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Auf den folgenden Seiten dokumentieren wir die Reaktion antideutscher MigrantInnengruppen auf die Reaktionen zu ihrem Konkret-Outings. (siehe CEE IEH #49) |
Linksdeutsche Burschenschaften |
Deutsche bringen ihre Führer nicht um(1)Als wir (selbstorganisierte MigrantInnen aus Berlin, Bonn, Frankfurt, Freiburg, Hamburg, Nürnberg, München und Oldenburg) unsere Kritik an den rassistischen Ausfällen der Zeitschrift Konkret veröffentlichen wollten, waren wir uns selbstverständlich darüber im klaren, daß wir mit der üblichen Ignoranz, dem eingeübten Schweigen darüber und der Tendenz, solche Unannehmlichkeiten auszusitzen, des linksdeutschen Kultur- und Gazettenbetriebes zu rechnen hatten.Der Text samt den MigrantInnen-Gruppen als UnterzeichnerInnen wurde an die Konkret-Redaktion per email mit der Aufforderung übermittelt, ihn zu veröffentlichen. Um die deutsche Presse-Ordnung nicht durcheinanderzubringen, wurde der Redaktion auch eine Kontaktperson bekanntgegeben, für den Fall, daß irgendwelche Fragen auftauchen würden. Darüber hinaus wurde der Text an eine Reihe von Zeitungen und Zeitschriften zur Info verschickt und das Thema war für uns erledigt. Von wegen! In den Redaktionsstuben brach Panik aus: Die Konkret-Redaktion schlug uns einen Kuhhandel vor, indem sie uns großzügig wie halt Gutdeutsche gegenüber Minderheiten sind eine Seite in Aussicht stellte, um unser Anliegen wohlwollend zu prüfen. Obwohl wir für solches Feilschen à la Bazar genetisch vorprogrammiert sind, lehnten wir es ab und bestanden auf der Veröffentlichung des ganzen Textes. Die Antwort kam prompt: In der Oktober-Ausgabe druckte die Konkret-Redaktion einen Kommentar ab, in dem sie das uniforme linksdeutsche Wunschdenken in Form von Vermutung zur Sprache brachte: Von wem konnte bloß dieser Text stammen, es stehen sicher keine MigrantInnen dahinter und erst recht keine Gruppen, ganz zu schweigen von Frauen (die geschlechtsspezifische Entdeckung der Redaktion: yamyam muß ein Typ sein). Das technische Mittel erlangte somit große Berühmtheit. Als wir bei der Wochenzeitung Jungle World nachfragten, ob sie den Text, der ihr zur Information bereits vorlag, veröffentlichen würde, kam als Antwort: Wir geben zu, daß die kritisierten Konkret-Beiträge einige unglückliche Formulierungen enthalten, aber wir können trotzdem nicht Texte veröffentlichen, die sich gegen die Konkret richten! Die Zeitung, die, ebenso wie Konkret, jedes Wort, jedes Komma in den Sätzen auseinandernimmt und mit dieser Art kritischer Genauigkeit prahlt, verhielt sich auf einmal wie ein kleines Provinz-Anzeigenblatt, das mit der ganzen Peinlichkeit nichts zu tun haben will. Auf einmal wurde Rassismus zu unglückliche(n) Formulierungen. Nicht die Ausfälle in der Konkret, sondern erst unser Text sorgte bei den antirassistischen Experten der Freiburger Zeitschrift iz3w (3w steht nicht für WorldWideWeb, sondern für so was wie 3. Welt; sie sind nämlich Experten in Sachen linksdeutscher Internationalismus, Chiapas und so) für einige Aufregung. Nachdem sie unseren Text bekamen, riefen sie den alternden Herrn ihrer Burschenschaft, den Herrn Gremliza (wie sie selber schreiben) an, um zu entscheiden, ob sie den Text veröffentlichen (dürfen) oder nicht. Anschließend teilten sie uns mit, daß sie unseren Text nicht abdrucken werden. Stattdessen würden sie einen eigenen Beitrag zu der Geschichte veröffentlichen (wir wiederholen: einen Beitrag zu einem Text, den ihre Leserschaft nicht kennt und kennen darf!). Was sie auch getan haben. Wo Rassismus am Werk ist, entdecken sie Ressentiments; wo Justus Wertmüller seinen antiislamischen und sexistischen Phantasien freien Lauf läßt, haben sie zuerst freilich nichts auszusetzen, bei genauerem Hinsehen können sie bei ihm die Grenzen zwischen der aufklärerischen Kritik an den Religionen und einem Feindbild vom Islam nicht mehr erkennen. Wo der Medienkritiker Sokolowsky gegen Gesichtspelze, Kopfwindeln, flachköpfige,... analphabetische Irre und den notorischen Buschmann herzieht, erkennen sie einen despektierlichen Jargon und herabwürdigende Äußerungen. Gegen uns drücken sie