home | aktuell | archiv | newsflyer | radio | kontakt
[65][<<][>>]

review-corner, 3.7k

http://www.fernsehenmachtschoen.de

Über diese Rubrik und eine Filmreihe im Leipziger Wohnzimmerclub „Ilses Erika“
, 0.0k
fernsehen macht schoen, 21.9k

Fernsehen macht schön.

[Jeden letzten Sonntag im Monat in Ilses Erika]

, 0.0k

Es wird keiner gross mitgekriegt haben bzw. jemals mitkriegen, dass dies hier bereits der dritte [3te] Beitrag in der Rubrik „reviewcorner – film“ im Flyer darstellt. Eigentlich wollten wir am Anfang definieren, was solch eine Rubrik überhaupt soll, zumal doch jeder Film mit Hilfe von zehn Hauptsätzen im „Kreuzer“ oder wahlweise „player“ abgehakt scheint. Also, haben wir zu viel Zeit oder erliegen dem Bedürfnis nach Selbstdarstellung? Zweimal nein. Uns kam mehr der Gedanke, eine Rubrik einzurichten, die sich allgemein mit dem Medium Film beschäftigen soll, und nach dem zwoten Getränk wurde programmatisch ergänzt: >Filme, die für Linke wichtig sein könn[t]en.< Dabei dachten wir nicht an ein chronologisches „Abarbeiten“ cineastischer Werke im linken [Selbst-]Verständnis, sprich von Eisensteins „Oktober“ oder „Wie der Stahl gehärtet wurde“ (1) bis zur computeranimierten roten Fahne in Ken Loach’s „Land and Freedom“. Es ging uns [im Moment] auch noch nicht darum, Film als Waffe zu verstehen oder als pädagogisches Mittel zu missbrauchen. Wir fangen klein an. Zuerst Film als Medium, über das sich Kritik vieler Art übermitteln lässt, aktiv wie passiv. Natürlich geht es uns um die politische Komponente in Filmen, aber wir sind keine Jünger des didaktischen Agitationsfilms, in dem die ästhetischen Momente und das Kinovergnügen negiert werden. Wir müssen ja auch unsere Sehgewohnheiten pflegen...
Hier ein wager Versuch, unsere groben Inhaltsvorstellungen in eine – definitiv unvollständige – Reihe zu bekommen: unorthodoxer Umgang mit dem fertigen Filmprodukt, incl. Aufzeigen, was sich in der nicht-kommerziellen und politischen Film- und Video-Szene so tut. [Alles relativiert sich, wenn Du Dich relativierst.] Die ersten beiden Beiträge der vergangenen Ausgaben beschäftigten sich mit einem Film-Couleur, welches wir eigentlich a) nicht beachten oder b) dissen wollten. The american-mainstream-movies. Doch wir hielten und halten eine Betrachtung der Filme „fight club“ und „american beauty“ für sinnvoll. Warum ? – Nachlesen!
Diesmal möchte ich eine Sendung/Show/Veranstaltung vorstellen, von mir aus auch promoten, die seit mehr als einem Jahr, jeden letzten Sonntag im Monat, zwei Strassenzüge weiter nördlich stattfindet. Der Ort nennt sich Wohnzimmerclub „Ilses Erika“ (2) und die Veranstaltung simpel: >fernsehen macht schön<.
Die Veranstalter möchten die Bezeichnung >fernsehen macht schön< als Parole verstanden wissen, denn als erwartete Aussage existiert sie ja bei den kabelgeschädigten Dauerzappern bereits. So ist >fms< mehr als Filme glotzen, Bier saufen und die Chips vom Nachbarn klauen. Die Sendung ist mit dem Anspruch gestartet, die Arbeit junger Filmemacher/-autoren vorzustellen, und diese mit dem interessierten [!] Publikum zu diskutieren. Oder in den Worten der Macher: „fms ist eine gediegene Melange aus Screeming, Talkshow und televisionärem Plenum.“ (3) Und weil Zitate Hauptbestandteil einer Promotion-Tour sind, gleich weiter mit den Äusserungen zum medienpolitischen Ansatz der Veranstaltung. Auch sie bedienen sich hier bei ihrem Lieblingsphilosophen Flusser: „Diese am Horizont der Jahrtausendwende auftauchende neue Generation von Bildermachern und Bildverbrauchern – hat auf ihrer Flucht nach vorne aus der Bilderflut – das Entsetzen der Verantwortungslosigkeit, Vermassung, Verblödung und Entfremdung tatsächlich überwunden.“ (4) Diesem Zustand versucht >fms< etwas entgegenzusetzen. Ihre Intention ist es, eine Kommunikation unter Film- und Videomachern herzustellen. Es geht mehr um Dialog statt Diskurs – Dialog zwischen denen, die Filme sehen, und denen, die sie machen. Und es gab sie, die guten Diskussionen, denn die Gästeliste der letzten zwölf Shows war fett. Vertreter aus dem Experimental-, Dokumentar-, Spiel-, Trash-, Polit-Film-Genre kamen zu Quarkuchen und schlechter Luft in den kleinen Club. U.a. produzierten sich: Jan Peters [„November 1-30“], die Redaktion des „revolvers – zeitschrift für film“, Janek Rieke [„Härtetest“],Jörg Buttgereit, und die Berliner Politniks von ak kraak. Das Verhältnis Pragmatik – Ästhetik oder, anders formuliert, Wissenserwerb – Unterhaltung hielten sich harmonisch die kognitive Waage. Als interne Innovation ist noch das Lokaldisplay aufgenommen worden. Von Anfang an ging es den Machern auch darum, die lokale Filmszene zu fördern. Welche lokale Filmszene, möchte Statist da fragen? [Werden in Leipzig nicht alle DJ?] In der Show haben die wenigen Filmfreaks die Möglichkeit, eine Teilöffentlichkeit für ihre Werke zu finden, und auch gleich darüber zu reden. Das Niveau dieser Sendungen ist für die späten Stunden ungewöhnlich hoch, und wenn das Publikum eher abreist, dann nicht aus Missbehagen, sondern weil ihre Festplatte im Kopf voll ist. Also, das Gute liegt nahe. Zumindestens einmal im Monat, wenn es richtig heisst: sehen und gesehen werden! >fernsehen macht schoen<.
Die nächste Veranstaltung [am Sonntag, den 30.April, ab 22 Uhr, Ilses Erika] hat den Drehbuchautoren und Filmemacher Oskar Röhler zu Gast. [Wer is’n das?] Röhler hat früher zusammen mit Schlingensief Drehbücher geschrieben und macht mittlerweile eigene Filme. Sein aktueller Film: „Die Unberührbare“ kommt am 20. April in die Kinos. In dem Film geht es um eine 68er-Schriftstellerin, die nach den 89er-Systemzerfall ihr Weltbild verliert und Suizid begeht. Eine biographische Geschichte.
[hei.ko]

(1) Mein Lieblingszitat von Pawel Kortschagin: „Ich dachte immer, Revolutionäre dürften sich nicht verlieben.“
(2) Für einige „zuviel Hamburg“, ich weiss.
(3) Zitiert in: http://www.fernsehenmachtschoen.de
(4) ebenda, S.1.



home | aktuell | archiv | newsflyer | radio | kontakt |
[65][<<][>>][top]

last modified: 28.3.2007