Die Identitätsbildung im Conne Island verwildert zum
Patchwork. Das kann auf Dauer nicht gutgehen.
Das Conne Island befindet sich in einer
Umwandlungsphase. Der Generationswechsel des Betreiber- und
Betreiberinnenkreises ist offensichtlich und er ist notwendig, denn nur so wird
ein dauerhaftes Weiterbestehen des Conne Island möglich sein.
Langezeit mit dem Vorwurf konfrontiert, ein verschworener, elitär
anmutender Kreis zu sein, änderte sich der Charakter des Conne Island in
den letzten Jahren. Heute engagieren sich so viele Leute wie noch nie im und um
das Conne Island.
Das hat verschiedene Gründe. Soziale Bindungen innerhalb des Betreiber-
und Betreiberinnenkollektivs, sowie die Identität stiftende Abgrenzung
gegenüber einer dominanten Nazikultur, haben an Bedeutung verloren.
Gleichzeitig vermag es das Conne Island nicht mehr, über ein klares
politisches wie kulturelles Profil, Leute vor die bewußte Entscheidung zu
stellen, im Conne Island tätig zu werden. Damit ist kultureller wie
politischer Beliebigkeit Haus und Hof geöffnet.
So kann es sein, daß die angesagtesten Parties im Conne Island die des
Roten Stern Leipzig (RSL) sind. Dabei fällt auf, daß diese auch nur
als Parties des RSL wahrgenommen werden. Daß es sich dabei um
Co-Produktionen des Conne Island und des Roten Stern Leipzig handelt, nimmt
kaum jemand war. Dies mag an einer mangelhaften Vermittlung liegen.
Maßgeblicher dürfte aber der Anspruch dieser Veranstaltungen zu
dieser Wahrnehmung führen. Denn die Parties des Roten Stern stehen
für kulturelle Beliebigkeit plus Szeneklüngel und bieten damit eine
große Identifikationsfläche. Mit diesen Veranstaltungen wird ein
Vakuum gefüllt, welches das Conne Island hinterlassen hat, seit dem es das
Conne Island nicht mehr vermag, mit Hilfe seiner Definitionsmacht über
Popkulur Identifikation anzubieten. Daher kann die relative Attraktivität
der Veranstaltungen des RSL auch als Gradmesser für die Schwäche des
Conne Island gelten.
Noch nie zuvor war es so leicht, sich im Conne Island zu engagieren. Das ist
gut und schlecht zugleich.
So hat das Conne Island gegenüber den meisten andere Projekten in Leipzig
heute ein sehr großes Umfeld, bezogen auf Besucher und Besucherinnen, als
auch auf Leute welche sich für den Laden engagieren oder potentiell
engagieren würden. Augenscheinlich wird aber, daß viele Leute nur
unterstützend für das Conne Island tätig werden,
während der Kreis, welcher sich als Conne Island versteht, immer
kleiner wird.
Ein Beispiel: Wurde und wird der Fraueneinlass im Conne Island bewußt
oder unbewußt als Einlass des Antifaschistischen Frauen Blocks Leipzig
(AFBL) vermittelt und wahrgenommen, stand und steht dies der Realität
entgegen und ist für den Laden nicht zuträglich. Nicht der AFBL macht
im Conne Island Einlass, sondern das Conne Island hat sich dem Problem der
Männerdominanz gestellt und daraus resultiert der Einlass von Frauen,
welche sich im Conne Island engagieren. Das der Antifaschistische Frauen Block
Leipzig die Gruppe war, welche Männerdominanz in Conne Island
thematisierte und damit einen gleichgeschlechtlichen Einlass erst
ermöglichte, soll dabei nicht in Abrede gestellt werden.
Es fehlt die Bereitschaft, sich vollends in ein solches Projekt einzubringen.
Obwohl vielen Leuten die Bedeutung des Conne Island durchaus bewußt ist,
wiegen doch Studium und ein lückenloser Lebenslauf mehr, als die
Möglichkeit, vollkommen im Conne Island aufzugehen. Immer mehr Leute
bleiben in der eingebildeten Sicherheit eines geordneten Lebens haften, welches
da heißt: Schule-Studium-Arbeit, höher-schneller-weiter. Dabei ist
es ein Irrtum anzunehmen: sich im Conne Island zu engagieren, hieße aus
der Welt zu sein.
Um das Zerfallen des Conne Island langfristig zu verhindern, ist es nötig,
daß das Conne Island von einem starken Kern betrieben wird.
Natürlich spielt auch das unterstützende Engagement vieler Leute eine
Rolle, jedoch muß zukünftig darauf geachtet werden, daß
ersichtlich bleibt, was das Conne Island eigentlich ausmacht und wofür es
steht. Dafür ist es nötig, daß die Leute welche sich
kontinuierlich am Laden beteiligen, zumindest das Selbstverständnis des
Conne Island teilen und Entscheidungen, welche nun mal im Plenum getroffen
werden, mitfällen und nicht nur unwissend mittragen.
Zukünftig sollte außerdem vorsichtig mit der Zuschreibung von
Identitäten umgegangen werden. Es muß neuen Leuten auch möglich
sein, sich als Conne Island zu verorten, ohne immer als Mitglied der Gruppe XY
angesprochen zu werden.
Das wichtigste Ziel des Conne Island muß es aber sein, wieder
Perspektiven vermitteln zu können, entlang des Selbstverständnisses,
ein Projekt von und für linke und subkulturelle Menschen zu sein.
Nur so wird es auch in Zukunft möglich werden, daß das Conne Island
wieder eine größere und differenziertere Außenwirkung
erhält, und wieder klar und gegebenenfalls auch konfrontativ Stellung
beziehen kann. Denn nur so wird deutlich, was es heißt, sich als Conne
Island zu identifizieren.
Olaf
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