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Die Legionärskrankheit | |
Die Fans von Feyenoord Rotterdam daheim zärtlich die Legion genannt sehen nicht aus wie andere Holländer. Meistens sind sie fetter, tragen Tattoos, langes oder besonders kurzes Haar und Schnauzbärte. Besonders für Deutsche sind sie gefährlich. Eigentlich bilden sie die einzige ethnische Gruppe, die in ihrer Einschätzung noch unter den Deutschen rangiert, die Juden. So repräsentiert die Legion eine Seite des holländischen Lebens, über die Niederländer im Ausland am liebsten nicht sprechen würden.
Wer nicht hüpft, der ist ein Jude.
In mancherlei Hinsicht ist die Haltung der Legion den Deutschen gegenüber typisch holländisch. Besonders seit der Europameisterschaft 1988 ist es ein charakteristisches Merkmal des holländischen Machismo, den Deutschen jenen Widerstand entgegenzusetzen, den das Land während des Krieges vernachlässigte. Auf der anderen Seite ist die Gefühlslage der Anhänger von Feyenoord aber auch einzigartig. Teilweise hat sie damit zu tun, dass Feyenoord totale Hingabe anbietet: ein Stadion, das bebt, weil die Zuschauer auf den Bänken trampeln. Das macht die Legion britischen Fans ähnlicher als ihren Feinden von Ajax. Ad Melkert, ein Feyenoord-Fan, der wahrscheinlich Wim Kok als niederländischen Premier ablösen wird, sagte dazu: Das Stadion und die fanatische Atmosphäre gefallen mir, allerdings minus der Exzesse. Nur sind diese Exzesse Teil des Fanatismus, und der wird traditionell durch Wut und Frustration gefüttert. So geht es schließlich um Feyenoord gegen den Rest der Welt, wie ein Buchtitel über den Klub sagt. Schon als Stadt fühlt sich Rotterdam nämlich nicht ausreichend akzeptiert. Viele Einwohner haben früher im Hafen harte Arbeit geleistet (Feijenoord war der Name eines Docks) und hielten Amsterdam für die Heimat verweichlichter Bohemiens. Rotterdams weißes, urbanes Proletariat eine soziale Klasse, die es sonst in Holland kaum gibt mag daher Macho-Spieler. Die Frustration der Fans rührt aus einer endlosen Serie von Niederlagen. Der Verein mit den vielleicht meisten Anhängern in Holland hat in den letzten 17 Jahren nur zwei Meistertitel gewonnen (den Europapokal der Landesmeister einmal: 1970). Feyenoord hat daher nach vielen die Identität eines Verlierers. Außerdem glaubt die Legion, dass die holländische Presse Ajax bevorzuge. Weil Amsterdam historisch gesehen eine jüdische Stadt ist, nennt sie die Fans von Ajax Juden. Wer immer sich auf die Seite von Ajax stellt, ist Jude. Eigentlich ist aber jeder, der nicht für Feyenoord ist selbst ein deutscher Fußballspieler ein Jude. Im Ausland gilt Holland als tolerant. Das hat damit zu tun, dass die Holländer der Welt gesagt haben, sie würden in einem toleranten Land leben. Außerdem kann die Welt zu wenig Holländisch, um das zu überprüfen. Wenn Feyenoord gegen Ajax spielt, singen Tausende und nicht etwa eine kleine Minderheit: Hamas, Hamas, Juden ins Gas! Oder sie zischen, um das Geräusch von entweichendem Gas zu imitieren. Als Feyenoord 1999 holländischer Meister wurde, stimmten die beiden Spieler Jean-Paul van Gastel und Ulrich van Gobbel bei der Siegesfeier vor dem Rathaus in Rotterdam an: Wer nicht hüpft, der ist ein Jude. Beide spielen noch bei Feyenoord.
Het Bombardement |
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