Drei Typen, die eine über zehnjährige Hip
Hop-Geschichte verbindet, bilden seit 1996 das Dreigestirn Die Firma.
Die Members Fader Gladiator, Tatwaffe und Def Benski wecken bei fachkundigen
Lesern Assoziationen mit Gruppen wie C.U.S., Blitz Mob, Kaos, Äi-Tiem, Das
Duale System oder Die Organisation. Reichlich Props haben sie eingefahren, um
selbstbewußt zu verkünden, daß sie dem konventionellen
Schema Underground oder Kommerz in den Arsch treten.
Gemeint ist damit wohl, was im Hip Hop als diffuse Underground-Definition
dient: wer nur die Szene erreicht, ist underground, wer mehr will,
eben nicht.
Unter uns: Ich kenne letztlich niemanden in der Hip Hop-Szene, denen die
breitest mögliche Popularität nicht als Ideal-Ziel vor Augen schwebt.
Daß die meisten diesbezüglich zu wenig populistisch sind und zu
Szene-verliebt, ist ein Widerspruch, der den meisten gar nicht aufgeht. Aus
dieser Konstellation entspringt eine Art freiwillig-unfreiwillige
Selbstbeschränkung, die nur mittels cleverem Marketingverhalten (nicht
-strategie!) durchbrochen werden kann.
Die Firmenphilosophie, so das Info zur neuen Platte Das 2.
Kapitel, lautet: Lyrics über Beats, repräsentieren Gut
und Böse. Halten wir also erstmal fest, bewußt steht die Firma
nicht jenseits von Gut und Böse, Yin und Yang und was es sonst noch
so alles gibt. Sie repräsentieren eine Bandbreite, die das umfassende
Signifying das im Hip Hop so berühmte Rollenspiel aus Entertainment
und Education, vom Hip Hop Teacher KRS One (Boogie Down Productions) einst
Edutainment genannt zur Pflicht macht. Dieser, wie sie
sagen, durchdachte Dualismus bis ins kleinste Detail rückt sie
selbstverliebt in die Reihe so kongenialer Hip Hop-Konstrukte ihrer
seelenverwandten Arbeitskollegen RZA (dem Wu Tang Mastermind) und
Gravediggaz.
Es ist der Firma zu unterstellen, daß sie nicht nur darauf schauen, was
ihnen gerade bei den Sounds subjektiv am besten gefällt. Genauso intensiv
zumindest wie auf das Umsetzen des eigenen Geschmacks scheint es das eine oder
andere mal um die Ohrenfreuden einer unbestimmten aber großen Masse zu
gehen. Das ist dann vielleicht sowas wie Manchester-Kapitalismus im
Pop-Bereich. Nennen wirs ruhig mal Manchester-Popismus oder so.
Den einen oder anderen Kritiker hat ihnen diese Herangehensweise doch schon
eingebracht. Man sollte diese den Dreien ruhig nachsehen. Immerhin haben sie
mit dem Album Das 2. Kapitel tatsächlich, wie sie selbst
schreiben, ein ebenso spannendes wie überraschendes Epos in 21
Akten vorgelegt, daß man unbedingt hören und sehen sollte.Und
wie sagen sie außerdem weiter? Die Firma sei schließlich eine
ganzheitliche Verbindung von Hammer-LP und Burner-Livegigs. Ja, das
muß ja wohl reichen, oder?
Ralf
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