Dass sich Possen gründen im HipHop, ist so
traditionell wie das Ostereiersuchen zu Ostern. Dass sie sich irgendwann wieder
auflösen, hat die Swat-Posse (Berlin) schon längst in unsere Gehirne
eingebrannt. Kennengelernt hab ich die Los Karamelos 1997, zu dem
Zeitpunkt war ich selber einer Posse (GTS-Posse, entsprungen aus dem Dresdner
Stadtteil GiTterSee) angehörig. Für mich war es eine Form der
Familie, die meinen jugendlichen Leichtsinn gerne unterstützte und die
sich der Subkultur HipHop (damals gab es so etwas noch) verschrieb. Grafitti,
Breakdance, DJing und Mikrophonakkrobatik wurde gewissenhaft praktiziert. Man
traf sich ständig, jede Party wurde ein bißchen von uns beherrscht,
aber eigene Partys liefen bei uns nur in Maiks Garten oder im Wochenenddomizil
von Schubis Eltern ab. Wir hatten einfach nur Spaß und das Business hat
uns nie sonderlich interessiert. Was in LE ging, war uns auch Schnuppe und als
ich 97 aus Dresden nach LE zurückkehren mußte, hatte ich Panik, dass
meine HipHop-Zeit zu Ende geht.
Bei einem 5SterneDeluxe Konzert im Jenaer Kassablanca lernte ich Franzi, Ben
und TOK der Karamel kennen. Ich war beeindruckt von ihren Partyaktivitäten
und von der Energie, die von der eigentlich 16-köpfigen Crew
ausging. Irgendwie geblendet von ihrem Ruhm und dem Optimismus, den sie dem
HipHop entgegenbrachten. Irgendwo verschaffte mir eine kurzfristige Beziehung
mit dem Karamel-Geier schnell und ungewollt den Blick hinter die Kulissen.
Irgendwann 1995 chillen Ben und Karim in Leipzig und gründen auf Grund von
ein paar Fantastereien eine Posse, Karamel eignete sich auf Grund
der Buchstaben ideal zum Grafitti, ...so oder ähnlich fing es an. Die
weitere Story vom MadOrange bis zur Marlboro-Gegenveranstaltung dürfte
mehr oder weniger bekannt sein.
Anläßlich des 4. Karamelgeburtstag durfte ich mich mit allen
Karamelmitgliedern bekanntmachen. Kommen wir zum schwarzen Punkt, den Leichen
im Keller. Ich war sozusagen hintergründig in der aktiven Planung
beteiligt seit der Hot Christmas Funk-Veranstaltung (Dez. 1998) im
Ilses Erika. Damals vermißte ich schon die Bedeutung der Posse. Nur ein
paar riefen an, um zu erfragen, wie es läuft, der unbekannte Rest tauchte
erst am Veranstaltungstag auf. Mit der Zeit ging mir ein Licht auf. Die
Privilegien: Karamelpullover, eine Splatterseite im 1000deg. und mind. 3
Personen auf jeder Gästeliste schienen die Posse zu vereinen, zu
vernichten und abzuheben. Wohlbemerkt, die 16 Karamel T-Shirts
anläßlich zum 4. Geburtstag wurden während einer Sitzung am
Vorabend der 1. Veranstaltung (24.5.99 Distille) in Toks Zimmer verteilt.
Natürlich waren nicht alle da, aber was mich wirklich verstimmte war, dass
ich, die sich seit Wochen mit der Veranstaltung beschäftigte, leer
ausging. Anhand dieser T-Shirt-Geschichte erkannte ich sozusagen das wahre
Gesicht der Karamel. Zurückblickend sehe ich meinen geliebten Paddy
Deluxe, Ben, Jo und mich, wie wir die letzten Monate damit verbrachten, gegen
den Mainstream, der unsere Subkultur überfällt, anzukämpfen.
Fassen wir es kurz: die Posse existiert freundschaftlich gesehen seit 2 Jahren
nicht mehr und der Rest hat keinen Bock mehr, sich den Arsch aufzureißen.
Und so stand Ben eines winterlichen Tages auf und sagte: Ich mach einen
Cut!. Die Leute, die immer was getan haben, werden auch weiter
präsent sein, aber im Grunde muß ich klarstellen, ihr habt es in der
Hand gehabt und habt eure Chance nicht genutzt und ich bin froh, wenn dieser
Kindergarten-Scheiß vorbei ist. Sicher hab ich Respekt vor den Dingen,
die unter den Namen Karamel gelaufen sind, jedoch das Lob wurde von den
falschen Leuten angenommen und mißbraucht. So läuft das im HipHop:
Höher! Schneller! Weiter! verstanden, worum es wirklich
geht, hat keiner. Und nicht nur in dem Fall erkennt man den Hochverrat am
HipHop, wenn Skillsonmasse ihren Auftritt im Conne Island aufgrund
rechtsextremer Gewalt absagen, dann möchte ich schon gerne auf Stefan
Raabs TV Total-Stuhl sitzen und die Taste Skandal drücken.
Doch wenn dann Tomic (Karamel/DJ) auf der Gästeliste im C.I. steht und um
die Antifamark diskutiert, denk ich nur noch an Pulleralarm!!!
Desweiteren gibts von mir ein Extrapfui für die derzeit
verlangten Gagen eines Viva HipHopinterpreten von mind. drei
Monatsgehältern und Pfuiextragold für all die hohlen dicke
Jacke-Konsumenten, die nicht wissen, wer Grandmaster Flash ist und es
supercool finden, von Specializts (Bsp.) die Whiskeyflasche und den Spliff zu
ergattern. Es freut mich, am 27.05. Walkin Large on Stage zu sehen, denn die
sind zwar auch meistens hammerbreit, aber die waren auch schon zu meinen
Anfangszeiten korrekt und ich denke, sie sind es geblieben. Sqare One und Mr.
Schnabel sind Acts, die ebenfalls burnen, doch wenn alle ehrlich sind: die, die
wir wollten, können wir uns nicht mehr leisten. Ich hoffe, dass jetzt ein
etwas anderer Einblick geschaffen wurde, vielleicht auch ein bißchen
Einsicht und wenn wir uns treffen am 27.05., dann laßt uns die alten
Zeiten aus dem Keller unter den Leichen hervorgraben und feiern. Ich habe
fertig und wer da wo drin ist, soll mir das hier nicht übel nehmen. Mir
liegt noch am Herzen zu erwähnen, dass 98% der GTS-Posse DD ihre Pullover
vor einem Jahr in die hinterste Schrankecke packte und heute das FUN und
diverse andere mir sehr dubiose Discotheken besuchen und da krieg
ich Plaque, ne! e.t.
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