Nun ist es also soweit. Discipline treten an im
Conne Island.
Wem es nicht mehr geläufig sein sollte, warum das nicht so
selbstverständlich ist, dem sei es hier kurz umrissen.
Seit langem schon ist bekannt, wie die Nazis immer wieder
versuchen, sich bei Konzerten unters HC- und Oi!-Volk zu mischen. Nun ja,
verdenken kann man es ihnen zumindest musikalisch nicht, denn außer
Skrewdriver und Störkraft hatte die Nazi-Szene noch nie Bands, die man
rein musikalisch überhaupt nur hören kann. Naja, wer eben den ganzen
Tag nur Teutonia im Schädel hat, kann auch nur Marschrock machen
Marschrock ist wohl die beste Schublade für diese Lastwagenladungen von
Müll, die da von den Kameraden auf Instrumenten erzeugt werden! Ich sage
euch, kippt die Scheiße in die See und fertig!
.... Aber ich schweife ab. Also, es ist gang und gebe, daß Nazis immer
mal wieder bei Oi! und HC reinschnuppern wollen. Das wissen wir und da haben
wir ein wachsames Auge im Conne Island drauf. Vergessen darf man dabei auch
nicht, daß darüber der eine oder andere Kamerad vom Nazi-Glauben
abfiel und zu Verstande kommt unterschätzt werden sollten die
Möglichkeiten von Kultur also keineswegs.
Seit geraumer Zeit, so läßt sich feststellen, gibt es aber bei den
Nazis ein systematischeres Interesse an Hardcore. Zu erklären ist das wohl
auch damit, daß die gezielten Unterwanderungsversuche bei Oi!-Konzerten
letztlich auf der ganzen Linie fehlgeschlagen sind und die Nazis auf diesem
Feld wohl im großen und ganzen kapituliert haben (mal wieder, hö
hö, ist scheinbar gute Tradition seit 45.) Die Fronten beim Oi!
scheinen heute geklärter als zu Beginn der neuen Oi!-Welle seit 93/94, was
nichts anderes heißt, als daß die Nasen dort so richtig fertig
haben.
Man hörte also schon seit geraumer Zeit, daß sich Nazis bei HC-Shows
blicken ließen und entsprechend sensiblisiert ist man wohl gänzlich,
seit die eine oder der andere leibhaftig Nazis bei Aufmärschen mit
Slapshot, Agnostic Front oder Sick of it All Shirts gesichtet haben.
Mit dieser der Situation geschuldeten Sensibilisierung ist es wohl nicht
verwunderlich, daß man gerade bei Bands wie Discipline, die sich ja selbt
als Unity Band zwischen HC und Oi! sehen, schon von Haus aus etwas genauer
hinschaut. Und siehe da, Discipline hatten tatsächlich einige zwielichtige
Texte vorzuweisen, die uns veranlaßten, eine schon geplante Show im Jahre
1999 auf Eis zu legen. (Vergleiche dazu den offenen Brief bzw. die
Stellungnahme im Cee Ieh Nr. 52 auch im Netz nachzulesen.)
Daß seitdem einige Zeit ins Land gehen mußte, bis die Band nun
endlich hier spielen kann, müssen wir wohl oder übel zu großen
Stücken auf unsere Kappe nehmen. Aber damit noch nicht genug: nicht
zuletzt unser offener Brief, in dem wir uns zu den Texten von Discipline
positioniert haben, sorgte für reges Interesse bei so manchem Nazi. Das
gipfelte dann darin, daß unser offener Brief gar in einem Nazi-Fanzine
mit dem Hinweis besonders interessant abgedruckt wurde.
Es waren leider erst die Leute von MAD nötig - der Agentur von Discipline
-, die sich regelrecht ins Zeug legen mußten, damit wir vom Gegenteil bei
der Band überzeugt werden konnten. Sie waren es, die uns klar machten, was
man damit anrichten kann, eine Band in eine rechte Ecke zu stellen, aber ihr
überhaupt keine Chance einzuräumen, damit sie dort auch wieder
rauskommt.
Besonders bedenklich muß sowas stimmen, wenn man sich nochmal
überlegt, wie die Sache mit den Onkelz gelaufen ist. Wenn man sich die
Sache, die da lief, wirklich mal in Ruhe anschaut, so muß man sagen: die
Band hatte nicht die geringste Chance von links bekommen, aus der rechten Ecke
rauszukommen. (Damit möchte ich nicht die Band für das, was unterm
Strich gelaufen ist, in Schutz nehmen. Mehr über die Onkelz, vergleiche
Cee Ieh Nr.31 und Nr.48 auch im Netz.)
Ähnlich, wenn auch nicht so heftig und unter anderen Vorzeichen, erging es
ja auch mal Agnostic Front, als sie als naive Amis mit entsprechener
antikommunistischer Grundbildung bei einem Konzert gegen Kommunismus auftraten.
