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Warum ein Buch erscheinen muß und unbedingt sollte.

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Lieber F.L.

Für Ronald M. Schernikau, so meinte einer, könnte man schwul werden. Oder Kommunist, möchte man anfügen. (Ursula Püschel nannte ihn einen Communisten, die C-Schreibweise der Pariser Commune entlehnt.) Oder beides. Und wenn es für nichts von beidem reicht, durch Schernikau wird man klüger. Und froher.
Als der frisch in die DDR zurückgekehrte Schernikau auf dem letzten Schriftstellerkongreß des Landes im März 1990 seinen Kollegen die Wahrheit sagte, mußte er sich von Dummköpfen das Wort Dummkopf an den klugen, schönen Kopf werfen lassen: „kaum ist honecker gestürzt, da lösen die universitäten den marxismus auf, da wirbt die DEW AG für david bowie (immerhin), da druckt die ff dabei horoskope, und die schriftsteller gründen beratungsstellen für leser oder gleich eine spd. Wo haben sie ihre geschichtsbücher gelassen? Die kommunisten verschenken ihre verlage, die ungarische regierung richtet in ihrem land einen radiosender der cia ein, und der schrifdtstellerverband der ddr protestiert gegen die subventionen, die er vom staat erhält. sie sind allesamt verrückt geworden... meine damen und herren, sie wissen noch nichts von dem maß an unterwerfung, die der westen jedem einzelnen seiner Bewohner abverlangt.“
Hätte es in Leipzig, der Stadt, in der der Communist Literatur studiert hatte, in der Du, lieber Freund, wohnst, hätte es in Leipzig wenigstens einen Sprachgelehrten gegeben, welcher nur einen annähernd so guten Gedanken gehabt hätte, wie sich in Schernikaus Büchern auf jeder Seite finden, und wäre es diesem Einen gelungen, den Gedanken zu formulieren, dieses kleine dicke Land wäre so elend nicht gewesen. Aber es gab diesen Gelehrten nicht. Es gibt ihn nicht. Ich weiß das, ich war da.
Mehr als ein Jahr später, er ist von der Krankheit gezeichnet, zwei Wochen vor seinem Tod, vollendet Schernikau „legende“. Es bleibt ihm noch Zeit, 5 Kopien zu erstellen und sie an Verlage zu senden. Deren Reaktionen muß er nicht mehr erleben.
Zum gedruckten Buch konnte das 700seitige Manuskript bis heute nicht werden, ein „Manuskript, das zu gut war, gedruckt zu werden“, wie Gremliza schreibt. Nun aber hat sich ein kleiner Dresdner Verlag, vor dem zu verneigen das Mindeste ist, was wir tun sollten, der „legende“ angenommen, wo es auf Seite 99 heißt:
„gott, personell vorgestelltes außerweltliches Wesen, auf der grundlage der klassengesellschaft verbreitete phantastische widerspiegelung des menschen als illusorisches idealbild seiner selbst. die menschen haben die götter gemacht. die menschen sind also kleine götter, also sehr kleine. sehr sehr sehr kleine götter.“
Angesichts solcher Worte wird die ganze Erbärmlichkeit der allgegenwärtigen Wortakrobaten und unheilbaren Aphorismatiker unserer Tage noch deutlicher.
Freund, das Schernikau-Buch muß erscheinen! (Buch? Sagte ich Buch? Ein Werk! Sagte ich Werk? Hohe Literatur!) Um das zu erreichen, bietet der Verlag, eine auf 500 Exemplare begrenzte Vorzugsausgabe, die vom Verlag bescheiden „Subskriptionsexemplare“ genannt werden. Diese Bücher werden in feinstes Leinen gebunden, mit einer Prägung versehen und einzeln nummeriert sein. Vorbestellung und Erwerb dieser Ausgabe heißt also: Große Literatur in einer angemessenen Ausstattung. Des weiteren ermöglicht man damit eine spätere „Volksausgabe“.
Der wichtigste Grund, mein Lieber, weshalb Du dieses Werk für Dich und Deine argentinische Freundin subskribieren wirst, aber ist: Sollte „legende“ erscheinen, „dann hätten wir ja noch eine Chance“ (Schernikau).

Dein Dir gewogener Gunnar Schubert

Ronald M. Schernikau „legende“ (Vorzugsausgabe, 135 DM)
Information und Bestellung: Verlag ddp goldenbogen, Weiße Gasse 6, 01069 Dresden, Tel: 0351-4906533, Fax: 0351-4906543


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last modified: 28.3.2007