß die das Märtyrertum übenden Jungen noch nie vom
Holocaust gehört haben! Ja, ihre Motive sind weltprovinziell,
unaufgeklärt, biblisch schlicht und eben weder deutsch
antisemitisch noch deutsch antiantisemistisch
Es ist so jemandem wie Orca selbstverständlich auch egal, dass es sehr oft
nicht Jungen, sondern Schüler und Studenten sind (50% der
Selbstmordattentäter des Gazastreifens hatten sogar einen akademischen
Abschluss!), die da die Mission haben, sich an belebten Straßenkreuzungen
Israels in die Luft sprengen zu müssen. Dass die Jungen eben
nicht das Ziel eines besseren Lebens oder auch bloß das einer
Rückgabe der besetzten Gebiete, sondern nur das eine und einzige haben, so
viele wie möglich Israelis in den Tod zu reißen und ihre Leiber zu
zerfetzen, übersieht unsere dümmliche Sozialrevolutionärin
geflissentlich. Sie muß und will auch nicht wissen, welches perverse
Spiel die Hamas spielt. Sie sülzt einfach so vor sich hin in diesem
aufdringlichen Genöhle, das immer wieder die Schuld für die
Anschläge bei Amerika und Israel sucht und auf Rückfrage sagt, dass
sei selbstverständlich nicht antisemitisch, außerdem würde man
Coca Cola trinken.
LiebeR gebildeteR CEE-IEH-LeserIn: Es geht hier nicht um die Legitimität
des Krieges gegen Afghanistan, oder um die Kritik einer durchgeknallten
Hau-drauf-Position, wie sie die Zeitschrift Bahamas einnimmt. Wir
haben es mit einigen Reflexionsstufen tiefer zu tun, mit der Denksimulation von
Leuten, die Kapitalismus als Ausbeutung armer Menschen durch böse Menschen
versteht. Auch hier bei Etuxx wird die finale Krise linker Bewegungspolitik
fühlbar. Oder wie ein gewisser Ralf mal knackig formuliert hat: Der
antideutsche Lack ist ab.
Intern: Nein, nicht HipHop, lieber Sascha Antisemitismus wird das
kommende Ding der Schwulen.
Sexistische Bellicisten
Justus Wertmüller, Bahamas-Redakteur mit Profilneurose hält auf
einer Veranstaltung der Gruppe Les Madeleines einen Vortrag. Dort soll er
die medizinische Verstümmelung von Zwittern gerechtfertigt
haben, wie Gigi schreibt. Er hätte mehr als nur Ekel gegenüber
Zwittern gezeigt. http://www.etuxx.com/diskussionen/foo107.php3
Gigi gibt Wertmüllers angebliche Position wieder: Es sei
die chirurgische und hormonelle Zuweisung von Zwittern in
möglichst früher Kindheit als vernünftiger Umgang
mit dieser zwigeschlechtlichen Disposition zu bewerten (sei).
Jedenfalls dann, wenn man Vernunft am Höchstmaß von
späterem sexuellen Glück messen wolle
Was sagt er wirklich? In holprigem Deutsch, das der Vortragssituation
geschuldet ist:
In falschen Zeiten, also den unseren, will mir immer noch scheinen,
daß dies wohl noch das Vernünftige, wenn man Vernunft am
Höchstmaß von sexuellem Glück, späterem sexuellen
Glück für den Betroffenen messen will, Umgang mit dieser
zwiegeschlechtlichen Disposition zu sein.
Gigi lügt also dass sich die Balken biegen. Die Äußerung mit
dem Ekel ist im ganzen Vortrag nicht aufzufinden und aus einer (und seis
aus taktischer Rücksicht vor dem Publikum) geradezu zaghaft formulierten
Vermutung (will mir scheinen) bastelt Gigi ein klares Statement,
das dem Bahamas-Redakteur untergeschoben wird. Gänzlich unter den Tisch
fallen die falschen Zeiten, die so vermutlich
Wertmüllers unausgesprochener Gedankengang nur immer schon falsche
Handlungen zulassen.
Wiederum: Es geht nicht um die Grundverrücktheit, die die meisten
Statements der Bahamas und von Justus Wertmüller insbesondere
auszeichnet. Auch nicht darum, dass ein heterosexuelles, tabubrecherisches
Mackerchen sich in Pose wirft und glaubt, mit den üblichen Annahmen
über die zivilisatorischen Errungenschaften des westlichen
Kapitalismus und Verweisen auf die Dialektik der Aufklärung
ließe sich klären, was in falschen Zeiten das irgendwie angebrachte
sei. Es geht nicht um die Selbstherrlichkeit mit der Wertmüller als
bürgerlich-souveränes, männliches Vernunftsubjekt sich über
klar formulierte Positionen von Zwiegeschlechtlichen hinwegsetzt
und aus der Kalten verfügt, was sexuelles Glück ist und was nicht. Es
geht hier um Etuxx und den dumpfen Reflex einer in altautonomer Verblödung
erstarrten schwulen Linken, auf alles draufzuhauen, was nicht in das wabernde
Eiapopeia eben dieser schwulen Lebensgefühlslinken passt.
Gigi wäscht schmutzige Wäsche (Verletzte Eitelkeit? Besser, man kennt
sich in Berliner Strukturen nicht so aus...) und beruft sich dabei
perfiderweise auch noch auf die Entzauberung der
Bahamas durch Autoren der Gruppe Krisis, die zu diesem Thema ja nun
wirklich nichts gesagt haben. Jedenfalls muß Justus auf die Couch des
Analytikers:
...möchte ich doch einmal darauf aufmerksam machen, wie sehr der
ekel des sich sonst so schwulenfreundlich gebenden referenten gegenüber
zwittern eine verschiebung seiner homophobie auf ein ersatzobjekt darstellt.
schwule sind in ordnung, solange sie dort bleiben, wo sie sind (solange sie
mich nicht anfassen). der zwitter jedoch führt das verschmieren der
grenzen, nicht nur zwischen mann und frau, sondern auch zwischen homo und
hetero vor augen und rührt daher an der eigenen sexualverdrängung,
die konstitutiv für seine eigene identität als latent homosexueller
heteromacker ist.
