Auch dieses Jahr verbrachte die Conne Island Crew wieder
ein gemeinsames Arbeitswochenende.
Hier die Zusammenfassung.
Das Conne Island ist ein Zentrum von und für Linke,
Jugend-, Pop- und Subkulturen.
So lautet die neue Definition des Conne-Island-Selbstverständnisses,
das intensiv zu diskutieren, es nun bereits zum dritten Mal die
Möglichkeit gab. Hier die Zusammenfassung des gemeinsamen
Arbeitswochenendes in Kretzschau vom 6.-8. Juli 2001.
Der Freitag-Abend bietet traditionell den Einstieg in die Diskussionen des
Wochenendes. Thematisiert werden neben der Motivation der BetreiberInnen auch
der Ist-Zustand des Ladens.
Bei der älteren Generation hält der Motivationsverlust auf Grund der
langen Zeit am Laden an. Er stellt sich allerdings nicht so übergreifend
wie die letzten beiden Jahre dar, da die in jüngster Zeit
Dazugestoßenen großen Idealismus verbreiten, der auch auf die Alten
ansteckend wirkt. Hingegen wächst der Kreis der ehemaligen
MitarbeiterInnen, die am Laden nichts mehr machen, ihm aber wohlwollend
gegenüber stehen und nach außen verteidigen. Mit Erleichterung wurde
zur Kenntnis genommen, dass die Neue-Leute-Diskussion der letzten beiden
Arbeitswochenenden gefruchtet hat. Auf der Ebene der ehrenamtlichen
MitarbeiterInnen, nicht jedoch bei den Festangestellten, hat sich ein
Generationswechsel vollzogen.
Konstatiert wurde ebenfalls die veränderte Funktion des Ladens als sozial
bindendes und homogenes Umfeld, wie es noch bis Mitte der neunziger Jahre und
darüber hinaus existierte. Das führt dann zu solch ernüchternden
Momenten wie am Zehn Jahre Conne Island-Wochenende, als ladenintern
die Feierstimmung nicht so recht aufkommen wollte, weil der Rückgriff auf
ein übergeordnetes zehnjähriges Erleben nicht funktionierte. Diese
Entwicklung wird zwar auch begrüßt, da sich damit das in
Szenekreisen als elitär empfundene Erscheinungsbild der BetreiberInnen
auflöst, andererseits wird den Jungen vorgeworfen, dass ihr politisches
Selbstverständnis, das ja früher maßgeblich bestimmend für
die Ladenidentifikation und damit die Präsentation nach außen war,
oftmals zu wünschen übrig lasse. Hat der Laden mit dem Verlust
seines elitären Gruppenverständnisses seine konfrontative
Haltung gegenüber der Szene eingebüßt?, war eine der
Fragen, die diese Entwicklung in Hinblick auf das Verhältnis Conne Island
und Connewitz weiterführten.
Das Fehlen einer Stringenz in Form eines Identifikationsfaktors führt zu
einem Attraktivitätsverlust, der sich, verstärkt durch die kulturelle
Beliebigkeit bzw. den Verlust der Definitionsmacht über Pop, z. B. darin
äußert, dass im direkten Vergleich Roter Stern Conne Island,
die Fußballer das Rennen machen. In welcher Form solch ein einendes
Moment zurückgewonnen bzw. neuerarbeitet werden kann, blieb offen. Sicher
ist nur, das die Essenz nicht alleinig aus dem kulturellen Sektor gewonnen
werden kann, da damit der Beliebigkeit Tür und Tor geöffnet werden
würde. Der dadurch vorprogrammierte Bezug zum Politischen liegt zwar auf
der Hand, ist der Kulturfraktion am Laden angesichts der
Leere nach Antifa bzw. dem aktuellen Streit in der Leipziger Linken
nur schwer als Perspektive zu vermitteln.
Kultur-politische Ausrichtung der am Laden veranstalteten Sparten
Der Trend der letzten Jahre hat sich bestätigt: Die kulturindustrielle
Dynamik, kulturelle Beliebigkeit und der Verlust der Definitionsmacht über
das einst subversive Modell Pop hinterlassen eine Lücke, an der die
Attraktivität des Ladens derzeit gehörig leidet. Der Blick auf einige
der Sparten bestätigt diese Einschätzung: Hardcore als einst
traditionsreichster Bezug ist tot und lebt nur noch durch das Festhalten an
alten Szenegrößen bzw. durch die Verbindung mit
RocknRoll. Diese Verbindung kulturell und personell zu fördern
sowie auf dem alten Unity-Gedanken zu beharren, scheint angesichts fehlenden
Nachwuches sinnvoller, als gegen die eigentliche Tendenz eine tote und
sektiererische Szene zu unterstützen.
