Für den 2. Dezember 1999 wurde der
Hinrichtungsbefehl gegen den afro-amerikanischen Journalisten und mehrfachen
Buchautor Mumia Abu-Jamal vom zuständigen Gouverneur Pennsylvanias (USA)
unterzeichnet. Mumia Abu-Jamal, ehemaliger Aktivist der Black Panther Party
musste nach nunmehr 17 Jahren Todeszelle bereits dem zweiten
Hinrichtungsbefehl entgegensehen, der ihm mittels der Giftspritze die
Todesstrafe durch den Körper jagen soll. Der konkrete Hinrichtungstermin
im Dezember wurde Ende Oktober 1999 nicht zuletzt wegen der
internationalen Bedeutung des Falles von Mumia Abu-Jamal aufgehoben.
Damit wurde noch einmal gegebenenfalls lebensnotwendige Zeit gewonnen, um den
juristisch letzten möglichen Versuch zu unternehmen, eine Wiederaufnahme
des Verfahrens gegen Mumia Abu-Jamal zu erwirken.
RASSISMUS TÖTET
Wiederaufnahme des Verfahrens bedeutet, daß der Prozeß, der vor 17
Jahren zur Verurteilung Mumia Abu-Jamals führte, neu aufgerollt wird.
1982 zum Tode verurteilt, weil er ein Jahr zuvor einen Polizisten erschossen
haben soll, wurde schon im damaligen 14tägigen Prozeß deutlich,
daß Mumia Abu-Jamal zum einen wegen seiner politischen Tätigkeit und
zum anderen wegen der Tatsache, daß er Schwarzer ist, verurteilt.
Die Jury, die damals die Verurteilung Jamals mitanordnete, bestand
hauptsächlich aus Weissen. Im damaligen Prozeß verschwanden
entlastende Indizien, Polizeiberichte wurden gefälscht, ZeugInnen massiv
unter Druck gesetzt. Die politische Dimension wurde schon seinerzeit dadurch
unter Beweis gestellt, daß der damalige Bürgermeister der Stadt
Philadelphia, Frank Rizzo öffentlich ankündigte, Mumia "mit allen
Mitteln" mundtot machen zu wollen. Gerade in Philadelphia war Mumia ein
bekannter Journalist, der sich mit rassistischer Polizeibrutalität sowie
mit dem in der amerikanischen Gesellschaft verwurzelten Rassismus
auseinandersetzte. Bereits im Alter von 15 Jahren war er 1969 Mitbegründer
der Black Panther Party und dann "Minister of Information". Die Tageszeitung
von Philadelphia "Philadelphia Inquirer" bezeichnete ihn als "Voice of the
Voiceless"! "Um die Wahrheit zu erkennen, die hinter schwarzen Roben und
Versprechungen von gleichen Rechten verborgen ist, brauche ich mich eigentlich
nur im eigenen Land umzusehen: 40 Prozent der zum Tode Verurteilten waren im
Dezember 1994 Schwarze, in Pennsylvania waren es sogar 111 von 184 Personen,
also über 60 Prozent. Dagegen machen Schwarze insgesamt nur knapp
über 9 Prozent der Bevölkerung Pennsylvanias aus und etwas weniger
als 11 Prozent der US-amerikanischen Gesamtbevölkerung". (
aus der
Todeszelle Live from Death Row Essays, Mumia Abu-Jamal, S.
21/22)
FREIHEIT FÜR DIE POLITISCHEN GEFANGENEN
Er ist einer von vielen, die für ihr politisches Engagement
büßen müssen: zur Zeit gibt es in den USA noch ca. 150
politische Gefangene. Die Gefangenen sitzen zum Teil seit mehr als 20 Jahren im
Knast, die gegen Rassismus und Unterdrückung gekämpft haben und wegen
ihrer politischen Identität nun einen großen Teil ihres Lebens
hinter Gittern verbringen müssen. Es sind Menschen wie Leonard Peltier vom
American Indian Movement, Sekou Odinga von der Black Liberation Army, Marshall
Eddy Conway von der Black Panther Party, Tom Manning von der United Freedom
Front.
Auch in der BRD gibt es politische Gefangene. Der allergrößte Teil
davon sind KurdInnen, die im Zuge der Verbote der kurdischen Vereine und
Organisationen sowie der PKK verurteilt wurden. In Bezug auf die letzten 10
Gefangenen der Rote Arme Fraktion (RAF) gilt im Kern die gleiche staatliche
Vernichtungsstratgie, wie für die Gefangenen in den Todestrakten der USA.
Vernichtung des Widerstands(willens). KeineR soll den Knast lebend verlassen.
Auch der Umgang mit den drei im Dezember 1999 verhafteten Menschen, denen die
Mitgliedschaft in den "Revolutionären Zellen/Rote Zora" (RZ) vorgeworfen
werden, wirft ein bezeichnendes Licht auf die politische Ausrichtung der
Strafverfolgung gegen den linken Widerstand in der BRD.