Oder erinnert sei auch gerade an Warzone und die Gerüchte um die Band
da war es ja nicht zuletzt der Gig im Conne Island damals, der auch die
letzten Zweifler verstummen ließ.
Wenn Discipline nun endlich im Conne Island spielen, so kommen wir damit
letztlich auch der Verantwortung nach, die auf uns lasten muß. Als einer
der renommiertesten und politischsten linken, antifaschistischen Läden
stehen wir in einer besonderen Pflicht, immer zwei Dinge gegeneinander
abzuwägen: wir können vielen Leuten eine coole und geile Alternative
zu Intoleranz, Rassismus und anderen Dreck aufzeigen, wir müssen aber auch
immer klipp und klar verdeutlichen, wo die Grenzen von Toleranz liegen. Die
damaligen Texte von Discipline stellten eine solche Grenze dar. Ihr Interview
für das Cee Ieh (vollständig nachzulesen in Nr. 74) aber ist
über jeden Zweifel erhaben. Allerdings hat sich die Band nun positioniert
und man wird sie allerorts daran messen das finden wir sehr gut. Wer
klarmacht, daß Nazis auf seinen Konzerten grundsätzlich nichts zu
suchen haben, genauso wie Diskriminierungen jeglicher Art, hat sich mehr als
eindeutig positioniert.
Allerdings gibt es trotzdem einen Kritikpunkt, der nicht unerwähnt
bleiben kann: in besagtem Interview stößt sich die Band
spießigerweise daran, daß Leute, die Sozialhilfe bekommen, manchmal
auch schwarz arbeiten. Das sei ein Problem und nicht richtig. Da
hier deutlich wird, wie naiv die Jungs von Discipline teilweise sind, hier kurz
ein paar Worte dazu.
Wer wirklich der Meinung ist, arbeiten zu gehen hätte etwas mit einem
freiwiligen selbstbestimmten Wunsch des Menschen zu tun, liegt damit so falsch
wie man falscher nicht liegen kann. Zum arbeiten wird man in dieser
Gesellschaft geboren. Das ist schon mal der erste Schwachsinn, der einem
aufstoßen sollte. Dann bekommt man für seine Arbeit zu allem
Überfluß auch noch Lohn als Almosen, muß also seine
Arbeitskraft als Ware verkaufen, quasi seine eigene Haut zu Markte tragen,
damit man überhaupt leben kann und sich andere den meisten Reichtum, den
Profit, einstecken können. Außerdem hält sich der Kapitalismus
immer eine Reservearmee, die Arbeitslose oder Sozialhilefeempfänger
heißen, weil das in einer Konkurrenzgesellschaft, in der selbst Menschen
nichts als Warenwerte sind, immer so läuft. Wenn man sich dann
darüber aufregt, daß Leute der Meinung sind, sie machen wie alle
anderen auch mal ein bißchen Geld hintenrum, dann haben diese Leute
zumindest ein was nicht kapiert, daß nämlich der Kapitalismus von
seiner Funktionsweise ein einzigstes organisiertes Verbrechen ist, daß
nur noch durch das Zusammenleben in einer Volksgemeinschaft unterboten wird,
welche gleich einmal sämtliche Rechte und bürgerlichen Freiheiten
einkassiert und den Menschen zum Rudeltier macht, in dem er nur für die
Gemeinschaft funktionieren darf und beim kleinsten Verstoß bestraft wird.
(mehr zum Thema Arbeit hier im Heft siehe Artikel zur Band Comin
Correct)
Es ist wichtig zu betonen, daß jeder Mensch veränderlich und
entwicklungsfähig ist, daß er Dinge als falsch oder richtig
reflektieren kann. Daraus muß man ableiten, welche Verantwortung man sich
aufbürden möchte. Für Fehler muß man eben gerade auch
deshalb gerade stehen können.
Wenn Discipline im Conne Island spielen, dann ist das natürlich die offene
Kampfansage an alle Rassisten und Nazis! Und neben einer guten Party gibt es
auch nur eine Message an diesem Abend: Nazis sind dämliche Volltrottel und
diese Band ist wie jede Hardcore oder Oi! Band für sie gestorben! Auf alle
Zeit!
Und wenn die das nicht begreifen können, dann werden sie sich eben an den
Argumenten, mit denen ihnen diese Message jederzeit gern überbracht wird,
leider die Köpfe einrennen müssen. So läuft nämlich das
Spiel!
Man kann jedem Nazi nur empfehlen: Das beste Exit-Programm zum Ausstieg aus dem
braunen Scheißhaufen kommt nicht von der Regierung, sondern heißt
Hardcore und Oi! Und das hat mit der Regierung so viel zu tun wie Ian Suart mit
Antifaschismus.
Euer echter Christian Worch
P.S. Gegenwärtig läuft eine breite Kampagne gegen die White
Power-Spinner unter dem Motto "Good Night, 'White Pride'" an.
Hier ist mehr darüber zu erfahren. Wir bauen auf Eure
Unterstüzung.
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