Nachfolgendes Interview mit der Band ist die notwendige
wenn auch lange aufgeschobene Folge des Offenen Briefes des Conne
Island (vergleiche Cee Ieh Nr.52/99), der Discipline wegen einiger
Textpassagen faschistische Äußerungen und Tendenzen
vorwarf und wegen denen die Band nicht im Conne Island spielen sollte. Dem
Conne Island Team ist bewußt, daß der Vorwurf gegenüber der
Band sie auch in den falschen Kreisen interessant gemacht hat: es interessieren
sich in zunehmenden Maße die Nazis für die Band. Da wer A sagt auch
B sagen muß, ist anhand des Interviews endlich zu klären, was an den
Vorwürfen überhaupt oder noch dran ist. In Abhängigkeit dessen,
wird sich entschieden, ob Discipline nicht doch als klares Zeichen gegen die
White Power-Säcke im C.I. spielen sollten. Fight the White Power
Movement!
(Die Interviewfragen wurden von Discipline mit dem
Hinweis beantwortet, daß dies das erste und letzte Mal sei, daß sie
sich in dieser Art und Weise äußern, weil sie keinen Bock darauf
haben, sich zu rechtfertigen. Sie gehen jetzt nur auf die Anfrage ein, weil
ihnen so viel an einem Gig im Conne Island liegt.)
Seit einigen Jahren spielt ihr überall in Europa. Wie seht ihr eure
Rolle als Band in der europäischen Hardcoreszene und der
Skinheadszene?
Wir haben vor fast zehn Jahren als Hardcore Band angefangen. Mit den Jahren
haben wir uns immer mehr in Richtung Punk- und Oi-Wurzeln entwickelt, bis hin
zum musikalischen Stand auf dem wir heute stehen. Auf Grund dieser
musikalischen Veränderung denke ich, daß wir eine der wenigen Bands
sind (zusammen mit Agnostic Front und vielleicht The Business), die Unity
zwischen zwei großen Bewegungen herstellen, der Hardcorebewegung und der
Punk/Oi Szene. Diese Unity war schwer zu schaffen und es ist genauso schwer,
sie zu erhalten, weil es immer eine Menge Missverständnisse und Vorurteile
zwischen den zwei Bewegungen gibt. Aber diese Unity ist sehr wichtig, weil wir
doch im Grunde genommen die gleichen Ziele und Gedanken über das Leben
haben. Wieso sollten wir also die Kräfte nicht ballen, anstatt uns zu
bekämpfen.
Egal wo wir ein Konzert geben, es sind immer Skinheads da, genauso wie
Hardcorekids und Punks. Und wenn ich von Skinheads rede, meine ich nicht
bescheuerte Bonehead Nazis, weil diese Leute sind auf unseren Konzerten nicht
willkommen.
Welchen Einfluß wollt ihr auf die Szene ausüben? Welche Message
wollt ihr dem Publikum rüberbringen?
Wie schon gesagt, streben wir nach einer anhaltenden Unity zwischen den zwei
Bewegungen. Ich denke, eine Band wie wir kann in dieser Richtung viel
erreichen. Andere Bands können diese Vorteile dann nutzen. Die Message
ist, es spielt keine Rolle wie du aussiehst, das ist nur äußere
Erscheinung es ist nur entscheidend was du denkst und fühlst:
Hardcore ist eine Attitüde, es ist in dir drin. Es geht darum, wo du im
Leben stehst, wie deine Ansichten über die Gesellschaft und die Regierung
sind. Es geht nicht darum, wie es heute mehr und mehr wird,
$400-Skaterklamotten tragen und cool aussehen. Das ist kommerzieller Bullshit.
Es mag eine Menge äußerlicher Unterschiede zwischen den zwei
Bewegungen geben, aber innerlich denken die meisten von uns das gleiche.
Was für Ansprüche stellt ihr an euer Publikum?
Es spielt keine Rolle, wie jemand aussieht, der zu einem Konzert von uns kommen
will. Jeder ist willkommen, außer Leute, die andere auf Grund von Rasse,
Hautfarbe, Glauben oder Geschlecht diskrimminieren. Diesen Scheiß wollen
wir nicht auf unseren Konzerten. Du bist willkommen, solange du andere Menschen
respektierst. Sollte jemand diese Regeln brechen, lassen wir die
Person rausschmeißen oder tun dies selbst.
Eure erste und zweite Veröffentlichung verursachte herbe Kritik. Wie
geht ihr mit dieser Kritik um?
Was das betrifft, es ist merkwürdig, aber die einzige Kritik
diesbezüglich kam aus der Leipziger Ecke. Der einzige Ort, von dem wir
verbannt wurden, war Conne Island. Ihr hattet eine Meinung von uns, die nicht
richtig ist. Ansonsten haben wir nichts dergleichen irgendwo in Europa
erfahren.
Warum sucht ihr gerade jetzt wieder die öffentliche Diskussion?
Na ja, da es ja keine weitere Kritik an uns gab, sind wir auch nicht an einer
öffentlichen Diskussion interessiert. Ich möchte nur einiges
klarstellen, weil unsere Agentur MAD einen offenen Brief an euch und andere
Läden/Leute geschickt hat. Wir haben versucht, Leipzig zu kontaktieren, um
mit jemandem über die Situation zu reden. Aber obwohl die Leute da waren,
zum Beispiel auf dem Full Force letztes Jahr, gab uns niemand die Chance, ein
paar Dinge zu besprechen. Wir haben darauf gewartet. Jetzt da die Leipziger
Leute uns über MAD kontaktiert haben, haben wir endlich die
Möglichkeit, ehrliche Antworten auf viele Fragen zu geben.
