Das Landgericht verurteilte Daniel Z., der den 12 cm
tiefen tödlichen Stich ins Herz des Opfers ausführte, wegen Mordes zu
einer Jugendstrafe von neun Jahren und sechs Monaten, während sein Kumpel
Norman E. mit einer Jugendstrafe von 4 Jahren und sechs Monaten wegen Beihilfe
zum Totschlag davonkam. Laut ZeugInnenaussagen waren beiden vor der Mordtat
stundenlang pöbelnd durch die Stadt gezogen und in der Straßenbahn
mit Naziparolen und rassistischen Sprüchen wie den scheiß
Moslem stechen wir ab aufgefallen. Im Gemüseladen hatten sie
zunächst zwei Verkäuferinnen angegriffen und als
Türkenschlampen beschimpft. Den zu Hilfe eilenden Achmed
Bachir wurde von ihnen mit den Worten Du Türkenschwein, du kriegst
Probleme mit uns, wir sind Skinheads, ich hole meine Kumpels, die machen Dich
tot. bedroht. Obwohl Daniel Z. und Norman E. also aus ihrer Gesinnung
alles andere als ein Geheimnis gemacht hatten, spielten ihre rassistischen
Morddrohungen weder im Plädoyer der Staatsanwältin noch in der
Urteilsbegründung des Gerichts eine Rolle. Die beiden seien mit sich und
der ganzen Welt unzufrieden gewesen, ihre Aggression hätte sich gegen alle
gerichtet, die sich ihnen in den Weg stellten, betonte Staatsanwältin Elke
Kniehase. Zufrieden stellte daraufhin der auf Freispruch für seinen
Mandanten E. plädierende Verteidiger Männel fest, daß sich das
in einer Pressekampagne zu Prozessbeginn behauptete
ausländerfeindliche Motiv nicht bewahrheitet habe.
Um sich und der nach Täterentlastung lechzenden deutschen
Öffentlichkeit den Mord ganz ohne Rassismus erklären zu können,
wartete Richter Gräfe dann mit einer ziemlich gewagten
küchenpsychologischen Interpretation des Geschehens auf: Der Auslöser
für den Entschluß zum Mord sei die Tasache gewesen, daß Achmed
Bachir Norman E. beschwichtigen konnte und sich dieser damit zum ersten Mal an
jenem Tag der Kontrolle seines Kumpels Daniel Z. entzogen hätte. Daraufhin
sei Daniel Z. so wütend geworden, daß er Norman E. aufforderte, ihm
das Messer zu geben, um Achmed Bachir zu töten. Norman E. habe zwar die
Todesfolge billigend in Kauf genommen, als er sein Messer hergab, er habe dabei
aber nicht die inneren Beweggründe seines Freundes gekannt, konnte also
nicht wissen, was dieser plante und sei deshalb nicht wegen Beihilfe zum Mord,
sondern nur wegen Beihilfe zum Totschlag zu verurteilen. Eine Absprache zum
gemeinschaftlichen Mord habe es nicht gegeben, behauptete der Richter, die
rassistischen Morddrohungen konsequent ignorierend.
Wie zu erwarten war, ist damit juristisch als Wahrheit
erklärt worden , was der Leipziger Ausländerbeauftragte Gugutschkow
schon gleich nach der Tat wußte: Es hätte auch irgendeinen
Deutschen treffen können.
Daß die beiden volljährigen Täter lediglich nach dem
Jugendstrafrecht verurteilt wurden, verdanken sie vor allem der wohlwollenden
Einschätzung der beiden Jugendgerichtshelferinnen, die Daniel Z. u. a. als
kreativen und liebevollen, innerlich unsicheren jungen Mann
bezeichneten, dessen Heranwachsendenphase wegen seiner schweren Kindheit noch
nicht abgeschlossen gewesen sei. |