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Versuch, Euch zu einer etwas anderen Kaffee-Fahrt nach Neuss zu überreden. Teil 2.(1) | |||||
Abschiebehaft in Sachsen
Am Beispiel Sachsen soll die Durchführung der
Abschiebehaft in der Praxis erläutert werden. Natürlich gibt es von
Bundesland zu Bundesland unterschiedliche Haftbedingungen, andere
Verfahrensregeln für die Anordnung und den Vollzug der Abschiebehaft,
unterschiedliche AmtsrichterInnen, die über die Anordnung der Haft
entscheiden, und voneinander abweichende Anweisungen für die
Ausländerbehörden (wie z.B. Abschiebestopps in bestimmte
Länder). Letztendlich ist die Situation in Sachsen kennzeichnend für
die rassistisch intendierte Abschiebepolitik in der gesamten BRD.
AusländerInnen, die sich illegal in der BRD aufhalten, oder denen eine Straftat zur Last gelegt wird, werden grundsätzlich abgeschoben Abschiebehaft meist inklusive. Aber selbst die liebsten und naivesten Flüchtlinge, die denken, es gäbe in der BRD ein Asylverfahren, welches diesen Namen verdient, und sich deshalb in dieses begeben, geraten nach dem üblichen Ende des Verfahrens, der Ablehnung, in die Fänge der Abschiebebürokratie. Ihnen wird entweder unterstellt, es gäbe Anhaltspunkte, daß sie nicht freiwillig ausreisen wollen, oder sie erhalten den Ablehnungsbescheid nicht, da eine Behörde ihren Umzug angeordnet hat und die andere angeblich davon nichts weiß und deshalb die Post an die alte Adresse schickt, oder eine Ausreise ist gar nicht möglich, weil sie kein Geld haben, keinen Ausweis oder keine Verkehrsverbindungen in das Land bestehen und schon befinden sie sich im Gefängnis. Über die Anordnung der Abschiebehaft entscheidet auf Antrag der zuständigen Ausländerbehörde das Amtsgericht. Laut Gesetz hat eine Anhörung stattzufinden. In Leipzig dauert die Anhörung maximal 15 Minuten. Die drei Ermittlungsrichter des Amtsgerichtes haben Wichtigeres zu tun, als AusländerInnen in Ruhe anzuhören und zu erklären, warum sie inhaftiert werden sollen. Die Richter kennen sich auch mit dem Ausländer- und Asylverfahrensgesetz, der Situation in den Herkunftsländern nicht aus, da die Verwaltungsgerichte für das Asylverfahren und andere ausländerrechtliche Fragen zuständig sind. Nur über die Abschiebehaft, d.h. über die Gefahr des Untertauchens und ähnliche Gründe für deren Anordnung, wird im Amtsgericht befunden. Die Leipziger Amtsrichter sind einerseits der Meinung, daß die Anordnung der Abschiebehaft für die Betroffenen nicht so schwerwiegend ist, wie die Anordnung der Untersuchungshaft gegen deutsche StraftäterInnen,(2) und das andererseits die Anträge der Ausländerbehörden sicherlich schon in Ordnung wären und deshalb
Die Qualität der Abschiebehaftbeschlüsse, gemessen an der derzeitigen Rechtslage, ist auch in anderen Bundesländern miserabel.(4) 20 bis 50% der angefochtenen Beschlüsse müssen in der zweiten Instanz aufgehoben werden. In Sachsen kommt es dagegen kaum zu einer Aufhebung der Abschiebehaft. Dies liegt nicht nur an an den wenigen Gruppen, Einzelpersonen und AnwältInnen in Sachsen, die sich für Abschiebehäftlinge einsetzen, sondern auch an dem Umstand, daß sächsiche Landgericht und das Oberlandesgericht eine eigene Rechtssprechung entwickelt haben, die sich nicht an der anderer Bundesländer orientiert. D.h. in Sachsen sitzen Abschiebehäftlinge, die gegen ihre Inhaftierung Beschwerde einlegen, auch dann noch ein, wenn sie in anderen Bundesländern schon längst freigekommen wären. Der Abschiebehaftgruppe Leipzig sind sogar mehrere Fälle illegaler Freiheitsberaubung bekannt geworden.