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schlagring, 2.2k
chumbawamba, 1.0k

Im Urlaub war’s, als ich wie ein Tourist in einem gemieteten Kleinwagen saß und mir zwei Wochen lang dasselbe Tape anhören mußte, in Ermangelung eines anderen.

alter mann, 3.7k Eine mir bis dato unbekannte Band war darauf verewigt und was es da zu hören gab, fräste sich derart in meine Gehörgänge, daß ich mich genötigt sah, die Umwelt mit meinen weiß Gott nicht überwältigenden Sangeskünsten zu belästigen. Da man in zwei Wochen auch die Zeit hat, Einiges dessen, was in den Texten so rüberkommt zu entschlüsseln, kannte mein Erstaunen keine Grenzen, denn was da in wunderschöne Popmelodien und Arrangements verpackt rüberkam, hatte nichts mit irgendwelchen sinnentleerten Phrasen von Liebe, Herzschmerz etc. zu tun, die man so gemeinhin in der Popmusik vermutet. Nein da kamen z.B. in ein exzellentes Raggastück verpackt so Sachen wie: „Give every facsistman a gunshot“. Ich hab dann später den Namen dieser Band erfahren können: CHUMBAWAMBA. Angefangen haben CHUMBAWAMBA, wie sollte es anders sein, als Gitarren-orientierte Band, gemeinhin auch Punk-Band genannt. Doch schon nach der ersten Platte gab’s einen Break, ein reines Folkalbum folgte, „English Rebel Songs“ des Namens, enthalten waren ausschließlich a cappella Stücke. Schon war das Geschrei groß, was das Ganze wohl mit Punk zu tun habe. Ich kann’s Euch sagen, außer einer politischen Grundhaltung, die ähnlich derer, vieler, nicht aller Punks ist, nichts. CHUMBAWUMBA bieten textlich das, was hierzulande nur von diversen Punk- und Hardcore-Bands, freilich auf etwas niedrigerem Niveau, vertreten wird, z.B. SLIME, auch wenn ich genau weiß, daß dieser Vergleich furchtbar hinkt). Wer hat denn auch die Vorschrift erlassen, die besagt, daß radikale Texte immer nur in ein Gewand aus drei Akkorden zu kleiden sind? Und das Ganze möglichst laut von der Bühne gerotzt. ES geht auch anders und um dieses zu beweisen, verurteile ich alle, die immer noch der Meinung sind anarchistische und radikale Texte müßten mit möglichst harten Gitarrenklängen untermalt werden, zum mindestens zehnmaligen Hören der gesamten Diskographie der CHUMBAS. Und wenn ihr dann vielleicht die Stirn haben solltet, solche Argumente zu bringen wie, „Time Bomb“ wäre doch quasi in heavy Rotation über eine der hier beheimateten ekelhaften Kommerzsender gelaufen, kann ich Euch nur ein trotziges „Na und“ entgegenwerfen und etwas später dann, wenn sich meine Empörung ein wenig gelegt haben sollte, mit der Frage kontern, ob es denn nicht einfach gut ist, erstens sehr viele Leute zu erreichen und zweitens hat solches ja auch schon eine Combo aus dem Hardcore/Crossover-Bereich hingekriegt. Was uns jetzt gleich zu der Frage bringt, ob man anarchistisches Kollektiv, was immer das auch heißen mag, und als solches versteht sich CHUMBAWAMBA, guten Gewissens sein kann und trotzdem die Instrumentarien und Verwertungsmechanismen des kapitalistischen Systems und gemeinhin des Mainstreams zu nutzen vermag, ohne sich zu einer weiteren Lifestylekarrikatur zu machen wie es besagter Crossover-Herde (RATM) erging?
Wenn das jetzt irgendwem bitter aufstößt, muß ich doch mal allen Ernstes fragen, ob Euch irgendein Fall bekannt wäre, wo z.B. ein Zuschauer nach Genuß eines Konzertes und dem Anblick eines Che Guevara Bildes auf der Bühne, urplötzlich zum Guerilla mutierte? Das die Gefahr, ein belächeltes Nischendasein in der Popwelt zu spielen oder gar sinnentleertes von der Bühne zu blasen auch bei CHUMBAWAMBA besteht, liegt in der Natur der Sache selbst begründet. Wo Musik und Lebenskultur zur Ware wird, wo Trends immer schneller einem Sell Out unterliegen, dort kann auch der radikalste Inhalt verkauft werden, wenn man damit Niemandem ans Bein pinkelt. (Oder vielleicht gerade deswegen, je abgefahrener und radikaler desto interessanter?) Doch lassen wir die Künstler dazu selbst zu Wort kommen: „Natürlich hätten wir in unserem kleinen Ghetto bleiben können und selbstgezogene Tapes verschenken können, aber damit versagt man sich erstens die Möglichkeit sich weiterzuentwickeln, und limitiert zweitens die den Kreis der Leute, die deine Musik zu hören bekommen. Warum sollte das ein exklusiver Club sein?“. Ich meine man kann und muß die bestehenden Verkaufsmechanismen erkennen und nutzen ohne sich gleich zum Spielball der Industrie zu machen. Nochmal O-Ton CHUMBAWUMBA: „Natürlich scheint es auf den ersten Blick ein Widerspruch zu sein, als überzeugter Anarchist das System eines Majorlabels für sich zu nutzen. Das Leben ist voller Widersprüche. Wenn ich z.B. in einen Laden gehe, um eine Flasche Milch zu kaufen und der Mann hinterm Tresen ist kein Anarchist, dürfte ich dann nicht mit ihm reden? ... Ich denke, wir stehen in der Verpflichtung, uns anders zu verhalten, die anarchistische Idee zu verbreiten.“
hand, wuergend, 3.9k Man mag hier seine Zweifel haben, ob der einfache Radio- oder MTV-Konsument auf die Texte achtet. Berechtigt meine ich. Und deshalb ist die Form so wichtig. Je eingängiger ein Liedchen ist, umso mehr Leute werden’s hören wollen und sich vielleicht auch einen Tonträger davon kaufen und sich zu guterletzt mit den transportierten Inhalten befassen. Und deshalb kann Pop auch links, und weiter noch, linksradikal sein. Irgendwie komme ich mir an dieser Stelle vor, wie ein Träumer der den Traum von einer schöneren und gerechteren Welt träumt und meint mit netten Liedchen wäre die Revolution schon fast gewonnen und die Eingeschränktheit in den Hirnen der Menschen beseitigt. Oder wie ein Veganer der glaubt der Verzicht auf Aasfraß würde die neokapitalistische Weltordnung aushebeln und alle Menschen wären Brüder (und auch alles was da kreucht und fleucht).
Nein, CHUMBAWAMBA werden mit ihrer Musik nichts an den bestehenden ungerechten Verteilungsverhältnissen in der Welt ändern können, sie werden nicht einmal mit solchen Liedern wie „Enough is Enough“ der europäischen „Volkskrankheit“ Rassismus ernsthaft zu Leibe rücken. Aber sie können dir helfen die Augen weiterhin aufzuhalten und Open-Mindet so einige Sachen zu begreifen. Und sie können das Medium Pop für die Linke definieren. Nach soviel Widersprüchlichem ein Zitat aus einem Song einer ganz anderen Kapelle und ich hoffe, Ihr wißt, was ich damit sagen will. „Ich bin das Kind mit den großen Augen, das immer noch an Wunder glaubt.“
Nicht vergessen, am 9.12., CHUMBAWAMBA im Conne Island. Kay

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last modified: 28.3.2007