Die Suche nach dem Zipfelchen Nazi.
Betroffenheit, Wut und Trauer wie Linke alles in den Griff bekommen. (Achtung!) Eine Polemik.
Anfang April gab es in Leipzig in einer Nacht zwei
Brandanschläge auf Pizza-Buden. Für Polizei und Presse war ohne
Untersuchung alles klar: die Mafia höchstselbst
legte Hand an. Die Öffentlichkeit hats ohne Umschweife gefressen und
in linken Kreisen nahm man wahrscheinlich nicht mal Notiz davon. Warum, das ist
schon mal wieder eine nähere Betrachtung wert.
Den Ist-Stand nach der Tat bejammern Bewegungslinke im Einsatz |
Seit sich die Zahl der Morde und Mordversuche von Deutschen an sogenannten
Nicht- oder Undeutschen nach der Wende drastisch erhöhte, hat sich in der
Linken ein Alltagsreflex Bahn gebrochen, der noch vor Jahren undenkbar schien.
Ausgehend vom Aktionismus der Bewegungslinken scheint man neuerdings umso
dankbarer, wenn die öffentliche Darstellung alles notwendige vermag, nur
eben nicht den leisesten Verdacht auf rassistische oder antisemitische
Tatmotive aufkommen zu lassen. Der politische Nutzen liegt auf der Hand: Sich
derlei, dem tatsächlichen rassistischen Konsens entspringender Lesarten zu
bedienen, verhilft der eigenen Unfähigkeit trotz alledem auf die
Sprünge. Geht man als Linker nämlich zu der Annahme über, die
Medien und Behörden hätten trotz aller traditioneller Skepsis
gegenüber dem Bürgergewäsch vielleicht doch nicht so
Unrecht mit der Herleitung bestimmter Tatmotive, ergibt sich in der Praxis der
tolle Vorteil, doch noch mit der Bekundung von Betroffenheit, Wut und Trauer
hinterherzukommen. Und so tut ein guter Bewegungslinker in der Endkonsequenz
alles dafür, die tausenden Einzelfälle guter Deutscher auch
tatsächlich als Einzelfälle zu behandeln.
Natürlich ahnt man dabei, daß das Ganze doch irgendwie
hinkt. Deshalb gilt es als schick, ausgemachte Täter mit einem eigens
konstruierten Täterprofil zu bedenken: Man sucht und fahndet nach dem
Zipfelchen konkreter Nazi-Affinität des Täters. Dieses erst einmal
gefunden, ergreift man es flugs und redet von dem Nazi oder
umgangsprachlich Fascho. Die dabei vorgenommene Entkontextualisierung wird
mittels Vorwürfe an schlampig ermittelnde Behörden und gegenüber
den Verharmlosungsoffenbarungen lokaler Politiker kaschiert. Heraus kommt dabei
ein Skandal, den ein Bewegungslinker nur konstatieren kann und
gegen den er auf der Straße bei der erstbesten Demo Front macht
mit dem Fazit: Bullen und Staat schützen die Faschos, pfui!
Einige Auserwählte jedoch scheinen zu erahnen, daß das jeweilige
Tatmotiv nicht erst aus der Ermittlungsrichtung und
Verharmlosungsnormalität nach der Tat entsprungen sein kann, weil das
irgendwie nicht logisch scheint. Vielmehr muß das Motiv
ei pardauz! doch tatsächlich vorab bestanden haben.
Spätestens hier aber verschwimmt das Erklärungsmuster zum breiigen
Einerlei: ein bißchen Bevölkerungssympathie hier, linksäugiger
Staat da, starke Fascho-Szene gleich um die Ecke, akzeptierende Jugendarbeit da
vorn und so weiter und so fort. Das ungute Gefühl, analytisch an genau
dieser Stelle nicht weiter zu kommen, veranlaßt dann auch recht schnell,
lieber wieder den Ist-Stand nach der Tat zu bejammern. Das erweist sich
schließlich und letztendlich spätestens dann auch als
günstiger, wenn die von der jeweiligen Demoleitung des beliebigen
Trauerzuges genannte Teilnehmerzahl die Erwartungen glücklicherweise übertrifft.
Auch wenn es schon an anderer Stelle gesagt wurde: Man stelle sich mal vor,
jene Linken würden mit den Stammheim-Morden genau so umgehen, wie sie es
mit der allgegenwärtigen Mordlust der Deutschen angesichts der oben
genannten Tatsachen tun... Aber: der Staat ist eben der Staat und der kleine
deutsche Mann eben der kleine deutsche Mann, dem man das möderische
Treiben erst mal nicht unterstellen sollte. Nicht zuletzt dank Gewerkschaften.
Wie sagte doch die stellvertetende DGB-Vorsitzende Ursula Engelen-Kefer
gegenüber der taz?: Was meinen Sie, was unsere Gewekschaft
(...) alle Hände zu tun hat, um zu verhindern, daß an den Baustellen
die Fremdenhatz losgeht ... Ralf |