sich freilich nicht mehr so gewählt aus. Da wird die Sprache zum Ausdrucksmittel unkontrollierter Gefühle gegenüber vermeintlich Schwächeren. Jetzt ist von hetzerischer und verleumderischer Polemik, von Denunziationsstrategie und Attacken oder von häßlichen abenteuerlichen Konstruktionen die Rede. Ihre vorgespielte Objektivität und ihre devote Haltung gegenüber den Chefs verdankt sich dem überflüssigen Versuch, einem deutschen Kollektiv, das sich im rasanten Tempo rechts-radikalisiert, angehören zu wollen, ohne daß es jemand merkt. Und so ging es mit anderen linken Zeitschriften weiter. Ausnahmen in dieser festgeschweißten Volksgemeinschaft waren zwei Zeitschriften: Die Alhambra aus Oldenburg und die CEE IEH aus Leipzig (sie ist übrigens auch im Internet zu lesen). Angesichts der o.g. Situation war dies für uns eine angenehme und erfreuliche Überraschung, was erneut beweist, daß das Deutschtum keine biologische Gegebenheit, sondern eine Entscheidungsfrage ist. Wer nun meinte, daß sich damit das Thema erledigt hatte, irrte sich: die TAZ fühlte sich dazu genötigt, die Alhambra zu disziplinieren, weil sie sich getraut hatte, den Text (trotz informellen Boykotts und drohender Sanktionen) abzudrucken. Sie veröffentlichte am 21.11 einen Kommentar im Stil der Konkret-Redaktion (lächerlich machen, abwerten usw.), indem sie die Alhambra für ihr undeutsches Verhalten maßregelte. Aus dem lustigen Kommentar entstand wieder mal eine Frontberichterstattung: ein TAZ-üblicher journalistischer Dreck, versehen mit üblen Tricks (Verdrehungen, Lügen, Zurückhalten von Tatsachen, so tun, als wüßte man nichts, usw.), bei denen die inneren deutschen Werte gebührend zur Geltung kamen: Trick Nr. 1: Obwohl der Text bereits im September der TAZ vorlag, tut der Artikelschreiber so, als ob er davon erst durch die Alhambra erfuhr. Wie es aussieht, ist der Text im Giftschrank der Redaktionsstuben gelandet; er wird nur unter dem Ladentisch gehandelt. Trick Nr. 2: Obwohl am Ende des Textes (sowohl in der der TAZ zur Verfügung gestellten als auch in der in Alhambra veröffentlichten Fassung) die Namen der MigrantInnen-Gruppen stehen, spricht er von einem anonymen Schreiber, der zu feige(2) ist, seinen Namen zu nennen. Das lustige daran ist, daß die TAZ selber und zwar mehrmals zumindest über eine der unterzeichnenden MigrantInnen-Gruppen, nämlich Café Morgenland berichtete (Ochtendung, Gallus-Frankfurt usw.) und ihre Journalisten gar Kontakt-Adressen von der Gruppe haben. Trick Nr. 3: Obwohl die einzige Redaktion, die dazu aufgefordert wurde, den Text zu veröffentlichen, die von Konkret war, spricht der TAZ-Schreiber von Aufforderung an alle Redaktionen (nach dem Motto, wenn eine deutsche Redaktion betroffen ist, dann sind WIR alle betroffen). Das zählt für den Hetzer natürlich nicht bzw. muß möglichst verschwiegen werden, denn es soll ja alles gut ins Bild passen: Wir, die von der deutschen Ultralinken längst boykottiert und angegriffen werden, müssen unter dieselbe subsumiert werden, um jenen noch einmal klarzumachen, daß da noch einiges mehr zu tun ist, um sich angemessen und wirkungsvoll zu distanzieren, sich also tatsächlich um das Prädikat deutsche Ultralinke verdient zu machen. Deutschland im November-Konkret sucht und sucht und kann ihren Rassismus einfach nicht finden, Özdemir plaudert auf der Couch mit Beckstein (ein paar Tage nach der Abschiebung von Muhlis aus München) über das, worüber sie sich einig sind, Schröder stellt sich offen vor die deutschen Banken, um sie vor Entschädigungsforderungen zu schützen, Schily schreit mit dem ganzen Land im Chor: das Boot ist voll, in Abschiebehaft, an den Grenzen und auf den Straßen sterben Menschen. Die Nation Arm in Arm mit Walser gegen Ignatz Bubis, der isoliert von allen dasteht mit seiner Kritik an den nationalistischen Tönen Walsers, er wird als nicht mehr bei Sinnen angeprangert (weil, er war der einzige unter ALLEN Gästen, der Walser mißverstanden hat!), denn es muß endlich einmal Schluß sein! Derweil ist der neue Feind ausgemacht: der Islam = die Fundamentalisten = die muslimischen Menschen im Land. Diesmal neu: auch die Restdeutschen Linken