Wie steht ihr heute zu den von euch auf den Platten guilty as
charged und bulldog style vertretenen Inhalten?
Ich mag die beiden Alben immer noch und bereue nicht, sie gemacht zu haben. Das
einzige was ich heute anders machen würde, sind einige der Texte. Damals,
ich war einige Jahre jünger, konnte ich mich weniger gut in Englisch
ausdrücken. Außerdem habe ich viel zu viel in schwarz und weiß
gedacht, dazwischen gab es nichts. Ich weiß, welche drei Lieder auf den
zwei Alben ihr meint. Standing in line auf der Guilty
... ist über das holländische Wohlfahrtssystem. Ich war nicht
der Meinung, daß niemand Sozialhilfe vom Staat bekommen sollte. Es gibt
genügend Leute, die aus irgendwelchen Gründen nicht arbeiten
können. Die sollten natürlich Sozialhilfe bekommen. Im Lied geht es
aber um Leute, die Sozialhilfe bekommen und dann schwarz arbeiten, also zwei
Einkommen haben. Das ist das Problem und nicht richtig.
Das Lied The last of the Hippies ist nicht ernst gemeint. Es ist
ein sarkastischer Song über Leute, die in den 90ern noch die Ideale der
60er haben, sich immer nur beschweren, aber selbst nichts unternehmen. Es ist
leicht, die Arbeit anderer zu kritisieren oder ihre Ideen, aber du solltest
selbst mal mit etwas neuem kommen.
Der letzte Song Death Penalty ist aus reinem Ekel geschrieben, aus
Wut und Frustration über den ganzen Scheiß wie Inzest,
Pädophilie und Kindesmißhandlung in Holland und Belgien zu dieser
Zeit. Vielleicht, wenn ich jetzt zurückblicke, hätte ich den Text
nicht so krass schreiben und meine Emotionen anders ausdrücken sollen.
Aber das Gefühl dahinter war ehrlich, pure Emotionen in einer beschissenen
Situation. Ich war, wie Millionen andere auch, angeekelt von der Situation,
daß Politiker Parteien (oder Parties) für Pädophile
organisierten, und die Cops total korrupt waren und alles gedeckelt haben. Wenn
ich heute auf diese Lieder zurückblicke, habe ich mich damals wirklich
nicht gut ausgedrückt und vor allem viel zu schroff. Weil wir uns davon
distanzieren wollen, spielen wir die Songs seit 2,5 Jahren nicht mehr.
Wie bewertet ihr die Bewegungen Blood & Honour oder
National Front?
Wir unterstützen keine Bewegung, die Menschen für Hautfarbe, Rasse,
Glauben oder Geschlecht diskriminiert. Wir unterstützen solche
Organisationen definitiv nicht!!! Wir glauben, daß alle Menschen gleich
sind. Natürlich gibt es immer Arschlöcher, aber die gibt es in
weiß, rot, gelb, schwarz, grün und blau. Es liegt lediglich an dem
Individuum selbst. Also wir unterstützen solche Bewegungen nicht!
Wie ihr wißt, sind Fotos und Interviews von euch auch in rechten
Fanzines zu finden. Wie erklärt ihr euch das und wie verhaltet ihr euch
dazu?
Ich habe das schon gehört und wir sind natürlich nicht glücklich
darüber. Deshalb hat MAD den offenen Brief geschrieben, um zu
erklären, was für ein dreckiges Spiel die Rechten gespielt haben. Auf
dem Full Force Festival letztes Jahr kamen zwei Typen zu uns wegen eines
Interviews. Wir kannten sie nicht, aber sie sahen ziemlich normal aus: lange
Haare, Hardcore T-Shirt, nichts merkwürdiges. Sie sahen nicht mal wie
Skinheads aus. Sie haben das Interview gemacht mit Fragen über die Musik,
die Szene, andere Punk Bands. Sie haben uns nichts über rechte Politik
oder irgend sowas gefragt. Nach dem Interview wollten sie noch ein paar Fotos
von uns und ihnen machen, also ließen wir sie ... Einige Wochen
später tauchen diese Bilder traurigerweise in einem rechten Magazin auf.
Mir gefällt das auch nicht, aber wie sollten wir das denn wissen? Sie
haben uns reingelegt, aber wir hätten das auf gar keinen Fall merken
können. Also solltet ihr uns nicht dafür verurteilen, daß diese
Arschlöcher solche Looser waren. Wir wurden ans Kreuz genagelt, ohne es zu
wissen.
Nach diesem Vorfall war ich so sauer, daß ich für mehr als 6 Monate
keine Interviews mehr gegeben habe. Ich hatte keinen Bock drauf, nach jedem
Interview Angst zu haben, es könnte in einem Nazi Fanzine auftauchen.
Welche Bedeutung hat für euch ein Gig im Conne Island Leipzig?
Ich habe viele positive Sachen von anderen Bands über Konzerte im Conne
Island gehört. Es heißt, Leipzig hat eine der stärksten Szenen
in Deutschland, mit den besten Shows. Also kann ichs nicht erwarten, dort
zu spielen. Außerdem könnten wir euch beweisen, daß ihr falsch
gelegen habt und damit die Kritik aushebeln.
Könnt ihr euch vorstellen, vor einem Banner mit zerschlagenem
Hakenkreuz zu spielen?
Ja, weil wir das schon oft getan haben. Eine Menge unserer Freunde in
Deutschland sind ziemlich involviert in Antifa-Gruppen. Also, das ist nichts
neues für uns ...
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