Die DDR zwischen antizionistischer Politik und antifaschistischem Selbstverständnis.
Ort: Braustraße 20 / B12
Zeit: 18. November 2000, 19.00 Uhr
Nach der Shoah, der Vernichtung der europäischen Jüdinnen und Juden
durch den deutschen Nationalsozialismus, schien es, als wäre
jüdisches Leben in Deutschland nicht mehr möglich.
Trotzdem haben einige derjenigen, die dem deutschen Vernichtungswahnsinn
entkamen, den Aufbau nach dem Untergang (Schoeps / Nachama) in der
BRD wie auch in der DDR versucht.
Doch wie war die Situation in den Nachkriegsgesellschaften? In wie weit wurde
der Versuch unternommen, sich mit der eigenen Vergangenheit - dem Mord an den
Jüdinnen und Juden - auseinanderzusetzen und diese aufzuarbeiten?
Am Beispiel der DDR, ihrem Verhältnis zu den in der DDR lebenden Juden,
dem Verhältnis zu Israel und der Diskussion um die eigene Schuld wollen
wir diesen Fragen auf einer Diskussionsveranstaltung nachgehen.
Gemäß ihrer eigenen Vorstellung, sah sich die DDR ja als
antifaschistisch und ging davon aus, daß im sozialistischen Staat im
Gegensatz zur Bundesrepublik die kapitalistischen Herrschaftsverhältnisse
abgeschafft wären und somit auch die gesellschaftlichen Ursachen für
Antisemitismus und Rassismus beseitigt worden seien.
Der Nationalsozialismus galt ihr gemäß der Dimitroffschen
Faschismusdefinition als Ausdruck der offene[n] terroristische[n]
Diktatur der reaktionärsten, am meisten chauvinistischen, am meisten
imperialistischen Elemente des Finanzkapitals. (Dimitroff)
Aus diesem Verständnis heraus akzeptierte die DDR allerdings keine
gesamtdeutsche Anklage für den Nationalsozialismus und Auschwitz, sondern
wollte lediglich, daß die BRD als kapitalistischer Staat dafür zur
Verantwortung gezogen wird.
Eine wirkliche Aufarbeitung der Vergangenheit fand also in der DDR nie statt,
meinte man doch, daß mit der Konstituierung eines sozialistischen Staates
schon die entscheidenden Konsequenzen gezogen wären.
Doch der Unwille, sich weiter mit dem Vorwurf auseinandersetzen zu müssen,
ein Nachfolgestaat des nationalsozialistischen Deutschlands zu sein, offenbarte
nicht selten das antisemitische Ressentiment. Gerade in der Diskussion um die
sogenannte Wiedergutmachung zeigte sich dies.
Jüdinnen und Juden, die sich für die Rückerstattung von
arisiertem Eigentum einsetzten, wurden nicht selten als Jüdische
Kapitalisten diffamiert.
Die tragischen Höhepunkte dieser antizionistischen / antisemitischen
Positionen bildeten wohl die antizionistischen Schauprozesse zu Beginn der 50er
Jahre, die in einigen Ostblockstaaten stattfanden und auch in der DDR geplant
waren.
Doch auch im Verhältnis der DDR zu Israel auf der einen und der PLO auf
der anderen Seite werden antizionistische Positionen immer wieder deutlich.
Darüber einen historischen Abriß zu liefern und gleichzeitig den
Versuch zu unternehmen, den Antizionismus der DDR aus ihrer eigenen
Staatsdoktrin, dem Marxismus-Leninismus heraus, zu erklären, soll Ziel
einer Veranstaltung sein, zu der wir einladen wollen. |
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