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Alltag einer Heldenstadt. Fortsetzung.

Am Freitag, den 7.11. verkündete das Landgericht Leipzig das Urteil im Prozeß gegen Daniel Zinsmeyer (21) und Norman Eisenschmidt (19), welche am 23.10.1996 den Migranten Achmed Bachir in einem Gemüseladen in der Leipziger Karl-Liebknecht-Straße mit einem Butterfly-Messer erstochen hatten.

Das Landgericht verurteilte Daniel Z., der den 12 cm tiefen tödlichen Stich ins Herz des Opfers ausführte, wegen Mordes zu einer Jugendstrafe von neun Jahren und sechs Monaten, während sein Kumpel Norman E. mit einer Jugendstrafe von 4 Jahren und sechs Monaten wegen Beihilfe zum Totschlag davonkam. Laut ZeugInnenaussagen waren beiden vor der Mordtat stundenlang pöbelnd durch die Stadt gezogen und in der Straßenbahn mit Naziparolen und rassistischen Sprüchen wie „den scheiß Moslem stechen wir ab“ aufgefallen. Im Gemüseladen hatten sie zunächst zwei Verkäuferinnen angegriffen und als „Türkenschlampen“ beschimpft. Den zu Hilfe eilenden Achmed Bachir wurde von ihnen mit den Worten „Du Türkenschwein, du kriegst Probleme mit uns, wir sind Skinheads, ich hole meine Kumpels, die machen Dich tot.“ bedroht. Obwohl Daniel Z. und Norman E. also aus ihrer Gesinnung alles andere als ein Geheimnis gemacht hatten, spielten ihre rassistischen Morddrohungen weder im Plädoyer der Staatsanwältin noch in der Urteilsbegründung des Gerichts eine Rolle. Die beiden seien mit sich und der ganzen Welt unzufrieden gewesen, ihre Aggression hätte sich gegen alle gerichtet, die sich ihnen in den Weg stellten, betonte Staatsanwältin Elke Kniehase. Zufrieden stellte daraufhin der auf Freispruch für seinen Mandanten E. plädierende Verteidiger Männel fest, daß sich das in einer „Pressekampagne“ zu Prozessbeginn behauptete ausländerfeindliche Motiv nicht bewahrheitet habe.
Um sich und der nach Täterentlastung lechzenden deutschen Öffentlichkeit den Mord ganz ohne Rassismus erklären zu können, wartete Richter Gräfe dann mit einer ziemlich gewagten küchenpsychologischen Interpretation des Geschehens auf: Der Auslöser für den Entschluß zum Mord sei die Tasache gewesen, daß Achmed Bachir Norman E. beschwichtigen konnte und sich dieser damit zum ersten Mal an jenem Tag der Kontrolle seines Kumpels Daniel Z. entzogen hätte. Daraufhin sei Daniel Z. so wütend geworden, daß er Norman E. aufforderte, ihm das Messer zu geben, um Achmed Bachir zu töten. Norman E. habe zwar die Todesfolge billigend in Kauf genommen, als er sein Messer hergab, er habe dabei aber nicht die inneren Beweggründe seines Freundes gekannt, konnte also nicht wissen, was dieser plante und sei deshalb nicht wegen Beihilfe zum Mord, sondern nur wegen Beihilfe zum Totschlag zu verurteilen. Eine Absprache zum gemeinschaftlichen Mord habe es nicht gegeben, behauptete der Richter, die rassistischen Morddrohungen konsequent ignorierend.
Wie zu erwarten war, ist damit juristisch als „Wahrheit“ erklärt worden , was der Leipziger Ausländerbeauftragte Gugutschkow schon gleich nach der Tat wußte: „Es hätte auch irgendeinen Deutschen treffen können“.
Daß die beiden volljährigen Täter lediglich nach dem Jugendstrafrecht verurteilt wurden, verdanken sie vor allem der wohlwollenden Einschätzung der beiden Jugendgerichtshelferinnen, die Daniel Z. u. a. als „kreativen und liebevollen“, innerlich unsicheren jungen Mann bezeichneten, dessen Heranwachsendenphase wegen seiner schweren Kindheit noch nicht abgeschlossen gewesen sei.


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last modified: 28.3.2007