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Die Vorzeigelinken des englischen Pop sollen dem
Vernehmen nach ein neues Werk veröffentlichen. Grund genug, ein wenig an
der Oberfläche zu kratzen. Chumbawamba gelten immer noch als die
politischsten und gelegentlich als die skandalträchtigsten Musiker in
England, nachdem Crass als Hippiekommune endeten. Ihre Texte zeigten immer die
gesamte Bandbreite von sehr privat bis eben politisch. Wem ist nicht noch das
köstliche Give the Fascist Man a Gunshot im Ohr? Taugen solche
Hymnen heute noch als Soundtrack für eine Auseinandersetzung mit den
herschenden Verhältnissen oder sind sie zwar im einzelnen nett
anzuhören aber dennoch untauglich, über Musik etwa eine dissidente
Haltung beim Konsumenten zu befördern? Insbesondere in UK gab es in den
80ern die Tendenz, die Mythen des Rock und Pop am Verblassen zu hindern und die
tatsächlich einmal vorhandenen Dissidenz von Pop fortzuschreiben (remember
Heaven 17). Besagte Mythen, die in den 80ern noch zu einer politischen Praxis
taugten, sind heute eher fragwürdig geworden.
Selbverständlich lebte auch der Mainstream von diesen Symbolen und Mythen,
wenn auch in abgeschwächter Form. Allerdings war der Masstab der
Authentizität im wesentlichen an den Verkaufszahlen ausgerichtet und damit
allenfalls Mittel zum Zweck. Spätestens seit 1992, seit Nirvanas
Smells like Teen Spirit und dem Verkaufserfolg dieser Scheibe,
tritt ein Bruch ein. Industrie-Bands kommen am besten von ganz unten, sprechen
von Purismus, Antikommerzialismus und der hier schon vielerwähnten
Dissidenz. Die grossen Musikkonzerne erwarteten nun zum ersten Male nicht
Glättung sondern kompromisslose Abweichung. Der Rebell wurde ganz
natürlich zum zentralen Bild dieser Konsumkultur. Er symbolisiert
unaufhaltsame, richtungslose Veränderung, eine ewige Unzufriedenheit mit
dem Establishment oder besser gesagt: mit den Waren, die das
Establishment letztes Jahr zum Kauf empfahl. (Tom Baffler). Einstmals
bediente sich Dissidenz des Konsums, nun aber bedient sich der Konsum der
Dissidenz. Alles, was eine ensprechende Identität verspricht, ist in
diesem Sinne verwendbar. Womit wir wieder bei unseren Helden von Chumbawamba
angekommen wären. Die anfänglich aufgeworfene Frage nach der
Authenzität ihres left winged Habitus kann ich für mich eigntlich nur
negativ beantworten (im übrigen, wenn das ganze wirklich
systemgefährdend wäre, wären unsere Musikanten längst im
Knast...)
Ach so, ihr wollt wissen wie die neue Platte so ist? Ich hab sie nicht mal
gehört...
You can call my Mother a Bitch but you must spell my Name right.
Kay
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