(5) In Sachsen sind die Abschiebehäftlinge in den normalen Gefängnissen (amtsdeutsch: Justizvollzugsanstalt, kurz: JVA) untergebracht, d.h. es gibt im Unterschied zu den meisten westlichen Bundesländern keine reinen Abschiebeknäste (wie z.B. der Frauenabschiebeknast Neuss). Selbst zwischen den sächsischen JVAs gibt es erhebliche Unterschiede: Die einen werden als Strafvollzuganstalten genutzt, d.h. für verurteilte StraftäterInnen, die anderen als Untersuchungshaftanstalten. In ersteren ist das Vollzugsregime lockerer: Besuche längerer Dauer und in
Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer in der sächsischen Abschiebehaft beträgt 11/2 Monate manche Abschiebehäftlinge sitzen jedoch monatelang, bis zu 11/2 Jahren; andere, meist OsteuropäerInnen, werden schon nach wenigen Tagen ab- oder zurückgeschoben. In der Haft müssen sie sich mit rassistischen deutschen Gefangenen (die Gefängnisse sind voll mit Faschos, oft nicht aufgrund ihrer politischer Aktionen, sondern wegen ihrem Hang zur Kleinkriminalität) rumschlagen, mit den mürrischen BeamtInnen, die kein ausländisch können und gern ein Scherz auf Kosten der Abschiebehäftlinge machen (z.B. plötzliches Androhen eines Abschiebetermins), mit den AnstaltsärztInnen, die nur Notfälle behandeln und auch die nur mit Schmerzmitteln, da sie AusländerInnen für Simulanten halten. Die Ausländerbehörde soll während der Haft die Abschiebung vorbereiten, tut oft aber monatelang nichts. Und selbst wenn, erfahren es die Häftlinge nie sie bekommen höchstens einen Brief, in dem sie aufgefordert werden, Paßantragsformulare auszufüllen. Wer sich weigert, mit der Ausländerbehörde kooperativ zusammen zu arbeiten, wird so lange inhaftiert, bis er/sie es sich anders überlegt. Von ihrer Abschiebung erfahren die Häftlinge erst ca. eine Stunde vorher. Ihnen wird nicht mal Zeit gelassen, in Ruhe die Sachen zusammen zu packen. Offiziell heißt es, daß eine längerfristige Ankündigung des Abschiebetermins aus Gründen des Schutzes der Inhaftierten unterbleibt. Die Behörden haben Angst vor Selbstmord(versuchen), Widerstandshandlungen und schnell
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Kosovo-AlbanerInnen und KriegspropagandaDeutschland im Krieg gegen Jugoslawien bereitet sich auf die Aufnahme von tausenden Kosovo-AlbanerInnen vor. Sie werden mit offenen Armen empfangen wenn mensch von ein paar Mißtönen innerhalb der Europäischen Union absieht, die sich über gerechte Verteilungsquoten streitet und darüber, ob die Kosovo-AlbanerInnen nicht lieber vorort bleiben sollten.(7) Die Euphorie reicht zwar nicht ganz an die heran, kurz bevor die Mauer fiel und die Ossis in den Westen flüchteten doch sie hat schon Züge eine nationalen Hysterie angenommen: Sparkasse, OBM Tiefensee und die LVZ organisieren Spendenaktionen, an denen sich auch die rührige Aktion Courage beteiligt.