überbieten sich gegenseitig in Anfeindungen gegen Muslime, in plötzlicher Frauenbefreiungsphantasie, im Hochhalten der abendländischen Kultur, oder vielmehr dem, was hierzulande darunter verstanden wird. Was den deutschen Humor betrifft: Es ist einige Jahre her, wo die Konkret solche Witze mit dem richtigen Hinweis abdruckte, daß, wer darüber lachen kann, sich überlegen sollte, was mit ihm los sei. Inzwischen ist es schick, rassistischen Humor zu verbreiten und an den linksdeutschen Stammtischen darüber zu lachen! Linker Rassismus ist inzwischen einer, der bei Kritik immer wieder behaupten kann, Im sorry!, also nur Witz, Satire, Humor, lustig, lustig, lach, lach. Der meiste offene Rassismus wird beim Karneval verbreitet, wenn die Deutschen lustig drauf sind und mal richtig die Sau rauslassen. Dann heißt es: Nach den verlorenen Spielen hat sich der Vorstand entschlossen, neue Spieler einzukaufen: Und zwar: Im Sturm: Zwei Juden, weil diese nicht mehr verfolgt werden dürfen. Im Mittelfeld: Einen Neger, einen Chinesen und einen Indianer, damit das Spiel farbiger wird. In der Abwehr: Zwei Warme, damit mehr Druck von hinten kommt. Im Tor: Eine 50-jährige Nonne, weil die seit 30 Jahren keinen mehr reinbekommen hat. (Aus einem von der deutschen Belegschaft autonom erstellten und verteilten betriebsinternen Blatt zu deutschem Fußball.) Das ist es, was Deutsche unter Humor verstehen. Deutscher Humor ist, wenn andere fertiggemacht werden. Wenn die lachen, geht es anderen an den Kragen. Der Unterschied zwischen leichter und harter Satire ist der zwischen Diskriminierung und Mord. Sokolowsky ist eben nicht nur Fernsehkritiker, sondern vor allem deutscher Rassist (hier in der Form des Anti-Islamisten). Einen solchen zeichnet unter anderem aus, daß er keine objektiven Einflüsse braucht, um rassistisch zu sein. Er braucht kein soziales Elend, d.h. auch kein deutsches Fernsehen, um andere zu verunglimpfen und zu verfolgen. Außerdem macht er seinen journalistischen Rassismus sozusagen ehrenamtlich. Während in südeuropäischen Länder die Leute TV gucken, danach spazierengehen, bevor sie zu Abend essen, macht sich Sokolowsky nach Tagwerk und Tagesschau Gedanken darüber, ob seine Beiträge für die Konkret fertig werden. Sozusagen einen unter 620-Mark bezahlten rassistischen Nebenjob. Alles eine Frage des anti-islamischen missionarischen Engagements. Schließlich wird die bittere Enttäuschung über die Freiheitskämpfer in Afghanistan, die heutigen Taliban-Milizen beklagt. Zur Erinnerung: Die TAZ war einer der Vorreiter in Deutschland, wenn nicht gar DER Vorreiter bei der Unterstützung der afghanischen Opposition (genau dieser Taliban-Mörder). Es genügt, einige frühere TAZ-Berichte über Afghanistan während der kommunistischen Herrschaft zu lesen, um die Vorliebe zu den afghanischen Volksmudschaheddin und wie die ganzen Banden damals hießen, zu erkennen. Was wir im Text über Brigitte schrieben, gilt erst recht für diese Zeitung. Schreibt M. Ringel in der TAZ: Nur zur Erinnerung: Die Taliban, das sind jene Gotteskrieger, die Frauen den Schul- und Arztbesuch verbieten oder ihnen mitunter ihre lackierten Nägel samt Finger abhacken. Taliban gleich Juden? Wofür müssen die Juden eigentlich noch herhalten? Nur zur Erinnerung: die Deutschen sind jene nationalsozialistischen Krieger, die Millionen Juden, Sinti, Roma u.a. enteigneten, vertrieben, verprügelten und ermordeten. Nicht Taliban gleich Juden, sondern Deutsche gleich Deutsche. Und der K(r)ampf geht weiter: Die Konkret will eine Debatte über unseren Text eröffnen. Und zwar im Stil der iz3w, d.h. ohne den Text, über den debattiert werden soll, zu veröffentlichen (wie geht das? deutsche Realsatire?). 30.11.1998
Die verrückten MigrantInnen-Gruppen, die nicht in der Lage
sind, ihre Gedanken auf einer Seite zu formulieren Anmerkungen: (2) Eine staatstragende Zeitung wie die TAZ hat als ausgelagertes
Volontariat der FAZ (konkret) keinen Grund sich zu anonymisieren, im
Gegenteil, es kommt darauf an, sich im gesellschaftlichen Konsens mit dem
entsprechenden rassistischen Know-how namentlich bekannt zu machen. |
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