Fiktion oder Realität? |
Die neue Rolle der NPD/JN in Sachsen und Dresden
Spätestens seit dem Achtungserfolg vom 1.März in München hat
sich die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) und ihre
Jugendorganisation Junge Nationaldemokraten (JN) auch in Sachsen zur
stärksten und aktivsten rechten Organisation entwickelt. Als Sammelbecken
für Neonazis jeglicher Coleur ist der NPD-Landesverband durch 17
Kreisverbände vertreten und beziffert seine aktuelle Mitgliederzahl mit
800; allein 1997 gab es ca. 500 Beitritte. Diese hohe Zahl erklärt sich
aus der Rekrutierung vor allem junger und bisher unorganisierter militanter
Faschos, die nach den Verboten offen faschistischer Organisationen der
vergangenen Jahre u.a. der JN zur Entwicklung des stärksten
Landesverbandes und einer Kaderschmiede national gesinnter deutscher
Jugendlicher verhelfen sollen. Potential und Charakter dieser
überwiegend im vergangenem Jahr geschaffenen, fest organisierten und vor
allem funktionierenden Struktur zeigte sich am 29. November in Görlitz, wo
ca. 300 Fascos aus ganz Sachsen unter dem Motto Gegen politische
Gewalt! ungestört und ohne große Mobilisierung durch die Stadt
marschierten und im Anschluß regelrechte Menschenjagden veranstalteten.
Als nationales Zentrum sticht in letzter Zeit Dresden heraus, wo
besonders die JN Aktivitäten entwickelt. So hat seit August 96 der
Landesverband dort seine Zentrale, was auf den Wohnsitz der
JN-Bundesmädelbeauftragten [sic!] Katharina Handschuh
zurückgeht. Mit dem Zuzug Oliver Händels im Juli dieses
Jahres, seineszeichens Bundesgeschäftsführer der JN, nahm die
Bedeutung Dresdens als Schwerpunkt für die bundesdeutsche Neonaziszene
kontinuierlich zu. Inzwischen befindet sich in Dresden die
JN-Bundesgeschäftsstelle; außerdem werden von hier sämtliche
NPD/ JN-Internetaktivitäten organisiert. Neben den allgemeinen
Konsequenzen, die sich aus der Konzentration und dem hohen Organisationsgrad
der Faschos für die Region ergeben, entsteht daraus auch eine
ernstzunehmende Gefahr für den qualitativen Gehalt der geplanten
Aktivitäten gegen die Austellung.
Rechtskonservative Kreise und Dresdner Öffentlickeit
Darüber hinaus ist aber ähnlich wie in München
auch ein Zusammengehen neofaschistischer und rechtskonservativer Kräfte zu
vermuten. Hatte sich dort, neben revanchistischen Verbänden etc., vor
allem die CSU hervorgetan, engagieren sich hier u.a. Vertreter der Deutschen
Sozialen Union (DSU). In den Dresdner Freitagsgesprächen, einem
Diskussionzirkel von Republikanern, Burschenschaftlern, DSU- und
NPD-Mitgliedern existiert inzwischen eine Initiative gegen die pauschale
Verurteilung der Wehrmacht, die zu Protestaktionen gegen die linke
Geschichtsklitterung aufruft. Während die Grünen und die PDS
die Ausstellung unterstützen, ist eine Positionierung der Dresdner
Verbände von SPD und CDU allerdings noch nicht abzusehen. Besondere
Brisanz könnte der mögliche Schulterschluß außerdem durch
den Jahrestag der Bombardierung Dresdens am 13. Februar 1945 erfahren. Es ist
zu befürchten, daß sich neben den Vertretern rechtsextremer und
konservativer Kreise auch die Dresdner Öffentlichkeit, unter dem schon
1995 bei den offiziellen Feierlichkeiten zum 50. Jahrestag in Erscheinung
getretenem Eindruck der deutschen Opferrolle, gegen die Ausstellung
ausspricht bzw. offen mit den Nazis sympathisiert.Fazit
Ein erneuter Erfolg á la München für die Nazis hätte
fatale Folgen, da der Aufmarsch in Dresden als Auftakt für zahlreiche
NPD-Aktivitäten im Wahljahr 98 nicht zuletzt für den 1.
Mai in Leipzig gelten dürfte. Die damit einhergehende Stärkung
ihrer Strukturen, die immer Auslöser für Pogromstimmungen war, ist
nicht zu unterschätzen. Für die antifaschistische Praxis ergibt sich
daraus eigentlich nur eine Perspektive: In München protestierten 20 000
Menschen gegen den Naziaufmarsch und brachten ihn so schließlich zum
Stocken. Auch wenn dies in Dresden, aufgrund von Zonenmief und nie existenter
linksliberaler Gesellschaft illusorisch scheint, ist dieses Zusammengehen aller
demokratischen und wenigstens auf dem Papier antifaschistischen Kräfte,
der einzige Weg zur Verhinderung des Naziaufmarsches und der wiederholten
Diffamierung der Ausstellung. Bereiten wir also den Nazis in diesem
Sinne ein zweites München! Alexander
|