Woher Gigi all das weiß, bleibt ihr Geheimnis. Es fragt auch niemand
nach. Hier, bei den antisexistischen Hobbyanalytikerinnen, ist man sich einfach
einig. Die Bahamas ist nicht satisfaktionsfähig, keine
anständigen Menschen sollten sie lesen; glücklicherweise hat die
Interim vorgemacht, wie man mit unbequemen Meinungen umgeht:
ignorieren. Und dann spielen sie sich wieder die Bälle zu: der
Durchblicker Leo, der allen Leuten Geschichtslektionen erteilt; Andreas
Stullikowski gibt das uninformierte Hascherl, das mit seinen Fragen den
Checkern guten Anlaß bietet, mit ihrem Wissen zu protzen; Klostein, der
sich darüber freut, kein Abitur zu haben und so Zeitschriften mit
schwierigen Wörtern nicht lesen zu müssen.
Ein Stelldichein der Verrückten.
Das Credo von LiLichen können wohl alle unterschreiben:
Bahamas hat keine sympatie von uns verdient. Sie ist eine patriarchale,
heterosexistische, und in letzter Zeit bellicistische Publikation.
Beim Lesen dieser Wortmeldungen kommt mir der Verdacht, es mit
U-Boot-Beiträgen der Bahamas zu tun zu haben, die die deutsche
Linke widerlicher und dümmer machen wollen, als sie in Wirklichkeit ist.
Und doch ist es wohl leider nicht an dem: es quillt eben einfach so aus
schwul-autonomen Wohnküchen heraus.
Zum Glück driftet der Quatsch dann ab in die Klärung des Begriffs
symbolische Politik, doch nicht ohne die raunende Vermutung
anzubringen (von Leo), dass wir demnächst vielleicht die Protokolle
der Terrorlesben von Friedrichshain bekommen könnten.
Da wird der Hund in der Pfanne verrückt. Alles, alles eine Pampe:
Vergewaltigung, Zwitter, antisemitische Verschwörungstheorie, Sexismus.
Genug der unerfreulichen Beispiele.
Was tun?
Die Redaktion kann noch am wenigsten für diesen Dreck. Etuxx hat das
Verdienst, das getreue Spiegelbild der schwulen Linken dieses Landes zu sein.
Dass es so hässlich ausfällt, kann nicht an denen liegen, die den
Spiegel aufhängen. (Es sei denn, sie zeichnen für Beiträge
verantwortlich und diskutieren mit. Dann aber sind sie natürlich auch nur
Teil des Gespiegelten.)
Die Redakteurinnen, denen in durchaus einigen Fällen der Quatsch, den die
Diskutanten von sich geben, peinlich zu sein scheint, könnten einen
Beitrag zur Hebung des anti-politischen Bewußtseins leisten. Bspw.
dadurch, dass ein Katalog des Unerwünschten aufgestellt wird:
Antizionismus/Antisemitismus sollten spätestens seit dem 11. September
ganz oben stehen.
Eine Zensur findet statt. wäre (bspw. hinsichtlich latent
antisemitischer Wortmeldungen wie der von Orca) das Schlechteste nicht.
(Überhaupt ist ja bei jedem Kommandeur einer israelischen Spezialeinheit
die Emanzipation besser aufgehoben, als bei solchen Idioten wie Orca und
Moritz.) Vielleicht aber ahnt man, dass man damit die Massenbasis
vergrätzt, die eben doch vorrangig aus Leuten zu bestehen scheint,
für die Antisexismus, Tuntentrash, Sich-anziehen-wie-ein-Skinhead,
Gegen-den-USA-Imperialismus-sein, Workshops-besuchen und
Identitätsprobleme-haben Lebensinhalt sind.
Besser noch wäre, sich aufs Kerngeschäft zu konzentrieren: Ein
Selbstverständigungsding linker Schwuchteln über spezielle schwule
Probleme in der linken Szene zu sein. Oder meinethalben darüber zu
diskutieren, wie in Zeiten der Krise mit möglichst wenig Aufwand
Reproduktion organisiert wird. Mit dem blödsinnigen Kulturgetue
(Buchläden, Kulturkaufhaus, Filmkritiken) wird man wohl leben müssen,
da eben v.a. Überstudierte zum exzessiven Diskutieren neigen. Und die
fühlen sich nun mal wieder und wieder berufen, allen mitzuteilen, was sie
gerade lesen und wie viele Autoren sie kennen. Ein Beispiel für
Gelungenes: Die Rückblicke auf linke schwule Geschichte waren wohl
für viele nicht-Berliner Schwule (wie mich) spannend und lehrreich.
V.a. die Diskussionen zum Afghanistankrieg zeigen m.E., dass eine
Meinungsbildung über solche unschwulen Themen hier nicht stattfinden
sollte, sondern in der jeweiligen linken Szene.
Da könnten das die Leute mit sich bzw. ihren GenossInnen abmachen und um
so entspannter (weil nicht blutdruckerhöhend) wieder über Sexprobleme
auf Etuxx diskutieren. Vorschlag: Ich möchte mit meinem
Lieblingspunker vögeln, aber der ist hetero. Ich wäre dabei.
Mausebär
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