Beim Hip Hop als einer der affirmativ kapitalistischen Jugendbewegungen, wird
der Einfluß der Kulturindustrie augenscheinlich: Das in Kretzschau
vorgeschlagene Ansinnen, der musikalisch auf hohem Niveau servierten Tendenz
der Verblödung und Beliebigkeit deutschen Hip Hops mit Hilfe
europäischer Künstler den Spiegel vorzuhalten, wird an der
Regelhaftigkeit des Marktes (zu teuer) und dem Desinteresse der Szene
scheitern.(1)
Neue Struktur bzw. Neubesetzung der Geschäftsführung
Im Mittelpunkt der Kretzschau-Fahrt stand neben der Überprüfung des
Laden-Selbstverständnisses die Frage nach der möglichen Neubesetzung
von Feststellen. Wurden diese Neubesetzungen im Vorfeld von vielen mit Bangen
begleitet, offenbarte sich dies jedoch als nicht so folgenschwer wie vielfach
angenommen. Die rein technischen Aufgaben solcher Funktionen wie
Ämterverkehr, Repräsentation nach außen sowie Mitarbeit in
kommunalen Gremien sind jederzeit, sofern nicht ohnehin schon delegiert, durch
andere möglich. Von größerer Bedeutung ist hingegen die
zwischen den einzelnen Fraktionen des Ladens vermittelnde Position,
einschließlich des perspektivischen Blicks auf die Geschicke des Ladens.
Der aktuelle Stand ist nun folgender: Der von der Mehrzahl unterstützte
Vorschlag, jüngere Personen zu finden, die zudem noch eine Art
Scharnierfunktion zwischen den am Laden arbeitenden Gruppen einnehmen, wurde
angenommen und wird nach der Sommerpause im Plenum diskutiert werden. Zur Seite
gestellt wird diesen bereits angefragten Personen ein
BeraterInnenstab, der sich aus dem noch neu zu bestimmenden
Vorstand zusammensetzen wird.
Viel wird zukünftig davon abhängen, inwieweit die entstehenden
Freiräume, wie etwa ein weniger dominiertes Montagsplenum oder ein neu zu
gestaltender CEE IEH-Newsflyer, genutzt und mit mehr Eigenpositionen
gefüllt werden können. Die bisher nur von wenigen getragene
Plenumskultur jedenfalls zeigte schon am Wochenende Zeichen von Besserung.
Bei dieser Diskussion wurde im übrigen noch ein ganz anderer Umstand
sichtbar: Entgegen der Situation noch vor zehn Jahren, sehen sich die
Jüngeren weniger in der Lage, sich voll und ganz der Ladenstruktur zu
widmen. Um einiges größer ist mittlerweile der Leistungs- und
Qualifikationsdruck, der den Leuten vermittelt, mit einer Festanstellung in
einem Projekt á la Eiskeller verbaue man sich gesellschaftlich
geforderte Karrierechancen.
Diskussion des politischen Selbstverständnisses
Der Antifa-Sommer der Bundesregierung im vergangenen Jahr bzw. die
daraufhin in der Antifa-Bewegung einsetzenden Diskussionen über Sinn und
Unsinn gegenwärtigen antifaschistischen Engagements unter staatlicher
Schützenhilfe gingen auch am Conne Island nicht spurlos vorüber.
Doch noch ein weiterer Punkt war ausschlaggebend dafür, die vor zwei
Jahren entwickelte Definition über das Laden-Selbstverständnis auf
ihre aktuelle Relevanz hin zu überprüfen. Gemeint sind die über
ein Jahr lang geführten §129-Ermittlungen der staatlichen
Behörden gegen die Connewitzer Szene darunter auch das Conne
Island. Die Trennung zwischen Kultur- und Politikfraktion ist weit
fortgeschritten. So versteht sich ein Teil des Ladens auf direkte Nachfrage
nicht explizit als links, von der Forderung nach einem linksradikalem
Bekenntnis ganz zu schweigen. Ausweg aus diesem Zwiespalt war deshalb bisher
die schriftlich fixierte Minimalposition Antinazikonsens, welche
nun, nicht nur Dank der Entwicklungen auf höchster Ebene,
folgerichtig gekippt ist.
Die neue Definition, auf die sich in der Kretzschau-Diskussion geeinigt werden
konnte, hält diese Entwicklung folgendermaßen fest: Das Conne Island
ist ein Zentrum von und für Linke, Jugend-, Pop- und Subkulturen.
Denjenigen, den dieses Verständnis als Schritt zurück
aufstößt, sei entgegengehalten, dass dies gegenwärtig die
ehrlichste Positionierung ist, die man abgeben kann bzw. dass niemand
wünscht, am gegenwärtigen Standard, der einerseits z. B. zahlreichen
politischen Initiativen am Laden Raum bietet, andererseits das kulturelle
Angebot am Laden politischen Maßstäben unterzieht, zu rütteln.
Einhellig wurde erklärt, dass Korrekturen nach vorne gewünscht sind,
diese sich jedoch an den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen orientieren. In
diesem Sinne ist verstärkt darauf zu achten, wo sich zukünftig
Protestpotentiale auftun; denkbar ist hier etwa die Herausbildung einer neuen
Jugendbewegung im Zuge der um sich greifenden Globalisierungsproteste.
Philipp
Fußnoten:
(1) Bei Interesse an weiteren Einschätzungen zu den einzelnen
Musikrichtungen sei an dieser Stelle auf die Seiten der Wichtigsten
in der Sommer-Ausgabe des Newsflyer verwiesen.
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