Erfolg- und lehrreich war seine Karriere. Einflussreich
alle, die sich in seinem engeren Bekanntenkreis wussten. Im besonderen seine
Ehefrau das Sinnbild der Völkerverständigung, das Bindeglied
zwischen den Generationen. Die Ehe Becker ein Vorbild für die ganze
Nation. Nun, was blieb, ist purer Reichtum. Darüber Streit zu führen,
ein Ansinnen, welches einem der jüngsten Grand Slam-Sieger aller Zeiten
wichtiger erscheint als der Kampf zwischen Leben und Tod. Diesen gilt es in
Amerika zu führen. Dort, wo Recht noch durch selbiges gebrochen wird. Und
ehe man sich versah, standen sich zwei Weggefährten gegenüber, welche
die Klinge im innen- wie außenpolitischen Bereich schon des öfteren
kreuzten Deutschland vs. USA. Das alles ist spannender als Lendl gegen
Becker, Mc Enroe gegen Stich. Und eine Frage nach dem besseren Rechtssystem.
In Ansehung der verschiedensten Entscheidungsszenarien
des bekanntesten deutschen Tennisspielers aller Zeiten gilt in dem gegen ihn
geführten Prozess das gleiche wie auf dem Court. Sieg oder Niederlage,
andere Alternativen gibt es nicht. Ähnlich des Daviscups sucht man sich
dabei prominente Verstärkung, um möglichst auch nur eine Runde
weiterzukommen. Entgegen der Mär von dem konsequenten, gefürchteten
und überaus fleißigen Anwalt(1) bedienen sich Personen von
Rang und Würde der Beckers alteingesessenen Profis, deren
Namen furchterregender klingen als das, was ihnen bisher zugute gehalten werden
kann.(2) Von ganz erheblicher Bedeutung ist, wie im Sport allgemein
bekannt, auch die Frage nach dem Austragungsort des Duells, mithin ein Heim-
oder Auswärtsspiel zu haben. Vorliegend ging es um die Frage nach dem
Verhandlungsort München oder Miami. Entscheidend hierfür ist einzig
und allein, an welchem dieser beiden Metropolen der Lebensmittelpunkt der
letzten sechs Monate lag. Ein kleines Detail mit großen Auswirkungen.
Das Rechtssystem der USA gilt hierzulande als veraltet und wenig
interessengerecht. Andererseits erlaubt es dem gemeinen Bürger,
Schadensersatzforderungen in Geld in unbegrenzter Höhe, Intensität
und Häufigkeit geltend zu machen.(3) Anders als in Deutschland,
wo gesetzliche und (bei Vorliegen natürlich auch) vertragliche Regelungen
den uneingeschränkten Vorzug erhalten, bleibt es häufig dem Ermessen
des Richters(4) überlassen, zwischen den institutionellen und den
bürgerlichen Interessen sachgerecht abzuwägen.
Hier nennt sich der Unparteiische Maynard Gross und gilt als konservativ.
Insofern bestehen keine Unterschiede zu den hiesigen Kollegen, deren politische
wie parteiliche Neutralität als oberstes Gebot der Demokratie gelten
sollen.(5) Ob nun amerikanische oder deutsche Gerichte das Urteil im
Ehestreit fällen werden, kommt dabei einem Unterschied von ca. 60
Millionen DM gleich.
Währenddessen in Amerika nach wie vor die Möglichkeit besteht, bei
besonders schwerwiegenden Delikten Täter mit der Todesstrafe das Unrecht
ihrer Handlung aufzuzeigen, ist dieses Vorgehen in Deutschland seit 1949
verfassungsrechtlich ausgeschlossen.(6) Je nach der jeweiligen
Gesetzgebung des Bundesstaates obliegt es den Gewalten dabei, selbige
gesetzlich zu regeln, als Strafe zu verhängen und im Wege der ultima ratio
unter Berücksichtigung rechtspolitischer Erwägungen letzten Endes
auch zu vollstrecken.
In Anbetracht dieser Tatsache erscheinen auch die Live-Übertragungen aus
den Gerichtssälen der united states von immenser Spannung zu sein. Was im
Land der unbegrenzten Möglichkeiten als Unterhaltung des
Volkes dient, wird herzulande kategorisch abgelehnt und allenfalls in
schemenhafter Ausführung mit Laienschauspielern darzustellen versucht.
Daß dieses Vorgehen im höchsten Grade fehlerhaft ist, bedarf dabei
nicht sonderlich zu interessieren. Zwar ist es Ansinnen des demokratischen
Staates, Gerichtsverhandlungen unter die Beobachtung und Prüfung des
Bürgers zu stellen,(7) Ton-, Fernseh-, Film- und
Rundfunkaufnahmen zum Zwecke der öffentlichen Vorführung sind dabei
allerdings unzulässig.(8) Ein weiterer Grund des
spannungsgeladenen Rechtsstreits des Ehepaars Becker eine
Gerichtsverhandlung live im deutschen Fernsehen, das non plus ultra für
den Boulevardblätter verschlingenden gemeinen Deutschen. Auch die
Staatsanwaltschaft sowie Beamte des bayrischen Finanzministeriums
überwachten die Termine mit Argusaugen. Gegen Bubbele ist ein
Verfahren wegen Steuerhinterziehung anhängig, vor dem amerikanischen
Gericht ist er zudem verpflichtet, seine Vermögensverhältnisse zu
offenbaren. Sein Einwand wiederum, die Kinder wären bei Darlegung seiner
Finanzen erheblich gefährdet, verhallte ungehört.
So kann amerikanisches Recht angewandt werden, was den Streitwert auf ca. 380
Millionen DM ansteigen lässt. Der nur in Deutschland anerkannte Ehevertrag
des damaligen Traumpaares sah lediglich eine Abfindung in Höhe von 15
Millionen DM vor. Bestünde da nicht die Möglichkeit nach
amerikanischem Recht, diesen aus wichtigem Grund anzufechten.
Blieb also nur die Möglichkeit einer außergerichtlichen Einigung.
Schön wars trotzdem. Zumindest für die Verfechter der
amerikanischen Rechtsprinzipien, für die durch die Offenlegung des
Vermögens mit Phantasie angereicherten Kriminellen und natürlich
für die Staatsanwaltschaft, die im Fall Beckers Steuerhinterziehung wohl
nicht Gnade vor Recht ergehen lässt. Auch Prozesse vor den amerikanischen
Gerichten sind mithin Veranstaltungen zwischen mehreren Beteiligten, bei denen
am Ende auch mal Deutschland gewinnen kann.
Teewald
Fussnoten:
(1) lawyer
(2) Samuel I. Burstyn (Barbara Becker), Donald J. Hayden (Boris Becker)
(3) Hier seien nur die geführten und begründeten Prozesse gegen
einschlägige Tabakunternehmen genannt.
(4) judge
(5) vgl. insoweit Art. 97 I GG (Grundgesetz)
(6) Art. 102, 1 I GG
(7) § 169 S. 1 GVG (Gerichtsverfassungsgesetz)
(8) § 169 S. 2 GVG
|