SILENCE = DEATH
Durch die Aufhebung des Hinrichtungsbefehls wurde noch einmal Zeit gewonnen, um
den letztmöglichen juristischen Schritt der Wiederaufnahme des Verfahrens
zu gehen. Dies ist jedoch nicht gleichbedeutend mit der Rettung von Mumias
Leben. Bis zum 7. Dezember 1999 mußten die Anwälte von Mumia dem
zuständigen Richter Yohn einen neuen Antrag vorlegen. Die zuständige
Staatsanwaltschaft hat dann wiederum bis zum 7. Februar 2000 Zeit, um
ihrerseits darauf zu reagieren. Der Anwalt von Mumia Abu-Jamal, Len Weinglas
geht davon aus, daß die Staatsanwaltschaft die volle Zeit der Frist
nehmen wird. Weinglas hat dann erneut eine Frist von 20 Tagen, um auf die
Entgegnung der Staatsanwaltschaft zu reagieren.
Erst dann wird die erste mündliche Anhörung anberaumt. Danach wird
entschieden, ob es eine neue Beweisaufnahme geben wird oder nicht. Dies
wäre ein entscheidender Schritt, der bisher im jahrelangen juristischen
Hin und Her von Staatsanwaltschaft und Richtern vereitelt wurde.
Len Weinglas hat betont, dass die jetzige Instanz vor Richter Yohn die alles
entscheidende ist und nun alles dafür getan werden sollte, damit Mumia ein
neues Verfahren bekommt. Sollten alle Anträge abgelehnt werden, ist davon
auszugehen, daß Pennsylvanias Gouverneur ein drittes Mal den
Hinrichtungsbefehl gegen Mumia Abu-Jamal unterzeichnet.
This is just the next stage of the fight.
We will continue to fight.
WE WILL WIN! (Mumia Abu Jamal - 13.10.1999)
Der Prozeß und der Hinrichtungsbefehl gegen Mumia Abu-Jamal ist weder ein
Einzelfall noch dreht es sich hierbei lediglich um das Leben einer politischen
Person. Mumias Kampf gegen Rassismus und Unterdrückung steht
stellvertretend für zahlreiche Bewegungen und Menschen auf der Welt, die
um Befreiung und gegen die Herrschaft des Menschen über den Menschen
kämpfen. Es ist nötig, den internationalen Widerstand gegen die
Hinrichtung Mumia Abu Jamals zu intensivieren. Was sein Leben jetzt retten
kann, ist: Den politischen Preis für die Hinrichtung so hoch wie
möglich zu treiben. Wir sind solidarisch mit Mumias politischem
Kampf gegen die Todesstrafe, gegen Rassismus, gegen Polizeibrutalität und
für die Freiheit der politischen Gefangenen.
the black panther party
In den 60er Jahren fanden in den USA, auf verschiedenen Ebenen, Kämpfe von
Schwarzen statt, für ihre Rechte, gegen den Rassismus, der die ganze
Gesellschaft durchzog und gesetzlich verankert war. Die Sprecher der
gewaltfreien Bürgerrechtsbewegung wie Martin Luther King wurden ermordet,
ihre Demonstrationen von der Polizei niedergeknüppelt. Als Reaktion gab es
bis 1967 landesweit in den Städten mehr als 100 schwarze Aufstände.
1965 brach der Vietnamkrieg aus, der in den USA, und weltweit zu großen
Protesten, hauptsächlich der aufkommenden StudentInnenbewegung,
führte.
In dieser Zeit (1966) gründete u.a. Huey P. Newton die Black Panther
Party. Sie forderte die Abschaffung aller Formen der Unterdrückung der
Schwarzen und propagierte Revolution als eine Option, dies zu erreichen. Sie
demonstrierten ihr Recht auf Selbstverteidigung und entwarfen ein Manifest zur
sofortigen Erfüllung der dringendsten Bedürfnisse der schwarzen
Bevölkerung. Sie war die größte Organisation in der Geschichte
des schwarzen Widerstands gegen Sklaverei und Unterdrückung in den
Vereinigten Statten, die bewaffnet war und ein revolutionäres Programm
vertrat. In der Praxis entwickelte sie eine Reihe von Sozialprogrammen, wie
z.B. kostenlose Lebensmittel, Schul- und Bildungsprogramme, um ein
Alternativmodell zum Bestehenden zu schaffen. Diese Programme zur
Unterstützung der schwarzen und armen Ghettobevölkerung wurden auch
als Überlebensprogramme bekannt und führten zu großen
Sympathien in der schwarzen Bevölkerung. 1968 wurde vom FBI eine Kampagne
zur Liquidierung der "größten Gefahr zur inneren Sicherheit der USA"
(Edgar Hoover, damaliger FBI Chef) initiiert. 1969 wurden mehrere führende
Parteimitglieder erschossen, nahezu alle Büros und Einrichtungen der Black
Panthers wurden vom FBI und der Polizei angegriffen, was zu weiteren
Ermordungen und Verhaftungen ihrer Mitglieder führte. Trotz der
kontinuierlichen Angriffe des FBIs, auch durch Einsetzen von Informanten und
systematischen Angriffen auf die Sozialprogramme, konnte die Partei sich noch
bis Mitte der 70 Jahre halten, bis sie unter dem Druck zerbrach.
bundesweite Demonstration
5. Februar 2000
14:00 Uhr
Rosa-Luxemburg-Platz
BERLIN |