Individuelle Idylle im Zoro-Flyer |
Es war wieder eine dieser Nächte! Stumpf
saß ich in meinem Zimmer herum (...) Ich beschloß als erstes bei
einem kleinem Kino an der Straßenecke vorbeizuschauen (...) Liwi
hieß es... (1)
Was wie ein mittelschlechter Krimi vom
Schlage eines amerikanischen Großstadtautoren in der Zeit der Goldenen
Zwanziger erscheint, sind die ersten Zeilen der monatlichen
Zoro-Selbstdarstellung, einer kleinen Geschichte, vollgepackt mit
lyrischem Quark, handelnd vom wie mache ich es mir am
gemütlichsten hier im Kiez oder anders, wie belüge ich mich
selbst, wie baue ich mein Traumschloß, wie finde ich meine
Niesche...etc,etc.
Krasser Style oder esoterischer Mist, möchte man meinen, die Sache links
liegen lassen und dem guten alten Corporate-Design seinen Tribut zollen, aber
das wäre dann doch zu einfach. Welchen Teufel hat die MacherInnen da nur
geritten. Outet sich im Zoro-Flyer ein neuer Aktivist der Social-Beat-Fraktion
oder ist gar ein verkappter Volontär des Jetzt-Magazins der
Süddeutschen am Werk? Oder ist diese Form der Socialising-Anleitung ab
jetzt Standart in Connewitzer Kulturprojekten? Was vielleicht als Antipode zu
den ansonsten gängigen schlecht layouteten Kopien oder wahlweise
Vierfarbdruck auf Hochglanz nett gemeint ist, offenbart eine Haltung, die
verrät, wie es denn aussieht hinter den mit Bastmatten verhangen Fenstern
der Kiezgemeinde verdammt finster nämlich. Denn was zählt, ist
augenscheinlich und ausschließlich eine, umschreiben wir es mal nett,
persönliche Erlebnisbefriedigung unter dem Scheuklappenblick der typischen
Nieschenmentalität. Um am Beispiel zu bleiben, Wenn du was zu
sagen hast, kannst du dich auf einem der vielen Plenen austoben.
Genau. Zum Beispiel beim Bündnis gegen Rechts (BgR) oder Offenes
Antifaschistisches Plenum (OAP) sogenannten
Redezirkeln, da sitzen die frustrierten Politniks und
Labertaschen und quatschen sich die Köpfe heiß. Ansonsten seid doch
bitte etwas cooler und machts wie der Autor des Zoro-Heftchens, der hebt die
Flasche und stellt fest: Mein Kopf war voll nicht nur von Sternburg
und ich kehrte dem Geschehen den Rücken. Schließlich wollte ich
heute Nacht noch was erleben... Was mit Martini und Espresso(!)
anfing, endet nicht nur mit gutem Sterni, sondern, und nur das wird affirmiert,
im angeblich heilen Mikrokosmos des Bermudadreiecks. In dem nämlich
läuft das nach guter allgemeiner Autonomen-Tradition favorisierte Leben im
selbst abgesteckten Freiraum dann so, wie sich der Wind dreht, sozusagen
beliebig. Was dann als Selbstverständnis passiert, als Rückzug ins
Private ohne jede Kontextualisierung, ist wenn überhaupt, mit schlichter
Konsumhaltung zu bezeichnen, ansonsten nichts. Wer Connewitz mitsamt seinen
Projekten als sweeten Wohn- und Erlebnispark definiert, zu dem der
Bullenterror per se gehört wie der
Anarcho-Schuppen um die Ecke, und nur darin seinen Freiraum
festmacht, dem wird seine aufgebaute Idylle schnell über dem Kopf
zusammenbrechen. Spätestens wenn der Polizei-Hubschrauber unseres
Vertrauens auch auf deinem Dach landet. Doch dann wird erstmal ein Espresso
angesetzt, oder?
Lars
(1) Kursivgeschriebenes sind Originalzitate des Zoro Flyers
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