(8) Nur in den Randspalten der Zeitungen wird deutlich, daß die großzügige Aufnahme eigentlich nur widerwillig geschieht, um sich in der Kriegspropaganda keine allzu große Blöße zu geben: Die USA will ihre Kosovo-AlbanerInnen nicht etwa ins Land lassen, sondern auf einem Militärstützpunkt auf Kuba(!) internieren, Australien schickt die Flüchtlinge im wahrsten Sinne des Wortes in die Wüste und die BRD steckt sie auch nur für ein paar Monate in Flüchtlingslager, von denen es einige mit Abschiebeknästen aufnehmen können.(9)Warum der Aufwand: Die Kosovo-AlbanerInnen sind die armen Opfer der blutrünstigen Serben. Wurde in Jugoslawien erstmal ein Hitler identifiziert und ein faschistisches System diagnostiziert, und zwar am lautesten vom grünen Außen- und roten Verteidigungsminister, dann gibt es kein Zurück mehr. Dann müssen die FluchthelferInnen der Bundeswehr ran und die antifaschistischen WiderstandskämpferInnen der UCK ausgeflogen werden. Vor wenigen Monaten sah es noch ganz anders aus. Damals gab es die SerbInnen und deren Faschismus scheinbar noch nicht und die Kosovo-AlbanerInnen konnten deshalb auch nur Opfer skrupelloser Schlepperbanden werden, die die Kosovo-AlbanerInnen gegen ihren Willen in die BRD entführten. Zur Erinnerung: Zur gleichen Zeit als im Sommer 1998 an der deutsch-polnischen Grenze ein antirassistisches Camp der Kampagne kein mensch ist illegal stattfindet, hetzt der Bundesgrenzschutz einen Kleinbus mit 27 Flüchtlingen, ausschließlich Kosovo-AlbanerInnen, über die Landstraßen bei Freiberg bis der Bus von der Straße abkommt und gegen einen Baum prallt. Drei Flüchtlinge sterben sofort, drei weitere an der Unfallstelle, einer im Krankenhaus. Die zwanzig anderen werden mit schweren Verletzungen in die Krankenhäuser eingeliefert.(10) Dort werden sie rund um die Uhr vom BGS bewacht und später in das Justizvollzugskrankenhaus verlegt. Der BGS verhört die stark traumatisierten Flüchtlinge noch am gleichen Tag und zwingt sie zu einer
Im Krankenhaus stellen die Flüchtlinge Asylanträge, ihnen kann anwaltliche Unterstützung organisiert werden. Daraufhin untersagt das zuständige Verwaltungsgericht die Ab- oder Zurückschiebung der Betroffenen. Der BGS weigert sich aber, die Kosovo-AlbanerInnen aus der Abschiebehaft zu entlassen, was eindeutig rechtswidrig ist. Dem BGS gelingt es sogar noch, trotz dem Gerichtsurteil einen der Kosovo-AlbanerInnen zurückzuschieben. Erst ca. einen Monat nach dem Unfall werden die Flüchtlinge nach und nach entlassen was wiederum nur auf Druck der Flüchtlingsorganisationen und der AnwältInnen geschieht. Damit dieser Skandal nicht an die Öffentlichkeit gelangt, verhängten die Behörden eine Besuchssperre im Krankenhaus für Angehörige und JournalistInnen. Selbst der Ausländerbeauftragte darf mit einem Verletzten nur unter BGS-Bewachung sprechen. Begründet wird das Vorgehen damit, daß der bedrohliche Gesundheitszustand der PatientInnen nicht weiter gefährdet werden soll. Die Verhöre durch den BGS noch am ersten Tag stellen demnachkeine Gefährdung dar.(11) Anstelle den BGS-Verantwortlichen jetzt den Prozeß wegen unterlassener Hilfeleistung und illegaler Freiheitsberaubung zum machen, wird dem 18 Jahre alten Fahrer sowie dem 21 Jahre alten Beifahrer des Schleuserwagens Ausländerschleusung, fahrlässige Tötung und fahrlässige Körperverletzung vorgeworfen.(12) |
Anmerkungen:
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